BLKÖ:Wickenburg, Matthias Constantin Capello Graf
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich | |||
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Band: 55 (1887), ab Seite: 228. (Quelle) | |||
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[WS 1] (Staatsmann, geb. auf dem Rittergute Pesch bei Düsseldorf am 16. Juli 1797, gest. zu Gleichenberg in der Steiermark am 26. October 1880). Ein Sohn des kurpfälzischen Gesandten an den Höfen von St. Petersburg und Wien Anton Anselm Capello Grafen von Wickenburg aus dessen Ehe mit Lucie geborenen Gräfin Hallberg, kam er in sehr jungen Jahren mit seinen Eltern nach Wien, wo er die öffentlichen Schulen und die Universität besuchte. Nach beendeten Studien trat er in den Staatsdienst und begann seine amtliche Laufbahn bei dem Kreisamte im V. U. M. B. zu Korneuburg. Von da kam er zur niederösterreichischen Regierung und nach einiger Zeit zur allgemeinen Hofkammer, bei welcher er bald zum überzähligen Hofconcipisten und dann zum Hofsecretär befördert wurde. 1823 übersetzte ihn Kaiser Franz proprio motu als wirklichen besoldeten Hofsecretär zur vereinigten Hofkanzlei, 1824 wurde Wickenburg niederösterreichischer Regierungsrath und 1825, also im Alter von 28 Jahren, Kreishauptmann im V. O. M. B. zu Krems. Kaum hatte er diesen Posten angetreten, als ihm der Kaiser in einer außerordentlichen Mission die Untersuchung aller im Laufe vieler Jahre vorgekommenen Unterthansbeschwerden im Mühlkreise des Landes ob der Enns übertrug, welche Aufgabe der Graf zur vollkommenen Zufriedenheit löste. Nun kehrte er auf seinen Posten in Krems zurück und führte die Verwaltung des Kreises in wahrhaft mustergiltiger Weise. Als sichtbare Zeichen seiner Fürsorge nennen wir die von ihm angelegten Communicationswege, [229] [WS 2] so die über sechs Meilen lange von Waidhofen an der Thaya bis an die böhmische Grenze führende Straße, ferner jene über Eggenburg nach Znaim, dann mehrere von ihm ausgeführte ansehnliche amtliche Bauten. Groß war seine Fürsorge bei Ueberschwemmungsgefahren und Feuersnoth, wo er oft mit Gefahrdung des eigenen Lebens die zweckmäßigsten Anstalten zur Erstickung der gefährlichen Elemente traf; seine unparteiische Geschäftsführung, sein Gerechtigkeitssinn, verbunden mit einem humanen Wesen im Verkehre mit den Unterthanen, erwarben ihm deren Liebe und Vertrauen, welche erst recht zum Ausdruck kamen, als er nach fünfjähriger Wirksamkeit daselbst eine neue Bestimmung erhielt. Der Kaiser übertrug ihm nämlich 1830 in der Stellung eines Gubernial-Vicepräsidenten die vollständige Leitung der Provinz Steiermark, nachdem Graf von Hartig, bis dahin Gouverneur von Innerösterreich, als solcher der Lombardie nach Mailand abgegangen war. Im Juli 1835 ernannte ihn Kaiser Ferdinand zum Gouverneur von Steiermark und zum geheimen Rath. In dieser von einer Reihe von Friedensjahren begünstigten Stellung war dem Grafen ein weites Feld geboten zur Bethätigung seiner Bestrebungen für das allgemeine Wohl. Und in der That nahm das Land von 1830–1848 einen lebhaften Aufschwung. Nach allen Seiten entwickelte sich zur Hebung seiner Wohlfahrt eine rege Thätigkeit, Verbesserungen nach verschiedenen Richtungen wurden durchgeführt. Darunter ist besonders hervorzuheben die in das Jahr 1834 zurückreichende Gründung der Bade- und Trinkanstalt zu Gleichenberg, welche ihren Aufschwung lediglich den Bemühungen des Grafen verdankt, der die dort befindlichen, dem Selterswasser ganz ähnlichen, bis dahin kaum gekannten und nur von der Landbevölkerung ohne Würdigung der Heilkraft benützten Quellen, die förmlich verwahrlost waren und statt Segen zu spenden, das umliegende Erdreich versumpften, fassen und der leidenden Menschheit zugänglich machen ließ. Einer nicht minderen Sorgfalt erfreute sich auch die Landeshauptstadt Gratz, in welcher eine Reihe von Humanitätsanstalten, die bis dahin fehlten, ins Leben gerufen wurden, wie: eine Taubstummenlehranstalt, ein Arbeitshaus, eine Kleinkinderbewahranstalt