RE:Buleuterion 1

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
fertig  
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Versammlungslokal d. Rates
Band III,1 (1897) S. 10381039
Bouleuterion of Athens in Wikidata
Bildergalerie im Original
Register III,1 Alle Register
Linkvorlage für WP   
* {{RE|III,1|1038|1039|Buleuterion 1|[[REAutor]]|RE:Buleuterion 1}}        

Buleuterion. 1) Das βουλευτήριον in Athen lag im südlichen Teile der Agora neben der Tholos und in engster räumlicher Verbindung mit dem Metroon (Paus. I 3, 5. 5, 1. Ps.-Plut. vit. X orat. 842 e; vgl. Wachsmuth Stadt Athen I 163f.), auch unfern der Eponymen (Aristot. Ἀθ. πολ. 53). Dasselbe bildete das constante Versammlungslocal für die Gesamtsitzungen (ἔδραι) des Rates. Unmittelbar mit dem Sitzungssaal hing eine Kapelle zusammen, in der die guten Rat gewährenden Götter, an die sich die Buleuten beim Eintritt mit ihrem Gebet zu wenden pflegten, Zeus Bulaios und Athene Bulaia, aufgestellt waren (Antiph. VI 45. Paus. I 3, 5). An dem hier errichteten Altar, der ἑστία βουλαία, schwur man die feierlichen Eide (Aeschin. II 45); zu ihm flüchteten die während der Ratsverhandlungen in Gefahr Geratenden (Andok. I 43. II 13. 15. Diod. XIV 4). In dieser Kapelle stand auch der Apollon von Peisias und der Demos von Lyson (Paus. a. a. O.). Der eigentliche Sitzungssaal war mit einer Rednerbühne (βῆμα. Antiph. VI 40) und Bänken (Lys. XIII 36) ausgestattet, von dem Raum, wo die Zuhörer, die sog. ἰδιῶται, weilten, durch Schranken abgeschieden (Aristoph. Ritt. 640ff. 675. Xenoph. hell. II 3, 5. Ps.-Demosth. XXV 22). Die Plätze der Ratsherren waren seit [1039] der ersten Restauration der Demokratie (410/9) fest bestimmt, s. Philochor. im Schol. Aristoph. Plut. 972 (vgl. die verschiedenen Auslegungen bei Wachsmuth a. a. O. 523, 1 und B. Keil Herm. XXIX 68). Übrigens schmückten den Saal einige Portraits verdienter Männer, so die von Protogenes gemalten ausgezeichneten Thesmotheten und das von Olbiades herrührende Bild des siegreichen Führers beim Thermopylenkampf im J. 279 (Paus. I 3, 5). Sicher wurden im B. selbst die vom Rat gefassten Beschlüsse nebst den Sitzungsprotokollen aufbewahrt; hieher darf man auch rechnen den Beschluss über die Straflosigkeit des Frevlers Andokides (Andok. II 23); gleichfalls war im Ratsgebäude eine Liste der mit der Proxenie Geehrten aufgestellt (CIA II 21), für die ja der Rat die Sorge übernommen hatte, so dass ihre genaue Kenntnis gesichert sein musste. Ähnlich standen vor dem B. Stelen mit Volksbeschlüssen, die bei allgemeiner und hervorragender Bedeutung für die höchste Regierungsbehörde eine ganz besondere Wichtigkeit besassen,; so das 403 v. Chr. gefasste Psephisma, das jeden, der die demokratische Verfassung umzustürzen suchte, für vogelfrei erklärte (Lykurg. Leokr. 124. 125. 126. Andok. I 95), und das Ehrendecret für die Wackeren von Phyle, deren Energie die alte Staatsordnung wieder ins Leben gerufen hatte (Aeschin. III 187), oder das für Euchares, der 303 v. Chr. nach der Vertreibung des Demetrios bei der Gesetzrevision um Rat und Volk sich verdient gemacht hatte (CIA II 258, 19). Unrichtig ist dagegen die Meldung, dass die auf κύρβεις aufgeschriebenen Solonischen Gesetze durch Ephialtes hieher versetzt waren, die nur auf einer (falschen) Vermutung des Didymos (bei Harpokr. Phot. Suid. s. ὁ κάτωθεν νόμος) beruht, s. Wilamowitz Arist. u. Ath. II 45, 7. Ebenso ist die vermeintliche Nachricht des Aristoteles bei Harpokr. Phot. Suid. s. στρατεία ἐν τοῖς ἐπωνύμοις, dass das Verzeichnis der dienstpflichtigen Epheben hier aufgestellt war, durch Aristoteles selbst Ἀθ. πολ. 53 dahin berichtigt, dass es auf einer Bronzestele bei den Eponymen πρὸ τοῦ βουλευτηρίου stand. Auch die neuere Vermutung (v. Wilamowitz Aus Kydathen 205. Miller De decr. Att., sent. contr. I. Thalheim Jahrb. f. Philol. 1878, 546 und Berl. philol. Wochenschr. 1894, 1064), dass das B. in älterer Zeit als allgemeines Staatsarchiv gedient habe, ist unbeweisbar und an sich unwahrscheinlich. Vgl. Wachsmuth Stadt Athen II 320ff.