Populäre Briefe über Musik 4

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Autor: Johann Christian Lobe
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Titel: Populäre Briefe über Musik
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aus: Die Gartenlaube, Heft 32, S. 434–436
Herausgeber: Ferdinand Stolle
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Erscheinungsdatum: 1856
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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[434]
Populäre Briefe über Musik.
Von J. C Lobe.
Vierter Brief. Das Lied in musikalischer Hinsicht.

Der Tonkunst, sagte ich am Ende des dritten Briefes, stehen weit reichere Mittel als der Dichtkunst zu Gebote, die mannigfaltigen Regungen des Gemüths hervorzurufen.

Sie wissen, daß eine Menge Erscheinungen der äußeren Welt und der inneren geistigen Natur des Menschen (seiner Gefühle und Vorstellungen) Ähnlichkeit oder Gleichheit (Analogie) mit einander haben. Den Sturm, der die Wellen des Meeres schäumend emportreibt, finden wir analogisch mit den Gemüthsbewegungen des in Wuth versetzten Menschen; eine ruhige Abendlandschaft vergleichen die Dichter wohl mit der friedlichen Stimmung der Seele u. s. w.

Viele analogische Erscheinungen werden aber nicht blos von unserem Geiste erkannt, sondern, wenn ihnen ein Gefühlselement inwohnt, auch von unserem Herzen mitempfunden. Wir fühlen Sympathie für, Antipathie gegen Menschen und Dinge, beides um so stärker, je mehr Wärmestoff unser Gemüth in sich birgt. Zwar gibt es Sterbliche, deren Inneres auf den Gefrierpunkt gesunken zu sein scheint, die für nichts mehr Theilnahme empfinden, die nichts lieben, nichts hassen können, kurz die dem Indifferentismus ganz verfallen sind; für solche blasirte Naturen ist auch alle Kunst nichts. Unter den Lesern und Leserinnen der Gartenlaube gibt es indessen kein einziges solch’ bedauerliches Individuum. Wir alle nehmen Theil an Anderer Leiden und Freuden; ja es gibt Viele unter uns, deren Antipathie beim Anblick eines unserem Nächsten angethanen Unrechtes, deren Sympathie beim Anblick eines unserem Nächsten widerfahrenen Glückes bis zum Siedepunkt gesteigert werden kann. Auf der Analogie, der Sympathie und Antipathie aber ruht die Hauptwirkungsfähigkeit aller Künste. Bei den meisten fällt das unbestreitbar in die Augen, bei Gemälden, z. B. bei dramatischen Vorstellungen u. s. w. Egmont’s Abführung zur Hinrichtung in der dramatischen Nachbildung durch Goethe, oder in der treuen Nachahmung auf der Leinwand des Malers, rührt uns ebenso, unter Umständen vielleicht stärker, als wenn wir dem grauenvollen Schauspiel in der Wirklichkeit zusehen.

Schwerer scheint die Nachahmung von Gefühlen durch Töne, sowohl herzustellen als zu erkennen und nachzuempfinden. Dennoch geschieht es, und sind die Ursachen davon anzugeben. Schon einzelne Laute liefern Fingerzeige dazu. Den Schrei des Entsetzens unterscheiden Sie sicher von dem Schrei des Entzückens, ohne die Menschen zu sehen, von denen jene Laute ausgestoßen werden. Das Gekreisch der Wuth werden Sie in keinem Falle für das Jauchzen der Lust nehmen. Da haben Sie den Urgrund, auf welchem die Nachahmungs- und Wirkungsfähigkeit der Töne beruht. Die Kunst hat darauf weiter gebaut, in jedem musikalischen Element Analogieen mit den Merkmalen der Gemüthserscheinungen entdeckt und zu benutzen verstanden. Nehmen Sie hierüber Notiz von den folgenden Andeutungen.

