Geschichte von Kloster Heilsbronn/Zweck der Klosterstiftung

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« Der Orden des Klosters Geschichte von Kloster Heilsbronn
Beschirmung des Klosters »
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6. Zweck der Klosterstiftung.

Die Wiege der Klöster ist das Morgenland, besonders Ägypten. Es gab Klöster nicht nur an abgelegenen, sondern auch an belebten Orten. Es waren dort wie hier abgeschlossene Genossenschaften Gleichgesinnter, welche sich aus dem Verkehr mit der Welt zurückzogen, um durch Andachtsübungen, Entbehrungen, Abtödtung des Fleisches, auch wohl Selbstpeinigungen in ihrem Sinne Gott zu dienen. In das Abendland verpflanzt erhielten sie eine zweckmäßige Umgestaltung und Erweiterung durch den heiligen Benedikt. In seinem (529) zu Montecasino bei Neapel gegründeten Kloster und in den nach diesem Muster anderwärts errichteten Klöstern war es nicht mehr bloß auf Andachtsübungen etc., sondern auch auf Erreichung gemeinnütziger Zwecke abgesehen. Jahrhunderte lang bildeten diese Anstalten einen wohlthuenden Kontrast mit der damals weitverbreiteten Verwilderung. Sie übten Wohlthätigkeit, verbreiteten das Christenthum, pflegten Wissenschaft und Kunst, kultivirten den Boden, nützten durch Handarbeiten und waren oft ein Asyl für Nothleidende und Bedrängte. Von ihrem [22] Verfall war vorhin die Rede, aber auch von ihrer Wiederbelebung besonders durch den Cisterzienserorden, welcher, wie die meisten Orden, der Regel Benedikts folgte. Auch in Heilsbronn wurde, wie schon erwähnt, Benedikts Regel eingeführt. Der Heilsbronner Stiftungsbrief bezeichnet als Zweck des Klosters Askese, d. h. Gottesdienstübung. Der Stiftungsbrief schreibt vor: „Die Brüder darin sollen Gott dienen“; sagt aber nicht: wie, wann, wie oft. Spätere Urkunden bezeugen, daß diese Übungen unablässig, auch bei Nacht, stattgefunden haben. Der Stiftungsbrief bezeugt weiter, daß Otto sein Kloster „zu Lob und Ehre des Erlösers“ stiftete. Daß er aber zugleich, und zwar vorzugsweise, die Gründung eines ausgedehnten Mönchsstaates beabsichtigte, erhellt gleichfalls aus seinem Stiftungsbriefe, worin er Bann und Verdammniß über diejenigen ausspricht, die sich vergreifen würden an dem, was das Kloster bereits besaß, oder dereinst durch Bewilligung der Päpste, Schenkungen von Königen u. s. w. besitzen werde. Somit war der Grund gelegt, auf welchem die Äbte im Sinne des Klosterstifters konsequent fortbauten und einen ansehnlichen Mönchsstaat schufen, wie im III. und VII. Abschnitt berichtet werden wird. Die ersten Mittel, welche zur Erreichung des Zweckes in Anwendung kamen, waren psychischer Natur. Die überaus strenge Klosterzucht, die kümmerliche Lebensweise der Mönche erregte Bewunderung und Mitleid und öffnete Herzen und Hände zu milden Gaben. Die den kaiserlichen und fürstlichen Einlagerern im Burggrafenhause erwiesene Gastfreundschaft wurde durch Geschenke und ertheilte Privilegien reichlich belohnt. Dazu kam der damals allgemein herrschende Glaube, durch den Eintritt in Klöster und durch Schenkungen an dieselben die ewige Seligkeit verdienen zu können. So wurde das Kloster schnell reich, und einmal reich geworden, erweiterte es seinen Grundbesitz auch durch Kauf. Inhaltlich einer Mittheilung im 8. Jahresberichte des bamberger histor. Vereins von 1845 erhielt Otto von vielen Großen und Reichen Geld und Güter zur Stiftung von Klöstern, um durch diese der Übervölkerung Einhalt zu thun. Daß er diesen Zweck bei der Gründung des Klosters [23] Heilsbronn im Auge gehabt habe, deutet der Stiftungsbrief nicht an. Daß es bei der Gründung dieses Klosters nicht auf Lichtung des Urwaldes und Urbarmachung des Bodens abgesehen sein konnte, wie bei manchen andern Cisterzienserklöstern, ist selbstverständlich, da die Umgegend von Heilsbronn schon zur Zeit der Klosterstiftung wohlbebaut war. Auch wollte Otto keine allgemeine öffentliche Lehranstalt[1] gründen. Nicht nur, daß der Stiftungsbrief keine derartige Absicht andeutet, auch die Geschichte des Klosters zeigt, daß eine solche Anstalt dort niemals vorhanden war, mit Ausnahme der erst im Reformationszeitalter vom Abte Schopper (s. Abschn. III) errichteten Klosterschule. Die jederzeit im Kloster vorhandene Schule war eine Bildungsanstalt lediglich für die Novizen und Mönche im Kloster selbst, nicht für auswärtige Zöglinge. Der Dichter Wolfram, angeblich in dem nahegelegenen Eschenbach geboren, war daher wohl kein Zögling des Klosters Heilsbronn. Daß sich Otto um die Ausbreitung des Christenthums unter den Heiden, namentlich in Pommern, sehr verdient machte, ist bekannt. Allein bei der Gründung des Klosters Heilsbronn konnte er nicht beabsichtigen, die umwohnenden Heiden zu bekehren, da in jener Zeit dort Alles bereits christlich war, wenigstens dem Namen nach. Äußere Mission hatte er sonach nicht im Auge; wohl aber, was man heutzutage innere Mission nennt. Der Stiftungsbrief spricht zwar nicht davon; allein es wird unten urkundlich nachgewiesen werden, daß schon in der ersten Zeit Schenkungen ausdrücklich zur Pflege der Kranken im Spital[2] zu Heilsbronn gemacht worden sind. Der Baustyl der dortigen, theilweise noch vorhandenen Spitalkapelle zeigt, daß diese nicht lange nach Otto’s Zeit erbaut wurde. Auch erbauten die Äbte, wie im VII. Abschn. gezeigt werden wird, Kapellen in Ketteldorf, Münchzell, Neuhof, Adelsdorf etc., nachdem der dortige Grund und Boden Klostereigenthum geworden war.

