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BLKÖ:Streit, Andreas

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 40 (1880), ab Seite: 23. (Quelle)
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Streit, Andreas (Architekt, geb. zu Habendorf bei Reichenberg am 15. Juli 1840). Der Vater, welcher zu Habendorf eine kleine Fabrik besaß, schickte den Sohn auf die Schulen in Reichenberg, wo derselbe seine Jugendjahre verlebte und 1857 mit glänzendem Erfolge die Oberrealschule beendete. Nach zweijährigem Besuch des Polytechnicums in Prag setzte er 1859 in Wien seine Studien fort, deren vorzügliches Resultat ihm die zeitliche Befreiung vom Militärdienste gewährte. Er ging nun, 1861, nach München und besuchte daselbst die Bauschule der königlichen Akademie der bildenden Künste. Der große Unterschied in der Baubewegung beider Städte veranlaßte ihn aber bald, wieder nach Wien zurückzukehren und seinen weiteren Studien an der Akademie der bildenden Künste unter Van der Nüll [Band XX, Seite 422] und Sicardsburg [Band XXXIV, S. 204] obzuliegen. Da die außerordentliche Inanspruchnahme dieser beiden Professoren bei dem Baue des Hof-Operntheaters der Schule wohl viel von deren wünschenswerthem Wirken entzog, so gründete er mit seinen Collegen von der Architekturschule der k. k. Akademie einen Verein, der sowohl eine größere Thätigkeit der Schüler, als auch eine ausgebreitetere Bekanntschaft derselben mit den besten Werken der Architektur durch autographische Blätter vermitteln sollte. Dieser Verein, welchem er zwei Jahre hindurch präsidirte, entwickelte sich in der Folge durch seine Publicationen zu großer Bedeutung, besonders als es sich die Professoren angelegen sein ließen, demselben ihre werkthätige Unterstützung zu leihen. Gegenwärtig tritt die „Wiener Bauhütte“, wie dieser Verein sich nennt, ihren XVII. Jahrgang an. Nachdem nun Streit seine akademischen Studien, die auch durch einen Preis gekrönt wurden, beendet hatte, widmete er sich 1865–66 der Praxis, worauf er in der Absicht, mit allen Fortschritten seiner Kunst bekannt zu werden und gleichzeitig sich die Möglichkeit einer selbstständigen Ausübung derselben zu sichern, länger als fünf Jahre eine Assistentenstelle an der Bauschule der technischen Hochschule zu Wien bekleidete. In diese Zeit fallen einige Arbeiten, die er in seiner Vaterstadt ausführte. In einer Concurrenz um den Bau eines Armen-Versorgungshauses siegte er gegen den Baurath Tietz in Berlin, einen gebürtigen Reichenberger. Zu dem Baue des Genossenschaftshauses der Tuchmacher in Reichenberg lieferte er gleichfalls Planskizzen. Leider aber fielen beide Bauten in unberufene Hände. Eine seiner größeren Arbeiten ist der Umbau des Palais Ritter in [24] Stracig bei Görz. Der alte Wohnsitz, ein mächtiger, aber vollständig schmuckloser Bau, bei Gründung der Fabriken daselbst errichtet, wurde nun in einen Palast in italienischem Style umgewandelt. Eine kleinere Arbeit Streit’s ist das Wohnhaus Seiner königlichen Hoheit des Herzogs Nicolaus von Württemberg. Bei diesem Bau war die Eintheilung des Hauses mehr oder weniger vorgeschrieben. Außerdem beschäftigten ihn neben seiner Lehrthätigkeit noch verschiedene kleinere literarische Abhandlungen, so wie eine große Zahl Bauarbeiten, von denen auf Wien entfallen: das Rapp’sche Haus am Rennweg Nr. 7, die Zinshäuser Veithgasse Nr. 11 und Metternichgasse Nr. 13, alle durch interessante und schöne Treppenanlagen sich auszeichnend; endlich das Palais Eugen Miller’s von Aichholz in der Heugasse. Bei einigen Concurrenzen, an welchen er sich betheiligte, gewann er Preise, so bei dem Theater- und dem Schulhausbau in Karlsbad. Kurz nach seinem Eintritte in die Wiener Künstlergenossenschaft wurde er in den leitenden Ausschuß berufen, dessen Vorstand-Stellvertreter er heute ist. Seine Thätigkeit in diesem Vereine war stets sehr umfangreich. Er ging 1875 als Delegirter desselben zu der 400jährigen Michael Angelo-Feier nach Florenz; als solcher auf den Genossenschaftstag der deutschen Kunstgenossenschaften in Berlin und als Juror zur Jubelausstellung des Münchener Gewerbevereins; auch war er Juror bei den Concursen für die Monumente Beethoven’s und Grillparzer’s, ferner Mitglied der Ausstellungscommission für die Weltausstellung 1876 in Philadelphia und 1878 in Paris, bei allen diesen Missionen das Amt eines Schriftführers bekleidend. Bei einer Unternehmung in jüngster Zeit (April 1879), welche Wien außerordentlich lebhaft in Anspruch nahm, wurde er von der Künstlergenossenschaft mit Makart delegirt, in dem Festcomité des Gemeinderathes vornehmlich für die Gestaltung des Festzuges zu wirken. Während Makart die Skizzen entwarf, übertrug man ihm die oberste künstlerische Leitung der Ausführung im Einvernehmen mit dem Ersteren, desgleichen die Leitung der Wagenbauten. Das gesammte Arrangement, die Aufstellung und das Commando des Festzuges fielen ihm zu. Ihm ist es hauptsächlich zu danken, daß derselbe nicht zu einem Quodlibet von Costumirten und Nichtcostumirten wurde, da er, in der ganzen Festcommission der Einzige unerschütterlich, trotz aller Anfeindungen, diesen Gedanken festhielt und ihm auch zum Siege verhalf. Die Gemeinde Wiens lohnte seine Bemühungen durch Verleihung des Bürgerrechtes und die Spende eines werthvollen Brillantringes.

Oesterreichische Kunst-Chronik. Herausgegeben von Dr. Heinrich Kábdebo (Wien, 4°.), I. Band (1879), Nr. 7, S. 107, im Artikel „Vereinswesen“; II. Band (1879), S. 25, 26, 58 und 106.