Erstens. Wenn der Mensch in Affekt geräth, so steigen und fallen seine Worte nach dem innerlich waltenden Gesetz der bezüglichen Regungen. Der unsichtbare Wogenwechsel gibt sich kund durch die hörbaren Wogen der Sprache. Dieses innere Wogenleben kann, wie Sie wissen, die Musik durch das Steigen und Fallen der Töne nachahmen, und die Singstimme vermag es in weit größerem Umfange als das Sprachorgan. Dieses wird in den allerleidenschaftlichsten Fällen kaum die Grenzen einer Oktave nach Oben oder Unten überschreiten dürfen, ohne in’s Gebiet des Skurrilen oder Lächerlichen zu gerathen; jene kann zwei, ja dritthalb Oktaven durchlaufen und durchspringen. Noch viel umfangreichere Tongebiete stehen den meisten Streich-, Tasten- und Blas-Instrumenten zu Gebote. Sie begreifen daher, daß die Hebungen und Senkungen des erregten Gemüths von den Tönen weit auffallender und nachdrücklicher als von der bloßen Sprachäußerung (Wortdeklamation) analogisirt werden können. Sie haben hiermit den Grund, warum die Töne der Musik überhaupt steigen und fallen.

Zweitens. Die inneren Regungen treiben den Menschen [435] nicht blos zum Heben und Senken der Sprachlaute, sondern auch zu längerer und kürzerer Angabe derselben. Daß die Töne in viel mannigfaltigern Längen und Kürzen aufeinander folgen können, als der Sprechende sie anzugeben vermag, haben Sie schon aus meinem ersten Briefe erfahren. Indem die Musik diesen Merkmal den inneren Bewegungen verähnlicht, entstehen die mannigifaltigen rhythmischen Figuren in der Musik.

Drittens. Dieselbe Wortreihe, mit denselben Längen und Kürzen, wird im Ganzen in längeren oder kürzeren Zeitmomenten, je nach verschiedenen Empfindungen und Lagen (Situationen) ausgesprochen. Die Worte: „Gerechter Gott!“ wird ein von plötzlicher Todesgefahr überraschter Mensch sehr hastig herausschreien, ein in langjähriger Haft Schmachtender langsam und gedehnt hervorseufzen. Die Analogisirung dieser Unterschiede der inneren Regungen ist der Grund der verschiednen Tempo’s (Zeitmaße) in der Musik. Sie können z. B. die Melodie Don Juan’s: „Reich mir die Hand, mein Leben“, vom langsamsten bis zum schnellsten Tempo vortragen. Die Längen und Kürzen der Noten bleiben an sich stets dieselben, aber in jedem verschiedenen Tempo ziehen sie in verschiedener längerer oder kürzerer Zeit an dem Ohr vorüber. So behalten die auf einem Erdglobus verzeichneten Welttheile, Länder und Meere stets dieselben Größenverhältnisse gegeneinander bei, aber je nach der schnelleren oder langsameren Drehung der Kugel ziehen sie jetzt in einer Minute, jetzt in einer Viertelstunde an Ihrem Auge vorüber. Die Wirkung derselben musikalischen Figuren wird durch das verschiedene Tempo, in welchem sie vorgetragen werden, eine ganz andere. Hören Sie Don Juan’s Melodie in dem mäßigen, von Mozart angegebenen Zeitmaße singen, so erkennen Sie das zärtlich-schmeichelnde Gefühl, das der große Meister hat ausdrücken wollen. Wird dieselbe Melodie im Polka-Tempo vorgetragen, so glaubt man einen leichtsinnigen Fant zu vernehmen, der Zerlinen merken lassen will, daß er sie verspottet.