u. s. w.; unter den Verschönerungen der Stadt ist vor Allem die Kettenbrücke über die Mur zu nennen, die gleichsam unter der Bürgschaft des Grafen entstand. Nun kam das Bewegungsjahr 1848 heran, und dieses sollte dem Grafen verhängnißvoll werden. Demselben erging es als Statthalter der Provinz wie den anderen Gouverneuren und Statthaltern, die von den in Wien wechselnden Ministerien förmlich vergessen und während der Aufstand überall heimlich und offen lohte und glimmte, sich selbst überlassen waren. Der Geschichtschreiber dieser Epoche, Freiherr von Helfert, schreibt aus diesem Anlasse: „Wickenburg war ein Mann, dessen Loyalität außer Frage stand; er war ein liebenswürdiger und freigebiger Cavalier, ein wahrer Wohlthäter der Provinz, der er als Gouverneur vorstand, für deren Bestes und würdige Vertretung er die Kräfte seines eigenen Vermögens eingesetzt hatte. Auch würde Wickenburg, wenn er nicht als Landescommandirenden einen General an seiner Seite gehabt hätte, dessen grundsätzliche Unthätigkeit in den Octobertagen an die Grenzen der Feigheit streifte, kaum in die Lage gekommen sein, [230] sich, von den Fäusten und Stricken der Umsturzpartei bedroht, jenen Act abtrotzen zu lassen, wodurch er in amtlicher Weise und mit Aussendung von ihm unterfertigter Certificate den Landsturm für Wien aufbot. Allerdings nahm er, sobald er etwas Luft bekommen, seinen Befehl schnell wieder zurück, allein was geschehen, war nicht ungeschehen zu machen. [Man vergleiche die in dem in den Quellen citirten „Oesterreichischen Courier“ gegebene Darstellung der damaligen Verhältnisse.] Die Thatsache stand fest: daß ein kaiserlicher Statthalter dem Aufstande gegen kaiserliches Gebot und Heer sein Ansehen geliehen hatte. Graf Wickenburg wurde nach Olmütz vorgeladen, wohin er, sowie in das Hauptquartier des Fürsten Windischgrätz, schon früher ausführliche Denkschriften zur Entschuldigung seines Benehmens gesandt hatte. Der Feldmarschall neigte zur Milde, schrieb an das Ministerium in begütigendem Sinne; in der Hauptstadt und im Lande Steiermark wurden unzweideutige Sympathien für den allgemein beliebten Gouverneur laut, doch das Ministerium kannte keine Schonung. Es war eine unglückliche Verwickelung, worein Wickenburg gerathen; allein im öffentlichen Leben gibt es Lagen, wo Unglück gleich Schuld ist. Das Ministerium war der Sache der Ordnung und Gesetzlichkeit eine augenfällige Genugthuung schuldig: Wickenburg trat von seinem Posten ab.“ Noch kurz vorher hatte er seine Loyalität und seinen Patriotismus glänzend bethätigt, indem er ein steiermärkisches Freiwilligen-Bataillon ausrüstete und auf den italienischen Kriegsschauplatz entsandte. wo es an den Siegen der Armee Radetzky’s (unter dem Commando des Grafen Gottfried Auersperg) hervorragenden Antheil nahm. Die Revolution war bekämpft, der Graf auf Reisen gegangen, dann zurückgekehrt und hatte nach einiger Zeit die Wahl zum Präsidenten des Verwaltungsrathes der Kaiserin Elisabeth-Westbahn angenommen. Seine auf diesem Posten gemachten Erfahrungen scheinen entscheidend gewesen zu sein, als er am 4. Februar 1861 als Minister für Handel und Volkswirthschaft in das Ministerium Schmerling berufen wurde, in welchem er bis zu seiner auf sein Ansuchen erfolgten Abberufung vom 20. October 1863 verblieb. Mit der gleichzeitigen Versetzung in den bleibenden Ruhestand ward er auch am nämlichen Tage zum lebenslänglichen Mitgliede des Herrenhauses des Reichsrathes ernannt. Seine in der Zwischenzeit, am 26. Jänner 1862, übernommene Leitung der Marine führte er bis zu der am 30. August erfolgten Ernennung des Freiherrn von Burger zum Marineminister. In die Zeit seiner. Amtswirksamkeit als Handelsminister fällt die Neu-Organisirung des am 21. August 1859 aufgelösten Handelsministeriums, die Creirung der Wiener Stadterweiterungscommission, zu deren Präsidenten er als Handelsminister ernannt wurde, und welchen Ehrenposten er bis an seinen Tod behielt, und das Project, in Wien eine Weltausstellung zu veranstalten. Mit