Iffland
Durch die einsamen Gänge des Thiergartens schritt in heller Mondscheinnacht ein Mann in einen Mantel gehüllt und näherte sich einem Hause, das, abgesondert von den andern Häusern, in einer Gruppe von Bäumen stand. Die Bäume waren entlaubt, der Balkon des Hauses und die Stufen des Eingangs mit Schnee bedeckt. Es war im März und ein ungewöhnlich reichlicher Schnee gefallen. In der Vertiefung der Hausthüre kauerte eine Gestalt in Lumpen, die sich erhob, als der Mann sich näherte, und die ihm entgegen trat, um ein Almosen bittend.
„Du bist dieselbe Kleine, die ich bereits zwei Mal beschenkt habe; zu oft darfst Du mir nicht kommen,“ sagte der Herantretende und wollte vorübereilen, allein das Bettelkind erfaßte seinen Mantel.
„Herr! Die Mutter hat mich hinausgetrieben, mit leeren Händen darf ich nicht zurückkommen, es ist spät, es schenkt mir Niemand etwas in dieser abgelegenen Gegend; erbarmt Euch meiner!“
Der Herr stand auf der Treppenstufe still. Der Mantel war zurückgeschlagen und der Mond schien in ein bleiches, wohlgebildetes, ernstes Mannesantlitz, die Blicke waren auf die Kleine gerichtet und mit einer Stimme, der es nicht an Weichheit und Wohlklang mangelte, sagte er:
„Deine Mutter war früher beim Theater, hast Du mir gesagt. Wenn es wahr ist, komm’ morgen gegen Mittag, wenn ich in die Stadt gehe, und zeige mir den Weg zu dem Hause, in dem sie wohnt; ich will sie sehen und sprechen. Jetzt geh’ und nimm das. Die Kleine empfing das Geld dankend und lief frierend in die Mitternacht hinaus. Der Mann trat in das Haus, auf den Ton einer Klingel erschien eine alte Magd, die ihn in sein Zimmer leuchtete, in welchem der Ofen brannte und in welchem es wohnlich und behaglich aussah. Bilder hingen an der Wand, ein Teppich deckte den Boden und gegenüber dem Schreibtische, der in der Nähe der beiden hohen, mit Vorhängen geschlossenen Fenster stand, bildeten ein Flügel und eine Harfe eine geschmackvolle Verzierung. An der Harfe hing ein frischer Blumenkranz. In der Nähe des Ofens stand ein hoher Lederstuhl, in welchem eine Katze lag, die sich in ihrem Schlummer durch das Erscheinen des Lichtes und des Hausherrn nicht stören ließ. Alles in diesem Zimmer drückte Stille, Frieden und poetische Zurückgezogenheit aus.
Nur in dem Geiste und Gemüthe des Bewohners dieser Räume, schien es, war dieser Friede und diese Ruhe nicht zu finden. Er setzte sich an den Schreibtisch, überlas flüchtig die Adressen der angekommenen Briefe und versank dann, das Haupt auf den Arm gestützt, in Träumereien.
Es schlug zehn Uhr. Ungewöhnlich früh war diesmal das Schauspiel beendet gewesen. Die Alte kam, um das Abendbrod aufzutragen, sie setzte eine Flasche Wein und einen Teller mit kalter Wildpretpastete auf das Tischchen, das vor einem Sopha stand, das die Wand gegenüber dem Flügel einnahm. Die Katze erwachte beim Geruch der Speisen aus dem Schlummer und kam, ihrem Herrn die Aufwartung zu machen, eigentlich aber aus der egoistischen Absicht, an dessen Abendmahl Theil zu nehmen. Es meldete sich hierzu noch ein Gast. Die Thür öffnete sich und ein ältlicher Herr in einem Pelz, dessen Kragen ihm über die Mütze hoch hinaufragte, trat ein und ward lebhaft und herzlich bewillkommnet. Der Hausherr schob einen Stuhl an das Sopha heran und befahl, ein zweites Glas zu bringen. Bevor jedoch der Gast sich setzte, öffnete er den Vorhang des einen Fensters und, den vollen Mondstrahl über sich herübergleiten lassend, sagte er:
„Ich will zuerst sehen, ob wir schon Vollmond haben, denn Du weißt, beim Vollmond fängt das gichtische Ziehen in meinem linken Beine an.“
Der Hausherr erwiderte nichts, aber er lächelte und zertheilte die Stücke der Pastete. Dann kam der Gast und setzte sich an seine Seite.
„Das Schauspiel schon zu Ende?“ begann er.
„Wir fangen jetzt früher an wegen des Unwohlseins der Königin. Sie bleibt nur kurze Zeit und geht bald wieder fort,“ erwiderte der Hausherr.
„Wie war’s?“
„Frostig.“
„Wie? Eine Deiner besten Rollen? Der Shylock und – frostig?“
„Man hat mich satt. Ich bin ihnen nichts Neues mehr. Die Kritik hat mich zum Krüppel geschlagen und Krüppel mag man nicht sehen.“
Eine Pause herrschte. Der Collaborator Roland, so hieß der Gast, kostete an seinem Weine, prüfte ihn, fand ihn gut und setzte das Glas bedächtig hin, indem er sagte:
„Das freut mich.“
„Das freut Dich?“
„Ja, denn es ist Hoffnung da, daß Du in diesem Falle an den Rhein zurückgehst, von wo Du gar nicht hättest weggehen sollen.“
[202] Der Hausherr seufzte. Sein Blick glitt unwillkürlich auf die Harfe und den daran befestigten Kranz.
„Hast Du nichts von Laura gehört?“ fragte er.
„Sie muß noch immer das Zimmer hüten, allein an Deinem Benefiztage hofft sie das Theater besuchen zu können.“
„An meinem Benefiztage? Man wird diesen Tag benutzen, um mich vollends niederzuwerfen. Es wird daran gearbeitet, mir eine Demüthigung besonderer Art zu bereiten. Ich weiß es, aber ich fürchte mich nicht. Man darf diesem Volke nicht Kleinmuth zeigen, dann ist man verloren. Soweit kenne ich denn doch nun schon meine Leute. Stolz, dreist und zuversichtlich will ich ihnen bis zu der letzten entscheidenden Stunde entgegentreten. Sie sollen mir den Kranz von der Stirne reißen, anders bekommen sie ihn nicht. Es sind ohnedies Lorbeeren, die in diesem märkischen Sandboden nicht gewachsen sind. Man soll nicht sagen: der Iffland ist an den Mückenstichen der Berliner Kritik gestorben.“
„An den Rhein, an den Rhein mit Dir!“
„Nun soll es mir an Kälte, an Schärfe, an Objectivität fehlen; nun soll ich zu weich sein, zu sehr mich selbst spielen! Und beim König Lear hieß es wieder, ich vergäße gänzlich, daß der Grundzug im Charakter jenes Unglücklichen Weiche und Gefühlstiefe sei. O, man möchte selbst wahnsinnig werden einem Publicum gegenüber, das den Genuß tödtet in der Kritik!“
„An den Rhein mit Dir, zurück an den Rhein!“
„Und immer werden mir Fleck’s Verdienste vorgehalten, weil er der Abwesende ist und ich der Gegenwärtige! Sie gleichen dem Hunde in der Fabel, der den Bissen, den er im Munde hat, fallen läßt, um nach einem Schatten zu haschen. Doch immerhin, sie mögen so toll, so unverständig sein, als sie immer wollen und können, weiß ich doch, daß Eine da ist, die mich versteht, die, wenn ich meine ganze Seele hingebe, sie entgegennimmt mit jener weichen Liebeshand, die sich hütet, mir hier eine kaum vernarbte Wunde, dort einen vibrirenden Nerv zu berühren. Wenn ich mein suchendes Auge zu ihrem Platze sende und ich finde ihn leer, entsinkt mir sogleich der Muth, und das hundertäugige Ungeheuer, Publicum, das ich vor mir gelagert sehe, preßt mir ein Beben der Angst und des Entsetzens ab. Finde ich aber Sie, dann ist das Spiel ein Spiel, dann gleiten mir, wie von unsichtbaren Händen mir abgefordert, die köstlichsten Perlen aus dem Liebesreichthum der Seele. Ich empfinde, und was ich empfinde, ist – Sie! Sie ist’s, die mir den Athem versetzt, wenn ich auf die Bühne stürze als Franz Moor; ich zittere, indem ich die Schrecken der Hölle ihr vor das Auge bringen soll, ihr, der Reinen, und wenn ich als Wallenstein die ewigen Sterne befrage, ist’s wieder Sie, die mich an die Wahrheit des ewigen Himmels glauben lehrte. Ach, daß diese Frau eine Frau ist, daß dieses süße Gebilde kein geschlechtsloser Genius ist, dann wäre er mein, ich könnte ihm Altäre bauen, und Niemand dürfte mir verargen, wenn ich laut vor allem Volke mich mit dem Göttlichen vermählte. Der Künstler mit seiner Gottheit! Was wollt ihr? Ist das nicht ganz in der Ordnung? So aber steht sie auf einer unnatürlichen Höhe, sie, die Liebenswerthe, ist dem Liebesbedürfniß entrückt, die irdisch Fühlende ist mit einer kalten Glorie des Standes umgeben. Kann man einen ärgern Hohn aussprechen, als das Geschick ihn sich hier ungestraft erlaubt: das allgemein Begehrte ist zugleich das Allen Versagte! Mein Auge füllt sich mit Thränen – ich muß schweigen.“
„Wenn das Theater nur nicht so zugig wäre,“ hub der Collaborator nach einer Pause an, während der Schauspieler, sein Haupt auf die Hand stützend, vor sich hinsah – „ich sage Dir, Freund, es gibt da Thüren, Thüren ohne Vorhänge, die Dante in seiner Hölle nicht passender hätte anbringen können, um eine neue Qual seiner Verdammten, einen teuflischen Rheumatismus beizubringen. Das ist auch der Grund, weshalb ich so selten in’s Theater gehe. Es thäte der alten Bude gut, wenn eine wohlthätige Feuersbrunst sie mit einem Schlage vom Leben zum Tode brächte. Anders werden wir den Jammer nicht los. Im Zugwinde zu sitzen ist aber das Schlimmste, was einem armen Adamskinde begegnen kann.“
„Alter,“ fuhr Iffland zornig empor, „Du wirst mir auch gar zu philisterhaft! Hast Du denn gar kein Wort für meine Leiden? Mann der Jämmerlichkeit, ist denn Deine Seele wie Dein Ohr mit Kampherstöpselchen verpfropft? Sonst wußtest Du doch zu schwärmen. Erinnere Dich, wie wir in Mannheim an den Ufern des Rheins bis spät in die Nacht Arm in Arm dahinflogen? Wie ich, auf der Rheinbrücke stehend, einst den Fiesco mit Dir spielte, Dich, den Fiesco, von der Brücke stieß, so daß Du mit einem Beine bereits in der Fluth zappeltest!“
„Ach, und ich hatte Nankingbeinkleider an,“ jammerte der Collaborator – „Du Entsetzlicher, das rührte Dich nicht!“
„Wenn der Mantel fällt, muß der Herzog nach!“ declamirte Iffland und brach dann in ein schallendes Gelächter aus. „O, das waren Zeiten! Man sollte das jetzt mit Dir versuchen, Du Liebling des Apothekers, Du Sohn des Rhabarbers, Du Buhle der Wärmflasche, Du im Geheim mit der Flanelljacke Getrauter! Geh – geh! Wenn ich nicht wüßte, daß unter Deinen Pflastern und Umschlägen noch eine Seele steckt, ich würde Dich als wurmzerfressenes altes Möbel längst in die Plunderkammer geworfen haben.“
„Was wirst Du zu Deinem Benefiz geben?“ fragte der Gescholtene, indem er lächelnd sein Glas leerte und nach dem Ofen sah, um sich zu überzeugen, daß er noch in voller Gluth sich befinde.
„Ich habe da einen Gedanken,“ entgegnete Iffland. „Ich will die Hand daran legen, ein neues Jugendproduct wieder in’s Leben zu rufen.“
„Ein Jugendproduct?“
„Ja, meine Jäger. Es ist mir in diesen Tagen ein wunderliches Ereigniß zugestoßen. Allein es will sich nicht schicken, daß ich jetzt schon davon spreche. Alles liegt noch in der Knospenhülle. Aber, so viel sage ich, Leid und Lust früherer Tage ist wieder wach in dieser Brust geworden. Ich habe in ein redlich Herz geschaut, in ein Herz, wie Gott es liebt, in ein Herz, das seine Schmerzen brav erträgt, männlich mit der Sünde kämpft, mit einem Worte, einen Jüngling hab’ ich geschaut, gerade wie ich ihn damals suchte und ihn nicht fand, als ich den treuen Anton seiner Mutter an’s Herz und seiner Liebsten in die Arme legte. Du sollst sehen, wie ich jetzt ganz anders den Oberförster spielen werde. Ich freue mich darauf, wie auf ein Fest.“
„Deine alten Jäger? Aber, das ist ja keine Neuigkeit, wunderlicher Mann!“
„Meine alten Jäger! Ich sage Dir, sie sollen Dir so jung erscheinen, als wären sie erst in dieser Nacht aus dem gährenden Becher der Phantasie gestiegen. Aber, wie gesagt, vorzeitig Plaudern liebt die Muse nicht. Du wirst sehen, und wenn Du wirst gesehen haben, wird Dir der Glaube in die Hand kommen. Und übrigens, hat man mir wohl Zeit gelassen, etwas Neues zu dichten? Angespannt an den Karren, wie ich die letzten Wochen über war, stets fertig dastehend, wenn die Pfeife des Intendanten erscholl und irgend ein fremder Prinz sich vor den Thoren blicken ließ. Ich will und muß Ruhe haben, wenn ich auf’s Neue von den Himmlischen ein Geschenk erbitte. Was ich die letzte Zeit geschaffen, ist ohnedies halb und halb eine Versündigung gegen meinen Genius.“
„Ja, Du hast Teltower Rüben geschaffen,“ schaltete der Gast ein, „aber für den märkischen Sand, sollte da etwas Besseres taugen?“
Iffland war von Neuem in Träumereien versunken. „Morgen zum Minister,“ sprach er vor sich hin; „ich will Urlaub haben zu einer Reise. Der Intendant schlägt ihn mir ab, das weiß ich, aber die Excellenz, die Frau Ministerin, meine schöne Gönnerin und Schülerin, hinter die muß ich mich stellen, dann wird’s gehen. Ich muß ein paar Athemzüge frische Luft schöpfen, ich muß meinen Anton besuchen bei den Seinigen. Im Walde wird mir wohl, im Walde bin ich gern. Wenn das Waldhorn tönt! – Ah – diese Klänge! Und dann am Bachesufer liegen, zurückgelehnt dem Zuge der Wolken nachsehen und der Tage gedenken, die dahin sind! Und eine junge, warme, volle Brust an der meinigen! Das ist etwas für den alten Stadtmenschen, für die Häusermilbe, für den Lampenburschen, dessen Welt sich allabendlich hinter den gemalten Rosenhecken aufbaut, der hinter Pappendeckeln schwärmt und in einen ölgetränkten Mond hinaufschaut. Alter Bursch, alter Spaßmacher, da geh’ und weine Dein Thränlein, daß nichts Besseres aus Dir geworden.“
„Jetzt im Walde!“ rief der Collaborator entsetzt, „im Walde im Schnee liegen an einem gefrornen Waldbach! Welch’ ein Gedanke. Mensch, Du weißt nicht, was ein Rheumatismus ist.“
„Der Frühling ist ja bald da!“ rief der Freund, „wir sind im März und darum hinaus, ihm entgegen. Kommst Du nicht mit?“
[203] „Nein,“ entgegnete der Collaborator trocken. „Ich spüre keine Anlage zur Narrheit in mir.“
„So spricht Fiorlinens Geliebter?“
„Ach, woran mahnst Du mich! Wie kommt der Name Dir plötzlich?“
„Weil ich vorhin von dem Fiesco und den Nankingbeinkleidern sprach. Hast Du denn gar keine Nachricht von ihr?“
Der Collaborator schüttelte das Haupt und griff nach seiner Pelzmütze und seinem Stocke.
