Andriaka (Ἀνδριάκα), Stadt im südöstlichen Medien unter 91° Länge und 35° 10′ Breite (Ptol. VI 2, 18). Die zusammenhängende Betrachtung der Positionen, die Ptolemaios in der Tabelle der Ortsbestimmungen von Medien verzeichnet, lehrt, dass A. zu den Stationen eines Weges gehörte, der von Ekbatana (jetzt Hämädân) nach Südosten ging, also der Richtung der synklinen Längsthäler des îrânischen Faltungsystems folgte. Höchst wahrscheinlich führte er von der medischen Hauptstadt nach Persepolis. Darauf weist auch die Thatsache hin, dass Rhapsa (s. d.), derjenige Ort, der in dem von Ptolemaios benützten Itinerar die A. unmittelbar vorhergehende Station gewesen sein muss, und der in seiner Tabelle unmittelbar davor aufgeführt ist, in der Tabula Peutingeriana (Segm. XII 1–2 ed. Miller) als die erste Station auf der Strasse von Ekbatana nach Persepolis erscheint. Dem Längen- und Breitenabstand A.s von Ekbatana (88° Länge, 37° 45′ Breite) entspricht eine directe Entfernung von 1767 Stadien oder 327 Km. Die eigentliche Wegelänge erhält man annähernd, wenn man die Entfernungen zwischen den einzelnen auf einander folgenden Stationen, die sich aus ihren Längen- und Breitendifferenzen ergeben, summiert; man bekommt alsdann 1807,5 Stadien oder 334 Km. Die Stationen zwischen Ekbatana und A. lassen sich mit fast voller Sicherheit aus der ptolemaeischen Liste herausheben und mit einander verbinden. Es sind Niphavanda (s. d.), 441 Stadien = 81½ Km. von Ekbatana; Herakleia (s. d.), 259 Stadien = 48 Km. von Niphavanda; Rhapsa (s. d.), 687 Stadien = 127 Km. von Herakleia; von Rhapsa bis A. endlich beträgt die Entfernung 421 Stadien = 78 Km. Dass Niphavanda dem neueren Nihâvänd, südlich von Hämädân, entspricht, ist sicher. Auch gegen die Gleichsetzung von Herakleia (s. d.) und Burûǧird wird sich kein ernstlicher Einwand erheben lassen. Misst man nun, um die Lage von Rhapsa zu finden, auf der Karte von Burûǧird 127 Km. in südöstlicher Richtung ab, so gelangt man entweder bis auf wenige Kilometer vor Gulpâîgân (bei den arabischen Geographen Ǧarbâdhaqân, was arabisiert ist aus Garbâdhakân), oder südwestlicher nach Šâhvärdi im Distrikt Fereidän, nordwestlich von Isfahân. Die erste Alternative ist jedoch als völlig unwahrscheinlich auszuschliessen, denn sie führt zu weit nach Osten, geradezu auf die Strasse nach Isfahân, was, wenn man von Ekbatana nach Persepolis gehen will, ein unnötiger Umweg sein würde. Rhapsa wird also in der Gegend des jetzigen Šâhvärdî zu suchen sein, im nördlichen Teile des Distriktes Fereidän (oft fälschlich Fereidûn oder Feridân; bei den arabischen Geographen Farîdhîn, arabisiert aus Parêdhên, wie die volkstümliche Form Pärîâ bei Schindler Zeitschr. [2139] Gesellsch. Erdk. Berlin XIV 59 zeigt),[1] in dessen Namen sich, mit beschränkterer Bedeutung, der der alten Landschaft Paraitakene (s. d.) erhalten hat. An eine ganz andere Stelle aber wird Rhapsa von Tomaschek (S.-Ber. Akad. Wien CII 1883, 166f. 170) verlegt. Auf Grund der Entfernungsangabe zwischen Ecbatanis und Rapsa in der Tabula Peutingeriana (a. a. O.), nämlich XXX, die sich nicht auf römische Millien, sondern auf Parasangen bezieht, wie er dies mit Recht für alle Zahlen in dem Ariana enthaltenden Teil jener Karte angenommen hat (a. a. O. 146), identificiert er Rhapsa mit der mittelalterlichen Stadt Käräǧ, deren Lage er in dem östlich von Burûǧird gelegenen Distrikt Käzzâz, bei Qädämgâh oder bei ʿImârät, wiedergefunden hat. Bei dieser Identificierung ist aber die ptolemaeische Position von Rhapsa ohne Grund ganz ausser Acht gelassen, obgleich der Wert derselben nicht geringer angeschlagen werden darf, als der der Zahlen der Tabula, in die sich Fehler viel leichter einschleichen konnten, als in die bis zu einem gewissen Grade durch ihre Reihenfolge geschützten Längen und Breiten der ptolemaeischen Tabellen. Während Rhapsa nach der Tabula 900 Stadien (= 30 Parasangen) von Ekbatana entfernt war, betrug nach Ptolemaios die directe Entfernung 1357 Stadien (= 251 Km.), also 45 Parasangen, und ergiebt die Summierung der Distanzen zwischen den einzelnen Stationen eine annähernde Wegelänge von 1386 Stadien (= 256 Km.) oder 46 Parasangen. Gegen die nördlichere Lage, die Tomaschek Rhapsa gegeben hat, spricht auch die Thatsache, dass es, nach Ptolemaios (VI 4, 3), in der Persis, südlich von Paraitakene, ein Volk der Ῥάψιοι (s. d.) gab, das, wie auch Tomaschek (a. a. O. 167) hervorhebt, zu der Stadt Rhapsa in irgend einer Beziehung