Die Spinne (Hebel)
Siehe auch: Das Spinnlein (1834) |
[195] Die Spinne.
Nei lueget doch das Spinnli a,
wie’s zarti Fäde zwirne cha!
Bas Gvatter meinsch, chasch’s au ne so?
De wirsch mers, traui, blibe lo.
i wott nit, aßi ’s z’hasple hätt.
Wo het’s die fini Riste g’no,
by wellem Meister hechle lo?
Meinsch, wemme ‘s wüßt, e mengi Frau,
Jez lueg mer, wie ’s si Füeßli sezt,
und spinne will, und d’ Finger nezt.
[196] Es zieht e lange Faden us,
es spinnt e Bruck ans Nochbers Hus,
morn hangt sie scho voll Morgeduft,
es baut e Fußweg nebe dra,
’s isch, aß es ehne dure cha.
Es spinnt und wandlet uf und ab,
Jez gohts ring um, was hesch, was gisch!
Siehsch, wie ne Ringli worden isch!
Jez schießt’s es zarte Fäden i.
Wirds öbbe solle gwobe sy?
es weiß nit recht, wo ’s ane will.
’s goht weger z’ruck, i sieh’s em a;
’s muß näumis rechts vergesse ha.
„Zwor, denkt es, sel pressiert io nit,
[197] Es spinnt und webt, und het kei Rast,
so glüchlig, me verluegt si fast
Und ’s Pfarers Christoph het no gseit,
’s seig iede Fade zseme gleit.
wers zehlen und erchenne cha.
Jez puzt es sine Händli ab,
es stoht, und haut der Faden ab.
Jez sizt es in si Summer‑Hus,
Es seit: „Me baut si halber z’tod,
doch freuts ein au, wenns Hüsli stoht.“
In freie Lüfte wogt und schwankts,
und an der liebe Sunne hangts;
und ’s isch em wohl. In Feld und Flur
sieht ‘s Mückli tanze, iung und feiß;
‘s denkt by nem selber: „Hätti eis!“
[198] O Thierli, wie hesch mi vertzückt!
Wer het di au die Sache glehrt?
Denkwol der, wonis alli nährt,
mit milde Händen alle git.
Biß zfrieden! Er vergißt di nit.
Sie rennt em schier gar ’s Hüsli um.
Sie schreit und winslet Weh und Ach!
Du arme Chetzer hesch di Sach!
Hesch keini Auge by der g’ha?
Lueg, ’s Spinnli merkts enanderno,
es zuckt und springt und het sie scho.
Es denkt: „I ha viel Arbet g’ha,
iez mußi au ne Brotis ha!“
wenns Zit isch, er vergißt di nit.