18) Caelius Aurelianus, Arzt aus Sicca in Numidien (vgl. V. Rose Herm. IV 143: ex genecia celii aureliani methodici siccensis), vermutlich Zeitgenosse des Cassius Felix, also aus dem 5. Jhdt. n. Chr.; dafür spricht seine schon ganz zum Romanismus hinneigende Latinität und seine grosse
[1257] sprachliche Ähnlichkeit mit Cassius Felix (vgl. V. Rose Anecd. gr.-lat. II 167). Er ist heutzutage der bekannteste von den Übersetzern griechischer Ärzte aus jener Zeit, während er in der Folgezeit nur einmal von Cassiodor de instit. div. litt. 31 unter dem Namen Aurelii Caelii de medicina erwähnt wird. Seine litterarische Thätigkeit bestand darin, die gesamten Werke des Soran, des berühmten Vertreters der methodischen Schule, den Lateinern zugänglich zu machen. Die Schriften des Soran scheinen ihm noch in ziemlicher Vollständigkeit vorgelegen zu haben; die Titel seiner Übersetzungen sind folgende: 1) 3 B. celerum sive acutarum passionum (ἐν τοῖς ὀξέσι Sor. gyn. II 25, 319), 2) 5 B. tardarum sive chronicarum passionum (vgl. Sor. gyn. II 41. 44. 46), 3) graecarum epistolarum liber ad Praetextatum (M. Chr. II 1, 266), 4) de febribus (A. M. II 37, 119), 5) Medicaminum libri (M. Chr. II 4, 272), 6) Muliebrium passionum libri (M. Chr. II 1, 257), 7) de passionum causis (A. M. I 8, 16), 8) 3 B. responsionum medicinalium, 9) salutarium praeceptorum libri (M. Chr. III 7, 341; ὑγιεινόν Sor. I 40, 205), 10) problemata (M. Chr. III 3, 327), 11) Chirurgumena (M. Chr. II 1, 257; χειρουργούμενα Sor. I 76, 246 R.), 12) liber de specialibus adiutoriis (A. M. I 10, 21; ἐν τοῖς περὶ βοηθημάτων ὑπομνήμασιν Sor. II 28, 324 R.). Erhalten sind von seinen Übersetzungen die drei Bücher über die acuten Krankheiten, die an einen Bellicus, discipulorum summus, gerichtet sind, die fünf Bücher über die chronischen Krankheiten, umfängliche Bruchstücke seiner an einen Lucretius gerichteten medicinales responsiones, d. h. seines kurzen Abrisses der Medicin in Frage und Antwort, und ein kleines Bruchstück aus seinen gynaecia am Schluss der Leidener Apuleius-Hs. de herbis (L. Müller Rh. Mus. XXIII 189. V. Rose Herm. IV 141f.). Die beiden ersten Werke sind nach Sorans Schrift περὶ ὀξέων καὶ χρονίων παθῶν verfasst (A. M. II 1: Soranus, cuius haec sunt, quae latinizanda suscepimus u. öft.) und bilden neben der uns erhaltenen Schrift περὶ γυναικείων παθῶν die Hauptquelle für unsere Kenntnis der Arbeitswerke dieses grossen Methodikers sowie der medicinischen Grundsätze seiner Schule. Einen besonderen Wert für die Geschichte der Medicin erhalten sie durch das reiche doxographische Material, das Soran seiner Schrift einverleibt hatte: die therapeutischen Grundsätze des Hippokrates, Diokles, Praxagoras, Herophilos, Erasistratos, Herakleides von Tarent, Asklepiades und Themison sind ausführlich behandelt. In seine Thätigkeit als Übersetzer gestattet uns die Vergleichung des Bruchstückes seiner Gynaecia mit der uns erhaltenen Schriften des Soran einen Einblick; er giebt das Original im ganzen und grossen treu wieder, allerdings mit Kürzungen und Übertragung dessen, was Soran von sich sagt, auf seine Person (secundum nos = καθ' ἡμᾶς des Soran); vgl. V. Rose Anecd. gr.-lat. II 167. Die beiden Handschriften (die der Chronia wahrscheinlich aus dem Kloster Lorsch, später im Privatbesitz des Frankfurter Ratsherrn Philipp Fürstenberg; vgl. V. Rose a. a. O. 165), nach denen Joh. Sichard, Basel 1529, die Chronia herausgab (daraus in der Aldiner Sammlung der Med. antiqui Venet. 1547) und Paris 1533 dıe Oxea erschienen, sind spurlos
[1258] verschwunden. Man benützt beide Schriften am besten in der Ausgabe von J. C. Amman, Amsterdam 1709 (= Venet. 1757), doch ist zu raten, in Fragen der Kritik die edit. pr. zu Rate zu ziehen; vgl. Friedel De scriptis Caelii Aureliani methodici Siccensis Bonn. Diss., Bischweiler 1892. C. G. Kühn De Cael. Aur. opusc. ac. II 1.
Von den drei Büchern responsiones medicinales, die gleichfalls nach Soran übersetzt sind (vgl. V. Rose a. a. O. 172) und die ganze Medicin in der kurzen Form von Frage und Antwort umfassten, sind Bruchstücke des ersten und zweiten Buches erhalten in einer Reichenauer (saec. X, jetzt in Karlsruhe) und einer Londoner Hs. (saec. XV). Aus Buch I die salutaria praecepta (Gesundheitsregeln), aus Buch II de significatione diaeticarum passionum, d. h. eine Pathologie der inneren, nicht chirurgischen Krankheiten. Buch III umfasste wahrscheinlich die Gynaekologie und Chirurgie. Benützt sind diese Responsiones medicinales von Aurelius-Escolapius, Pseudo-Plinius und Isidor (V. Rose a. a. O. 175). Die Bruchstücke sind herausgegeben von V. Rose a. a. O. II 183. Eine neue Ausgabe der salutaria praecepta stellt Friedel in seıner Dissertation in Aussicht.