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Die Ursache des Einschlagens vom Blitze:§ 8

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Die Ursache des Einschlagens vom Blitze ab S. 10
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§. 8.

Wir wollen demnach itzt die Spuren des Wetterstrahles, welcher auf hiesige Nicolai Kirche gefallen ist, in Erwägung nehmen, da die Beschaffenheit, sowohl der Beschädigung als der Verschonung, aus dem, was bisher angeführet worden, nunmehr leicht zu verstehen seyn wird. Der Thurm ist bey 420 Fuß hoch: die 216 Fuß hohe Spitze desselben, welche auf ihrer Helmstange einen Knopf und Fahne mit einem Kreutze träget, ist bekanntlich, wie bey unsern andern Thürmen mit Kupfer gedeckte. Diese Kupferdecke gehet von dem Knopfe an, bis |[11] an das Gesimse ununterbrochen fort *). Die Knöpfe sind von starkem Kupfer. Beyde Zwischenböden, die Stender der Laterne und ihre Zwischenböden, sind alle sehr wohl mit Kupfer beschlagen. Unter dem Gesimse ist eine achteckige 16 Fuß hohe Mauer, deren Ecken mit Quader-Steinen ausgesetzet sind: die übrige Mauer des Thurms bis an die Erde ist viereckt, und oben mit einer Gallerie versehen, deren Fußboden ganz mit Kupfer beleget ist. – Ich vermuthete, oben bey dem Knopfe die Zeichen des Blitzes wahrnehmen zu können, weil die Vergoldung daran erst vor 6 Jahren neu gemacht, und noch von gutem Glanze ist. Nachdem ich nun ein Fernglas genommen, zeigte sich sogleich, auf der obern südostlichen Seite des Knopfes, ein grosser Fleck, daran die Vergoldung erloschen und schwarz geworden, und dessen Unterschied von den übrigen so kenntlich ist, daß man ihn auch mit blossen Augen sehen kann. Indem also der Wetterstrahl auf die Helmstange gefahren, und diese mit dem Kupfer des Daches verbunden ist, so konnte die Materie des Blitzes ungehindert längst der kupfernen Bedeckung herunter laufen: allein, da, wo die Kupferdecke |[12] bey der achteckigen Mauer, aufhöret, mußte sie einen Sprung thun. Hier fand sich aber gleich anderes Metall in der Nähe, welches sie ergreifen konnte. Unsere Gothischen Thürme sind alle sehr stark mit eisernen Ankern verwahret, und hier ist nicht allein das Achteck, welches über der viereckten Mauer auf Bögen ruhet, sondern auch der Obertheil der viereckten Mauer, welcher halb alt, halb neu ist, sehr vielfältig im Mauerwerke verankert *). Hinzu kömmt, daß nicht allein alle Balken und Schwellen des Holz|[13]werkes, womit sowohl das Achteck, als auch das Viereck, sehr reichlich ausgebunden ist, mit vielem Eisen in die Mauer verankert, sondern auch die Stender sowohl unter sich, als auch mit der obern Spitze durch Eisen verbunden sind. An der nordostlichen Ecke des Achtecks fanden sich Spuren, daß die Materie des Blitzes an einem solchen zu Ende des Kupferdaches nahe am Gesimse liegenden Anker herunter gefahren, den Anker an dem unmittelbar darunter stehenden Stender wieder ergriffen, und von demselben sowohl, als von der daran stossenden Bretterverkleidung, Stücke abgesplittert hatte. Daselbst war auch durch die achteckige Mauer, am Fusse derselben, wo aussen der mit Kupfer bedeckte Fußboden der Gallerie anstösset, bey den Quadersteinen ein Loch durchgeschlagen. An der nordlichen Ecke haben wir nichts bemerken können. Es muß aber der Strahl unter dem bemeldeten kupfernen Fußboden der Gallerie in die verborgene Anker der viereckigen Mauer gefahren seyn. Daher konnte man seinen Gang nicht eher wieder nachspüren, bis an einem inwendigen nordwestlichen Bogen der Mauer, gegen über, davon ein grosses Stück abgesprenget war. Bey dieser Ecke war er, noch etwas tiefer in der Mauer, nach der Nordseite herunter gegangen. Bey seinem Ausgange daselbst zeigte es sich deutlich, daß er die Anker ergriffen hatte: denn hier war auswärts ein senkrechtes in der Mauer verstecktes Ankereisen ein Paar Fuß lang entblösset zu sehen, indem die Mauer|[14]steine, damit es bedecket gewesen, durch den Blitz abgesprengt worden. Unterwärts war auch eine Ritze in der Mauer, welche von bemeldeten Ankereisen an, fast 25 Fuß lang herunter reichete. Hier fand nun der Blitz wieder Metall in der Nähe. Es liegt nämlich zwischen dem Thurme und dem nordlichen Kirchendache eine mit Bley ausgeschlagene Rinne. Das Dach aber und beyde daneben stehende Dächer sind nicht mir Kupfer, sondern mit Ziegeln bedecket. Von dieser Rinne gehet ein kupferner Ausguß in ein Wasserbehältniß von gleichem Metalle, welches auf dem Kirchenboden stehet: und von da ist wieder, um das überflüßige Wasser abzuleiten, eine gleichfals mit Bley ausgefütterte Rinne quer über den Kirchenboden geführet. Aus dieser wird das Wasser in eine bleyerne Röhre geleitet, die an der Mauer herunter über das Dach eines Angebäudes fortgehet, und in einer hölzernen viereckten Röhre sich endiget, welche mit einer eisernen Klammer an dem Eckstender des Hauses befestigt war. So weit nun dieser Zusammenhang von bleyernen Rinnen und Röhren gehet, war weder unterwärts der Thurm, noch das Kirchengebäude, noch das Angebäude beschädiget, ausser, daß von einem Sparren ein Stück abgesplittert, und einige Dachziegel abgeworfen worden. Unten aber in dem angebauten Hause hatte sich der Schlag wieder merklich geäussert, und verschiedenes auf eine sonderbare Weise zerschmettert, welches zu beschreiben nicht zur Haupt|[15]sache dienet, da unser Zweck hier nur ist, den eigentlichen Zug des Blitzes auszuspüren. Nun zeigte es sich klärlich, daß die Würkung desselben eben dabey dem Eckstender angegangen, wo durch obbemeldete Klammer die hölzerne Röhre daran befestigt war. Denn erst von da an unterwärts war der Stender gespalten, und nebst andern Spuren fand man auch, daß ein Stück Bley, welches etwas tiefer im Wege dieser Spaltung auf einer Fuge genagelt war, angeschmolzen, und ein Nagel aus selbigem heraus gerissen worden *). Ich wünschte demnach das Ende der bleyernen Röhre zu untersuchen. Als man sie nun aus der hölzernen heraus nahm, fand sich, daß sie an der Seite, wo die Klammer aussen befestigt gewesen, etwas angeschmolzen war, und an der andern Seite hatte sie alte eingeschmolzene Löcher, welche vielleicht von einem vorigen Blitze herrühren. Denn es ist merkwürdig, daß im Jahre 1748. ein Wetterstrahl in eben dieses Haus, und ein ander 1764. in ein an besagten Eckstender anstossendes, gleichfals an der Kirchenmauer angelehntes Gebäude gefahren war; so, daß also der Blitz schon zu mehrern malen bey dieser Kirche denselben Zug genommen hat **). Aus |[16] oben gegebener Nachricht erhellet nun auch bey diesem Wetterstrahle, daß er dem Metalle gefolget sey. Die Verschonung des ganzen Zwischenraums, wo sich aneinander hängendes Metall gefunden, als nämlich, vom Knopfe des Thurms an, so weit die kupferne Bedeckung gehet, imgleichen von der Thurmmauer an, so weit die bleyernen Rinnen gereichet, und die, am Ende derselben, sich wieder äussernde Gewalt des Schlages, muß jedem, der nachdenken will, merkwürdig scheinen.