Viertens. Der wüthende Mensch schreit seine Worte mit möglichster Stärke heraus; Tücke, Argwohn murmeln in dumpfen Lauten vor sich hin. Für alle möglichen Arten der Stärke und Schwäche der Gefühlsäußerung hat die Musik ihre analogischen Stärke- und Schwächegrade. Vom Fortissimo an bis zum Pianissimo. Sie kann auch die Töne vom leisesten Zephir-Hauche bis zum gewaltigsten Sturmwinde nach und nach anschwellend (crescendo) und umgekehrt, vom stärksten bis zum leisesten Hauche abnehmend (decrescendo) brauchen, und dadurch die gradweise anwachsenden und abnehmenden Wellen der Leidenschaften treffend verähnlichen. Und wie ferner der erregte Mensch zuweilen blos einzelne Worte heftig herausstößt, andere dumpf hinmurmelt, so hat auch für alle diese Nüançen die Musik ihre entsprechenden Accente.

Fünftens. Im allgemeinsten Ueberblick theilt sich der ganze Kreis der Affekte, Gefühle und Leidenschaften in die zwei Hauptgebiete: Trauer und Freude. Zur Verähnlichung derselben können in der Musik die beiden Tongeschlechte, Dur für die Freude, Moll für die Trauer, gar wohl verwendet werden. Außer den mannigfaltigen Abstufungen innerhalb dieser beiden Hauptgefühlsgebiete, von der tiefsten Trauer bis zur sanften Wehmuth, von der jauchzendsten Lust bis zur ruhigen Freudeempfindung, haben wir nicht selten schmerzliche und freudige Stimmungen zugleich, gemischte Gefühle. Welche Erscheinungen der Art sich im Gemüthe kund geben mögen, der Musiker kann sie durch Mischungen von Dur und Moll nachahmen.

Sechstens. Je nach der stärkeren oder schwächeren Erregungsfähigkeit des Menschengemüthes äußert sich ein und dasselbe Gefühl in sehr verschiedenen lebhafteren oder matteren Weisen. Ueber einen großen Gewinn freut sich wohl jeder Spieler, aber ein junger feuriger Mann gewiß lebhafter als ein kühler empfindender Greis. Als Verähnlichungsmittel lebhafterer oder gemäßigterer Ausdrucksweisen ein und desselben Gefühls stehen dem Tondichter, außer den bereits angegebenen musikalischen Analogieen, noch die höher und tiefer liegenden, helleren und dunkleren Farben der Tonarten, zwölf für Dur, zwölf für Moll, zu Gebote. Der „Jungfernkranz“ im Freischütz wird in C-Dur gesungen. Schließen Sie die Augen, und lassen Sie diese Melodie in der um eine große Terz höher liegenden Tonart E-Dur singen, so werden Sie, zwischen Kind und Jungfrau schwebende, sogenannte Backfischchen zu hören glauben; in der Unterquinte F-Dur vorgetragen, wird der Gesang aus dem Munde alter Jungfern zu kommen scheinen.

Siebentens. Manche Gefühle bewegen sich, von nur einer Vorstellung angeregt, in einem beschränkten, durchaus einheitlichen Kreise; in anderen Lagen wechseln verschiedene Gemüthsstimmungen mit einander ab. Die erstere Art analogisirt die Musik durch vorherrschende leitereigene, die andere Art durch ausweichende Modulation. Das Gesetz für den Komponisten heißt in dieser Beziehung: wie die inneren Regungen moduliren, modulirt die Musik.

