Kreuzeswissenschaft/Geleitwort der Herausgeber

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[VII]
GELEITWORT

Der Kreuzesstamm trägt in ewiger Blüte immer wieder neue Früchte. Denn das Kreuz Christi ist kraft seiner Wirksamkeit mehr als ein Zeichen: es ist Wahrzeichen. Es versinnbildlicht „die bräutliche Vereinigung der Seele mit Gott, dem Ziel, für das sie geschaffen ist, erkauft durch das Kreuz, vollzogen am Kreuz und für alle Ewigkeit mit dem Kreuz besiegelt“.

So ist die Kreuzeswissenschaft zu verstehen, die E. Stein, die ehemalige Schülerin und Assistentin des Schöpfers der Phänomenologie, E. Husserl, als letztes Vermächtnis hinterließ. Dem Vorbild des hl. Johannes folgend, nimmt auch sie das Kreuz auf, in dessen Zeichen sie die innere Gesetzmäßigkeit und höhere Bestimmung ihres eigenen Lebens erkennt. Und im Studium der Werke des hl. Vaters gelangt sie zur Konzeption des Begriffes Kreuzeswissenschaft in der zweifachen Bedeutung als Theologie des Kreuzes und als Kreuzesschule, d.h. Leben im Wahrzeichen des Kreuzes.

Das ganze Werk dient der Herausarbeitung dieser Idee, das dadurch eine tiefgehende Deutung der Kreuzeslehre, ein persönliches Bekenntnis und eine moderne Darstellung des hl. Johannes vom Kreuz wurde. Eine tiefgehende Deutung, da E. Stein, dem mächtigen religiösen Drang ihrer Seele gehorchend, den vom hl. Johannes beschriebenen Weg selbst gegangen ist; da sie unter dem Schleier der Karmelitin mit der Sprache des Ordensvaters vertraut wurde; da sie selbst eine große Denkerin ist, zugleich psychologische und pädagogische Erfahrung besitzt. Ein persönliches Bekenntnis, da hier nicht die Stimme der Ordenstradition spricht, sondern die eines Karmelkindes, das von seinem Standpunkt aus das Leben und die Lehre seines Vaters zu erklären versucht. Schwester Benedicta fügt an einer Stelle des Werkes selbst hinzu: „Es muß darum geprüft werden, ob es mit seiner Lehre im Einklang steht, ja sogar geeignet [VIII] ist, diese Lehre noch klarer hervortreten zu lassen“. Eine moderne Darstellung, da E. Stein auf der Höhe eigenen phänomenologischen Forschens die Gestalt des hl. Johannes vom Kreuz in einer von modernen Menschen gewollten Form zeichnet.

Im Sinne und im Dienste der Lehre müssen wir in der Steinschen Deutung des Wirkens und der Werke des hl. Johannes eine erneute Bestätigung der Ordenslehre erkennen, unabhängig von ihren Abweichungen von der traditionellen Auslegung. Sie widerspiegelt in makelloser Klarheit und Überzeugungskraft die Grundpfeiler der Karmelitanischen Idee: die Kreuzeslehre ist eine Realität.

Liebe und restlose Einstellung der Seele auf Gott ist das Eingangstor zu aller Mystik; die Wertlosigkeit der Welt muß für uns sinnengebundene Menschen daher immer wieder betont werden. Der Glaube dient nicht bloß als Vorbereitung zur Aufnahme der Kreuzesbotschaft; er hat Anteil an der Kreuztragung und Kreuzigung, und er findet seine Vollendung in der vollkommenen Liebesvereinigung mit Gott.

Möge das Wort des Kreuzes, das Schwester Teresia Benedicta a Cruce spricht, für uns alle das Samenkorn werden, das hundertfältig Ertrag bringt[1].


P. fr. Romaeus Leuven o.c.d.     
Provincialis Prov. Hollandiae     



  1. Siehe im Nachwort den biographischen Abriß, die historisch-archivalische Verantwortung dieser Herausgabe und nähere Ausführungen über Entstehung, Aufbau und Zielstellung des Werkes. Auch befindet sich an dieser Stelle eine Skizze der Steinschen Persönlichkeit im Lichte der Kreuzeswissenschaft.
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