allem Eifer nahm er sich der Sache an, mit der er stehen oder fallen wollte. Er fiel, und woran das Project eigentlich scheiterte konnte nie mit Bestimmtheit angegeben werden. Sicher aber ist es: wenn sie damals stattgefunden hätte, so würde nicht das klägliche Nachspiel des berüchtigten Krachs das Andenken an dieses Ereigniß für Jahrzehnte hinaus getrübt haben. Nach seinem Austritte aus dem Handelsministerium [231] fungirte der Graf als Mitglied des Reichsrathes, in dem er stets treu zur Verfassungspartei stand; später wurde er Mitglied der reichsräthlichen Staatsschulden-Controlcommission, welche ihn zu ihrem Präsidenten wählte; dann ward er Präsident der Centralcommission für Beschickung der Pariser Ausstellung 1867. In dieser Eigenschaft brachte es der Graf dahin, daß Oesterreich, welches in den Tagen nach Königgrätz alle Ausstellungsgelüste verloren, indem die ersten Firmen der Monarchie einen Absagebrief nach dem andern an das Pariser Centralcomité abschickten, allmälig für die Ausstellung wieder gewonnen wurde und dieselbe nicht zum Nachtheile der Ehre seiner Industrie beschickte. Wickenburg war auch Präsident des Baucomités für das k. k. Hofopernhaus, sowie er mehrere Jahre hindurch dem „Vereine zur Beförderung der bildenden Künste“ in Wien vorstand. Für seine vielfachen Verdienste um die Verschönerung der Stadt Wien wurde er vom Wiener Gemeinderathe zum Ehrenbürger der Reichshaupt- und Residenzstadt ernannt. So erreichte der Graf das hohe Alter von 84 Jahren, als ihn in seiner eigenen Schöpfung, im Curorte Gleichenberg, der Tod dahinraffte. Die dankbaren Bewohner dieses Bades, das mittlerweile zu europäischem Rufe gelangte und sich einer jährlichen Frequenz von mehr als 3000 Kurgästen erfreut, haben Wickenburg ein würdiges Denkmal in Form einer vom Bildhauer Anton Schmidgruber in Wien verfertigten überlebensgroßen Statue gesetzt, welches am 22. Mai 1887, dem Tage der 50jährigen Jubelfeier Gleichenbergs, feierlich enthüllt worden ist. Der Graf, in seinen jüngeren Jahren wegen seines heiteren Charakters in den höheren Kreisen der Wiener Gesellschaft sehr beliebt, wurde in seinen verschiedenen amtlichen Stellungen von seinen Beamten als humaner und liebenswürdiger Chef hoch geschätzt. Graf Matthias Constantin war seit 1. September 1829 mit Emma geborenen Gräfin zu Orsay vermält, aus welcher Ehe zwei Söhne und drei Töchter stammen, die aus der Stammtafel ersichtlich sind. Die Lebensskizze des jüngsten Sohnes Albrecht, der es in der Uebersetzungskunst englischer Poeten zu seltener Meisterschaft gebracht, ist S. 221 besonders mitgetheilt.
Wickenburg, Matthias Constantin Capello Graf- Enthüllungsfeier des Wickenburg-Denkmals im Curorte Gleichenberg in Steiermark. Anläßlich des fünfzigsten Jahrestages der Eröffnung des von Matthias Constantin Capello Grafen Wickenburg ins Leben gerufenen Bades Gleichenberg fand am 22. Mai 1887 die Feier der Enthüllung seines Standbildes statt. Dasselbe ließen die Bewohner Gleichenbergs ihrem Wohlthäter aus Dankbarkeit errichten, denn durch Eröffnung des Curortes, zu dem heute Tausend und aber Tausend Hilfesuchende wallfahrten, wurden den Bewohnern ungeahnte Quellen der Wohlfahrt erschlossen. Das Denkmal besteht aus einem überlebensgroßen Standbilde, welches den Gründer des Bades in voller Aehnlichkeit und ganzer Gestalt darstellt und ein Werk des Wiener Bildhauers Anton Schmidgruber ist. Zur Feier wurde ein Gedenkblatt herausgegeben, welches nach einem Entwurfe von Schumann auf dem Titel das Standbild darstellt, das sich zwischen Nereiden erhebt und zu beiden Seiten des Steines, der die Statue trägt, die Ansichten Gleichenbergs in den Jahren 1837 und 1887 zeigt. Das Gedenkblatt in Klein-Breit-Folio enthält ein schwungvolles Gedicht an Gleichenberg von des Gründers Sohne Albrecht Wickenburg, die Biographie des Gründers und die Festrede. Es ist aus der ersten steiermärkischen Etiquettenfabrik August Matthéy in Gratz hervorgegangen und in der Buchdruckerei „Leykam“ ebenda gedruckt.
