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BLKÖ:Tempsky, Karl Friedrich Rudolph

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Tendler, Matthias
Band: 43 (1881), ab Seite: 274. (Quelle)
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Tempsky, Karl Friedrich Rudolph (Verlagsbuchhändler, geb. in Prag 18. Febr. 1821). Sohn Friedrich Tempsky’s, Besitzers der J. G. Calve’schen Buchhandlung in Prag. Der Vater starb schon wenige Wochen nach der Geburt seines Sohnes. Mit seiner Schwester wuchs dieser unter der Pflege der Mutter auf, und als dieselbe 1827 nach Stuttgart übersiedelte, um in der Nähe ihres Vaters, des bekannten Polyhistors [275] und Volksschriftstellers Christ. Karl André [Bd. I, S. 35] zu leben, kam er auf das Gymnasium daselbst, aus dem er aber schon nach beendeter erster Classe, im Mai 1831, in die eben begründete Erziehungsanstalt Stetten übertrat. Nach dem Tode ihres Vaters zog die Mutter nach Wien zurück, wo der Sohn sie im Herbst 1834 besuchte. Da es aber damals nicht gestattet war, Kinder im Auslande erziehen zu lassen, durfte er nicht in die Stuttgarter Anstalt zurückkehren. Er kam daher in das Wiener polytechnische Institut, wo er die commercielle Abtheilung beendete und außerdem bei Jacquin Botanik hörte. Am 1. November 1836 trat er in die Buchhandlung Karl Gerold’s ein. Dieser, ein Freund des verstorbenen Tempsky, übertrug auf den Sohn die freundschaftlichen Gefühle und gestattete ihm, einen großen Theil der Lehrzeit in Frankfurt a. M. und Brüssel zuzubringen. Ein längerer Aufenthalt in London und Paris, und eine Reise in die Schweiz trugen zur Ausbildung des jungen Mannes und zur Erweiterung seiner Welt-, Menschen- und Geschäftskenntniß das ihrige bei. Neunzehn Jahre alt, kam Tempsky im Juli 1840 nach Prag, wo er bis Ende dieses Jahres in der Buchhandlung Barrosch und André arbeitete. Am 1. Jänner 1841 übernahm er für seine Mutter die Leitung der Calve’schen Buchhandlung, bis dieselbe im Jahre 1846 in sein Eigenthum überging. Unter seinen Verlagsunternehmungen aus jener Zeit nennen wir die medicinischen Werke von Kiwisch von Rotterau [Bd. XI, S. 343] und die Gährungschemie von Balling [Bd. I, S. 135]. Gleich anderen Geschäften wurde auch der Buch- und Verlagshandel vom Jahre 1848 schwer getroffen. So;. B. mußten die seit 1811 im Verlage der Calve’schen Buchhandlung erscheinenden „Oekonomischen Neuigkeiten und Verhandlungen“ eingestellt werden, aber die Aufhebung der Censur und die Reorganisation des Schulwesens boten Gelegenheit, die Verluste, welche diese Epoche herbeigeführt hatte, einigermaßen auszugleichen. Im Namen des Prager Buchhändlergremiums verfaßte und überreichte Tempsky dem Unterrichtsministerium die Denkschrift über die Nothwendigkeit der Aufhebung des Monopols des Schulbücherverlages und die freie Concurrenz der Buchhändler mit jenem Institute. Er selbst begann nun mit dem Verlage von Schulbüchern, der sich zwar langsam, aber stetig entwickelte, und in welchem er eine Reihe der tüchtigsten Schulwerke zu Tage förderte, wir erinnern hier nur an Curtius, Gindely [Bd. XIV, S. 458], Močnik [Bd. XVIII, S. 408], Pokorny [Bd. XXIII, S. 39], Schenkl [Band XXIX, S. 202], deren Schulbücher sowohl im Original als auch in vielfachen Uebersetzungen eine außerordentliche Verbreitung nicht nur in Oesterreich, sondern auch in Deutschland und in der Schweiz fanden. Die Aufhebung des Monopols des Schulbücher-Verlages für die Volksschulen eröffnete ein neues Feld zu bedeutenden Unternehmungen. Hier ist besonders die Schreib- und Lese-Fibel von Heinrich zu erwähnen, die heute bereits in mehr als einer Million Exemplaren in Oesterreich und in den deutschen Schulen im Osten verbreitet ist. Auch die an genannte Fibel sich anschließenden Lesebücher von Heinrich erfreuten sich gleich günstiger Aufnahme. Sein Anschauungsunterricht für Schulen, 86 Tafeln in Farbendruck, ist bereits in 23 Auflagen erschienen. Die čechische Literatur ist nicht nur durch zahlreiche Schulbücher, [276] sondern auch durch viele ihrer vorzüglichsten Werke in seinem Verlage vertreten, so kamen in demselben fast alle Werke Palacky’s [Bd. XXI, S. 179] heraus, namentlich dessen Geschichte Böhmens in čechischer Sprache, zehn Bände (die deutsche Ausgabe nur in Commission), „Opis kralovství česky“, d. i. Beschreibung des Königreichs Böhmen, „Documenta magist. Joan. Hus, Šafařik’s Hauptwerke „Slovanské starozitnosti“, d. i. Slavische Alterthümer, zwei Bände, „Slovansky narodopis“, d. i. Slavische Ethnographie in neuen Auflagen, die Werke von Hus in drei Bänden, der „Codex juris bohemici“, sechs Bände, „Slovanské pravo“, d. i. Slavisches Recht, „Dudik, dejiny moravy“, bis jetzt sieben Bände, ferner Werke von Erben, Frič, Tomek, Wocel u. A. Von Tempsky’s