Kirchenlisten der obern und der St. Martins Pfarren zu Bamberg vom J. 1791
Die obere Pfarre zählte 8,031 Seelen. Hierunter waren 7,246 in der Stadt, 601 auf den eingepfarrten Höfen und Dörfern, 154 neue Communicanten, 30 Augsb. Confessionsverwandte. Die Pfarre zu St. Martin zählte 8,658 Seelen. Darunter befanden sich 1,721 Hausväter und Hausmütter, 1,892 Hausbeständner und Beständnerinnen, 1,736 Söhne und Töchter, 1,797 Kinder, die noch nicht zur Communion gegangen, 1,468 Dienstboten, 44 A. C. V. – Die Seelenzahl beyder war 16,689.
Eingesegnet wurden in der oberen Pfarre 39; in der Pfarre zu St. Martin 33 –| in beyden 72 Paare. Ich verglich die Summe, mit denen seit 1784, und sie ist die kleinste.[1]Geboren wurden in der obern Pfarre 227; in der zu St. Martin 236, worunter 121 Knaben, 115 Mädchen – in beyden 463.
Es starben in der obern Pfarre 130 erwachsene, 114 Kinder, zusammen 244; in der zu St. Martin 139 erwachsene, 127 Kinder, zusammen 266 – in beyden 510, nämlich 269 erwachsene, 241 Kinder.
In beyden Pfarren war das Verhältniß der Lebenden zu den Ehen ungefähr, wie 231 zu 1, zu den Gebornen wie 36 zu 1, zu den Gestorbenen wie 32 zu 1. Es starben 47 mehr als geboren wurden. Vom J. 1785 an ist dieß der 5te Fall, wo die Anzahl der Gestorbenen größer war, als die| der Gebornen.[2] Ein Factum, das in allem Betrachte Aufmerksamkeit und reifes Erwägen verdient. Unsere Medicinalanstalten in Rücksicht auf Arme, Dienstleute, Handwerksgesellen sind in einer Verfassung, daß sie gewiß kein Vorwurf treffen kann. Wie viele überließ man ehehin ihrem Schicksale, wenn sie vom Vaterlande entfernt – mitten auf einem unbekannten Fleck unter Fremde versetzt, eine plötzliche Krankheit aufs Lager dahin streckte! Wie oft war eine dumpfe Kammer, wo eine verpestete Luft tödendes Gift aushauchte, oder der Boden von allen Seiten dem Winde und Wetter ausgesetzt, dieser Elenden Krankenstube! Wie schickte man sie gleichsam als aus der menschlichen Gesellschaft verbannet in die Herberge, und sie wurden da Opfer des Todes, weil hier selten jemand zur Warte, selten eine passende Behandlung der Krankheit, oft unzeitige Ersparniß, Eigensinn, Vorurtheil die unschicklichsten Mittel von After- und Weiberdoctorn zuließ. Solche Scenen erschüttern aber nun nicht mehr das Gefühl| des Menschenfreundes, mehren nun nicht mehr der Menschheit Leiden. Nun erwartet sie Trost, Hülfe, Rettung auf allen Seiten. Auch wäre es Lästerung, unser Klima darum anzuklagen. Eine offene Stadt, freundliche breite Straßen schaffen uns Vortheile, die der nur zu schätzen weiß, den das traurige Geschick zwischen hohe Häuser und Mauern in eine enge Stadt und dumpfe Luft einschloß.[3] Die seltenern Ehen tragen verhältnißmäßig das Ihrige dazu bey. Sollte aber nicht auch schon Wohlleben, der immer häufigere Genuß warmer, ausländischer, hitziger Getränke, Gewürze, kurz Luxus in jeder Gestalt diese traurigen Folgen herbeyziehen? Dieß Problem, woher die größere Sterblichkeit rühre, verdient gewiß beherzigt zu werden. Das Deficit in der Menschenrechnung ist so wichtig, wie das in Staatseinnahme.Dieses Deficit scheint eine Ursache darin mit zu haben, daß seit 23/4 Jahren in den zu dieser Pfarre gehörigen Kaulberger, Stephaniter, Mattern, Sutten, und Jakobiter Bezirken sich kein Gesindel mehr einnisten, ja nicht einmahl ein Schutzverwandter aufgenommen werden darf, es seyen denn seine Umstände vorher untersucht, und darüber beym Fürsten unmittelbar Relation abgestattet worden. Und bekannt ist es, daß sich in diesen Gegenden sonst alles ohne Unterschied niederließ; jetzt aber zieht sich alles in die Stadt herein, wo bekanntermassen die Aufsicht nicht eben so strenge ist. Hieraus muß ich auch erklären, woher der Zufluß der St. Martinspfarre entsteht. Da diese einen Zuwachs von 154 erhielt, so müssen, um diese Summe herauszubringen, und die größere Mortalität auszugleichen, 184 Fremde in ihr Gebiet eingezogen seyn.
| Ist es nun richtig, daß man an der Volksmenge beyder Pfarren keine merkliche Abnahme wahrnimmt, sondern bleibt die Population sich beynahe immer gleich: so ist es augenscheinlich, daß beyde von aussen großen Zufluß haben müssen; denn ihre grössere Sterblichkeit spricht laut für Abnahme.
- ↑ In beyden Pfarren wurden 1784 –
85 – 93
86 – 102
87 – 89
88 – 85
89 – 95 Ehen ge-
90 – 90 schlossen. 85 - ↑ Im Jahr 1785 starben in beyden Pfarren 107
86 – – 32
89 – – 42
90 – – 113
mehr, als geboren wurden. - ↑ Ich erwarte auch, daß man bald unsere Toden nicht mehr in Kirchhöfe in der Stadt, sondern in die schon vorhandenen Gottesäcker ausser der Stadt begraben wird. Da seit 1784 schon niemand mehr in die Kirche begraben wird, und da schon einige wohlhabendere sich in die Gottesäcker begraben liessen, welche zeither nur für Arme bestimmt waren, so ist hiezu schon ein großer Schritt gethan.