Sie sahen aus den bisherigen, freilich nur sehr flüchtigen Andeutungen, daß für jedes einzelne Kennzeichen der Gemüthserscheinungen, so weit wir sie als innere Anschauungen allenfalls erfassen und mit Worten aussprechen können, ein analoges Wesen in der Musik zu finden ist. Die Angabe dieser einzelnen Tonanalogieen war eine Arbeit des sondernden Verstandes. Die Natur weiß nichts davon. In dem Gemüth des Menschen erscheinen bis einzeln aufgezählten Merkmale in jeder bezüglichen Leidenschaft alle zu gleicher Zeit vereinigt, und ebenso vereinigt die Musik alle Analogieen jener Regungen in einem Gesammtbilde und einer Gesammtwirkung. Eine melancholische Stimmung z. B. bewegt sich nicht blos, und fordert in dieser Hinsicht analoge, langsam gehaltene Töne, Rhythmen, Tempo, sie wohnt auch in tieferen Regionen des Gemüths, äußert sich in dumpfen Lauten etc., zu deren gleichzeitiger Analogisirung Moll-Geschlecht, tiefere Stimmregionen, Pianoaccente u. s. w. gehören. Wenn nun der Komponist durch genaue Beobachtungen sich eine deutliche und umfassende Kenntniß des Wesens aller menschlichen Gefühle erworben hat, wenn er dazu die leicht erregbare Phantasie besitzt, welche nöthig ist, sich in die verschiedensten Situationen und Gefühle zu versetzen, sie im Augenblicke ihres reproduzirten Lebens gleichsam in sich selber anzuschauen, wenn er ferner alle Analogieen sicher kennt und zu verwenden versteht, welche die Musik zur Versinnlichung der Gemüthsstimmungen durch Töne bietet, so wird er zu jedem Wortinhalte eines Liedes die passende Ton- und Taktart, das analoge Tempo, Steigen und Fallen der Töne, die analogen Längen und Kürzen u. s. w. suchen und finden. Durch den glücklichen Verein aller Analogieen entsteht alsdann die ganze analoge Melodie des Gefühls, welche unser Herz mit einer größeren und unmittelbareren Gewalt, als irgend eine andere Kunst es vermag, in die gleiche Stimmung zwingt.

Diese Andeutungen bezogen sich zunächst nur auf die Bildung der Gesangmelodie, auf den musikalischen Ausdruck, welcher einer Stimme, und zwar der Singstimme, die sich mit den Worten des Dichters verbindet, möglich ist. Aber damit sind, wie Sie wissen, die Ausdrucksmittel der Musik noch lange nicht erschöpft. Es tritt dazu die Begleitung (Accompagnement) eines Instrumentes, des Klavier-, der Harfe, Guitarre, oder des ganzen Orchesters, und es kommen dadurch Harmonie, mehrere Stimmen ohne Worte, und Instrumentation (verschiedene Klangfarben) u. s. w. in Betracht, wovon später die Rede sein wird.

Inzwischen sind Sie durch die bisher gegebenen Andeutungen doch der musikalischen Kennerschaft schon wieder um einige Schritte näher gerückt, wie ich Ihnen gleich an einem speziellen Fall nachweisen kann.

Es ist vor nicht langer Zeit von einem wiener Aesthetiker ein Werkchen ausgegangen, in welchem nichts Geringeres behauptet wird, als daß die ganze Welt hinsichtlich der Musik bisher in dem dicksten Irrthum befangen gewesen sei, indem man ihr Seele, d. h. die Fähigkeit, Gefühle zu schildern und zu erregen, zugesprochen habe. Diese besitze sie ganz und gar nicht! Die Tonkunst an sich sei nichts als ein Spiel mit Tönen für das Ohr, etwa wie das Spiel der Steinchen in dem gerüttelten Kaleidoskop für das Auge. Was wir beim Vortrag eines Liedes empfänden, sei nicht Wirkung der Töne, sondern allein der deutlich sprechenden Worte; und die Gefühle, welche wir aus der reinen Instrumentalmusik, einer Symphonie z. B., heraus zu hören glaubten, schildere nicht etwa Beethoven, sondern legten wir unser krankhaft gereiztes und aufgeregtes Gemüth hinein. Als Beweis für den ersten Fall wird angeführt, daß wir oft einer und derselben Lied- oder Opernmelodie ganz andere Worte unterlegen könnten, ohne die eingebildete Wahrheit derselben zu verletzen; zur Unterstützung [436] der letzteren Meinung soll gelten, daß verschiedene Hörer bei derselben Instrumentalmusik oft ganz verschiedene Empfindungen hätten.