„Es war doch ein gar zierliches Geschöpf,“ fuhr der Freund lächelnd fort, „und ihr schient für das ganze Leben für einander geschaffen.“
„Theaterliebschaft!“ hüstelte der Roland. „Man kennt das.“
„Du wurdest Vater einer Tochter.“
„O weh, da zieht’s mir schon im Beine. Es kommt dieses Jahr früher, wie sonst. Nun gute Nacht, altes Menschenkind, gute Nacht.“
Die Magd leuchtete und vorsichtig tappend, in seinen Pelz gehüllt, verschwand der Collaborator in der Thüre. Iffland setzte sich an seinen Schreibtisch und schrieb bis tief in die Nacht.
Die junge Gemahlin des Ministers lag in der Morgenstunde in den Polstern des Sopha’s und quälte sich, eine Tragödie von Aeschylos zu Ende zu bringen, indem sie mühsam und unter Gähnen Seite für Seite umschlug.
„Aimée, wie viel ist’s an der Zeit?“
„Excellenz, noch nicht zwölf Uhr.“
„Ach, mein Gott!“
„Der Herr Minister sind eben zum Könige gefahren und haben hinterlassen, daß sie heute Mittag nicht nach Hause kommen werden.“
„So, das ist mir lieb zu hören. Schicke augenblicklich den François zu Herrn Iffland, er wird gerade jetzt in der Probe sein, ich ließe mir die Ehre ausbitten zu heute Mittag. Hörst Du?“
„So eben kommen der Herr Director die Treppe herauf.“
Die junge Dame sprang vom Sopha auf, und machte freudig und aufgeregt einen Gang durch’s Zimmer. Als sie den Eintretenden erblickte, eilte sie auf ihn zu, und reichte ihm graziös die Hand zu Kusse. „Wie gerufen, mein gutes Directorchen,“ rief sie, „ich wollte soeben zu Ihnen schicken. Aimée, sage im Vorsaal, daß man Niemand einläßt.“ Sie führte ihren Gast zum Sopha und rückte zugleich ein Tischchen heran, auf dem Bücher und Papiere lagen. „Wir sind heute unter uns,“ sagte sie lächelnd, „wir werden zusammen zu Mittag speisen, und ich werde Ihnen wie ein junger Student meine erste Tragödie vorlesen. Da wir Alle jetzt die Franzosen so gründlich hassen, so hab’ ich ein echtes altdeutsches Thema gewählt, und nenne meine Heldin Rodogune. Nicht wahr, das ist zur Genüge gothisch? Worüber erschrecken Sie?“
„Rodogune hieß das Stück, das ich als sechsjähriger Knabe sah, als ich zum ersten Male das Theater besuchte. Ich werde den Abend nie vergessen.“
„Ach, was Sie sagen! Als sechsjähriger Knabe? Amüsant. Welchen Eindruck machte die Pièce auf Sie?“
„Den allerstärksten. Ich spielte auf dem Boden unseres Hauses ohne Zuschauer die Rodogune, bekleidet mit einem Reifrocke meiner Großmutter.“
Die junge Dame fiel laut lachend in die Kissen.
„Welch’ ein spaßhafter Dämon,“ rief sie, „hat mich getrieben, gerade diesen Namen zu wählen! Ich schwankte lange zwischen Rodogune und Amaltrudis. Meine Kammerfrau versicherte mich, das letztere klinge noch gothischer. Aber was ist Ihnen? Sie schauen plötzlich so ernsthaft drein. Bangt Ihnen vor meiner Tragödie? Ohne Sorge, Freund, ich habe erst zwei Verse des ersten Actes fertig, alles Uebrige, unter uns gesagt, sollen Sie machen. Sie schütteln dergleichen aus dem Aermel. Natürlich muß Niemand erfahren, daß wir zusammen arbeiten. Ich will bei Hofe und in der Stadt als Schöngeist glänzen.“
„Ist der Herr Minister nicht zu sprechen?“
„Nein. Was wollen Sie von ihm?“
„Ich hatte den Plan, eine kleine Kunstreise –“
„Still davon, daraus wird nichts. Ich rühre nicht die Hand, um Ihnen Urlaub zu verschaffen. Die arme Königin, sie ist so niedergeschlagen, wer soll sie erheitern? Wie kann man so sehr Egoist sein, Director, und immer an sich denken, während die gerechtesten Ansprüche von allen Seiten erhoben werden? Nochmals, zählen Sie auf mich nicht, ich rühre nicht die Hand.“
„Diese schöne Hand!“ rief Iffland, und ließ einen freudig bewundernden Blick auf die Hand fallen. „Wenn sie nur eben so gefällig wäre, wie sie allmächtig ist.“
„Wollen wir zu meinem Trauerspiel übergehen.“
Iffland rückte mit dem Stuhl näher heran, und die Dame ergriff ein paar beschriebene Blätter. In diesem Augenblick öffnete leise der alte Haushofmeister die Thüre des Salons. Die Ministerin sah ihn unwillig an. „Was gibt’s?“
„Der neue Attaché der f– Gesandtschaft,“ flüsterte der Alte durch die Thürspalte.
„Graf Sylchon?“
Der Alte nickte und blieb, um einen Befehl zu erwarten.
„Das ist mein Liebling,“ sagte die Dame, „ich besinne mich, daß ich ihn zu heute herbestellt habe. Er ist der lächerlichste und eingebildetste Fant, den man sehen kann. Die Prinzeß Radziwill und ich, wir haben dieses Wildpret für unsere Tafel ausgesucht. Er darf nicht wieder entschlüpfen. Was beginnen wir, Director?“
„Ich denke, die Tragödie –?“
„Die entläuft uns nicht, wir wählen statt ihrer die Komödie.“
Iffland sah seine muthwillige Gönnerin fragend an, diese rief dem Diener zu: „Lasse Er ihn in den Saal eintreten, Excellenz der Herr Minister werden ihn sogleich vorlassen.“ Zu Iffland gewendet, setzte sie hinzu: „Haben Sie bemerkt, wie der alte Johann mich versteht? Er weiß, daß es auf einen Spaß abgesehen ist. Nun geschwind, mein Herr, den Minister gespielt, in aller Würde, in allem Anstand, und dem jungen Mann bei Gelegenheit etwas auf die Nase gegeben. Verstanden?“
„Aber – Excellenz – einen Scherz mit einem Attaché einer Gesandtschaft –?“
„Ah – fehlt es Ihnen an Muth? Directorchen, das hatte ich nicht gedacht. Ich sage Ihnen, dieser Fant ist seit den paar Tagen, die er hier ist, dem Hofe, der Gesellschaft wegen seiner Anmaßung, seiner Einfalt, seiner Zudringlichkeit verhaßt. Der König hat sich über ihn schon lustig gemacht, ein Wort von mir zum Gesandten und man schickt ihn fort. So stehen die Sachen. Ich weiß, mit wem ich spaßen kann. Also nun rasch den Minister gemacht, den übrigen Theil der Posse überlasse ich Ihnen; sie muß aber so lustig wie möglich werden, denn wir müssen etwas haben, um unsere gute Königin zu amüsiren.“
„Kann ich dann auf eine Gunst als Belohnung rechnen?“ fragte der berühmte Schauspieler mit einem eben so demüthigen als schlauen Lächeln.
„Wir wollen sehen. Also, mein Herr Gemahl –“
Iffland erhob sich, schob die Hand in die Weste auf der Brust, trat einen Schritt vor, und eine Prise nehmend, rief er Johann zu, der noch immer an der Thüre lauschte, und kein Wort von dem verloren hatte, was in dem Cabinete gesprochen: „Eintreten!“
Sogleich stand, gepudert, frisirt, in eine Atmosphäre von Eau de mille fleurs gehüllt, ein Männchen von vierundzwanzig Jahren in einem eleganten Morgencostüm da. Verbeugungen von der einen, beifälliges Nicken von der andern Seite. Die Ministerin bleibt auf dem Sopha liegen und fährt fort, in dem Aeschylos zu blättern, nebenbei aber über die Blätter nach den Beiden im Zimmer zu lauschen.
Iffland spielt den Minister vortrefflich. Er nimmt das Empfehlungsschreiben aus der Hand des jungen Mannes an; das Gespräch dauert zehn Minuten, aber trotz der Kürze der Zeit findet der Pseudominister doch Zeit, dem jungen Manne einige gute Lehren zu geben und einige Winke fallen zu lassen, wie man sich in diesem oder jenem Falle zu benehmen habe, sehr wenig erbaulich für die Eitelkeit des Zöglings der höhern Staatskunst, der sich für vollendet hält. Darauf entfernt sich Seine Excellenz, nicht ohne ein Zeichen des Einverständnisses mit der Dame auf dem Sopha gewechselt zu haben, die mit einer äußerst lustigen Miene in ihrer Lectüre fortfährt, hier und da eine kurze Erwiderung gebend auf die Anreden des jungen Diplomaten. Sie klingelt. Johann erscheint.
„Ist mein Wagen vorgefahren?
„So eben, Excellenz.“
„So geb’ Er mir meinen Mantel. Nun, was steht Er? Was hat Er?“
[204] „Hier ist ein Brief, der gnädige Herr hat ihn wohl aus der Tasche verloren.“
Der Graf erblickt erstaunt sein Empfehlungsschreiben, das er so eben dem Minister abgegeben, und das dieser in die Tasche gesteckt hat, in der Hand des Bedienten. Er weiß durchaus nicht, wie das zusammenhängt, indessen ist nicht Zeit, darüber nachzudenken, er gibt das Schreiben dem Diener mit dem Auftrage, es Seiner Excellenz einzuhändigen. Johann steckt den Brief ein. Die Dame hält das Taschentuch vor den Mund, entweder leidet sie an Zahnweh, oder sie versteckt ein Lachen. Johann legt ihr den Mantel um, sie enteilt mit einem flüchtigen Gruße, und durch die andere Thüre entfernt sich der Diplomat. Der Kutscher des Miethwagens ist auf einen Augenblick abgestiegen, jetzt kommt er aus dem nahen Keller hervor, wie es den Anschein hat, völlig berauscht, denn er kann kaum einen festen Schritt thun. Der junge Mann will in eine gewisse Gegend der Stadt fahren, der Kutscher fährt in die entgegengesetzte. Es gibt Zank, mehr als einmal will der Fahrgast aussteigen, aber der Kutscher, der jetzt laut auf dem Bocke zu singen anfängt und hin und her wankt, verhindert es. Endlich langt man vor dem Hause an, in dem der Graf wohnt. Gegenüber auf der anderen Seite der Straße hält, durch einen sonderbaren Zufall veranlaßt, der Wagen der Ministerin, sie sieht aus dem Fenster und scheint sich, der Himmel weiß, worüber, vortrefflich zu belustigen. Ja, sie klatscht sogar ein paar Mal Beifall, als säße sie im Schauspiel. Unterdessen zankt der Graf mit seinem Tölpel von einem Miethkutscher, der immer die Summe zu gering findet, die ihm geboten wird. Endlich schließt sich der Handel ab, und der Graf will in sein Haus.
„He, da hat der Herr eben etwas aus der Tasche verloren!“ ruft der Zudringliche, und gibt ein geöffnetes Schreiben ab.
Welch eine Scene nun! Der Graf erkennt abermals sein Empfehlungsschreiben, das er gewiß ist, dem Diener des Ministers übergeben zu haben, der es vor seinen Augen einsteckte, um es seinem Herrn zu übergeben. Dieser Brief ist jetzt wieder da und zwar in den Händen des Droschkenkutschers! Welch ein Teufel macht hier sein Spiel! Was ist das? Wie hängt das zusammen? Er sieht mit weit geöffneten Augen den Kutscher an, der dumm und ehrlich ihm sein breites Antlitz und darin die geröthete Nase zeigt, jetzt den Mund öffnet und ein höhnendes Grinsen zum Besten gibt. Die beiden Gesichter, das verblüffte des Grafen, das spottende des Trunkenbolds sind vortrefflich, keine Scene auf dem Theater kann mehr von Wirkung sein, und dieser Ansicht scheint auch die Dame in der Kutsche zu sein, vor lauter Entzücken wirft sie ein Kußhändchen – dem Kutscher zu. Der Diplomat sieht und hört nichts, er nimmt erröthend sein Empfehlungsschreiben und eilt die Treppe seines Hauses hinauf, indem er die Thür hinter sich zuschlägt.
Am andern Tage erzählt sich der Hof, erzählt sich die Stadt eine sehr belustigende Geschichte. Mit veränderten Namen rollt das Anekdötchen hierhin und dorthin. Iffland ist der Held der Geschichte, Iffland der Minister, Iffland der Kammerdiener, Iffland der Droschkenkutscher. Der Gesandte ist nicht der Letzte, der das Abenteuer erfährt. Da der König lacht, der Minister lacht, die Ministerin und auch der Gesandte lacht, so findet der Attaché es am passendsten, auch zu lachen, im Geheimen schwört er jedoch dem Komödianten eine eclatante Rache.
Drei Wochen später kündigte der Generalintendant dem Schauspieldirector Iffland an, daß auf hohe Verwendung ihm ein Urlaub auf zwei Monate bewilligt sei. Wer zuletzt lacht, lacht am besten, und dies war Iffland.
In einem Hause in der Köpenicker Vorstadt saß im ärmlichen Zimmer eine kranke Frau im Bette und vertrieb sich die Zeit, bei einem Stümpfchen Licht Briefe zu lesen, die sie aus einem Kästchen nahm und, wenn sie sie durchgelesen, sauber gefaltet wieder hinein legte. Ein Mann saß zu Füßen des Bettes im Schatten, das Haupt an die Wand gelehnt, und aus einer kleinen Thonpfeife Rauchwolken vor sich hin blasend. Es war stille im Zimmer, man hörte das Picken einer alten Uhr, die im Winkel am Fenster stand. Der Mond sah durch einen zerrissenen Vorhang in’s Dachzimmer.
Der Mann stand verdrießlich auf:
„Was hast Du nur für ein Vergnügen, Sophie, diese alten Briefe zu lesen!“ rief er. „Ich verstehe das nicht. Wenn man so alt ist und dazu so krank, könnte Einem wohl etwas Besseres einfallen, was zur Zerstreuung diente.“
Die Frau sah über ihre Brille hinüber den Fragenden an, und sagte dann mit einem höhnischen Lächeln:
„So alt? Wie alt bin ich denn! Und gerade, wenn man nicht mehr jung ist, hört man gerne von den Tagen sprechen, wo man sich bald auf diese, bald auf jene Weise belustigte. Diese Briefe ersetzen mir meine Freunde, die ich nicht mehr habe.“
„Rechnest Du mich für nichts?“ fragte gereizt der Mann.
Die Lesende gab ihm keine Antwort, sie durchflog wieder mit forschendem Auge die Linien eines sehr unleserlich geschriebenen Briefes, dessen vergilbtes Papier von seinem Alter und seinem langen Liegen im Kästchen Kunde gab.
„Dieser Brief ist von Iffland,“ sagte die Frau.
