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Das Flügelroß

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Textdaten
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Autor: Joseph von Eichendorff
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Titel: Das Flügelroß
Untertitel:
aus: Aus dem Leben eines Taugenichts und das Marmorbild. Zwei Novellen nebst einem Anhange von Liedern und Romanzen. S. 221–224
Herausgeber:
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1826
Verlag: Vereinsbuchhandlung
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Erscheinungsort: Berlin
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Universitätsbibliothek Greifswald, Signatur: 520 Bn 420; Djvu auf Commons
Kurzbeschreibung:
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Bild
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Bearbeitungsstand
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[221]

 Das Flügelroß.

Ich hab’ nicht viel hienieden,
Ich hab’ nicht Geld noch Gut;
Was vielen nicht beschieden,
Ist mein: – der frische Muth.

5
Was Andre mag ergötzen,

Das kümmert wenig mich,
Sie leben in den Schätzen,
In Freuden lebe ich.

Ich hab’ ein Roß mit Flügeln,

10
Getreu in Lust und Noth,

Das wiehernd spannt die Flügel
Bei jedem Morgenroth.

Mein Liebchen! wie so öde
Wird’s oft in Stadt und Schloß,

15
Frisch auf und sey nicht blöde,

Besteig’ mit mir mein Roß!

[222]

Wir seegeln durch die Räume,
Ich zeig’ Dir Meer und Land,
Wie wunderbare Träume

20
Tief unten ausgespannt.


Hellblinkend zu den Füßen
Unzähl’ger Ströme Lauf –
Es steigt ein Frühlingsgrüßen
Verhallend zu uns auf.

25
Und bunt und immer wilder

In Liebe, Haß und Lust
Verwirren sich die Bilder –
Was schwindelt Dir die Brust?

So fröhlich tief im Herzen,

30
Zieh’ ich all’ himmelwärts,

Es kommen selbst die Schmerzen
Melodisch an das Herz.

Der Sänger zwingt mit Klängen
Was störrig, dumpf und wild,

35
Es spiegelt in Gesängen

Die Welt sich göttlich mild.

Und unten nun verbrauset
Des breiten Lebens Strom,
Der Adler einsam hauset

40
Im stillen Himmelsdom. –
[223]

Und seh’n wir dann den Abend
Verhallen und verblühn,
Im Meere, kühlelabend,
Die heil’gen Sterne glühn:

45
So lenken wir hernieder

Zu Waldes grünem Haus,
Und ruh’n vom Schwung der Lieder
Auf blüh’ndem Moose aus.

O Sterndurchwebtes Düstern,

50
O heimlichstiller Grund!

O süßes Liebesflüstern
So innig Mund an Mund!

Die Nachtigallen locken,
Mein Liebchen athmet lind,

55
Mit Schleier zart und Locken

Spielt buhlerisch der Wind.

Und schlaf’ denn bis zum Morgen
So sanft gelehnt an mich!
Süß sind der Liebe Sorgen,

60
Dein Liebster wacht für Dich.


Ich halt’ die blüh’nden Glieder,
Vor süßen Schauern bang,
Ich laß’ Dich ja nicht wieder
Mein ganzes Leben lang! –

[224]
65
Aurora will sich heben,

Du schlägst die Augen auf,
O wonniges Erbeben,
O schöner Lebenslauf! –