gestanden haben muss. Diese wird also in der Nähe der Grenze von Persis gelegen haben, was doch bei der von Tomaschek vorgeschlagenen Localisierung unter keiner Voraussetzung der Fall sein würde. Weit besser passt die oben auf Grund der ptolemaeischen Position gefundene Lage, von der daher auch bei der Feststellung derjenigen von A. auszugehen ist. 421 Stadien (= 78 Km.), welche der Längen- und Breitendifferenz von Rhapsa und A. entsprechen, führen auf der aus Fereidän nach Čähâr-Maḥâll (auch Čâr-Mäḥâll) und von da weiter nach Fârs gehenden Strasse bis an den Oberlauf des Flusses Zâjändä-Rûd nach Qälʿä i Šâh-Rukh, das 5 Km. von Sûlâîǧân liegt, dem letzten Dorfe von Fereidän nach Čâr-Mäḥâll (Unterabteilung Mîzdä, Stack Mîzäk, arabisiert Mîzdäǧ, die wahrscheinlich der von Ptol. VI 4, 3 in Persis unterhalb der Ῥάψιοι [s. d.] erwähnten Landschaft Μοσδία [s. d.] oder Μισδία entspricht) zu (s. Stack Six months in Persia II 104). In jener Gegend, die man auch durch Abmessung der directen Entfernung zwischen Ekbatana und A. von Hämädân aus erreicht, werden wir demnach, gemäss der von Ptolemaios gegebenen Ortsbestimmung und unter gleichzeitiger Erwägung des Umstandes, dass es sich mit höchster Wahrscheinlichkeit um einen an der Strasse Ekbatana-Persepolis gelegenen Ort handelt, A. ansetzen müssen. Die nächste Station an derselben, die Ptolemaios (VI 4, 4) verzeichnet, ist Niserge (s. d.), das bereits [2140] in der Persis lag. In der Tabula Peutingeriana dagegen folgt auf Rapsa Bregnana (s. d.) mit der Zahl XXII, d. h. Parasangen (= 660 Stadien), während der Geographus Ravennas (52, 14 P.) zwischen Bregnana und Bapsa (s. d.), was aus Rapsa verlesen oder verdorben ist, noch Piratum (s. d.) einschiebt. Wenn es sich, wie doch wohl das wahrscheinlichste, um denselben oder doch nahezu denselben Weg handelt, so lag A. zwischen Rhapsa und Bregnana. Hat der ravennatische Anonymus hier die Stationen der von ihm abgeschriebenen Karte in richtiger Reihenfolge wiedergegeben, so könnte Piratum nur eine andere Bezeichnung desselben Rastortes sein, der bei Ptolemaios A. heisst; es wäre dann nichts anderes, als eine ungenaue Wiedergabe des Landschafts- oder Volksnamens Paraitakene, Paraitakai (vielleicht Παραιτακῶν, scil. χώρα oder κώμη). Unter den einzelnen Stationen wird der Versuch gemacht werden, den Lauf dieser wichtigen Strasse, die die beiden Hauptstädte Ekbatana und Persepolis verband, so weit möglich festzustellen. Von Ekbatana muss sie zunächst durch Paraitakene geführt haben, und thatsächlich liegen, nach der oben gefundenen Bestimmung, zwei ihrer Stationen, Rhapsa und A., in Fereidän, dem heutigen Paraitakene. Es liegt nahe, anzunehmen, dass es diese Strasse gewesen ist, die Antigonos einschlug, als er im J. 316 von Medien gegen Eumenes und die mit diesem verbündeten Satrapen, die bei Persepolis versammelt waren, zog. Für die vorstehenden Erörterungen ist als Kartenmaterial zu benützen: Schindler Zeitschr. d. Gesellsch. f. Erdk. Berlin XIV Taf. I. II. H. Kiepert Nouvelle Carte générale des Provinces Asiatiques de l’Empire Ottoman 1884. Stack Six months in Persia, II Karte der Reise von Isfahân nach Tährân. Der Name A. ist schwerlich genau wiedergegeben; offenbar ist er graecisiert; man erinnere sich an Ἀνδριάκη in Lykien und an der Küste von Thrakien. Vielleicht ist das Richtige ΑΝΑΡΙΑΚΑ, wie auch eine Stadt im nördlichen Medien (s. unter Anariakai) hiess. Dann war er ein dem Orte von den umwohnenden Ariern gegebener Name, weil dort Angehörige eines fremden, nicht-arischen Stammes sassen, vielleicht desselben, der im nördlichen Medien wohnte und unter der Bezeichnung Anariakai (s. d.), d. h. Nicht-Arier, bekannt war. Das Vorhandensein einer grösseren oder kleineren Gruppe von Dörfern oder selbst einer ganz vereinzelten Ortschaft mit Bewohnern, die völlig verschiedenen Stammes sind als die sie umgebende Bevölkerung, und deren ursprüngliche Wohnsitze weit entfernt sind, ist eine in keiner Weise befremdliche Thatsache, die sich noch heute an den verschiedensten Punkten Persiens beobachten lässt. Gerade die in Rede stehende Gegend, der Distrikt Fereidän, liefert hierfür ein Beispiel aus neuerer Zeit, indem ein Teil seiner Einwohner aus Armeniern und Georgiern besteht, die im Anfang des 17. Jhdts. von Šâh ʿAbbâs I. dem Grossen (1587–1629) dorthin versetzt worden sind und bis auf den heutigen Tag armenisch und georgisch sprechen (vgl. Schindler Zeitschr. d. Gesellsch. f. Erdk. Berlin XIV 59).