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RE:Akola

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Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Stadt am kaspischen Meer, östlich vom Fluss Amardos im Gebiet der Marder
Band I,1 (1893) S. 1175 (IA)–1177 (IA)
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Akola (Ἄκολα), Stadt am Südufer des kaspischen Meeres, östlich vom Flusse Amardos (s. d.), dem jetzigen Sefîd-Rûd (d. i. weisser Fluss), im Gebiete der Marder (Amarder). Sie wird von Ptolemaios in dem die Beschreibung Mediens enthaltenden Abschnitt (VI 2, 2) verzeichnet und unter 88° 15′ Länge und 40° 15′ Breite gelegt. Betrachtet man die im Anfang jenes Abschnittes (§ 1 u. 2) aufgeführten Ortsbestimmungen, unter denen auch die von A. steht, im Zusammenhang, so wird man keinen Augenblick im Zweifel darüber sein können, dass dieselben aus den Entfernungsangaben eines Periplus berechnet worden sind. Und da kann es sich nur um den Fahrtbericht des Patrokles handeln, der als praefectus classis des Seleukos Nikator und Antiochos Soter (Plin. n. h. VI 58) zwischen 285 und 282 v. Chr. die Küsten des kaspischen Meeres befuhr (s. Roesler Sitzungs-Ber. Akad. Wien LXXIV 1873, 184 und besonders K. J. Neumann Herm. [1176] XIX 184f.), und dessen Angaben bereits Eratosthenes seiner Beschreibung des kaspischen Meeres zu Grunde gelegt hatte (s. Berger Geogr. Fragm. d. Eratosth. 323ff.). Für den Stadiasmos des Patrokles aber bildete den Ausgangspunkt die Mündung des Amardos (Sefîd-Rûd), der die Wohnsitze der Marder (Amarder) im Westen begrenzte (Roesler a. a. O. 194. K. J. Neumann a. a. O. 171. 174). Ptolemaios (VI 2, 2) legt nun die Amardosmündung unter 86° 30′ Länge und 41° 30′ Breite; A. liegt also 1° 45′ östlicher und 1° 15′ südlicher als diese. Der Längendifferenz zwischen den beiden Punkten entspricht eine Entfernung von 660, 6 Stadien, da die Breite eines Längengrades unter 41° nördl. Br. bei Ptolemaios, der den Erdumfang zu 180 000 Stadien annahm, 377½ Stadien (500 · cos. 41° = 500 · 0, 755), 13/4° also 660, 6 betragen musste. Erhöht man diese Zahl um 1/5, um den Krümmungen der Uferlinie, die am Südgestade des kaspischen Meeres ganz unbedeutend sind, sowie der von Ptolemaios um mindestens 1/3 zu hoch angesetzten Breitendifferenz Rechnung zu tragen, so erhalten wir rund 800 Stadien = 148 km.) als wahrscheinliche Angabe der Entfernung zwischen der Mündung des Amardos und A., die Ptolemaios in dem von ihm benutzten Periplus vorfand. Zweifelhaft bleibt aber nur, ob die Amardos-Mündung des Ptolemaios identisch ist mit der jetzigen Sefîd-Rûdmündung unter 50° 11′ 44′′ östl. L. Greenwich und 37° 24′ 14′′ nördl. Br. (russische Admiralität), oder ob nicht die viel stärker hervortretende Lagune (Murdâb) von Änzälî (Enzeli) (49° 27′ 50′′ östl. L. Greenwich und 37° 28′ 45′′ nördl. Br. nach russischer Admiralität), in welche sich ebenfalls Arme des Sefîd-Rûd ergiessen, von Patrokles für die eigentliche Ausmündung des Flusses gehalten worden ist. Je nachdem man sich für die eine oder die andere Alternative entscheidet, gelangt man in Bezug auf die auch nur approximative Lage von A. zu einem völlig abweichenden Resultat. Im ersten Falle erreicht man, längs der Küste tastend, einen Punkt etwa 10–15 km. östlich von der Mündung des Flusses Čâlûs (bei den Arabern Šâlûs), der die Grenze zwischen zwei Bezirken der jetzigen Provinz Mâzändärân, Kälârustâq im Westen und Kuğûr im Osten bildet (s. Melgunof Das südliche Ufer des kaspischen Meeres od. die Nordprovinzen Persiens 211. 213). Im anderen Falle käme man nur bis Khurrämâbâd der Winterhauptstadt des Districtes Tängâbun (Kiepert: Tûnâkâbân), der unmittelbar westlich von Kälârustâq liegt. Über die Lage von A. lässt sich also nichts Bestimmteres sagen, als dass es an der Küste im westlichen Teile der jetzigen Provinz Mâzändärân gelegen haben muss, der damals zum Gebiete der Marder gehörte; denn diese sassen an der Küste zwischen Sefîd-Rûd im Westen und den Hyrkanern im Osten (s. u. Mardoi). An den Namen A. lassen sich einige Vermutungen knüpfen. Im Îrânischen stehen Namensformen mit anlautendem kurzen ă, als die älteren, neben solchen ohne ă, als den jüngeren, da dort anlautendes kurzes ă im Laufe der Zeit lautgesetzlich abfällt (s. u. Amardoi und Aparnoi); ausserdem giebt es, was ganz unbeachtet geblieben ist, ursprüngliche Doppelformen [1177] mit anlautendem langen â und ohne dasselbe (s. Näheres u. Τροπατηνή = Ἀτροπατηνή, Âturpâtân). Ganz abgesehen also von der ausserdem noch vorhandenen Möglichkeit einer fehlerhaften Überlieferung muss bei der Erklärung von Namen, die mit ă oder â anlauten, erwogen werden, ob sie nicht zu solchen ohne ă oder â gehören. Nun tritt in Mâzändärân in Hunderten von Ortsnamen als zweiter Bestandteil das Wort Kälâ auf, etwa mit der Bedeutung ‚Stadt‘ oder ‚Dorf‘. Auf einer älteren Sprachstufe lautete Kälâ höchst wahrscheinlich auf k aus, *Kälâk, und dies ist identisch mit dem sicher aus dem Îrânischen entlehnten armenischen Kʿaḷakʿ, πόλις. Identisch ist auch bis auf den Auslaut das öfters als Ortsname auftretende neupersische Kälât, das ein Appellativum ist mit der Bedeutung ‚Burg‘‚ ‚grosses Dorf‘. aber ist durch Anfügung des Suffixes k(a) aus einem älteren femininen Substantiv *Kälâ gebildet oder, da im Îrânischen ein heller Vocal häufig an die Stelle eines dunkeln getreten ist, hinter k aber ein dunkler Vocal zweifellos das Ursprüngliche war, *Kulâ, *Kolâ. Dieses ist noch im neupersischen Kul, Dorf, erhalten, wo das auslautende â nicht durch Antritt des Suffixes vor dem regelrechten Abfall bewahrt worden ist. Wenn also auch nach dem oben Bemerkten die Annahme einer Nebenform *âdkulâ (*âkolâ) neben *kulâ durchaus zulässig ist, so wird man doch in diesem Falle das A von Akola besser auf ein Missverständnis des ursprünglichen Berichterstatters zurückführen oder es durch die irrtümliche Übertragung des anlautenden A von Ἄμανα, das unmittelbar vorhergeht, erklären. Auf alle Fälle aber erscheint es in hohem Grade wahrscheinlich, dass in dem Namen A. ein Appellativum steckt, das zu dem jetzt in Mâzändärân so gebräuchlichen Kälâ zu stellen ist.