„Nenne mir diesen Namen nicht.“
„Er schreibt mir nach meinem ersten Auftreten auf der kleinen Bühne im Badeorte Birkenstein, wo ich die Agnes Bernauerin spielte. Wie lange ist das her! Willst Du hören, was er über mich sagt? Er prophezeit mir eine glänzende Zukunft, und sagt, daß ich einst die deutsche Clairon sein würde. Hier, diese Stelle ist rührend: Wenn wir uns einst wiedersehen nach langen Jahren, so wünsche ich nichts, als daß ich es sein dürfe, der den Kranz des Ruhms auf Ihre schöne Stirn drückt! – Du lieber Himmel – wenn er mich jetzt sähe – in dieser Umgebung! Gefurcht die Stirn, die er einst schön und eines Kranzes würdig nannte! O, Schicksal, Schicksal, wie spielst Du mit Deinen Geschöpfen!“
„Deshalb,“ hub der Mann wieder an, „finde ich’s thöricht, seine alten Briefe wieder hervorzusuchen.“
„Aber was soll ich denn sonst beginnen, um mit meinen traurigen Tagen zu Ende zu kommen?“ fragte die Kranke mit übler Laune. „Soll ich etwa stets und immer wieder Deine Klagen anhören? Dich bedauern, daß man Dich verkennt, Deinen Werth mißachtet, Dich in einem Winkel vermodern läßt? Glaube mir, ein schwacher Mann ist etwas Miserables.“
„Ich – schwach!“ rief der Gescholtene und erhob die dürre, zusammengedrückte Gestalt zu ihrer möglichsten Höhe. „Ich – der größte Mime Deutschlands und seiner Zeit – ein schwacher Mann? Sophie, versündige Dich nicht. Du bist schwach, warst immer schwach, und obgleich man sagt, die schwachen Weiber seien liebenswürdig, so machtest Du eine Ausnahme. Wie gut hättest Du Dich versorgen, wie trefflich und auf die Dauer die Männer, die sich Dir ergaben, an der Nase umherführen können! Aber Du wolltest immer ehrlich sein, und das nenne ich die erbärmlichste Schwäche.“
[217] „Schweig!“ rief die Frau, nach einer Weile, „tadle nicht das Einzige, was vielleicht noch gut an mir ist. Seit ich mit Dir zusammenlebe, bin ich schlecht.“
„Nicht schlecht bist Du, Du bist klug; Du siehst die Welt an, wie ich sie ansehe, das heißt, angefüllt mit Schurken und Schwachköpfen; die ersteren dazu geschaffen, auf Kosten der Anderen zu leben. Ich war lange Zeit ein Schwachkopf, bis ich’s endlich weg hatte, ein Schurke zu sein. Wie lange hab’ ich mich von dem Schurken Iffland um meinen Ruhm, um mein Glück, um mein Leben betrügen lassen! jetzt, wenn ich heute aufträte, würde er an mir seinen Mann gefunden haben.“
„Nun so tritt auf; aber Du liebst die Flasche so sehr, daß Du nicht einen einzigen Abend kannst nüchtern sein. Ist das nicht Schwäche?“
„Seine besten Rollen hat er von mir! Was er als Hamlet und Lear leistet – ein schwaches Abbild ist es von mir! Und ich Thor – ich öffnete ihm, dem Jämmerlichen, noch die Pforten zum Ruhme.“
„Er ist ein edler Mann.“
„Weib!“ rief der Zürnende, indem er heftig aufsprang und die Fäuste ballte, „wenn wir gute Freunde bleiben sollen, so rede nicht so von dem Manne, den ich hasse, wie ein Mensch nur den andern hassen kann. Hier lieg ich im Staube, ein Zertretener, ein Vergessener, ein Verschmähter, während er triumphirt, während er bei den Großen, bei Hofe und in glänzenden Kreisen in der Stadt als Stern erster Größe glänzt. Und ich, von dem er hat, was er hat, ich gehe in Armuth und Elend unter. Und nun kommt diese Närrin und lobt ihn noch. Sage mir lieber, wie ich ihn vernichte, wie ich ihn todtmache, wie ich ihn unter meine Füße bringe, das stände Dir gut an, alte Gauklerin!“
„Wenn ich sage, daß dieses Gefühl Neid ist und daß der Neid Elende noch elender macht –“
„Schweig, Du verstehst davon nichts. Jeder große Mann ist neidisch und muß es sein; es gehört der Neid zur Größe. Aber laß uns von etwas Anderem sprechen. Wie viel hast Du in Casse?“
„Die paar Pfennige, die das Kind mir gestern gebracht.“
„Gib sie her.“
„Sie sollten dazu dienen, uns ein Abendbrod zu verschaffen.“
„Mich hungert nicht. Ich habe gestern eine Schenke entdeckt, in der man billig und gut eine Erfrischung zu sich nehmen kann.“
„So nimm, was da ist, aber bleibe nicht so lange aus. In der Einsamkeit und im Dunkeln hab’ ich so sonderbare Träume. Es naht sich mir mit Stimmen und spricht zu mir mit Gebehrden, als wollte die alte Zeit erstehen. Neulich sah ich sogar meinen Ottokar. O, da hab’ ich weinen müssen, bittere, unversiechbare Thränen; Thränen, wie sie Agrippina weinte auf den Aschenkrug ihres Unvergeßlichen.“
„Ottokar? Das war der Leichtfuß, der Dich sitzen ließ und der später Minister geworden ist?“
„Laß ihn,“ flüsterte die Kranke und machte eine abwehrende Bewegung mit der Hand. „Wo er auch sei, es gehe ihm gut.“
„Dieses Weib ist, so wahr ein Gott lebt, zum Tollhause reif!“ tobte der Mann. „Ich könnte über diese kindische Seele lachen, wenn ich sie nicht hassen müßte. Wie hat doch der Himmel oder die Hölle, was gleichviel bedeutet, in den engen Raum dieser Dachkammer das schwächste Weib und den stärksten Mann zusammengeführt!“
Er machte sich fertig zum Gehen, dann blieb er stehen und es war, als zucke ihm etwas durch Gehirn und Glieder. Er hielt den Leuchter mit dem Lichtstümpfchen hoch empor, und indem er den Schein auf sein todtenfahles und verzerrtes Antlitz fallen ließ, begann er plötzlich in hohlen Tönen jenen schauervollen und gigantischen Monolog des Franz Moor zu declamiren, in welchem alle Schrecken der Phantasie zusammenwirken, um ein Bild des Tages des Weltgerichts zu geben. Er sprach sich immer mehr hinein und die Darstellung wurde so ergreifend, daß die Kranke sich im Bette aufrichtete, beide Hände vor das Gesicht schlug und weinend ausrief:
„Gott sei mir armen Sünderin gnädig!“
In der dunkeln Einfassung der Thüre stand ein Mann im Mantel unbeweglich und war Zuschauer dieser Scene, ohne daß sein Erscheinen von den Andern war bemerkt worden.
„Ha!“ brüllte plötzlich der Declamirende. „Da ist er!“
„Wer?“ fragte die Frau auf dem Bette.
„Wie kommt er hierher?“ stotterte der Bestürzte, indem er sich scheu und schüchtern bis in die Nähe des Bettes zurückzog und dann mit vorgehaltener Hand der Frau zuflüsterte: „Iffland!“ Die Frau stieß einen Schrei aus und wandte sich im Bette gegen die Wand, indem sie vor sich hinmurmelte:
„Ich will ihn nicht sehen; er soll mich nicht hier und in diesem Elende finden.“
Das Kind kam an das Bette der Frau und rief:
„Das ist der Herr, der Dich sehen und sprechen wollte, Mutter.“
Eine lange Pause herrschte im Zimmer, endlich trat Iffland [218] auf den Mann zu, der mit niedergeschlagenen Augen und in gebeugter Stellung an der Wand lehnte, und ihm die Hand reichend, rief er:
„Brav, Fellmer! Ich sehe, Du hast nichts vergessen, wenn Du auch nichts dazu gelernt hast.“
Ohne eine Antwort zu geben, wand sich der Angeredete an dem berühmten Schauspieler vorbei und entfloh aus der Thüre, die er heftig hinter sich zuwarf. Iffland war jetzt mit der Frau allein, die noch immer in ihrer abgewendeten Stellung beharrte. Er redete sie an, sie antwortete aber nicht; heimlich gab sie dem Kinde den Befehl, das Licht auszulöschen. Dieses wagte sich nicht zu dem Tische heran, wo der Fremde stand. Nochmals wurde die Frage wiederholt und jetzt stöhnte die Frau:
„Bemüht Euch nicht, mein Herr; eine kranke Frau dankt Euch für Euer Almosen, allein sie will nicht von Euch erforscht und erkannt sein. Geht, ich bitte Euch!“
Iffland richtete seinen Blick auf die Wände des Zimmers, sie waren mit ein paar Bildnissen geziert; das ihm zunächst befindliche stellte eine junge blühende Schöne vor, mit einem Strohkranze in den schwarzen Locken. Es war das Bild einer Schauspielerin in der Ophelia. Er sagte nichts, aber sein Entschluß stand fest, die Bewohnerin dieses Zimmers kennen zu lernen. Mild und freundlich trat er an das Lager und sprach nochmals seine Bitte aus, daß man ihm Antwort geben möchte; langsam wandte sich endlich die Liegende um und der Ruf „Florine!“ entglitt Ifflands Lippen.
„Ja, ich bin es!“ sagte die Kranke.
„Florine! Sie hier und in diesem Elende? Und ich habe nichts davon gewußt, ich, Ihr Freund, Ihr Bewunderer? Ist das recht gethan, gottloses Weib?“
Er nahm ihre Hand, legte sie auf sein Herz und sah sie mit seinen großen, hellen, freudigen Augen innig an. Die Frau zerfloß in Thränen.
„Mein geehrtester Herr Director –“
„Nichts von Director – Ihr Freund, Ihr Bruder, Florine.“
„Ach!“
„Armes, armes, leichtsinniges Weib! Wie grausam straft der Himmel! Seit Ihrem letzten Auftreten in Wien hab’ ich nichts von Ihnen gehört, Florine. Es ging Ihnen nicht gut, aber auch nicht gerade schlecht. Wie kamen Sie denn hierher und in diesen Zustand?“ –
„Meine Geschichte ist weder neu, noch erbaulich,“ sagte die Kranke mit einem bittern Lächeln auf den schmalen Lippen. „Ich habe mich selbst mit Absicht sinken lassen, weil mir das Leben gleichgültig geworden. Es ist weder großes Elend, noch großes Verbrechen in meinem Dasein.“
„In welchem Verhältnisse stehen sie zu dem Manne, der sich eben entfernte? Sind Sie mit ihm verheirathet?“
„Nein,“ entgegnete die Frau mit einem leichten Schauder – „er ist nicht mein Mann. Er hat sich zu mir gesellt und ich mag ihn nicht forttreiben, denn er ist noch elender, wie ich. Auch das Kind ist nicht das meinige. O, welche Erschütterung ist das! Mein Kopf hält’s nicht aus. Wie wunderlich ist der heutige Tag! Gerade vor einer Stunde mußte sich’s fügen, daß ich in den alten Briefen stöberte – gerade heute, gerade vor einer Stunde –“
„Beruhigen Sie sich; ich komme wieder.“
„Sie kommen nicht wieder. Wer besuchte wohl das Elend! Einmal verirrt man sich dahin, aber dann nicht wieder. Mann, Mann! Mann meiner schönen Jugendtage! nur eine Frage: lebt er? lebt Ottokar?“
„Er lebt!“ entgegnete Iffland mit fester Stimme. „Beruhigen Sie sich. Lassen Sie mich gehen und wiederkommen. O, armes Kind, wie haben Sie sich und Ihre Freunde so sehr vergessen können! Doch ich gehe; bald – bald sollen Sie Nachricht von mir haben. Gott mit Ihnen.“
Noch ein Händedruck und der Redliche verschwand in die Nacht zurück, aus der er aufgetaucht war. Unten auf der Straße angelangt, richtete Iffland einen Blick hinauf zu dem Fenster der Dachwohnung, aus der er soeben geschieden. Das Haus gehörte einem Kaufmanne, mit dem er hier und da Geschäfte gehabt. Er begab sich in den kleinen Laden, kaufte einige Vorräthe an Kaffee, Reis, Zucker, und ließ sie hinauftragen. Dem Kinde, das ihm gefolgt war, gab er Geld und bestellte es zu dem morgenden Tage zu sich. Dann verließ er die Vorstadt, und in einem der belebtesten Stadttheile angelangt, stieg er die mit Teppichen belegte und erleuchtete Treppe bei dem Ministerialrathe und Präsidenten von Blumenstein hinauf. Dort versammelte sich an diesem Abende stets eine kleine Zahl Männer und Frauen, die, mit Kunst und Wissenschaft vertraut, eine belebende, Geist und Gemüth bildende und fördernde Unterhaltung führten. Iffland gehörte diesem Kreise an, er war der Vertraute des Mannes und der Freund der jungen, liebenswürdigen Frau, die eine fleißige Theaterbesucherin war, wenn es ihr leidender Zustand nur irgend erlaubte. Mit großer Kunstfertigkeit spielte sie die Harfe, und soeben hatte sie die Freunde durch eine der einfachen und seelenvollen Compositionen Reichardt’s, die man für dieses Instrument gesetzt, erfreut, als hinter den Portieren der Thüre Iffland hervortrat. Der Präsident ging ihm entgegen und führte ihn in den Kreis der Freunde. Auch der Collaborator Roland war unter den Gästen. Als die ersten Begrüßungen abgethan waren, führte Iffland die Dame des Hauses ein wenig bei Seite und flüsterte ihr zu:
„Ich bleibe nicht lange, liebste Laura, ich fühle mich zu sehr bewegt. Welch’ ein trauriges Bild hat sich mir gezeigt! Und dort geht der Mann, so ahnungslos, – wenn er wüßte, von wem ich komme.“
„Und von wem kommen Sie?“
„Denken Sie, Laura, Florine lebt; sie lebt in Armuth, in Vergessenheit hier in dieser Stadt. Ich komme so eben von ihr.“
„Um Gotteswillen, leise!“ rief die schöne Frau, „daß nur der Freund dort nichts erfährt, nicht unvorbereitet erfährt.“
„Deshalb,“ entgegnete Iffland, „will ich’s vermeiden, mit ihm zu sprechen; so aufgeregt, wie ich bin, könnte ich mich verrathen. Dann noch etwas, Laura, ich bringe Ihnen in diesen Tagen „mein Mädchen“ –“
Die Präsidentin sah ihren Freund fragend und lächelnd an.
„Sie hören, „mein Mädchen“, die Braut meines Anton. Haben Sie unsere Verabredung vergessen?“
„Wie sollte ich?“ entgegnete die Gefragte. „Und will sie dabei bleiben, die Rolle der Friederike zu geben? Ich denke, wir bringen sie noch von dem Entschlusse ab, die Breter zu betreten.“
„Und ich,“ rief Iffland entrüstet, „wo bleibe ich denn? Ich, der ihr den Entschluß eingeflößt, der ihr eine glückliche Zukunft versprochen? Ach, Laura, welche sonderbaren Launen beherrschen Sie!“
„Denken Sie an Florine, von der Sie eben kommen. Auch ihr versprach man eine glänzende Zukunft. Auch ihr –“
„Still, er beobachtet uns. Also auf Wiedersehen, vielleicht morgen schon.“
Als der Forteilende an den Männern vorüber wollte, hielt ihn einer derselben zurück, indem er rief:
„Iffland, man intriguirt gegen Sie; es bildet sich eine furchtbare Verschwörung, die damit umgeht, Ihnen am Abend Ihres Benefizes einen Streich zu spielen. Nehmen Sie sich in Acht. Gewisse Attaché’s gewisser Ambassaden sind auch dabei im Spiele.“
Der Kreis der Männer lachte.
„In allem Ernste, Theuerster,“ versicherte der Sprecher. „Der wüthige Attaché hat schon einen nicht geringen Anhang erworben. Die Verschwornen versammeln sich im Café français um die zehnte Stunde, jedes Mal nach dem Schauspiel. Es werden beispiellose Pläne geschmiedet.“
„Armer Iffland,“ klagte der Präsident, „um Deinen Ruhm ist’s geschehen!“
„Haltet mir nur die Kläffer in Euren Journalen vom Leibe, das Andere laßt meine Sorge sein,“ entgegnete der Schauspieler.
„Berlin kann nur durch Berlin bekämpft werden,“ nahm ein junger, hagerer Mann mit einem Ordensbande das Wort. „Man muß wissen, den Berlinern zu imponiren, und man gängelt sie, wie die Kinder. Aber, freilich, man muß mit dieser Stadt vertraut sein.“
„Es mag sein,“ rief Iffland gereizt; „allein, wie macht man’s, um den Treulosen treu, den Falschen offenherzig und bieder zu machen?“
„Der Berliner ist weder das Eine noch das Andere,“ sagte der Ernsthafte. „Ich kenne meine Vaterstadt. Die großen Männer der Nation kamen ohne Namen hierher und empfingen hier einen. Lessing, Mendelssohn, Gleim hat Berlin zuerst gekrönt, Deutschland folgte. Kant, obgleich Königsberger, ist doch ein Sohn der Intelligenz dieser Stadt, die ihm die ersten Schüler, die ihm die ersten Verbreiter seiner Lehre gab. Gehen wir noch früher zurück, so ist’s [219] Leibnitz, der, von dem kleinen Hofe zu Hannover sich abwendend, Trost, Erheiterung, Anerkennung bei der geistvollen Königin Charlotte fand. Demnach wäre der Berliner Boden keine Lüneburger Haide für das Talent, für das Genie. Freilich gibt’s aber Leute, die die Gemüthlichkeit und sanfte Einfachheit der Lüneburger Haide nach Berlin versetzen möchten. Für derlei Beginnen ist nun freilich kein günstiger Erfolg zu hoffen.“
Die Männer sahen sich an und Einige wandten sich mit Lächeln ab, Andere suchten dem beginnenden Streite dadurch vorzubeugen, daß sie mit vermittelnden Bemerkungen auftraten. Der Präsident ergriff das Richtige, indem er ausrief:
„Iffland ist der Unsere; wir haben ihn in unsere Mitte aufgenommen und lassen ihn nicht. Er soll uns lieben und schätzen lernen, so weit wollen wir’s noch bringen.“
Die Umstehenden drückten ihm die Hand und schnell besänftigt enteilte der berühmte Gast. Das einmal angeregte Gespräch wurde jedoch noch lebhaft fortgesetzt.