deutschem wissenschaftlichen Verlag sind vor Allem zu nennen: Gindely’s „Geschichte des 30jährigen Krieges“, bis jetzt vier Bände, Baron Helfert’s] „Geschichte Oesterreichs“, vier Bände, sowie dessen „Geschichte der österreichischen Volksschule“, des Bischofs Frind „Kirchengeschichte von Böhmen“, vier Bände, A. Beer’s „Werke über die österreichischen Finanzen“, Becker’s sprachwissenschaftliche Werke, Ludwig’s „Rigveda“, Ettinghausen’s und Pokorny’s „Physiotopia plantarum austriacarum“, zehn Bände in Folio und zwei Bände in 4°., „Die allgemeine Erdkunde“ von Hann, Hochstetter und Pokorny, die prächtig ausgeführten „Alpenpflanzen“ von Seboth, bis jetzt drei Bände, Schulte’s „Kirchengeschichtliche Werke“, einige Schriften des Grafen Leo Thun u. s. w. Manche der vorgenannten Werke wurden aus dem Schulbücherverlage und von anderen Verlegern durch Tempsky erworben, der eigentliche Aufschwung seines Verlages datirt aber von dem Verkaufe des Sortimentsgeschäftes unter der Firma J. G. Calve’sche Buchhandlung im Jahre 1855. Von 1856 ab firmirte er mit seinem eigenen Namen. Im September 1878 erschien der „Verlagskatalog von F. Tempsky in Prag“ (75 Seiten, gr. 8°.). Aus seiner Feder flossen die im Druck veröffentlichte „Eingabe über das Verhältniss des k. k. Schulbücherverlages zum Buchhandel. Als Manuscript gedruckt“ (Prag 1876), die „Denkschrift über die Preise der Lehrbücher für die Mittelschulen“ (ebd. 1876) und die „Vergleichung der Preise der vom k. k. Schulbücherverlage herausgegebenen Lehrbücher mit den von Joseph Heinrich herausgegebenen im Verlage von F. Tempsky in Prag erschienenen Lesebüchern“ (Prag 1878, 4°.). Aber nicht blos in seinem unmittelbaren buchhändlerischen Berufe blieb der in Rede Stehende thätig, das Vertrauen seiner Mitbürger, durch sein ebenso reelles als einflußreiches Gebaren im Buchhandel und Verlage geweckt und befestigt, zeigte sich bei öfteren Gelegenheiten. Im Jahre 1854 wurde er in die Prager Handelskammer gewählt, welcher er nun 26 Jahre lang, gegenwärtig als Präsidenten-Stellvertreter, angehört. Diese Körperschaft sendete ihn auch 1861 in den böhmischen Landtag, welches Mandat er aber nach Schluß der Session aus Gesundheitsrücksichten niederlegte. Unter den Arbeiten für die Handelskammer gedenken wir seines Referates über den Einkommensteuer-Gesetzentwurf vom Jahre 1874, eines Operates, das auf das spätere Schicksal dieses Gesetzentwurfes nicht ohne Einfluß blieb. Ferner war Tempsky Mitglied der Stadtvertretung von 1861 ab bis zum Austritte der Deutschen aus diesem Körper, denn obgleich wir ihn als Verleger čechischer Werke und Autoren [277] sehen, ja als persönlichen Freund von Männern wie Palacky wissen, hat er doch nie das Deutschthum verleugnet und sich weder in seiner deutschen Gesinnung noch in seiner großösterreichischen politischen Richtung irre machen lassen. Seit 1865 ist er Mitglied, seit 1868 Directionsrath der böhmischen Sparcasse, ist Präsident der böhmischen Escomptebank, Verwaltungsrath der Buštěhrader Eisenbahn, Schriftführer des österreichischen Buchhändlervereins und Mitglied vieler humanitärer und wissenschaftlicher Vereine. Neben seinem Berufe trieb er auch eifrig Botanik. Er ist ein Schüler Aug. Corda’s [Bd. II, S. 442], mit welchem für die Wissenschaft zu früh verstorbenen Naturforscher er befreundet war und durch den er mit dessen Schülern Dormitzer, Fieber u. A. bekannt wurde. Später trat er in Verkehr mit Professor Sachs, Professor Leonhardy, Alex. Braun, dann mit Nägeli in München, mit Opiz, Freyer, Purkyně, Maille in Paris u. A. Sein trefflich geordnetes Herbar zählt etwa 20.000 Species. Corda hat in seinen „Beiträgen zur Flora der Vorwelt“ (1845) ein von Tempsky aufgefundenes, zur Familie der Farnkräuter gehöriges fossiles Pflanzengenus nach ihm Tempskya genannt und die Arten desselben beschrieben. Tempsky’s reiches Herbar wie seine Bibliothek stehen jedem wissenschaftlich Arbeitenden offen und werden von Botanikern in Prag häufig, mitunter auch von Auswärtigen benützt. In Würdigung seiner mannigfachen Verdienste um Förderung der Wissenschaft und des Gemeinwesens wurde er am 27. August 1872 mit dem Ritterkreuze des Franz Joseph-Ordens ausgezeichnet. Im J. 1842 vermälte er sich zum ersten Male, zum zweiten Male 1859 mit der Tochter Marie des Buchhändlers Karl André. Seine vier Töchter sind bereits verheiratet. Zwei seiner Schwiegersöhne unterstützen ihn in seinem Geschäfte, der dritte ist Verlagsbuchhändler in Berlin, der vierte, Dr. Ed. Herbst, Sohn des berühmten Führers der deutschen Partei im Abgeordnetenhause des österreichischen Reichsrathes, fungirt am obersten Gerichtshofe in Wien.

Porträt. Facsimile des Namenszuges „F. Tempsky“. Gez. von Lithogr. Anstalt von Appel und Comp. (Wien, gr. 8°.).