Die fünf Perrückenordnungen

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Analyse der Schönheit. Zwei Blätter W. Hogarth’s Zeichnungen, nach den Originalen in Stahl gestochen/Zweite Abtheilung (1840) von Franz Kottenkamp
Die fünf Perrückenordnungen
Henry Fielding
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Die fünf Perrückenordnungen.
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DIE FÜNF PERRÜCKEN ORDNUNGEN.
THE FIVE ORDERS OF PERRIWIGS.

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Die fünf Perrückenordnungen.




Als Stuart sein bekanntes Werk: die Alterthümer Athen’s (The antiquities of Athens), 1762 herausgab, machte dasselbe überall in Europa bedeutendes Aufsehen, denn es war das erste, in welchem Zeichnungen der berühmten und bis dahin noch wenig erforschten Kunstdenkmale sich vorfanden. Hogarth’s Ideen von alter Kunst, wie er sie in der Analysis of beauty aussprach, bezeugten zwar eine hohe Achtung, allein vielleicht war ihm die Bewunderung zuwider, womit auch die damalige Mode das Werk Stuart’s aufnahm, oder er überließ sich seiner Neigung, über Alles zu spotten. Bald nach der Herausgabe jenes Buches übergab er der Oeffentlichkeit beiliegendes Blatt, worin die Säulenordnungen der alten Architektur verspottet sein sollten. Wäre das Lächerliche stets ein Probirstein der Wahrheit, so hätte Hogarth seinen Zweck erreicht. Kenner der Architektur werden bald bemerken, daß [978] Hogarth’s Perrücken den Kapitälern der Säulen vollkommen in ihrer Art entsprechen. Stuart hatte mit größter Genauigkeit die Verhältnisse der Säulenordnungen dargestellt und ausgemessen; dasselbe ist auch bei der Vertheilung wie bei der Ausmessung von Hogarth’s Perrücken auf dem Blatte der Fall.

Es wird vorausgesetzt, die verschiedenen Perrückenordnungen seien bei der Krönung Georg’s III. getragen worden. Die erste, welche Hogarth die bischöfliche oder die der Pfarrer nennt (Episcopal or parsonic), wenig geschmückt und einfach, zeigt den Charakter des Massiven und entspricht somit der tuscischen Säulenordnung.

Die zweite, die der älteren Peers und Aldermen (Old peerian or Aldermanic) enthält mehr Zierrathen, als die erstere, und entspricht der dorischen; ihr Fries ist in Triglyphen und Metopen eingetheilt. Die beiden sichtbaren Physiognomieen sind Porträts von zwei damaligen Aldermen der City. Die große Perrücke rechts mit fünf Schweifen wurde von Sr. Lordschaft dem Lordmayor getragen.

Die dritte Perrückenordnung ist die der Rechtsgelehrten (Lexonic, von lex gebildet). Sie entspricht der jonischen, und ist auf zarte Weise mit Locken in Spiral- und Schneckenlinien ausgeschmückt.

Die vierte Perrückenordnung entspricht der corinthischen (corinthian), und führt einen beinahe in derselben Weise klingenden Namen (queerinthian, von queer sonderbar). Sie ist mit Binden und zahlreichen Locken in Schneckenlinien ausgeschmückt. Jene Locken vorne gleichen Taubenflügeln und Fuchsohren, der lang herunterhängende Haarbüschel einem Fuchsschwanz. Deßhalb hat Hogarth auch die Benennung Fuchsschwanz (queu de renard) hinzugefügt. Diese Perrückenordnung wurde vom größeren Theil des Adels getragen.

Die fünfte Art entspricht der sogenannten zusammengesetzten Säulenordnung, die aus der vereinten jonischen und corinthischen besteht. In gleicher Art ist diese Perrückenordnung aus der Queerinthian und der Lexonic gebildet. Hogarth hat sie auch die halbnatürliche genannt (half natural). Sie wurde von demjenigen Theil des Adels, welcher den meisten Geschmack in der Mode besaß, getragen.

[979] Die Scala, wornach alle diese Perrücken gemessen wurden, ist auf einem Kopfe mit kahlem Schädel dargestellt. Sie besteht aus Nodules, Nasos und Minutes; jede Nodule enthält drei Nasos, jeder Naso drei Minutes. Mit einem Cirkel kann man die genaue Beobachtung dieser Scala auf den Perrücken nachmessen. – Auch sind die Perrücken künstlerisch abgetheilt, a) in Corona or Foretop (Vordertheil, Toupé); b) in Architraven oder Kutten (architraves or cauls); c) in Friese (colarinos), oder Hypotrachelien (Unterhälse), oder Frisuren (friz); d) in Triglyphen (triglyphs, membretta) oder neckcurl (Nackenlocke); e) in Guttae oder Baumellocken (drops or buckles); f) in die Basis oder den vollen Boden (base or full Bottom); g) in Taubenflügel oder Aile de pigeon; h) in Haarbinden (fillet or ribbon); i) in die Volute oder Spirallocke. – Der aufmerksame Beschauer wird jene Theile an den Perrücken wiedererkennen.

Unten auf dem Blatte sind weibliche Köpfe mit den verschiedenen Peerskronen dargestellt. Man wird dort jene Perrückenarten wieder erkennen, deren größere Vollständigkeit und genauere Durchführung durch die höhere Würde des männlichen Hauptes in den oberen Reihen erheischt wird.

Hogarth hat unter eine der lexonischen Perrücken eine Inschrift gesetzt, wodurch er den großen Werth der Perrückenreihen noch höher stellt. Er besorgt, ein anderer Kupferstecher, als er selbst, möge durch die Feinheit seiner Darstellung der Schönheit der Perrücken schaden, indem er die Blicke der Beschauer von dem Stoff auf die Ausführung locke, wie dies gewöhnlich zu geschehen pflege. Damit dies nicht geschehe, erklärt er, habe er selbst das Blatt radirt. – Lest the beauty of these engravings should chiefly depend as usual from the delicacy of the engraving, the author hath etched then with his own hand.