„Ich kann es nicht leiden,“ rief der Journalist und Kritiker, denn das war der Ernsthafte, „dieses ewige Schelten auf unsern kalten Verstand, unsern alles Schöne tödtenden Witz, unser Raisonnement. Es soll Einer nur unsterblich sein und wir werden ihn nicht zum Sterben bringen. Da kommen sie aber herüber zu uns, diese Gefühlsseligen, diese weichen Kindergemüther mit halber Kunst und ganzer Anmaßung, diese lyrischen Talente mit dem Lutschbeutel im Munde – Alles das will groß und einzig und völlig makellos sein und schreit Zeter, wenn wir nicht sogleich ihm entgegenlaufen.“
„Iffland brachte bereits einen wohlbegründeten Ruf mit,“ bemerkte der Präsident.
„Er brachte ihn mit,“ entgegnete der Journalist, „richtig; allein was hat er gethan, diesen Ruf auch bei uns zu begründen? Ist er weiter gestiegen in der Kunst, oder ist er stehen geblieben? Unbedingt das Letztere. Nennen Sie mir, meine Herren, eine einzige Rolle, die neu hinzugekommen ist zu seinem Repertoir. Und soll ich von seinen Verdiensten als Dichter sprechen? Kein einziges Stück, das er geschaffen, denn man kann kaum sagen, gedichtet, steht als Kunstwerk da; alle tragen den Stempel des Dilettantismus an sich, und was man allein an ihnen loben kann, ist die Kunst, bühnengerecht sich zu geben. Nehmen wir nur gleich das erste beste seiner Stücke, ja in der That das beste, wie das allgemeine Urtheil sagt: die Jäger, wo ist da in dem ganzen Stücke ein vernünftiger Plan zu sehen? Ich wenigstens sehe keinen. Die Motive wechseln wie die Kartenblätter. Ist, Anton die Hauptrolle? Nein. Ist’s der Doctor? Auch nicht. Das Stück zerfällt in drei Stücke. Zuerst Anton’s Liebe zu Friederiken. Dieses Stück endigt mit dem dritten Acte, denn nachdem die schwächliche Gegenwehr der Mutter, die zur Sprache gebrachte Glaubensverschiedenheit beider Liebenden rasch niedergetreten ist, steht der Vereinigung nichts im Wege. Das Mittelstück füllt der Streit der beiden Alten aus, und das dritte Stück bringt Antons Anklage und Freisprechung. Wenn wir’s genau nehmen, so ist an der ganzen Verhandlung nur der Streit der beiden Alten, des Oberförsters und des Amtmanns, von Wichtigkeit, denn diese Scene ist mit eben so großer Feinheit als Menschenkenntniß geschrieben; sie zeigt aufs Lebendigste die Sitten und die Denkungsart jener Classe von Menschen, um die es sich hier handelt, obgleich auch hier eine höhere Idee als Träger des Ganzen fehlt, und hinter des Amtmanns Ehrlichkeit keine tiefere Anschauung des Staates und der Bürgerpflichten sich versteckt. Da müßte aber unser Dichter mehr das Leben im weiteren Sinne, mit einem Worte mehr Politik eines großen Staates und das Treiben wichtiger Interessen im Volksverbande studirt haben.“
„Mit einem Worte,“ sagte der Präsident lachend, „er müßte neben dem Sophokles auch ein Solon und Perikles sein.“
„Die Charaktere in dem Schauspiel „die Jäger“ sind doch trefflich gezeichnet,“ nahm einer der Gäste das Wort. „Man sieht diese guten Leutchen vor sich. Die plaudernde alte Mutter, das herzige liebe Riekchen, das boshafte und verliebte Kordelchen, und vor allen Dingen der herrliche Ehrenmann, der Oberförster, das sind Kernnaturen.“
„Das sind sie,“ sagte der Recensent. „Auch sein „Spieler“ ist eine aus dem Leben mit großer Treue und drastischer Wirkung hervorgenommene Figur. Mag sich an diesen Gebilden erfreuen, wer da will, nur gehe man nicht zu weit, und gebe muthwillig Lorbeerkronen hin, die für andere Köpfe bestimmt sind. Wir haben einen Goethe, einen Schiller, einen Lessing – das ist Alles, was ich sagen wollte.“
Die kleine Gesellschaft setzte sich um die Abendtafel.
Der Tag des Benefizes nahte heran. In Iffland’s Wohnung, in einem freundlichen großen Salon, durch dessen Fenster die warme Frühlingsnachmittagssonne schien, standen zwei Lehnsessel zur Seite der Wand, sie bildeten die Sitze für das Publicum, und dieses bestand hier nur aus zwei Personen, aus Iffland und seiner Freundin Laura. Die junge Sophie Seelfeld, die Iffland für das Theater gewonnen hatte, eine reizende Erscheinung voll Jugend und Unschuld, war bereit, die Rolle der Friederike nochmals mit dem Meister durchzugehen, und sie und der Schauspieler, der den Anton machte, stellten sich in dem freien Raume auf vor den Stühlen. Der fünfte Auftritt im zweiten Acte, das erste Zusammentreffen Anton’s mit Friederiken in Gegenwart von Kordelchen war beendet, da wurde der junge Schauspieler, der den Anton gab, abgerufen wegen eines dringenden Geschäfts, das seiner zu Hause wartete. Iffland erlaubte ihm zu gehen, zugleich wandte er sich mit einiger Verlegenheit zu Laura, und diese, seine Miene richtig deutend, rief:
„Was machen wir nun? Wie soll unsere junge Freundin ohne Liebhaber eine Liebesscene spielen? Wenn wir auch Alles möglich machen, das machen wir doch nicht möglich.“
Iffland erwiderte lächelnd:
„Mein Kind, der muß ein schlechter Theaterdirector sein, der nicht stets eine Doublette bei der Hand hätte. So hab’ ich denn auch für diesen möglichen Fall für einen Liebhabersubstitut gesorgt. Soll er hervortreten?“
„Wer ist’s?“ fragten beide Damen neugierig.
„Ein ziemlich taugliches Subject,“ erwiderte Iffland einsylbig und trocken.
„Um’s Himmelswillen, theuerster Director, doch nicht Ihr Famulus, der Ihnen die Rollen abschreibt, der schielende kleine Rötling?“ rief Sophie, und klammerte sich an den Arm ihres Gönners, „unmöglich könnte ich mich entschließen, dem in die Arme zu fallen.“
„Eine Schauspielerin, mein Kind, muß Alles können,“ bemerkte der Meister ernst, „sie muß von keinem persönlichen Widerwillen sich leiten lassen. Für die zwei Stunden, die sie vor den Lampen steht, muß sie selbst ihrem Todfeinde glühende Liebe heucheln.“
„Ach!“ rief Sophie und lehnte, das Haupt verbergend, an die Schulter Laura’s, die ihr schmeichelnd und tröstend die dunkeln Locken von der Stirne strich.
„Nun, so lassen Sie ihn denn kommen, den Furchtbaren, den Entsetzlichen!“ stöhnte das Mädchen.
Iffland ging rasch zur Thüre und, sie öffnend, ließ er einen bildschönen, schlanken Jüngling von achtzehn Jahren, in die enge Uniform des Gardeschützenbataillons gekleidet, eintreten. Sophie fuhr freudig in die Höhe.
„Anton!“ rief sie – „Sie – Du – hier?!“
„Dies ist ein Substitut!“ rief Iffland triumphirend. „Hab’ ich’s nun gemacht? Wird Fräulein Friederike sich nun noch weigern, ihre Rolle mit all der nöthigen Kunst und Begeisterung zu spielen? Und Du, Freund Anton, hast Du, wie ich’s Dir angerathen, in Deiner Kaserne fleißig memorirt?“
„O, Herr Director,“ stotterte der junge Mann, indem eine helle Röthe seine Wangen färbte, „was das betrifft, die Worte, die ich zu sprechen habe – gehen mir aus der Seele.“
„Nun, so spielt, und wir – Laura – wir wollen das Götterschauspiel der Liebe mit anschauen, wollen die Flammen dieser jungen, unentweihten jungen Herzen gegeneinander auflodern sehen und dabei – unserer eigenen Jugend gedenken.“
„Still, Schwätzer,“ sagte die junge Frau leise, und machte eine abwehrende Bewegung mit dem Tuche. Iffland sah sie unendlich schalkhaft und gutmüthig lächelnd von der Seite an, indem er den Finger drohend emporhob.
Die Scene ging nicht ganz nach Wunsch; Anton wollte immer noch mehr sagen, als er zu sagen hatte, und Friederike vergaß mehr als einmal das Stichwort, indem sie auf seine improvisirten Zusätze lauschte. Was Anton jedoch nie vergaß, war, den Arm um Friederikens schlanke Taille zu legen, um sie mit inniger Gewalt an sich zu ziehen. Diesen Gestus machte er meisterhaft. Zuletzt ging auch [220] das Uebrige, nachdem zwei, drei Mal wiederholt worden. Iffland freute sich an der Innigkeit der Worte, die er niedergeschrieben, und die jungen Herzen vor ihm zeigten ihm, wie richtig er in die warme, blüthenreiche Seele der Jugend und Unschuld hineingeblickt. Die Liebe und die Poesie feierten zugleich ihren Triumph. Das Urbild hatte sich des Abbildes nicht zu schämen. Aber freilich, wie konnte auch auf den Bretern so gespielt werden, hier, wo die Natur selbst es übernahm, das Werk der Kunst zu vervollständigen! In einer immer höher steigenden Scala der Liebeslaute wuchs das schöne Concert zu einem entzückenden Wohllaut an.
Als das seelenvolle Mädchen die Worte sprach: „Anton – mein ganzes Leben ist in Dir! Wäre es möglich, daß Du einmal mich weniger liebtest, als heute? Wenn ich Eltern hätte, sie würden Dich an meiner Stelle fragen; nun bin ich eine Waise, und mein Leben ist in Deiner Hand. Wäre es möglich, so laß uns gleich abbrechen. Es wird mir das Leben kosten, das weiß ich, aber ich sterbe doch sanfter, als wenn – Ach, Anton“ und er darauf erwiderte, indem er ihre Hand an seine Brust drückte: „Riekchen, Riekchen, sieh mich an! Gott weiß es, es ist kein Falsch in mir!“ sprang Iffland auf, und von seinem Gefühle hingerissen, schloß er seine Arme um beide Liebende. Dann umfaßte er noch besonders den Jüngling, und indem er einen Kuß auf die vollen, unentweihten Lippen seines schönen Lieblings drückte, rief er:
„So recht, mein Junge, flamme mit Deinen Augen, flöße mit Deinen Küssen das Gebot der Liebe allmächtig in ihr Herz. So will es die Natur, so will es Gott! Sei ganz glücklich, Du darfst es sein, mich aber laß an Deiner Brust weinen, daß Du junger Seraph mich so tief unter Dir zurücklässest, in den Nebeln und Dämpfen der Erde! Komm herbei, Laura, komm herbei, nimm auch Du einen Kuß von diesen Lippen, sie sind in diesem Augenblicke geheiligte Priesterlippen der Liebe, heiße, milde Flammenrosen, die mit ihrer Gluth alte, verschüttete Altäre neu mit Feuerregen überschütten können.“ Und in seinem Enthusiasmus zog der begeisterte Mann die Freundin heran und der junge Soldat, verwirrt und beschämt, nicht wissend, ob er den abgeforderten Kuß geben dürfe, neigte sich zu der kleinen zarten Hand der Präsidentin und berührte sie ehrfurchtsvoll mit seinen Lippen. Iffland schwelgte in immer neuen Aufwallungen. Die Liebesscene hatte ihn so erschüttert, daß er abwechselnd von den beiden Liebenden zu der Freundin flog, bald seine Wangen an die Schulter Sophiens legte, bald mit der Hand in den dunkeln Locken des Jünglings wühlte, bald vor der Präsidentin niederfiel, und ihr knieend eine Liebeserklärung machte. Mit feiner Gewandtheit verstand es Laura, die Aufregung des Freundes nach und nach auf ein anderes Feld hinüberzuspielen, indem sie von den Forderungen des wirklichen Lebens, von den Erwartungen, die das Theaterpublicum hegte, zu sprechen begann. Iffland ernüchterte sich schnell.
„Ihr müßt nun gehen,“ sagte er zu der Präsidentin und Sophien, „noch ist es hell, und der Weg durch den Thiergarten steht auch noch offen. Finge es an zu dunkeln, so möchte ich Euch nicht ohne männliche Begleitung gehen lassen. Unser Kriegsheld muß rasch in seine Kaserne zurück, wir dürfen seine Zeit keinen Augenblick weiter in Anspruch nehmen. Also lebt wohl, Ihr Theuren, auf Wiedersehen.“
Der große breite Gang, der mitten durch den Thiergarten führt, war noch ziemlich belebt, als die beiden Frauen ihren Weg antraten. Der milde Abend bewog die Präsidentin, sich bald bei dieser, bald bei jener Baumgruppe zu verweilen, um die knospende Fülle des jungen Frühlings zu betrachten. Sophie trieb zur Eile.
Aus einem Seitengange hervortretend, sahen sie drei junge Männer, wie es den Anschein hatte, den höhern Ständen angehörend, auf sich zukommen. Die kecken Spaziergänger vertraten den Damen den Weg und einer derselben, Sophien den Arm anbietend, rief:
„Meine Schöne, es dunkelt bereits, erlauben Sie, daß ich Sie beschütze und nach Hause geleite.“
Der zweite dieser Wildfänge reichte der Präsidentin den Arm, und der dritte machte Miene, sich an den noch freien Arm Sophiens zu hängen. Weigerungen und Abweisungen halfen nichts. Die kleine Gruppe bewegte sich unter lautem Lachen vorwärts. Die Präsidentin ließ ihre Blicke spähend umherirren, ob sie nicht unter den wenigen Spaziergängern zufällig einen Bekannten fände, doch vergebens. Es war das Beste, gute Miene zum bösen Spiele zu machen, und einstweilen die Ungebühr zu dulden, da man ihr nicht entgehen konnte; das Thor war nicht mehr weit entfernt. Die fortwährend sich umschauende Präsidentin bemerkte endlich zu ihrer nicht geringen Freude wenige Schritte hinter sich den General Xavier kommen, dem sie in letzterer Zeit häufig in Gesellschaft begegnet war. Sie blieb sogleich stehen, und als der General grüßend an sie herantrat, bat sie sich dessen Arm aus, indem sie zugleich eine höfliche verabschiedende Verbeugung gegen ihre aufgedrungenen Begleiter machte. Diese hatten aber nicht den Willen, dem neuen Ankömmling zu weichen; es gab einige scharfe Reden, endlich sagte der General in einem festen Tone:
„Meine Herren, diese Damen vertrauen sich, wie Sie sehen, meinem Schutze, daraus scheint mir zu folgen, daß jede andere Begleitung hier überflüssig ist.“
„Darf ich um Ihren Namen bitten?“ fragte einer der jungen Männer.
„Ich sehe keine Gründe, ihn zu verheimlichen, ich bin der General Xavier,“ entgegnete der Gefragte.