[24] Was aber der Stiftungsbrief bestimmt andeutet, ist, daß Otto die Gründung eines materiell reich fundirten Mönchsstaates beabsichtigte. Diesen Zweck behielten die Äbte fest im Auge. Sie wurden in ihrem Ringen nach dem vorgesteckten Ziele von den Päpsten kräftigst unterstützt, zeuge der schon in der ersten Zeit nach der Klosterstiftung zwischen Heilsbronn und Rom gepflogenen Verhandlungen. Diese betrafen gewöhnlich nur Sicherung und Erweiterung des Klostergutes, selten geistige und geistliche Gegenstände. Die unserem Kloster oder dem Cisterzienserorden überhaupt von Rom aus ertheilten Privilegien[3], von welchen unten oft die Rede sein wird, beeinträchtigten bisweilen sehr empfindlich die Rechte Anderer. Dieses Verfahren war wohl nicht im Sinne des Cisterzienserordensstifters, auch nicht des heiligen Bernhard, welcher dergleichen Rechtsverletzungen geradezu mißbilligte und den Päpsten ihr rechtswidriges Verfahren unverholen vorhielt. An den Papst Eugen III. schrieb er: „Ihr zeigt durch solches Thun, daß ihr die Fülle der Gewalt habt, aber wohl nicht der Gerechtigkeit. Ihr thut solches, weil ihr es könnt; ob ihr es auch thun sollt, ist die Frage.“ (Hocker Suppl. S. 16.)