Daß solche Gedanken in einem Menschenkopfe entstehen und von ihm für wahr gehalten werden, gehört nicht unter die unglaublichen Dinge. Vor welcher Idee schreckte die Neuerungssucht zurück, und welcher noch so große Irrthum wäre nicht durch eine geschickte Dialektik plausibel zu machen! Aber erstaunen werden Sie, wenn ich Ihnen sage, daß fast alle Journale jenes Werkchen als ein geistreich und richtig gedachtes begrüßt haben!

Singen Sie einmal zu der Melodie der Brautjungfern im Freischütz, anstatt: „Wir führen dich zu Spiel und Tanz“ – die Worte: „Wir führen dich zum Hochgericht.“ – Oder zu Papageno’s Melodie: „Der Vogelfänger bin ich ja“, Sarastro’s Worte: „In diesen heil’gen Hallen“ – und sagen Sie mir dann, ob Ihnen diese Melodien mit beiden Lesarten gleich wahr erscheinen? Hören Sie vier Mal hintereinander einen und denselben straußischen Walzer, wozu keine Worte gesungen werden, und versuchen Sie, das erstemal jauchzende Lust, das zweitemal tiefe Trauer, das drittemal zarte Liebessehnsucht, das viertemal knirschende Wuth daraus hören zu wollen! Oder versuchen Sie, in einen und denselben beethovenschen Symphoniesatz alle Seelenstimmungen zu legen, die Sie wollen. Wenn diese Experimente nach Ihrem Willen ausfallen, so ist die wiener Behauptung richtig; wenn Sie dabei empfinden müssen, was die Komponisten gewollt, so ist sie falsch.

Es ist in der That unbegreiflich, wie man dem Verein der zahlreichen Musikelemente die Ausdrucksfähigkeit der Gefühle absprechen kann, da es kaum einen Menschen geben wird, dem nicht schon im gewöhnlichen Leben die analogische Kraft des einzelnen Elementes oft genug vor die Sinne treten muß. Auf der Trommel sind nur Rhythmus und Schall darstellbar. Wie verschieden zeiget sich die Verwendung beider Mittel bei dem Trauermarsch und dem Sturmmarsch! Jener hat langsame Rhythmen und gedämpfte Klänge, dieser schnelle und rauschende. Was diktirt den verschiedenen Gebrauch der Rhythmen und Klänge in diesem Falle? Ist es nicht die Analogie mit den inneren Empfindungen? Die Trauer bei jenem, die muthige Erregung bei diesem? Nach der neuen ästhetischen Lehre könnte das zu dem Trauermarsche ausgesprochene Wort „schnell“ den langsamen Rhythmus in einen schnellen, das Wort „hell“ die gedämpften Trommeln in rauschende für unser Gefühl verwandeln? Oder durch die dazu gesprochenen Worte: „heisa, hopsa, trallera“, verwandeln sich die traurigen Rhythmen und Klänge der Trommeln in heitere? Wenn aber in diesem Falle durch widersprechende Worte dem Rhythmus und Klang der Trommeln ihr Ausdruck nicht weggeschwatzt werden kann, so muß er diesen Elementen ursprünglich und eigentümlich sein. Und wenn bei Ihnen die Worte: „Wir führen dich zum Hochgericht“ eine grauenvolle Vorstellung und eine traurige, peinvolle Empfindung erwecken, die oben erwähnte weber’sche Melodie aber eine heitere Stimmung bezeichnen, so müssen die Töne an sich eine ursprüngliche und eigenthümliche Analogisirungs- und Ausdruckskraft besitzen, denen widersprechende Worte nichts davon nehmen können.

Mit dieser, nicht wegzuästhetisirenden Erfahrung wollen wir uns für heute begnügen. Sie werden durch die folgenden Briefe erfahren, daß für Den, welchem die Einsichten in das Wesen der Tonkunst vollständig erschlossen sind, das Verständniß auch der reinen Instrumentalwerke von solchen Meistern, die sich in bestimmte Gemüthszustände zu versetzen, und dieselben durch die musikalische Analogie deutlich und sicher zu schildern vermochten, ohne Beigabe von Worten möglich ist.