[229] Hier machte sich eine Bewegung unter den Dreien bemerklich, sie flüsterten unter einander und endlich trat der, der sich des Armes der jungen Schauspielerin bemächtigt hatte, hervor und nahm in einem spottenden Tone das Wort:
„General sind Sie, mein Herr? Darf ich fragen, von wem Sie Ihre Epauletten bekommen haben?“
„Von wem –? Vom Könige, mein Herr. Sie scheinen daran zu zweifeln?“
„Und mit Recht.“
„Ei warum?“
„Weil es die Epauletten eines Komödianten sind.“
„Eines Komödianten?“
„Spielen Sie nur immerhin Ihre Rolle, wir kennen uns! Hahaha.“
„Ich habe nicht die Ehre.“
„Sehn Sie, lieber Graf, bemerken Sie, lieber Baron, wie dieser Possenreißer sich gut verstellen kann – hahaha.“
„Possenreißer?“
„Diese junge Dame hat mir bereits vertraut, wo sie eben herkommt; ich kann mir denken, mein Herr, Sie sind uns nachgegangen, um eins Ihrer alten Späßchen an mir zu üben.“
„Eins meiner alten Späßchen? Herr, ich bitte um Erklärung. Sind Sie verrückt oder wollen Sie mich verrückt machen?“
„Still, das findet sich.“
„Was findet sich?“
„Hahaha!“
„Meine Damen, wir wollen gehen! Es scheint, diese Herren sind von einem allzu reichlichen Mittagsmahle aufgestanden und sind in einer mehr als heitern Laune.“
„Nicht von der Stelle! Die Damen werden so gefällig sein, zu warten, bis ich diesem betrunkenen Droschkenkutscher die Wahrheit gesagt habe.“
„Das geht zu weit. Ich, der General Xavier, den der Hof, den die Stadt kennt, ein betrunkener Droschkenkutscher, ein Komödiant, ein Possenreißer! Herr, wer sind Sie?“
„Graf Sylchon, Ihnen zu dienen.“
„Wie, wenn ich Sie für einen Possenreißer halte? denn wenn Sie sind, wofür Sie sich ausgeben, würden Sie als Mann von Ehre Niemand beleidigen, der Sie nicht beleidigt hat.“
„Bravo, Herr Komödiant! Gut gespielt! Ich klatsche Beifall!“
„Herr, Sie sind ein Nichtswürdiger!“
„Teufel, wenn Sie wirklich General wären, so müßten Sie sich mit mir schlagen!“
„Ich stehe zu Diensten, wenn Sie wirklich Graf sind!“
„Hier der Baron Welten und der Graf Bolton kennen mich.“
„Und mich kennen diese Damen.“
„Genug der Worte, wir finden uns; gestatten Sie mir, Ihnen meine Karte zu geben, und jetzt leben Sie wohl, Herr Iffland!“
Er machte den Damen eine flüchtige Verbeugung und bog mit seinen zwei Gefährten in einen Seitengang. Der General brach in lautes Lachen aus, in das die Präsidentin einstimmte.
„Iffland!“ rief er, „also für den hält er mich! So erfahre ich denn selbst, daß es wahr ist, daß ich Aehnlichkeit mit diesem berühmten Manne habe. Aber was wollte er mit dem betrunkenen Droschkenkutscher?“
„Das kann ich Ihnen erklären,“ nahm die Präsidentin das Wort und erzählte ihrem Begleiter die bekannte Anekdote, auf die sich nun der General auch besann.
„Gleichwohl werde ich mich mit dem jungen Unbesonnenen schlagen müssen, denn seine Keckheit bedarf der Züchtigung.“
„Wir wären untröstlich,“ rief die Präsidentin, „wenn wir die Ursache wären, daß sich ein eben so zweckloser als gehässiger Streit entspinnt. Mein Rath wäre, den jungen Mann seiner Wege gehen zu lassen und das ganze Abenteuer als ungeschehen zu betrachten.“
„Ist dies auch Ihre Ansicht, mein Fräulein?“ fragte der General Sophie.
„Gewiß,“ erwiderte diese leicht hin, „Sie dürfen sich nicht in Gefahr begeben.“
„Mein schönes Kind, diese Worte rühren mich. Also Sie sind bange für mein Leben?“ Er erfaßte die Hand Sophiens und drückte sie leise. „Wie beseligend ist es, auf gefühlvolle Herzen zu stoßen!“
Sophie erröthete, aber sie besaß den richtigen Takt, ihren Arm ohne Ziererei in dem des Generals zu lassen.
„Darf ich Sie wiedersehen, liebes, gefühlvolles, gutes Mädchen?“ fragte er leise und versuchte nochmals, ihre Hand zu erfassen.
Man war an dem Hause der Präsidentin angelangt. Beim Abschiednehmen lud sie den, dem sie Dank schuldig zu sein glaubte, ein, sie zu besuchen. Mit einem lächelnden Blicke auf Sophien nahm der höfliche Begleiter die Einladung an. Sophie und ihre [230] Beschützerin stiegen die Treppe hinauf; der General blieb unten und indem er Jenen nachsah, sagte er lächelnd für sich:
„Sieh da, ein allerliebster Ersatz für meine kleine ungetreue Leontine.“
Ein paar Schritte weiter gehend, begegnete ihm Fellmer, jener herumtreiberische frühere Schauspieler, den der Leser bereits kennen gelernt hat. Er grüßte seinen vornehmen Gönner mit großer Unterwürfigkeit. Der General rief ihn zu sich heran.
„Hm, wie gehts, alter Bursche?“
„Excellenz zu Befehl, ganz wohl.“
„Er schleicht noch immer herum und fängt Mäuse für vornehme zahnlose alte Kater?“
„Excellenz haben mir lange keinen Auftrag gegeben.“
„Unverschämter! gehöre ich etwa –“
„O, nichts als ein submisses Eingehen auf gnädige Scherze,“ erwiderte Fellmer und machte eine tiefe Verbeugung.
„Hat Er die junge Dame bemerkt, mit der ich eben die Straße herunter kam?“
„Hab’s, Excellenz.“
„Kennt Er sie?“
„Noch nicht.“
„So such’ Er sie kennen zu lernen und bringe Er mir morgen, nach der Parade, Rapport; ich werde im Kastanienwäldchen auf Ihn warten.“
„Werde nicht ermangeln.“
„Jetzt fort, bei Seite! Ich sehe den Wagen meiner Braut herankommen.“
„Die Excellenz, die Gräfin Wellenthal neben der Excellenz, der Frau Ministerin,“ schmunzelte Fellmer, indem er auf die andere Seite der Straße schlüpfte und vor einem Bilderladen stehen blieb.
Der Wagen hielt an und der General, nachdem er einige Worte mit den darinsitzenden Damen gewechselt, stieg ein und der Wagen rollte der Wilhelmsstraße zu, in der die Ministerin wohnte.
Fellmer schlich sich in das Haus der Präsidentin, dessen Portier er kannte.
Am Vorabend des Benefiztages fuhr eine leichtgebaute Chaise, in der zwei Herren saßen, den Weg dahin zum Oberforstamte zu Wilhelmsfelde. Es war in den warmen Mittagsstunden, trotzdem aber hatte sich einer der Herren in einen Pelz gehüllt und mit einer Mütze bedeckt, während sein Gesellschafter mit einem leichten Mantel bekleidet war, der, halb von seinem Nacken herabgleitend, die breite Brust und die stolzen Schultern des kräftigen Mannes sehen ließ, zugleich saß der elegante Hut auf der Fülle der lichtbraunen Locken keck auf einer Seite. Die dunkeln Augen dieses Mannes, dem man es nicht ansah, daß er bereits weit im vorgerückten Mannesalter stand, sahen sich mit Lust in der Landschaft um und schienen die wohlbekannten Gegenstände zu begrüßen. Es war drei Uhr, als man im Forsthause anlangte.
Der Oberförster kam seinen Gästen entgegen und auf der Schwelle des Hauses stand die Frau Oberförsterin mit zwei Töchtern. Iffland und der Collaborator Roland, denn dieses waren die Reisenden, stiegen aus und Iffland warf sich in die Arme des Oberförsters. Der Collaborator bat, man möchte ihm erlauben, erst in der Stube seinen Pelz abzulegen, da er die noch immer rauhe Luft scheue. Die beiden Mädchen nahmen den ängstlichen Mann in ihre Mitte, führten ihn in das große Besuchzimmer und nahmen ihm hier vorsichtig die Winterbekleidung ab; ein kleines Jäckchen, leicht gefüttert, behielt er jedoch an, da, wie er sagte, man in dieser Zeit gewöhnlich aufhöre zu heizen und daher die Zimmer oft empfindlich kühl seien.
Der Oberförster, der bereits dreißig Jahre dieses Amt bekleidete, war ein Mann von altem Schrot und Korn, von einfachen Sitten und mit einer Physiognomie, die Ehrlichkeit und Herzensgüte ausdrückte. Sein bereits völlig ergrautes Haar trug er zurückgekämmt und mit einem Hornkamme im Nacken festgehalten; die Eheliebste dieses Ehrenmannes war eine noch ganz wohlerhaltene, hübsche Matrone in einem ländlichen einfachen Putze. Die Kaffeekanne stand auf dem Tische und eben aus dem Ofen gekommenes Backwerk dampfte in einer Porzellanschüssel. Der Fußboden des Zimmers war mit Sand bestreut und die Vorhänge des Fensters blendend weiß. Die Fenster standen offen und gestatteten einen Blick in den bereits ziemlich grünen Wald.
„Alter Bruder,“ rief Iffland, nachdem die ersten Fragen und Begrüßungen vorbei waren, „ich komme, Dich zu morgen in’s Schauspiel einzuladen. Der arme geplagte Mann, der Iffland, hat sein Benefiz; ich hoffe, Du wirst dem armen Teufel den Trost Deiner Gegenwart nicht versagen.“
Der Oberförster sah seine Frau an und Beide nickten und sagten mit einem freundlichen Lächeln:
„Wir werden kommen.“
„Herr Collaborator, eine Pfeife echten Knasters, wenn’s beliebt,“ sagte der Alte zu dem Gaste, der beschäftigt war, eins der Fenster zu schließen.
„Ich rauche nicht, lieber Herr.“
„Sie rauchen nicht? Ei, wer nicht liebt Wein, Tabak und Gesang, der bleibt ein Thor sein Lebenlang,“ sagte der Alte und setzte darauf hinzu: „Sie bemerken wohl, ich habe das Lied verändert, statt Weiber nehme ich Tabak, und das thue ich meiner Alten zum Verdruß, die den Tabak nicht leiden mag.“
„Weil er die Vorhänge schwärzt,“ erklärte die Oberförsterin, die dem Collaborator einen freundlichen Blick zusandte.
„Uebrigens, wenn Dr. Luther den Tabak gekannt hätte, wer weiß, ob er nicht selbst das Lied so gedichtet hätte, wie ich es singe,“ gab der Oberförster noch zum Besten und sah sich schalkhaft dabei das weibliche Personal seines Hausstandes an.
„Sicherlich nicht, alter Freund,“ erwiderte Iffland, der eine kurze Thonpfeife genommen hatte und diese ziemlich ungeschickt handhabte, denn er war auch kein Raucher; „unser Doctor Martinus hatte an seiner Bora die Frauen von einer Seite kennen gelernt, die ihn lehrte, sie dem besten virginischen Kraute, wenn er es auch gekannt und geliebt, weit vorzuziehen.“
„Nun, es war auch nur Scherz,“ begütigte der Sprecher. „Was macht denn Euer Junge?“
„Er exercirt fleißig.“
„Das ist recht. Ein junger Hund will einen Knochen haben, an dem er nergelt und die Zähne übt. Das unnütze Herumwirthschaften mit Gewehr und Patronentasche ist dazu gut, daß die junge Kraft etwas zu thun hat und nicht auf Abwege geräth. So sehe ich die Sache an. Sonst ist der Soldat im Frieden eigentlich eine alberne Figur.“
„Er hat neulich wieder den ersten Preis im Scharfschützencorps erhalten,“ sagte Iffland. „Der Junge schießt, wie der Teufel.“
„Nicht wie der Teufel, lieber Director,“ verbesserte die Frau Oberförsterin, „der böse Feind ist allezeit ein erbärmlicher Schütze gewesen; er hat, wo er es auch darauf angelegt, nie in’s Ziel getroffen.“
„Was weißt Du davon, Alte,“ bemerkte der Mann, „hat Dir das unser Herr Pfarrer gesteckt, mit dem Du gestern Abend eine Partie l’Hombre spieltest?“
„Ich weiß, was ich weiß,“ erwiderte das Mütterchen schnippisch. „Aber wo ist denn Mamsell Lohmann? Hat sie keine Zeit gehabt, mit Ihnen herauszukommen?“
„Sie studirt ihre Rolle.“
„Hm!“ nahm der Oberförster das Wort, „das Mädchen ist brav, ich habe nichts gegen sie, ihr seliger Vater ist mein Jugendfreund – dennoch, ich sage es nochmals, nehme ich sie nicht zur Tochter an – denn eine Schauspielerin –“
„Nun – nun! Sprich nur aus, alter Knabe!“ brummte Iffland.
„Du bist mein Freund, August, und bist ein Ehrenmann. Alle Welt kennt Dich als solchen, von Dir also kann nicht die Rede sein. Ich spreche nur von dem Stande überhaupt. Es ist noch gar nicht so lange her, daß die Obrigkeit und die hohe Geistlichkeit sogar ein ehrliches Begräbniß einem Manne versagte, der vor den Lampen agirte.“
„Eben weil es so war, so ist es jetzt nicht mehr so und wird noch besser werden!“ rief Iffland. „Der Schauspieler ist eingetreten in die Reihe der Künstler, und ein echter Künstler soll seine Mitmenschen belehren, bessern und alles dieses, indem er sie erheitert und erfreut. Ich will nicht sagen, daß ich ein guter Schauspieler bin, es gibt bessere wie ich, und dennoch ist es mir mehr als einmal gelungen, junge Verirrte auf die Bahn der Tugend einzig durch meine Kunst zurückzuführen. Nur an ein Beispiel [231] will ich erinnern, es ist auch hier bekannt – jener junge, leichtsinnige Mann aus den vornehmen Ständen, der sich dem Spiele ergeben hatte, durch meinen „Spieler“ ist er geheilt und den Seinigen, die ihn bereits verloren gaben, wiedergegeben worden.“
„Und ich könnte noch mehr solche Exempla anführen,“ nahm der Collaborator das Wort. „Man muß alte Vorurtheile fallen lassen, wo sie nichts nützen.“
„Und nun vollends das Mädchen! Hm, hm!“ murrte der Alte. „Das hübsche junge Ding! Die lange Zeit hin, denn der Anton kann jetzt doch nicht an’s Heirathen denken; er muß seine Dienstzeit vor allen Dingen überstehen und dann – nach einem einträglichen Amte sehen.“
„Das Mädchen bleibt unterweilen in meinem Schutze.“
„Wie gesagt, es wird nichts daraus; gebt Euch nur keine Mühe.“
Die Frau stand auf, schenkte die Tasse ihres Eheherrn wieder voll und sagte dabei:
„Alter, wenn sich die jungen Leutchen nun aber lieben?“
„Ei, es liebt sich in diesen Jahren allerorts. Laßt das Mädchen von der Bühne fort und ich gebe flugs meine Einwilligung.“
„Das soll nimmermehr geschehen,“ rief Iffland hastig; „das Kind hat Talent, es wird eine brave Künstlerin werden und sie soll bleiben, wo sie ist. Das sage ich.“
Eine Pause entstand, während sämmtliche Mitglieder des kleinen Familienkreises verstimmt und Jedes seinen Gedanken nachgehend, von seinem Nachbar keine Notiz zu nehmen schien. Der Collaborator mahnte zuerst an die Heimfahrt, denn es wurde spät und Nebel stiegen auf. Iffland trennte sich von seinem alten Freunde, indem er ihm nochmals das Versprechen abnahm, morgen im Schauspiel nicht zu fehlen.
Unterwegs war von der Weigerung des Alten die Rede, seine Zustimmung zur Heirath zu geben.
„Ich erwarte viel von dem morgenden Abend,“ sagte Iffland, „wenn er, der das Theater seit undenklichen Zeiten nicht besucht hat, das Mädchen wird spielen gesehen haben, wird er andern Sinnes werden. Ich werde als sein Ebenbild auf der Bühne schon das rechte Wort finden, ihm zu Herzen zu reden. Er wird, er muß sich fügen.“
„Das gebe der Himmel.“
„Er wird es geben.“
„Ein glückliches altes Pärchen das!“ fing der Collaborator nach einer Pause an, „wie sie so still und friedlich in ihrem Waldhause beisammenwohnen! Die Vögel singen ihnen vor den Fenstern und von den grünen Zweigen weht es kühl herein.“
„Nicht wahr, das gefällt Dir, alter Hagestolz?“
„Die Medaille wird indessen auch ihre Kehrseite haben.“
„Freilich, die Kehrseite ist, daß alles Glück auf Erden keine Dauer hat. Auch unser Philemon und Baucis werden im Verlauf einiger Jahre unter dem Schatten des Dorfkirchhofs ruhen.“
„Das meine ich nicht.“
„Eine andere Kehrseite hat die Medaille nicht. Es sind ein paar kreuzbrave, alte Leute, die drei gutgeartete Kinder haben und die dreißig Jahre glücklich miteinander leben.“
„Ach!“
„Fehlt Dir etwas? Sticht’s Dir im Bein?“
„Nein. Soll’s mir denn immer im Bein stechen? Es scheint, Du hältst mich für gar nichts mehr im Leben nütze. So ganz miserabel bin ich denn auch nicht!“ – Der Collaborator schob hier seine Pelzmütze keck auf ein Ohr und munter aus seinem Pelzkragen hervorsehend, rief er plötzlich: „Ich könnte noch heirathen.“
„Alle gute Geister!“ rief Iffland und fuhr entsetzt in die Höhe.