- Allgemeine Zeitung (Augsburg, Cotta, 4°.) 1880, Nr. 303. – Helfert (Jos. Alex. [232] Freih. v.). Geschichte Oesterreichs vom Ausgange des Wiener October-Aufstandes 1848 (Prag 1872, Tempský, gr. 8°.) III. Die Thronbesteigung des Kaisers Franz Joseph I. (S. 402, 403 und Anhang, S. 146, Nr. 368. – Dunder (W. G.). Denkschrift über die Wiener October-Revolution. Ausführliche Darstellung aller Ereignisse aus amtlichen Quellen geschöpft... (Wien 1849, gr. 8°.) S. 273. 340. – Illustrirte Zeitung (Leipzig, J. J. Weber, kl. Fol.) Bd. III (1844), Nr. 62, S. 151 u. f.: „Der Curort Gleichenberg“ ]mit fünf Holzschnittbildern]. – Oesterreichischer Courier (vormals Wiener Theater-Zeitung) von Ad. Bäuerle, 7. und 8. März 1849, Nr. 56 und 57: „Der Gouverneur Graf Wickenburg und die Provinz Steiermark namentlich im October 1848“. ]Nicht so sehr eine Vertheidigungsschrift des Grafen Wickenburg und seines durch die Umstände gebotener Verhaltens als eine Darstellung der Kopflosigkeit der ministeriellen Zustände in Wien, wo man die Statthalter und Gouverneure der Provinzen ohne alle Verhaltungsmaßregeln ließ, als es in denselben ebenso gährte wie in Wien und es an allen militärischen Kräften fehlte, um den Blutgelüsten der Freiheitsschwärmer ein wirksames Veto entgegenzuhalten; denn die Großthaten der Emperger, Stieger, Pregl, Netz und Consorten grenzen geradezu ans Unglaubliche.] – Bohemia (Prager belletr. und politisches Blatt, 4°.) 35. Jahrg., 25. Februar 1862: „Die Ministerbank im Abgeordnetenhause. II. Graf Wickenburg“. – Das Vaterland (Wiener Parteiblatt) 1861, N. 31: „Die neu ernannten Minister“. – Die Presse (Wiener polit. Blatt) 16. Jahrg., 2. September und 25. Octobr 1863: „Der Minister für Handel und Volkswirthschaft“. – (Gratzer) Tagespost, 1861, Nr. 82: „Graf Wickenburg“. – Localanzeiger der „Presse“, 20. Jahrgang, 25. October 1867, Beilage zu Nr. 354: „Neue Geheimnisse von Paris. XIII. Dem Verdienste seine (eisernen) Kronen“.
- Porträts. 1) Unterschrift: „Matthias Graf von Wickenburg“. Karl Mayer, Nr. 69 (sc.) 32°. [auch im „Genealogischen Taschenbuche der gräflichen Häuser“.] – 2) Unterschrift: „Matthias Constantin Graf von Wickenburg, Gouverneur von Steiermark“. Holzschnitt ohne Angabe des Zeichners und Xylographen [auch im II. Bande der „Illustrirten Zeitung“, Nr. 28, Seite 24]. –3) Unterschrift: „Matth. Const. Capello Reichsgraf v. Wickenburg“ [darüber Facsimile seines Namenszuges]. Eduard Kaiser 1860 (lith.). Druck von J. Haller Wien, Kniestück (Fol.). – 4) Der Graf in seinem Arbeitszimmer. Gez. von Mayr, lith. von Ferd. Steinhauser, gedr. in der k. k. Guberniallithographie in Gratz. Im Farbenton (qu. Fol.). Mit einem Gedicht [aus] vier sechszeiligen Strophen.