Epilog (Laßwitz: Seifenblasen)
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Dacht’ ich es doch, man werde den Platz, den stillen, mir rauben
Den ich gestern am Hang unter der Linde gewählt.
Wie behaglich die Rast, wie kühl der dämmernde Schatten!
Und durchs liebliche Thal schweifte der träumende Blick
Zum erquickenden Grün kehrt er der Wiese zurück.
Also fliegt der Gedanke hinaus in unendliche Weiten,
Ein gefälliges Wort bindet ihn willig im Vers.
Hier am lauschigen Platz versprach die Muse zu weilen,
Und die Gestalt im hellen Gewand und schützenden Hute,
Leicht an die Linde gelehnt, sollte die Muse mir sein?
Ach, sie liest! Ihr Götter! So ärmlich nährt ihr die Seele
Mit erborgtem Geschwätz? Glüht nicht der Äther um euch?
Gaukeln die Falter euch nicht Tänze der Liebenden vor?
Raunet der Wind nicht säuselnd um euch unsterbliche Lieder,
Und mit heiterem Mut prahlt der geschwätzige Bach?
Und sie liest! Und mußte darum der Stadt sie enteilen?
Tummle dich um das verschlossene Ohr, hellsummende Fliege,
Laß vor den Augen dich ihr, spinnende Raupe, herab!
Und du, rauschender Wind, ergreife die Blätter des Buches,
Unter der zierlichen Hand hauche die Zeilen hinweg! —
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Und doch hat er den Text, hat er die Finger gestreift.
Prosa! — Rascher beschwing’ ich den Schritt im einsamen Waldweg;
Unmut steigt mir empor über die lesende Welt,
Über die schreibende mehr noch zürn’ ich. Allen Autoren
Wären es Verse, vielleicht, ich ließe die Leserin gelten;
Aber ein flacher Roman, aber ein langer Essay!
Und da sitzt sie im Walde, den Blick im Buche vergraben,
Gleich als wäre das Thal ihr das bekannte Gemach,
Nur mit der hölzernen Bank ward ihr das Sofa getauscht.
Aber ihr schweigt die weite Natur; papierene Weisheit
Macht sich laut, und das Wort hat die Empfindung betäubt.
Sucht nur im Spiegel des Buchs lebendiger Götter Gestalten!
Hermes darf euch gefallen und klug erscheinen Athene,
Wenn der Archäolog euch die Symbole benennt.
Glückliches Volk! Es schreibt populär der stolze Gelehrte,
Selbst die härteste Nuß knackt er behaglich euch auf.
In verständlichem Deutsch lullt es geschwätzig euch ein.
Welch unwirtliches Land verschmachtende Forscher durchirrten,
Illustriert vergnügt’s euch nach gelungenem Mahl.
Nicht zu den Sternen blickt mir empor! Ein billiger Atlas
Euch erzählt manch schreibender Arzt von zuckenden Muskeln,
Wie die Zelle sich teilt, malt der Botaniker auf,
Selbst die Gesetze des Raums versucht euch höflich zu modeln,
Wer Euklidischen Ernst nicht mehr für passend befand.
Kants Kritik der Vernunft leicht und verständlicher vor.
Paraphrasen beherrschen den Markt. Selbst denke mir keiner!
Erst aus vermittelnder Hand wählt sich der Leser den Stoff.
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Nicht unmündig genug endlich den Leser gemacht?
Ach, es glaubt euch jeglicher Mann und jegliches Weiblein;
Was die Revue gebracht, reden sie selber sich ein.
Herrliche Weisheit tagt im Gespräch. Die Werke der Meister
Und dann sitzt das kluge Geschöpf studierend im Walde;
Wie die Natur es ergreift, will es aus Büchern ersehn. —
Hat der verschlungene Weg mich genarrt? Hier bin ich am Anfang,
Zwischen den Bäumen hindurch schimmert mir wieder die Bank.
Auf die Schulter geneigt hält sie das Köpfchen und ruht,
Nachzudenken vielleicht? Darf ich die Sinnende stören?
Oder — — Himmel! Sie schläft! Friedlich entglitt ihr das Buch,
Und du siegtest, Natur! Den Autor zwangst du zu Boden,
Dank sei dir! Du rächtest auch mich. Still schleich’ ich vorüber —
Nur den Titel —? Es ist — Götter! — mein eigenes Werk!