„Ja – ja, mach’ nur Deine Possen! Ich sage, ich könnte noch heirathen, und ich will heirathen. Das Bild im Försterhause hat mich auf Gedanken gebracht.“
„Eine der Töchter des Oberförsters?“
„Nein. Wo paßte ich wohl zu diesen Mädchen? Und übrigens immer im Walde wohnen könnte ich auch nicht. Das Haus muß feucht sein! Ich glaube, in dem Winkel, wo ich saß, Schwämme bemerkt zu haben.“
„Pilze, willst Du sagen, und unter den Pilzen Molche und junge Ottern.“
„Mit Dir ist über nichts Ernstes zu sprechen.“
„Wie willst Du heirathen? Du hast ja so wenig Frauenbekanntschaften. So einsam wie Du lebst, oder vielmehr vegetirst, siehst Du Niemand.“
„Es braucht auch keine zu sein, die ich erst jetzt kennen gelernt.“
„Ach so!“ rief Iffland, und ein Zug von froher Ueberraschung malte sich in seinem Antlitz. „Also eine alte Bekanntschaft.“
„Gerade keine alte Bekanntschaft, nur eine Bekanntschaft aus alter Zeit.“
„Ich verstehe. Die Tochter des Buchhändler Bernhard in Mannheim.“
„Ach was, dieses gelehrte und verbildete Geschöpf, die überdies drei Jahre älter ist wie ich. Ich meine eine Andere.“
„Eine Andere?“
„Nun ja doch. Wie Du schwer von Begriffen bist! Eine Andere, Eine, die halb und halb bereits meine Zusage hat. Kann ich überhaupt mit einem Weibe glücklich werden, so ist es die. Darüber habe ich bereits nachgedacht.“
„Nimm es mir nicht übel, Du denkst ziemlich lange nach – zwanzig Jahre und darüber. Wer weiß, was aus der Armen geworden ist.“
„Ja, wer weiß das! Sie irrt vielleicht umher – wahrscheinlich ist sie jetzt glücklich verheirathet. Mit einem Worte, ich will nur ihren Namen aussprechen: es ist Florine, die ich meine. Aber wir wollen nun dieses Gespräch abbrechen, es führt zu nichts. Die kalte Luft dringt Einem beim Sprechen in den Mund.“
Iffland wandte sich ab und halb lachend, halb ärgerlich rief er bei Seite: „Verdammter Egoist! Es genirt Dich, von ihr zu sprechen! Selbst das Bischen kalten Lufthauch willst Du ihretwegen nicht dulden.“
„Was sagtest Du da?“ fragte der Collaborator neugierig.
„Ich bewunderte die alte Tanne dort,“ entgegnete der Gefragte; „steht sie nicht sehr malerisch da?“
„So ziemlich. Hast Du keine Nachrichten von Florinen?“
„Nein.“
Die Freunde schwiegen, und bei völliger Dunkelheit fuhr man in die Stadt ein. Iffland begab sich in seine Wohnung, um Vorkehrungen zu der morgenden Festvorstellung zu treffen.
Fräulein Erland, die der Leser unter dem Namen Florine kennt, kehrte früher, als sie gewollt, nach Hause zurück, da sie die Bekannte, welche sie in Moabit hatte besuchen und bei ihr den Tag verbringen wollen, nicht zu Hause gefunden. Sie nahm ihren Weg durch das Brandenburger Thor, die „Linden“ entlang und blieb, da sie eben keine Eile hatte, bei einer Gruppe Leute stehen, die den Theaterzettel lasen, der an einem der Bäume angeklebt war. Schon lange hatte Florine sich nicht um das Theater gekümmert, ja geflissentlich vermieden, einen Zettel anzusehen, jetzt blickte sie hin, weil sie wissen wollte, weshalb die Leute so eifrig sprachen. Sie erfuhr, daß diesen Abend Iffland seine Benefizvorstellung habe, und daß „die Jäger“ gegeben würden. Das Stück regte alle trübe Erinnerungen in ihrer Seele auf, und sie wollte rasch vorüber eilen, als das heftige Gezänk, das immer lauter wurde, sie aufhielt und machte, daß sie auf die lärmend ausgestoßenen Worte lauschte. Augenscheinlich waren die Sprechenden Arbeitsleute, die einen Mann in ihrer Mitte hatten, dessen Kleidung zeigte, daß er den höheren Ständen angehörte. Er theilte Geld aus, und da Einige nicht so viel erhielten, als sie beanspruchten, machten sie Lärm.
„Ich kann zehn Mann stellen,“ rief ein breitschulteriger Mann mit einer Lederschürze, „und sie sollen ihre Sache gut machen, aber freilich kann ich unter einem halben Thaler für den Mann nicht zufrieden sein. Das sieht Jeder ein. Warum sollen meine Leute weniger bekommen, als der Jude dort? Pfeife ist Pfeife und ich wüßte nicht, daß eine christliche Lunge weniger Luft hätte, als die eines Mauschels! Hinausgeworfen von der Polizei wird man am Ende doch, das riskirt man! Also zwanzig Groschen für den Mann, denk ich.“
„Warum nicht gar, Meister Bartels, bedenkt, daß es dem Grafen alsdann zu theuer kommt.“
[232] „I, so laßt ihn selbst sich hinstellen und pfeifen. Uebrigens ist der Herr Director ein braver Mann, wie die Leute sagen, und bei meinem Vetter, dem Schuhmacher, läßt er seit Jahr und Tag arbeiten und bezahlt pünktlich; also ist’s mir nicht einmal ganz lieb, mich in die Sache einzulassen; es geschieht, weil es meinen Gesellen Plaisir macht, und sie sich ein paar Kannen Bier verdienen.“
„Nun, seid still, Meister,“ – rief der Mann mit der Börse; „geht Alles nach Wunsch, so sollt Ihr an dem Herrn Grafen keinen Geizhals finden. Nur rechten Lärm gemacht und zur rechten Zeit, Ihr müßt auf die Loge Nr. 8 merken, sobald Ihr ein weißes Tuch über die Brüstung herabhängen seht, so seid flugs bei der Hand. Jetzt geht, um fünf Uhr findet Ihr Euch zusammen seitwärts am Schauspielhause, da trefft Ihr auf mich, und wenn Einer oder der Andere noch etwas wissen will, ich sag es.“
Florine setzte kopfschüttelnd ihren Weg fort. Es schmerzte sie, zu hören, daß man ihrem Freunde und Gönner eine so unwillkommene Ueberraschung an seinem Feststage bereiten wollte, und sie beklagte, zu schwach zu sein, um es hindern zu können.
Wie sie in ihre Wohnung trat, fand sie die Thüre angelehnt, und in dem Vorzimmer eine junge Dame im Schleier sitzen, die aufstand, als sie sich zeigte, und ihr einen Wink gab, leise aufzutreten, und die Thüre nur lose wieder anzulehnen. Die Eigenthümerin der Wohnung sah verwundert den Gast an, der sich gebehrdete, als wäre er hier zu Hause. Sie vernahm mit Staunen die Frage, was sie wolle und wen sie suche.
„Was ich hier will?“ entgegnete Fräulein Erland, „ich könnte, wie es scheint, mit größerem Rechte diese Frage an Sie richten, meine schöne Dame, ich wohne hier.“
„Ach“ – rief der Gast leise flüsternd, „so sind Sie die Frau, von der der edle Mann, der mich hierher geführt, gesprochen hat.“
„Hierher geführt? Und weshalb?“
„O sprechen Sie leiser. Hier, dicht neben uns in jenem Zimmer liegt ein Mann todtkrank auf dem Lager.“
„Ein Mann? Und wer?“
„Es ist der beste, der edelste Mann, mit einem Worte, es ist mein Beschützer, mein väterlicher Freund. Ein plötzlicher Krankheitsanfall hat ihn auf der Straße getroffen und Herr Fellmer – heißt Ihr Verwandter nicht so?“
„Ja, Herr Fellmer. Er ist übrigens nicht mein Verwandter.“
„Gleichviel, dieser brave Mann hat meinen väterlichen Freund auf der Straße erkrankt gefunden, hat ihn hierher gebracht, und zugleich mich aufgesucht, um mich zu dem Kranken zu führen. O, wie danke ich ihm diese Vorsorge! Ich habe Gelegenheit, meinen edlen Freund zu pflegen. Herr Fellmer ist gegangen, um den Arzt zu bringen. Ich zähle die Minuten, bis er wieder kommt, und wo es mir vergönnt sein wird, in das Zimmer zu gehen.“
„Aber, meine Liebe, wie heißen Sie?“
„Sophie Seelfeld.“
„Hab nicht die Ehre, Sie zu kennen. Und jener Mann drinnen, der erkrankt ist?“
„Der Schauspieldirector Iffland.“
„O, was Sie sagen! Der arme Mann! Und gerade heute, an seinem Benefiztage! Welch ein Unglück!“
„Jawohl, und auch ich sollte heute spielen –“
„Sie, meine schöne Dame? Also Sie sind Schauspielerin?“
„Schülerin unseres großen Meisters.“
„Hm! Wollen wir denn hineingehen und nachsehen.“
„O, nicht doch! Das leide ich nicht; es darf Niemand in’s Zimmer.“
„Warten Sie schon lange hier?“
„Eine halbe Stunde. Still! ich höre Tritte. Das wird Herr Fellmer mit dem Arzte sein.“
Florine, die Thür ein wenig öffnend, lispelte: „Richtig, es kommen zwei Herren die Treppe herauf! Der Eine kehrt um, als er mich erblickt. Was bedeutet das?“
„O Himmel! ich zittre, weshalb geht der Arzt wieder fort?“
„Mein Kind, es ist kein Arzt. Zufällig kenne ich jenen Herrn. Es ist ein vornehmer Officier, der in der Nachbarschaft wohnt. Doch da ist Fellmer.“
Der ehemalige Schauspieler trat mit Zeichen der Bestürzung und des Verdrusses in’s Zimmer. Er rief mit heller Stimme seiner Gefährtin zu: „Weshalb zurückgekehrt? Was soll das? Du wolltest ja den ganzen Tag und den Abend fortbleiben.“
Florine trat an ihn heran und sagte ebenfalls flüsternd: „Was geht hier vor? Was ist mit dieser jungen Dame und dem kranken Manne da drinnen?“
Fellmer lachte, ballte die Faust gegen Florinen und rief drohend: „Schweig, Närrin! Mußt Du nach Hause kommen, um einen Spaß zu verderben? Mach, daß Du fortkommst – geh – geh!“
„Ich bleibe!“
Sophie trat an die Beiden heran und lauschte, plötzlich stieß sie einen lauten Schrei aus, und stürzte in das bis jetzt verschlossen gehaltene Zimmer, sie fand es leer.
„Wo bin ich?“ rief die Arme händeringend, „wo hat man mich hingeführt? Alles Täuschung! Es ist kein Kranker da.“
Florine zog die Jammernde zu sich, Fellmer hatte sich fortgeschlichen. Ein kurzer, heftiger Wortwechsel hatte zwischen den Beiden stattgefunden. „Der Elende! Das wagt er mir zu bieten! In meiner Wohnung, wo ich ihn aus Barmherzigkeit aufgenommen! Hier will er sein Bubenstück ausführen! Schändlich! Und hätte ein glücklicher Zufall mich nicht nach Hause geführt – was dann? Armes, armes Kind, wie verrucht hat man mit Ihnen gespielt! Ich bin Ihr rettender Engel!“ so rief, laut und mit mildem Klageton die unglückliche Florine, die mit ihrem Gaste inniges Mitgefühl hatte.
Scheu und aufgeregt blickte Sophie sie an, doch in Ton und Miene der Sprechenden lag etwas, das Vertrauen einflößte.
„Lassen Sie mich fort“ – bat das Mädchen – „o Gott, wie hab’ ich so leicht diesem fremden Manne folgen können! Allein seine Lüge klang so sehr nach Wahrheit! Mein theurer Beschützer krank, ich zu seiner Pflege nöthig! O, der Gedanke hätte mich bis an’s Ende der Welt gelockt.“
Florine überhäufte das schöne Mädchen mit Liebkosungen. „O, beruhigen Sie sich, liebes Kind – jetzt ist die Gefahr vorüber. Sie sind in meinen Händen und sicher. Aber der Plan war teuflisch! Sie sollten hier mit einem Wüstling zusammengeführt werden, der Ihnen wahrscheinlich schon lange vergebens nachgestellt, und sich jetzt der Hülfe jenes Elenden bedient hat, um zu seinem Zweck zu gelangen. Unbelauscht und ungestört wollte der Abscheuliche Sie hier sehen. Man wußte, daß ich den Tag und den Abend ausbleiben würde! Sie hätten vergebens nach Hülfe geschrieen, denn meine Wohnung liegt abgelegen. O, und noch ein schändlicher Beweggrund trieb ihn, gerade den heutigen Tag zu wählen; er beabsichtigte zugleich, da Sie auf der Bühne beschäftigt sind, die Darstellung zu hindern, und dadurch seinem Feinde Iffland, den er haßt, einen empfindlichen Streich zu spielen. Ich durchschaue Alles klar! Aber dem Himmel Dank, das Werk des Bösen ist vereitelt. Kind, theures Kind – kommen Sie zu sich! Erholen Sie sich. Eine mütterliche Freundin hält Sie in Ihren Armen. O, auch ich habe Aehnliches erlebt, auch ich habe auf derselben Laufbahn, die Sie jetzt zu betreten Willens sind, grausame Schicksale zu überstehen gehabt. Theure junge Freundin, fassen Sie Muth! Lassen Sie uns überlegen, wie wir Sie den Ihrigen wieder zuführen, ohne daß ein Wort von diesem unglücklichen Abenteuer verlautet. Es ist am besten, man schweigt von dergleichen. Wo wohnen Sie? Ich selbst will Sie hingeleiten, denn der Schreck hat Ihre Kräfte gelähmt, Sie können ohne Hülfe nicht über die Straße gehen. Kommen Sie. Aber mir soll der Elende nur wieder vor’s Auge kommen! Von heute an sind wir geschiedene Leute! Sie haben mir nicht geantwortet – wo Sie wohnen?“
Sophie nannte die Straße und das Haus der Präsidentin.
„Bei alledem,“ setzte Florine hinzu, „freuen Sie sich, daß es demnach mit der Erkrankung Ihres Freundes nichts ist.“
„Gewiß, dies ist ein großer Trost für mich. Aber ach – wie spät ist es?“
„Nahe an sechs, mein liebes Fräulein.“
„Himmel, da soll ich ja längst schon im Theater sein! Er wird auf mich warten! Er wird nicht wissen, wo ich geblieben bin. Ich kenne seine Unruhe, seine Besorgniß um mich. Man wird mich überall gesucht haben! Gott – welch einen Kummer, welch einen Schreck bereite ich den guten Menschen, die sich meiner angenommen!“
[241] „Ohne Ihre Schuld, Kind – gänzlich ohne Ihre Schuld – beruhigen Sie sich.“
„Halten Sie mich nicht, Beste; lassen Sie mich eilen –“
„Ohne mich keinen Schritt auf die Straße! Die Bösewichter, die Sie hierher gelockt, könnten noch in der Nähe sein. Ich selbst bringe Sie zur Präsidentin, und von dort, wenn es sein muß, in’s Schauspielhaus, obgleich ich einen heiligen Eid geschworen, nie die Schwelle eines Theaters zu überschreiten, auch nicht als Zuschauerin! Ja, mein Kind, diesen Schwur hab’ ich gethan; allein hier findet natürlich eine Ausnahme statt. Wollen wir uns bereit machen, zu gehen.“
„Wirklich, liebe Frau, es ist keine Minute zu verlieren.“
„Nennen Sie mich nicht Frau; ich bin unverheirathet. Ach, ich war einst jung und schön, wie Sie! Nicht so schön, nein, nicht so schön. Da können Sie mein Bild betrachten –“
„Ach – lassen Sie uns eilen. Der Boden brennt unter meinen Füßen.“
„Sie haben Recht, liebes Mädchen! Alles Andere hat Zeit, vor allen Dingen müssen wir in’s Schauspielhaus!“
Und Fräulein Erland legte ein altes Umschlagetuch um, ertheilte in der Eile dem kleinen Mädchen, das sich unterdessen eingefunden, einige häusliche Verhaltungsbefehle, und machte sich dann mit ihrem Schützling auf den Weg. Auf der Straße angelangt, sah sie sich überall um, ob keine Lauscher und Verfolger zu entdecken, als sie Niemand Verdächtiges gewahrte, bog sie mit Sophien rasch in ein Seitengäßchen. Das junge Mädchen war noch wie betäubt, und bei jedem starken Geräusch zusammenfahrend, mußte sie häufig den hülfreich dargebotenen Arm ihrer Begleiterin erfassen. Beide langten im Hause der Präsidentin an und erfuhren, daß die Frau des Hauses so wie die Dienerschaft in der größten Unruhe über das Verschwinden Sophien’s sich hierhin und dorthin vertheilt habe, um sie zu suchen. Sofort setzte man den Weg zum Schauspielhause fort. Unterwegs kam den Beiden die Präsidentin im Wagen entgegen. Schon von Weitem bog sich die freudig überraschte Frau aus dem Fenster hinaus und befahl, zu halten. Die Begrüßung war herzlich, nur wenige Worte wurden in der Eile gewechselt, Fräulein Erland wurde gebeten, mit im Wagen Platz zu nehmen, und rasch fuhr man zum Theater. Das Stück hatte schon begonnen, nachdem Iffland so lange als nur irgend möglich den Beginn hinausgeschoben hatte. Eine Schauspielerin, die die Friederike öfters schon gespielt, war an die Stelle der Vermißten getreten.