Über die innere Einrichtung des Klosters und die Obliegenheiten der Mönche gibt der Stiftungsbrief keinen näheren Aufschluß.

Einen Mönchsstaat durch imponirende psychische Einwirkung gründen, befestigen und erweitern konnten nur intelligente, wissenschaftlich und staatsklug gebildete Männer. Als solche werden wir im III. Abschn. die Äbte kennen lernen und zugleich sehen, wie sie stets darauf bedacht waren, regierungstüchtige Äbte nachzuziehen. Unentbehrlich war ihnen dabei eine Bibliothek. Zu dieser legte schon der erste Abt Rapoto den Grund. Darauf deutet folgende Bemerkung, welche er einem Codex beischrieb: Ego Rapoto, Abbas Halesprunne, licentia fratrum detuli mecum hunc librum in tempore peregrinationis meae. Seine Reise bezeichnet er nicht näher. Im III. Abschn. werden wir [25] ihn als regierungstüchtig kennen lernen. Ebenso seine Nachfolger, welche stets auf einen regierungstüchtigen Nachwuchs bedacht waren und daher ihre talentvollsten Mönche Jahre lang auf Universitäten studiren ließen, besonders in Paris, da es in Deutschland noch keine Universitäten gab.

Gleichzeitig mit dem Bischof Otto strebten auch Andere in der Nähe von Heilsbronn darnach, eine Herrschaft zu gründen, nämlich die Stadt Nürnberg und die Burggrafen von Nürnberg. Über das Entstehen, Bestehen und Vergehen der Reichsstadt Nürnberg ist bereits viel Werthvolles geschrieben worden, jedoch noch kein ausführliches, das Große und Ganze umfassendes Werk. Sehr eingehend ist dagegen in Geschichtswerken berichtet worden, wie die Burggrafen von Nürnberg ihre Herrschaft erweitert haben, wie sie durch kluge Berechnung oder durch Heirathen oder Waffenthaten mächtig, erst Kurfürsten von Brandenburg, dann Könige von Preußen und endlich Kaiser von Deutschland geworden sind. Über das Entstehen, Bestehen und Vergehen des Heilsbronner Mönchsstaates berichtet das vorliegende Buch. Dieser gelangte selbstverständlich nicht durch Heirathen und Waffenthaten zu seinem Ziele, sondern auf ganz anderen Wegen, zunächst durch die im Kloster eingeführte überaus strenge Zucht und Askese; durch diese gewann man die Herzen und öffnete die Hände, besonders der Kaiser. Dabei war das Kloster Heilsbronn vor andern Klöstern begünstigt, da fast alle Kaiser von den Hohenstaufen an bis zur Reformation, einige derselben wiederholt, in Heilsbronn einkehrten, was vielleicht bei keinem andern Kloster der Fall war. Jeder der einkehrenden Kaiser sprach sich, wie wir nachher lesen werden, bewundernd aus über die dort übliche Askese und strenge Zucht, und machte Schenkungen zu seinem und der Seinigen Seelenheil. Tausende aus allen Ständen suchten gleichfalls ihre Seligkeit zu schaffen durch Schenkungen an das Kloster. Der Erfolg war, daß auf diesem geräuschlosen Wege das Ziel erreicht, ein Mönchsstaat von seltener Ausdehnung geschaffen wurde. Der Abt Albericus von Ebrach schrieb im J. 1660 ein im Würzburger Archiv aufbewahrtes Chronicon Monasterii [26] Ebracensis, worin er das Cisterzienserkloster Heilsbronn magnificentissimum opulentissimumque coenobium nennt.


  1. Anders v. Stillfried, Heilsbronn, Vorwort, S. XI.
  2. Wird unten im V. Abschn. besprochen werden.
  3. Siehe das Vorwort bei Angabe der Quellen.
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