|[11]*) Es ist dieser Thurm bey uns berühmt, weil die Spitze, welche sich bey den Pfeilern der Laterne ganz schief gedrehet hatte, von dem Hrn. Baumeister Sonnin wieder gerade gerichtet worden, davon die mit besonderem Vortheile dazu angewandte Hebezeuge künftig bekannt gemacht werden sollen.

|[12]*) Die alte Thurmspitze dieser Kirche ward 1589. des Nachts, zwischen dem 12ten und 13ten Julii durch einen Wetterstrahl entzündet und abgebrannt. Es ward eine ansehnliche Spitze darauf wieder erbauet. Da aber das Mauerwerk durch die Feuersbrunst sehr beschädigt und mürbe geworden, auch mit zu schwachem Fundamente versehen war, so konnte es dieselbe nicht tragen, und man war, um Schaden und Umsturz zu verhüten, genöthiget, den Thurm wieder abzunehmen. Dieses wird in der, bey noch währender Abtragung der Thurmspitze, 1644. den 9. Aug. gehaltenen Predigt des Hrn. Past. Lehmann[1], welche in selbigem Jahre zu Lüneburg, bey Stern, in 4to[2] gedruckt worden, erzehlet. Bey solcher Gelegenheit wird also der schadhafte Theil abgebrochen, ein neues, vermuthlich wohlgerammtes Fundament auf der westlichen, theils auch südlichen und nordlichen Seite angeleget, und das zu sehen seyende neue Stück an obbenannten Seiten aufgezogen und verankert seyn, dessen ungeachtet, doch ansehnliche Borsten in Süden und Norden sich zeigen.

|[15]*) Ueberdem waren die Balkenköpfe bey diesem Stender mit Bley beschlagen, dadurch der Strahl angelocket und in das Haus geleitet werden konnte.

**) Man erzehlet, daß es auch in älteren Zeiten |[16] schon geschehen sey. An der nordlichen Mauer, wo vom letzteren Blitze eine Ritze gemacht war, schienen auch ältere Spuren an den Mauersteinen sich zu zeigen.

Anmerkungen (Wikisource)

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  1. Past. Lehmann – …
  2. 4toQuarto, ein Buchformat von der Größe eines Viertelbogens, im Deutschen meist Quart.