Ehe wir jedoch die drei Frauen in das Garderobezimmer Iffland’s einführen, müssen wir dem Leser die Lage des vergeblich Wartenden schildern, der in einer namenlosen Aufregung sich befand, und doch gezwungen war, mit einer solchen Centnerlast auf dem Herzen, seine Rolle vor dem zahlreich versammelten Publicum zu spielen, eine Rolle, die er sich als Festgenuß ausgedacht, und die ihm jetzt zu einer wahren Höllenmarter wurde. Schon zur Mittagstunde hatte die Präsidentin hinübergeschickt und fragen lassen, ob Sophie bei ihm sei; Iffland hatte dies verneint, zugleich aber bitten lassen, das junge Mädchen möchte rasch kommen. Sie kam nicht. Die Zeit war da, um sich in’s Costüm zu werfen – sie kam nicht. Boten auf Boten wurden ausgesendet, sie brachten die Nachricht, man wüßte nicht, wo sie sei. Die Stunde des Beginnes der Vorstellung rückte heran; die Lampen wurden angezündet, Iffland saß in peinlicher Angst und ließ sich pudern und frisiren. Jetzt kam Laura – ihr auf dem Fuße Anton. Iffland mußte gegenüber diesen Beiden, die außer sich waren, den Ruhigen, den Besonnenen spielen. Er zog die Uhr hervor, und sagte begütigend:
„Sie wird sich bei der Putzmacherin verspätet haben; es ist halb sechs Uhr, um sechs muß sie hier sein. In den ersten Scenen hat sie nicht zu spielen; es ist demnach noch Zeit, wenn sie um sechs hier ist. Freilich hatte ich sie gebeten, schon um vier Uhr bei mir zu sein.“ – Anton wirft sich leichenblaß auf einen Sessel. „Was ist Dir, mein Junge?“ fragt Iffland und versucht, sich insoweit von den Lockeneisen des Friseurs frei zu machen, daß er den Kopf wenden und zu dem jungen Soldaten hinüberschauen kann. „Was ist Dir?“
Er will mit der Sprache nicht heraus, aber ein nervöses Zittern hat ihn überfallen. Die Präsidentin verläßt das Zimmer, sie will zurück nach Hause, um dort von Neuem Nachforschungen anzustellen; kaum ist sie fort, so wirft sich Anton an die Brust seines väterlichen Freundes, und während heiße Thränen die geschminkten Wangen des Oberförsters netzen, stammelt er:
„Sophie ist entführt! Sie ist auf immer verloren. Ein Camerad hat gestern etwas erlauscht, er war Ordonnanz bei dem General Xavier; er hörte flüstern, ein verdächtiger Mensch sprach den Namen Sophie Seelfeld – ich wollte Alles nicht glauben. Ach August – August – wenn es wahr wäre!“
„Sei ruhig, Anton! Es ist, es kann nicht wahr sein!“
„Du sagst es, aber woher weißt Du es? Kann es nicht eben so gut wahr sein?“
[242] Iffland bog den Kopf des schönen Jünglings zu sich hinan, blickte in die dunklen, von Thränen blitzenden Augen, und sagte dann mit einer Ruhe und Würde, wie ein Hoherpriester:
„Ich sage, es ist nicht, es darf nicht sein! Und nun ruhig.“
„Ich werde eilen, den Cameraden aufzusuchen, aber die Caserne ist so weit!“
„Geh’ an die Luft, das heiße Zimmer paßt nicht für Dich! Stelle Dich an den Ausgang, wo die Wagen der Schauspielerinnen halten, da muß sie kommen!“
„Ach, sie kommt zu Fuße!“
„Gut, so kommt sie zu Fuße – geh – geh! Ich muß meine Uniform anziehen!“
„August, Du siehst mich entweder mit ihr wieder, oder nie. Dieser Abend entscheidet über Tod und Leben.“
„Nun, nun!“ murmelte Iffland, „junges Blut, tolles Blut!“
Er drängte ihn sanft zur Thüre hinaus. Als er allein war, gab er sich dem Eindrucke hin, den jene Andeutungen auf ihn gemacht; sie hatten seine Ruhe völlig zerstört und ihn in Angst und Schrecken gesetzt. Er kannte den General Xavier, er wußte, wessen dieser dreiste und freche Verführer fähig war, und so wenig er vor dem unglücklichen Jünglinge von diesen schrecklichen Befürchtungen kund werden ließ, um so offener gestand er sich jetzt selbst, daß jene dunkeln Gerüchte, die dem Geliebten zu Ohren gekommen, leider nur zu wohl begründet sein könnten.
Die Stunde schlug, wo das Stück beginnen sollte. In welchem Tumult, in welchem Aufruhr befand sich die Seele dessen, dem die Ehre und der Ruhm dieses Tages galt, und der sich Angesichts der Gefahren, in denen sich seine theuren Schützlinge befanden, völlig außer Stande fühlte, sich vor dem Publicum zu zeigen. Anton’s bleiches Gesicht, seine Thränen, der bange Kuß, den er wie zum ewigen Lebewohl ihm gegeben, es schnitt in seine Seele, und der sonst so sichere und feste Mann war dem Umsinken nahe, so heftig hatte sich der Schrecken seines Gemüthes bemeistert. Er trat, gepudert und geschminkt, vor das kleine Fenster und sah in die Nacht hinaus. Ein klarer Sternenhimmel hatte sich über die Erde gebreitet. Unwillkürlich faltete er seine Hände:
„Herr des Himmels!“ hauchte er leise, „hier steht ein alter Komödiant, ein Possenreißer, eines deiner unnützesten und entbehrlichsten Kinder, aber er bittet Dich, geh’ nicht mit ihm in’s Gericht. Raube ihm nicht, was er Liebes auf Erden hat, nimm ihm nicht das klare Auge, die frische Wange seines Lieblings, entziehe ihm nicht das schöne, gefühlvolle Mädchen, dessen Glück zu machen der alte Komödiant eben auf dem Wege ist. Sieh, lieber Gott, nur dieses eine Mal auf diesen alten Tempel der Musen herab, auf dieses Häuflein geschminkter Herzen und Wangen, auf diese kleine Rotte Thoren und Kinder, und erbarme dich des Elendesten unter all diesem Volke, erbarme dich deines Knechtes, des Theaterdirectors, und gib ihm nur heute Abend keines deiner bittern Trauerspiele zu kosten, die du zur Prüfung von uns armen Seelen so trefflich zu dichten und in Scene zu setzen verstehst!“
Das Glöcklein des Soufleurs läutete.
„Ich komme schon!“ stöhnte Iffland. „Ich komme schon. Ach, reißt mich nur nicht bei den Haaren herbei!“
Er hielt inne, und lauschte auf die Straße hinab, ob unter dem Geräusch der heranrollenden Wagen nicht vielleicht einer sei, der seitwärts zur Garderobenthüre abzöge. Aber es bog kein Wagen ab.
Das Glöcklein des Soufleurs läutete nochmals.
Iffland nickte still mit dem Kopfe. Sein Diener stürzte herbei: „Herr Director – Herr Director! Die Leute fangen schon an zu trommeln und zu scharren.“
„Ich komme schon!“ flüsterte Iffland so leise, als ginge der Wind unter Blumenblättern.
Friederike trat ein – ach, nicht die Friederike, auf die jetzt drei Herzen so stürmisch warteten – die Surrogat-Friederike. Sie kam, um sich gleichgültig ihren künftigen Schwiegervater anzusehen. „Herr Director,“ sagte sie, „man will, daß angefangen werde.“
„So laßt denn den Vorhang aufziehen!“ stöhnte Iffland.
Er hielt sich, einer Ohnmacht nahe, an die Lehne des Stuhles, auf dem die falsche Friederike saß und eine Bandschleife, die sich gelöst hatte, wieder am Mieder befestigte. Ach – auf sie, auf diese falsche Friederike wartete Niemand; Niemand hatte die Absicht, sie zu entführen, und um ihretwillen ging kein junger Soldat dicht am Ufer der Spree, um eine Stelle zu finden, wo er unbemerkt und sicher sich den Tod holen konnte. Die falsche Friederike lebte ihre Tage in großer Ruhe dahin.
Der Vorhang war aufgerollt. Man hörte aus der Entfernung Rudolph und Mathes sprechen, dann die Stimme Anton’s. Es folgte der dritte Auftritt, wo Rudolph und Anton zu sprechen hatten, dann der vierte Auftritt mit der Oberförsterin und nun – mußte der Oberförster heraus. Iffland ermannte sich, und überschritt festen Trittes die Schwelle des Garderobezimmers. In seinem Antlitz war ein Trotz gegen das Schicksal bemerkbar. Er ging still und groß in seinem Schmerze dahin. Wie die Lampen ihm entgegenblitzten, fühlte er, daß der Schauspieler in ihm erwachte. Alles Andere schwand auf einen Moment so, als wäre es gar nicht da. Es war die Macht der Kunst, die ihn über das Mißgeschick des Lebens erhob. Sie erhob ihn, allein sie vermochte nicht, ihn auf die Länge zu halten; mitten in seinen Reden auf der Bühne ertappte er sich, auch auf die Worte hinter der Bühne gelauscht zu haben, und zum ersten Mal während seiner Kunstlaufbahn fehlte ihm der richtige Ausdruck, die passende Gebehrde. Zum Glück für ihn war die Schauspielerin, die die Oberförsterin gab, eine treffliche, sichere und gewandte Künstlerin, sie brachte durch das Feuer und die Wahrheit, mit der sie die gutmüthige und polternde Alte gab, ihren Mitspieler immer wieder in das Geleise zurück, aus dem er sich entfernt hatte. Einmal sogar schaltete sie aus freien Stücken ein „Wie ist Dir, Väterchen, Du hörst mich so zerstreut an?“ sehr passend in die Rede ein. Die Scene mit dem Schulzen schleppte sich nur eben hin, und schon fing im Publicum ein bedenkliches Murren an, sich laut zu machen. Iffland war entschlossen, den Vorhang fallen und sich als unwohl entschuldigen zu lassen, da erscheint im achten Auftritt die Oberförsterin und mit den Worten: „da bringe ich Dir Dein Riekchen! Dein Goldmädchen!“ führte sie die wirkliche Friederike dem einen lauten Freudenruf Ausstoßenden in die Arme.
Nie war wohl ein Wiedersehen auf der Bühne so täuschend gegeben worden, und der Ausruf Ifflands: „Mädchen!“ und die darauf folgende innige Umarmung war so voll des glühendsten und wahrsten Lebens, daß das ganze Theater in einen Beifallsruf zusammenrauschte. Iffland’s gar nicht im Texte befindliche Frage: „Mein Gott, welch einen Kummer hast Du uns verursacht? Wo – wo warst Du? Laura hat Dich überall gesucht!“ wurde vom Publicum überhört, und schnell besonnen setzte die Oberförsterin ihr „Gewachsen, einen ganzen Kopf gewachsen!“ hinzu. Iffland lächelte und sagte nun in seiner Rolle: „Hast Du denn Deinen Alten wohl nicht vergessen?“ und Friederike antwortete ebenfalls aus voller Seele mit den Worten ihrer Rolle: „O Gott, können Sie mich das fragen?“
Alles war jetzt in Ordnung und ging seinen regelmäßigen Gang fort. Iffland spielte vortrefflich. Seine Freunde, die ihn in seinen besten und interessantesten Rollen gesehen, gestanden sich, daß sie noch nie solches Feuer, solche Wahrheit in seinem Spiele gefunden. Das machte, er spielte mit voller, glücklicher Seele. In den Zwischenacten hatte die Präsidentin ihm Alles erklärt, ihn von dem kleinsten Umstände der Rettung Sophiens in Kenntniß gesetzt. Er bestand darauf, Florinen zu sehen; sie hatte sich aber entfernt und es war auch jetzt keine Zeit, nach ihr zu schicken. Anton stürmte heran; auch er mußte fern gehalten werden, wenn Friederike ihre Rolle bis zu Ende spielen sollte. Mit welchem Haß, mit welcher Wuth sah der junge Soldat, hinter den Coulissen stehend, seinen Stellvertreter, den Pseudo-Anton, an, der die Geliebte in die Arme schließen durfte, von ihren Lippen das Bekenntniß der Liebe nahm, sie vor all’ dem versammelten Volke die Seine nennen durfte. Iffland zähmte das Feuer des Jünglings, indem er ihm lächelnd zuflüsterte:
„Warte nur, was der ihr da vor Aller Augen und beim Scheine von tausend Lampen sagt, wirst Du ihr weit besser in der Stille der Nacht, im verschlossenen Kämmerlein sagen. Sei jetzt Zuschauer, um später desto besser Schauspieler zu sein! Und wer zuletzt lacht, lacht am besten!“
Laura zog ihren Freund bei Seite und machte ihm scherzend Vorwürfe, daß er ihren Namen unnütz in das Spiel gemischt, und Iffland erwiderte, indem er an ihr rundes Kinn faßte:
„Seid nur still, Frau Oberförsterin! Wenn Ihr mir den Kopf warm macht, so bringe ich Euch, gute Frau, selbst auf’s Theater, Ihr mögt wollen oder nicht.“
Das Stück erreichte sein Ende. Noch ehe der Vorhang ganz [243] gefallen, ertönte Iffland’s Name, aber zugleich ein so durchdringendes Pfeifen, ein so auffälliges Poltern und Pochen, daß das sämmtliche Personal der Schauspieler, die sich auf der Bühne versammelt hatten, entsetzt zusammenfuhr.
Wem galt dieses tumultuarische Zeichen? Nicht dem Stücke, denn das war öfters und mit Beifall gegeben worden; also dem Benefizianten, dem Helden dieses Abends, dem bewunderten und hochstehenden Künstler.
Iffland stand und horchte. Wieder ertönte sein Name und wieder Zischen und Pfeifen! Keinem Zweifel unterlag es weiter, daß es dem Benefizianten galt. Eine große, vielleicht überwiegende Partei war da, die ihn demüthigen, ihn vernichten wollte. Und das gerade an diesem Abende! Welche schneidende Contraste! Niedergeschmettert stand er da, Anton in einem, Sophie im andern Arme haltend – plötzlich riß er sich aber los. Eine Leichenblässe verbreitete sich über sein Antlitz, seine Muskeln spannten sich in Stolz und Wuth, sein Auge rollte.
