Ein Schüler Meister Schilling’s

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
<<< >>>
Autor: Th. Gampe
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Ein Schüler Meister Schilling’s
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 2, S. 28, 35–36
Herausgeber: Ernst Ziel
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1885
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
korrigiert
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite
[28]

Walküre den Krieger in den Kampf führend.
Nach der Marmorstatue von Bruno Kruse.

[35] Ein Schüler Meister Schilling’s. (Mit Illustration S. 28.) Wer im Frühjahre 1884 die Hamburger Kunstausstellung besuchte, wird sich gewiß eines mächtig wirkenden Kunstwerks erinnern, das unaufhörlich neue Zuschauergruppen an sich zog, und das in überlebensgroßen Verhältnissen einen altgermanischen Krieger zu Roß darstellte, der von einer Walküre in den Krieg geführt wird.

Vielleicht halfen zwei Umstände das Interesse an dem Werk erhöhen: der junge Künstler Bruno Kruse, der Urheber desselben, ist ein Hamburger Kind, der von Hamburger reichen Kunstfreunden gestützt wird, und dann war das Werk in derselben Werkstatt entstanden, aus welcher das Niederwalddenkmal hervorging, also eine Frucht der Schilling’schen Schule, die ja beim gesammten deutschen Volk eine so warme, begeisterte Aufnahme gefunden.

Wir wollen uns nicht zu sehr bei der Idee aufhalten, die dem Kunstwerke zu Grunde liegt, die altnordischen Sagenbücher geben besser Aufschluß, als wir auf diesem engen Raume ihn zu bieten vermögen. Nur über die Auffassung des Künstlers seien einige Worte gesagt. Kruse hat offenbar in dem Krieger die physische Kraft und den Todesmuth darstellen wollen, die Walküre ist dagegen das geistige Prinzip, das ihn beherrscht und das ihn unwiderstehlich zum Sieg oder in den Tod treibt. Ueber die Ursache des Kampfes läßt uns der Künstler im Dunkeln, auch im Antlitz [36] der Walküre ist etwas traumhaft Undefinirbares ausgedrückt, und das ist vielleicht eine der vornehmsten Ursachen, warum uns das Werk so fesselt. es giebt uns zu denken oder doch zu sinnen.

Die beiden Gesichter sind ganz aus Schilling’scher Schule, weibliche Anmuth und Innerlichkeit und männliche Kraft und Charakteristik in gemessenen Linien. Es ist eine künstlerisch verklärte Realistik, eine echt deutsche Kunst, die uns hier entgegentritt.

Kruse ist der Sohn eines Hamburger Holzbildhauers, also einer von der Zunft. Schon mit dem zehnten Jahre begann er seine künstlerische Laufbahn in der väterlichen Werkstatt. Der Direktor der Hamburger Gewerbeschule, O. Jessen, erkannte zuerst das hervorrragende Talent, er verschaffte dem jungen Mann Stipendien zum Besuch der Dresdener Kunstakademie. 1876 trat Kruse in das Schilling’sche Atelier ein, und der Meister vertraute ihm sofort hervorragende Arbeiten an. An der Germania (Niederwalddenkmal) arbeitete Kruse mit noch vielen Anderen, aber die wunderliebliche Figur der Mosel hat er allein ausgeführt.

In der Nebenzeit während dieser Arbeiten ist unser Kunstwerk, das wir hier besprachen, und ein Gegenstück dazu entstanden, welches eine Walküre darstellt, die den gefallenen Helden nach Walhalla emporträgt. Fertig gestellt ist nur das erstere und zwar im Auftrag des Hamburger Kunstfreundes C. Heinszen, der dasselbe auf der Uhlenhorst in Ueberlebensgröße aufstellen ließ. 1883 errang sich der 27 Jahr alte Künstler die große goldene Medaille auf der akademischen Ausstellung in Dresden. Th. Gampe.