RE:Heliodoros 18

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
korrigiert  
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Chirurg aus Aegypten
Band VIII,1 (1912) S. 4142
Heliodoros (Mediziner) in der Wikipedia
GND: 102394725
Heliodoros in Wikidata
Bildergalerie im Original
Register VIII,1 Alle Register
Linkvorlage für WP   
* {{RE|VIII,1|41|42|Heliodoros 18|[[REAutor]]|RE:Heliodoros 18}}        

18) Heliodoros. Ein Chirurg zur Zeit des Iuvenal (VI 373), wahrscheinlich aus Ägypten, wo dieser Name nicht selten begegnet. Er war in dem sittlich verkommenen Rom als geschickter Kastrator gesucht (Iuv. a. a. O.). Der Theorie nach Pneumatiker, benutzt er den Leonidas (s. d. und Wellmann Pneumatische Schule 78) und wird seinerseits von Antyll verwertet (Wellmann ebd. 115). Seine gediegenen Kenntnisse legte er nieder: 1) in seinem Hauptwerke Χειρουργούμενα, einem Kompendium der gesamten Chirurgie in 5 Büchern. Da niemals mehr als 5 Bücher zitiert werden und der Stoff sich bequem auf sie verteilen läßt (Wellmann a. a. O. 18, 3), so ist im Schol. Oribas. III 588, 15 B-D sicher ἐν τῶι [ι]ᾱ τῶν χειρουργουμένων zu schreiben. Fast alles, was wir von diesem Werke besitzen, stammt aus Oreibasios III 570ff. IV 10ff. 147ff.; auch die im Laur. plut. 74, 7 saec. IX, der bekannten Sammlung chirurgischer Schriften, enthaltenen Auszüge bieten nichts Neues. Wohl aber ein Papyrus im Besitze von Ad. Cattaui in Kairo etwa aus dem 3. Jhdt. n. Chr., der mit Sicherheit dem H. zugesprochen werden darf, weil das dort vorkommende Zitat ἐν τῶι πρὸ τούτου ὑπομνήματι sich auf H. bei Orib. IV 153 bezieht; da diese Stelle nach dem Scholiasten im 1. Buche der χειρουργούμενα stand, hat Ilberg Archiv f. Papyrusforsch. IV 273 das Bruchstück mit vollem Rechte dem zweiten zugewiesen. Behandelt wird zunächst ein Kapitel der Augenchirurgie und zwar der περισκυθισμὸς κατὰ συσσάρκωσιν, dann folgt ein Abschnitt über Schläfenoperationen. Auf Grund sprachlicher Beobachtungen – die Diktion des Arztes ist schlicht und gedrungen; er benützt häufig Verbaladverbia; redet die Leser an; die Sprache ,ist überhaupt so bestimmt ausgeprägt, daß es eine Freude ist, sie zu untersuchen‘ – hat Crönert Archiv f. Pap. II 480ff. wahrscheinlich gemacht, daß auch der Papyrus Mus. Brit. 135, der über 5 Maxillarluxationen und ihre Heilung handelt, H. zum Verfasser hat. Nun spricht zwar H. über dasselbe Thema bei Orib. IV 434f. mit anderen Worten, aber lange nicht so ausführlich; doch diesen Widerspruch sucht Crönert dadurch zu lösen, daß er Spezialschriften des H. annimmt, die er neben dem Handbuche noch verfaßt habe. Ebenfalls weist Crönert 478f. noch falsch überschriebene Kapitel des Oreibasios dem H. zu. Das 26. Kapitel des 49. Buches nämlich trägt die Überschrift τὸ Ἱπποκράτους βάθρον · ἐκ τῶν Ῥούφου, und die folgenden Kapitel sind ohne Verfassernamen, weshalb man sie nach der bei Oreibasios geltenden Regel dem Rufus zuschrieb. Nun ist aber sprachlicher Indizien halber – ,fast jede Zeile beweist es‘ – fast sicher, daß der Abschnitt über die Bank des Hippokrates dem H. gehört: also ist er auch der Autor der folgenden. Ist dies der Fall, dann müssen dem [42] ephesischen Arzte zwei hier zitierte Schriften abgesprochen und dem H. gegeben werden, nämlich 2) ἡ περὶ ἄρθρων πραγματεία (Orib. IV 435, 4) – hier war der geeignete Platz, über Kinnbackenausrenkungen zu reden, vgl. o. S. 41, 49 und 3) ἡ περὶ ὀλισθημάτων πραγματεία (450, 3. 451, 7. 458, 7). In dem Scholion zu Kap. 26 (Ἱπποκρ. βάθρον) heißt es: ἀπὸ τοῦ προσιμίου τοῦ μονοβίβλου ΕΠΙΓΗΡΑ ΑΝΘΡΩΠΟΣ, τινὲς δὲ αὐτὸ περὶ ἐξαρθρημάτων ἐπιγράφουσιν. Für den korrupten ersten Titel schlug H. Schöne einmal vor, περὶ ἄρθρων zu schreiben; wahrscheinlicher, wenn auch nicht überzeugend, schreibt Crönert Ἐπιμήχανος. Jedenfalls ist diese Schrift identisch mit Nr. 2. Dagegen ist 4) noch περὶ ἐπιδέσμων zu erwähnen; hier beschrieb H. außer anderem (Orib. IV 281ff.) besonders drei von ihm selbst erfundene Bandagen, den μεταγωγεύς 297, der bei Verrenkungen, das κράτημα 299, das bei Brüchen des Nasenbeins angewandt werden konnte, und den χειλοφύλαξ 301, einen Lippenverband. Handschriftlich vorhanden unter seinem Namen ist 5) eine Schrift περὶ μέτρων καὶ σταθμῶν und 6) nur lateinisch eine Epistula phlebotomiae. Die im Paris. Lat. 11219 saec. IX vorhandene Chirurgia ist nach Ilberg, der eine Abschrift besitzt, nur ein ganz dürftiger Auszug des großen Werkes. Vgl. die Liste chirurgischer Instrumente in demselben Kodex und griechisch im Laur. Gr. 74, 2; ferner H. Schöne Herm. XXXVIII 280. Gurlt Geschichte der Chirurgie I 414–426.

[Gossen. ]