„Mir das!“ rief er heimlich und wildglühend in sich hinein. „Also heute Abend sollte der langverhüllte und langgenährte Groll gegen mich ausbrechen! Heute, wo ich meinen Ehren- und Festtag halte! Heute will man mich vernichten, auf immer zu Boden schmettern! Gut, sie sollen es haben; ich betrete diese Breter nie wieder. Doch ehe ich scheide, will ich ein männlich schneidend Wort zu diesen Unwürdigen sprechen.“
Das Getobe hinter dem Vorhange dauerte fort. Jetzt riefen dicht hinter den Lampen laut eine Menge Stimmen: „Iffland!“ Er befahl, den Vorhang aufzuziehen; Alles flüchtete von der Bühne fort, er stand allein. Kaum hob sich der Vorhang und er stand dem Publicum gegenüber, das sich von seinen Sitzen erhoben hatte, so bemerkte sein scharfes Auge sogleich das Wehen eines Taschentuches von einer der vorderen Logen und sogleich tönten wieder Zischen und Pfeifen. Da bog sich aus der königlichen Loge eine schöne Frau mit dem huldvollen Lächeln der Ueberraschung und Freude weit über die Brüstung herüber und aus ihrer Hand flog ein Blumenkranz auf die Bühne. Jetzt schwiegen, wie mit einem Zauberschlage gedämpft, die Zischlaute und das ganze Haus tönte von Beifall wieder. Iffland eilte freudig an die Lampen heran, nahm den Kranz, drückte ihn ehrfurchtsvoll an seine Lippen und verbeugte sich, die Hände über die Brust gefaltet, gegen die Loge. Sein Sieg war entschieden, der Triumph des Abends laut ausgesprochen! Berlin jauchzte seinem großen Künstler zu. Die Hyder des Neides und der Bosheit war zu Boden geworfen.
Auf den Treppenstufen stand ein Mann, der trotz der milden Nacht in einen Pelz gehüllt war. Iffland, der die Seinigen vorausgeschickt hatte, bemerkte ihn kaum, da rief eine bekannte Stimme:
„Theurer August, laufen Sie gefälligst nicht so toll dahin, grüßen Sie gefälligst Ihre Freunde, die sich Ihretwegen in bitterer Kälte einen Rheumatismus holen.“
„Ach – Roland!“ rief Iffland, „Du hier! Also hat die Furcht vor der Zugluft Dich nicht abgehalten? Habe Dank, alter Freund! Komm mit mir in den Wagen.“
„Nein,“ sagte der Collaborator, „ich kann noch nicht fort von hier; ich habe ein Rendez-vous. Ich bitte Dich, störe mich nicht.“
„Du ein Rendez-vous!?“ lachte Iffland. „Du!“
„Wo mir recht ist. lauscht meine Dame bereits dort hinter dem Möbelwagen.“
„Warum kommt sie denn nicht hervor?“
„Einfältige Frage: weil sie sieht, daß ich nicht allein bin. Ach – gerade heute muß mich der Kuckuck plagen, Schuhe und Strümpfe anzuziehen, aber es ist Alles Deinetwegen geschehen, nur an Deinem Ehrentage. Und dann, es wäre doch auch möglich gewesen, daß Ihre Majestät, die Königin, mich in der Menge bemerkt hätte; alsdann hätte es nicht gepaßt, mich Ihr in Stiefeln zu präsentiren. Du weißt, man hat stets gesagt, ich hätte ein schönes Bein. Doch das bei Seite; ich glaube, die Königin hatte diesen Abend nur Augen für Dich! O, Du Beneidenswerther.“
„Das bin ich auch!“ sagte Iffland stolz. „Aber wer ist denn Deine Dame?“
„Du wirst sie schon sehen, wenn sie erst hinter den, Möbelwagen hervorkommen wird. Ich fand sie hier am Eingange des Hauses. Als alle Welt hineinging, ging sie heraus, und der Zufall wollte, daß wir beim Scheine einer Laterne fast Gesicht an Gesicht stießen. Obgleich sie mich auf mein Hühnerauge trat, so kann ich Dir zuschwören, daß mir der Schmerz verging, als ich das alte, liebe Gesicht sah. Herr Gott! rief ich. – Herr Jes! rief sie. Ich wollte ihre Hand erhaschen, da fuhr eine Droschke dazwischen und die Peitsche des Flegels von Kutscher trieb uns auseinander. Sie flog an diese Säule, ich an jene. Nur so viel Zeit blieb mir, ihr zuzurufen: „Wo sehe ich Sie wieder?“ „Wenn es aus ist, hier an dieser Stelle!“ flüsterte sie. Und wieder eine Droschke, und wieder ein Peitschenknall. Als der Tumult sich legte, war der Platz leer und meine Dame fort.“
„Das ist seltsam.“
„Jawohl ist das seltsam. Ich habe dabei ein Kampherstöpselchen aus dem Ohre verloren. Aber was verliert man nicht willig, wenn man so viel findet?“
„Aber wen, wen hast Du gefunden?“
„Ich bitte Dich, jetzt gehe! Ich sehe dort einen Schatten auf uns zukommen! Der kleine zerdrückte weiße Hut mit der einen geknickten Feder, der blaßgelbe Shawl! Sie ist es. O, wie unvorsichtig ist dieses thörichte Mädchen, so leicht bekleidet in diesem Klima sich hinauszuwagen.“
„Nimm sie unter Deinen Pelz!“
„O, pfui, sei nicht noch muthwillig. Wenn Du wüßtest, wie mir zu Muthe ist! – Ach – ach! sie kommt! Vielleicht ist es passender, ich gehe mit ihr zusammen hinter den Möbelwagen. Wir sind da geschützter! Was meinst Du?“
Ohne eine Antwort abzuwarten, entschlüpfte der Collaborator dem nachschauenden Freunde.
Zwei Männer gingen jetzt an dem Schauspieler vorüber, der sich nach seinem Wagen umsah. Einer dieser Männer war klein, zusammengedrückt, im Gange schleichend: Iffland erkannte Fellmer. Von seinem Genossen hörte er nur mit scharfer Stimme einige Worte:
„Sie sind ein Armseliger, ein Feigling! Es thut mir leid, Ihnen den wichtigen Posten anvertraut zu haben. Sie standen dicht unter meiner Loge, Sie mußten sehen, wie ich das Zeichen gab, und haben doch nichts zur rechten Zeit gethan. Die Kerle hätten gleich brüllen sollen, wie er auftrat. Da war aber Alles still. Ich konnte mit meinem Tuche winken, so viel ich wollte.“
„Herr Graf,“ tönte die Gegenrede, „wir hatten ausgemacht, daß am Schlusse –“
„Nun – und am Schlusse? Was haben Sie denn da gethan? Ist denn nicht Alles gerade so gegangen, wie es nicht gehen sollte?“
„Mein Gott – Ihre Majestät –“
„Narrheit! Hätten wir ärger gewüthet, wäre die Königin nicht erschienen. Ich habe mein Geld umsonst weggeworfen.“
„Wir finden wohl noch eine andere Gelegenheit, Herr Graf; entgehen wird er uns nicht. Dieser Schade ist noch der geringste, ein Anschlag anderer Art, den ich klug geleitet und gesponnen, leider ist der auch mißglückt. Teufel! das ist etwas, was mich wahrhaft wurmt –“
Bis dahin hatte die schnarrende Stimme gesprochen, da fühlte sich der Sprecher von einem starken Arme gefaßt.
„Nichtswürdiger!“ rief Ifflands Stimme, „Du folgst nur sogleich und gibst Rechenschaft.“
Zwei herbeigerufene Diener der Polizei bemächtigten sich Fellmer’s. Sein Begleiter, der Niemand anders, als der Graf Sylchon war, entfloh.
So endete ein sehr stürmischer und sehr inhaltreicher Abend.
Ein anhaltendes Unwohlsein hielt den gefeierten Künstler über drei Wochen nach der Benefizvorstellung in seinem Zimmer gefesselt. Die Erschütterung seines Gemüths war zu heftig gewesen, als daß sie hätte ohne Folgen sein können. Laura wachte an seinem Bette und pflegte den Fieberkranken. In den Stunden seiner Genesung spielte sie ihm seine Lieblingslieder auf der Harfe vor. Er hatte hastig nach Anton verlangt, man mußte ihm verheimlichen, daß der Jüngling sich in Haft befand, in Folge eines tollkühnen Versuchs, den General zur Rede zu stellen. Die Rache des Mächtigen war dadurch gereizt und es schwebte die für ein schweres Subordinationsvergehen festgesetzte Strafe über dem Haupte des Unglücklichen. Die Freunde waren thätig, aber sie vermochten [244] nichts auszurichten. Sophie befand sich im Forsthause. Das liebenswürdige Mädchen schmeichelte sich durch täglichen Umgang in das Herz der redlichen, alten Frau, und es gelang ihr, selbst die Starrheit des Vaters nach und nach zu lösen, indem ihr der günstige Eindruck, den das Schauspiel auf den Alten gemacht, vorarbeitete. Er schrieb an Iffland:
- „Ich fange an, zu glauben, daß, nachdem ich Dich habe Komödie spielen sehen, es doch auf den mir so verhaßten Bretern ehrliche und brave Menschen geben kann, die Gott, ihren Nebenmenschen und der guten Sache dienen, wenn es auch nicht auf die Weise geschieht, wie wir Andern es thun. Mein Anton hat seinen Kopf aufgesetzt und da er eben so eigensinnig ist, wie der Anton im Stücke, und ich ihn eben so lieb habe, wie mein Amtsbruder im Stücke seinen Anton lieb hat, so – nun, das Weitere wird sich finden. Der Wald steht jetzt im besten Flor; komm bald zu uns heraus oder erlaube, daß ich mit meiner Alten zu Dir komme; Riekchen, oder vielmehr Mamsell Sophie, muß doch säuberlich von uns dort wieder abgeliefert werden, von wo wir sie bekommen, sonst passirt es zum zweiten Male, daß ein herumstreifender Spitzbube, wie Ihr sie in Euren Städten groß zieht, sie meinem Jungen vor der Nase wegfischt.“
Dieser Brief trug sehr viel zu Ifflands Genesung bei. Sein erster Ausgang war in das Haus der Ministerin, die ihn hatte zu sich bitten lassen. Er traf eine kleine, aber auserlesene Gesellschaft beisammen, in der sich auch die Gräfin Wellenthal befand. Die Vorgänge der letzteren Wochen waren diesem Kreise nicht fremd geblieben; doch war es dem vornehmen und angesehenen Wüstlinge, um dessen Verbrechen es sich hier besonders handelte, gelungen, alle Schuld von sich zu wälzen und jede Spur eines Mitspielens in diesem unglücklichen Drama zu tilgen. Iffland wußte um die Künste, die der Freche angewendet hatte, vor der Welt sich die reiche Braut und den Namen eines ehrlichen Mannes zu bewahren, und er beschloß, sie zu nichte zu machen. Seine Gönnerin, die Gemahlin des Ministers, war seine Vertraute und Helferin. Auch ihr lag Alles daran, die Freundin aus ihrem Wahne zu reißen, sie den Charakter des Verhaßten klar sehen zu lassen, wo denn nothwendig das Bündniß getrennt werden mußte. Die Aufschlüsse, die man der Gesellschaft geben, die Strafe, die man den Schuldigen zukommen lassen wollte, mußte in die Form eines gesellschaftlichen Scherzes eingekleidet werden. Iffland entwarf rasch den Plan eines kleinen Drama’s, in welchem nur er allein agirte. Seine Gabe, fremde Stimmen täuschend nachzumachen, kam ihm dabei trefflich zu statten. Es wurden Sprüchwort-Spiele aufgeführt, und als die Gesellschaft eine Anzahl derselben bereits gesehen und sich daran erfreut hatte, wurde geschickt das betreffende Stück eingeschoben. Die Bühne stellte den Gang in einem Gefängnisse vor, zur Rechten und zur Linken zwei vergitterte Thüren.
Iffland erschien. Er stellte einen Fürsten vor, der sich in den Kerker begeben hatte, um selbst zu hören und zu sehen, weshalb und wie man die Strafbaren eingeschlossen. Nachdem er bereits ein paar Gemächer durchspäht, näherte er sich der Gitterthüre zur Rechten. Er fragte, weshalb der Gefangene hier eingeschlossen sei, und eine bekannte Stimme, die Iffland täuschend nachmachte, indem er sich halb wie lauschend in die Coulisse bog, erwiderte: „Man hat mich eingesperrt, weil ich mich lächerlich gemacht habe.“
„Ach,“ sagte Iffland, „das ist allerdings ein großes Verbrechen, ja, ich möchte behaupten, das größte, welches sich innerhalb der Gesellschaft, wie sie jetzt besteht, begehen läßt. Doch wie hast Du Dich lächerlich gemacht, mein Freund?“
„Einen harmlosen Scherz,“ entgegnete die Stimme, „wollte ich dadurch rächen, daß ich gegen die Ehre, die Ruhe, ja gegen das Leben eines ehrlichen Mannes zu Felde zog.“
„Wer war dieser ehrliche Mann? War er etwa aus Deinem Stande?“
„O nein! alsdann hätte ich ihn zu schonen nöthig gehabt; es war nur ein elender Komödiant.“
„Wie!“ rief Iffland, „hör’ ich recht! Gerade dieser elende Komödiant hat mich, dem Fürsten, gebeten, Dir die Freiheit wiederzugeben. Geh’ – und wenn Du künftig wieder Helfershelfer dingen willst, um den elenden Komödianten öffentlich beschimpfen zu lassen, so wisse, daß seine Börse Dir zu diesem Behufe zu Gebote steht.“
Man lachte, und Graf Sylchon, der gegenwärtig war, verschwand in dem Augenblicke, als er seine eigene Stimme aus dem Gitter des Gefängnisses hatte ertönen hören. Wenige Tage darauf verließ er Berlin, nachdem er einem Freunde geschrieben:
- „Es ist unmöglich, mit diesem Teufel von einem Possenreißer Krieg zu führen und Sieger zu bleiben. Ich gehe um meinen Abschied ein und sehe Berlin nie wieder.“
Vor der zweiten vergitterten Thüre stehen bleibend, richtete der Fürst obige Frage auch hier an den Eingekerkerten. Auch hier antwortete eine der Gesellschaft bekannte Stimme:
„Frage nicht, Fürst, nach meinem Vergehen; nur eine Frau kann mir verzeihen, und ich zweifle, daß sie es thun wird, wenn sie den ganzen Umfang meiner Schuld inne wird.“
„Alsdann wende Dich an die, welche Du am tiefsten beleidigt hast; ich habe hier nichts zu thun,“ entgegnete der Fürst.
Alle in der Gesellschaft wußten, auf wen sich diese Worte bezogen, allein man hütete sich wohl, die Gräfin anzublicken, die, in ihren Shawl gehüllt, in den Polstern ihres Fauteuils lag, scheinbar völlig unberührt von dem, was sich ihrem Auge und Ohr darstellte. Nur die Ministerin konnte es nicht lassen, einen besorgten Blick auf ihre Freundin und einen höhnenden auf den General Xavier zu richten, der ihr zur Seite am Eingange der kleinen Bühne lehnte.
Wenige Tage darauf wurde dem Hofe und der Gesellschaft bekannt gemacht, daß das Verlöbniß des Generals mit der Gräfin Wellenthal gelöst worden. Iffland erhielt von seiner schönen Gönnerin eine goldene Tabatière mit einem Zettel darin, auf dem die Worte standen:
„Groß auf der Bühne, größer außer derselben.“
Wir eilen jetzt zum Schlüsse unserer Erzählung. Daß Anton und Sophie sich im glücklichen Bunde für’s Leben vereinten, erräth nun wohl der Leser. Daß aber in der festlich ausgeschmückten Wohnung des berühmten Schauspielers noch ein zweites Paar an demselben Abende sich ein feierliches, gegenseitiges Gelöbniß that, möchte der freundliche Beschauer, der bis hierher unser Gemälde betrachtet hatte, nicht so deutlich haben vorhersehen können. Es war der Collaborator, der seine Florine heimführte. Iffland’s Freude über dieses zweite Bündniß war nicht geringer, als über das erste. Der Collaborator aber verbat sich alle zu sehr aufregenden Bemerkungen und Glückwünsche und ging gerade an diesem Abende eine halbe Stunde früher zu Bette, indem er behauptete, daß eine Hochzeit bei so vorgerückten Jahren kein Fest, sondern nur eine neue, bequeme und diätetische Anordnung sei, die, wie jede medicinische Vorschrift, in der größten Ruhe und ohne alle Störung vorgenommen werden müsse. An der Abendtafel wurden die Toaste ausgebracht:
„Anton und Sophie – Ottokar und Florine.“
Iffland setzte in seliger Freude hinzu: „Und August und Laura.“
Die Präsidentin reichte ihm die Hand über den Tisch hin und der Präsident fügte hinzu: „Hierbleiben!“
„So sei es!“ rief Iffland, „aber nun laßt uns auch die Gläser erheben auf das Wohl von Preußens schönster und hochgestelltester Frau.“
Mit dem Namen „Louise“ erklangen hell die Gläser.