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RE:Doxapatres

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Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Doxapatres Ioannes, Rhetor
Band V,2 (1905) S. 16111613
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Doxapatres Ioannes, Rhetor. Ehe wir der Persönlichkeit näher treten, ist ihr Name festzustellen. Die Hss. bieten den Genitiv τοῦ Δοξαπατρί, Δοξαπατρῆ neben Δοξοπατρί und Δοξοπατρῆ. Daraus hat Krumbacher (Byz. Litt. 462, 3) den Namen Δοξοπατρῆς erschlossen, aber zugleich Δοξαπατρῆς als eben so gut möglich bezeichnet. Beide Formen sind auch unmittelbar bezeugt, die von Walz eingeführte Δοξόπατρος Doxopater darf als erledigt gelten. Das Ursprüngliche aber wird Δοξαπατρῆς oder vielleicht gar Δοξαπατρί (s. auch K. E. Zachariae v. Lingenthal Gesch. des griech.-röm. Rechts³ 34f. u. ö.) gewesen sein nach dem Anfang der in beiden katholischen Kirchen üblichen kleinen Doxologie (Wetzer und Welte Kath. Kirchenlexikon III² 2007). Giebt es auf römischem Gebiet keinen Gloria patri, so [1612] doch einen Deo gratias (z. B. Acta SS. Mart. III 384) und Deus dedit, wie im 11. Jhdt. ein Cardinal geheissen hat. Die Namen Amadeus, Quasimodo sind entsprechende Bildungen. Ἰωάννης ὁ Δοξαπατρί, wie er vollständig genannt wird, stammt aus Sicilien (ὁ Σικελός oder Σικελιώτης) und ist Mönch gewesen. Armut hat ihm in seinen litterarischen Bestrebungen hinderlich im Wege gestanden. Ob Constantinopel die Stätte seiner Wirksamkeit war, ist ungewiss (Krumbacher a. O. Walz III 5ff.). Seine Zeit ist die erste Hälfte des 11. Jhdts., wie Bursian (Der Rhetor Menander 13) durch eine ansprechende Combination bestimmt hat; dass der von ihm citierte Eustathios nicht der Erzbischof von Thessalonike, sondern ein älterer Erklärer des Hermogenes war (Fuhr Rh. Mus. LI 1896, 164), ist sicher, auch wenn ihn D. einmal σοφώτατος genannt hat. Wir besitzen von dem Rhetor noch folgende Schriften (Walz Rhet. Gr. II u. VI, vgl. dazu Bekker Anecd. III 1454–1457. Cramer Anecdota IV 155–169): eine Einführung in die Rhetorik (Προλεγόμενα τῆς ῥητορικῆς), Prolegomena und Vorlesungen zu Aphthonius (ὁμιλίαι εἰς Ἀφθόνιον), endlich weitläufige Commentare zu Hermogenes περὶ στάσεων, περὶ εὑρέσεως und περὶ ἰδεῶν (neue hsl. Mitteilungen zu περὶ στάσεων und περὶ εὑρέσεως bei Steph. Glöckner Quaestiones rhetoricae, Diss. Vratisl. 1901, 10ff.). Ein paar Schuldeclamationen, die D. erwähnt, sind bisher nicht aufgefunden (Walz VI p. VIII. Krumbacher a. O.). Diese Werke sind von verschiedener Bedeutung je nach dem Grade ihrer Quellenbenutzung, über die jedoch eingehendere Feststellungen fehlen. Der noch unedierte Commentar zu Hermogenes περὶ εὑρέσεως, den Graeven (Cornuti epitome p. XI) genauer untersucht hat, ist nicht besonders wertvoll, doch enthält er kritische Besprechungen des Hermogenestextes, die jetzt Glöckner (a. O. 17ff.) veröffentlicht hat. Προλεγόμενα εἰς Ἀφθόνιον werden neben den ὁμιλίαι schwerlich selbständige Geltung beanspruchen dürfen. Ebensowenig verdienen die Προλεγόμενα τῆς ῥητορικῆς (Walz VI 1ff.) Berücksichtigung, da D. dieselben Dinge anderswo geschickter und ausführlicher auseinandergesetzt hat. Besser, aber von ermüdender Breite, sind die σχόλια εἰς ἰδεῶν (Graeven a. O. XI 3), in denen auch Dionys von Halikarnass öfters herangezogen wird (Benutzung des Phoibammon s. Fuhr Rh. Mus. LI 1896, 50), und der Commentar zu περὶ στάσεων, darin z. B. Alexander Numeniu ausgeschrieben ist (s. die Verweisungen bei Krumbacher a. O. 462, 6).

Als Hauptwerk des D. haben auch der sorgfältigen Stilisierung nach die ὁμιλίαι εἰς Ἀφθόνιον zu gelten; in ihnen liegen unter anderem (vgl. Krumbacher a. O. Glöckner a. O. 12ff.) Spuren einer alten εἰσαγωγὴ εἰς Ἑρμογένην vor, die auch sonst in der byzantinischen rhetorischen Litteratur deutlich sichtbar sind. Diese Einführung erzählte den Ursprung der Rhetorik und gab ihre verschiedenen Definitionen, sie bestimmte ferner ihr Wesen als das einer τέχνη, indem sie die Einwände der Gegner zu entkräften versuchte. Sie berührt sich in vielen Punkten mit Quintilian, Sextus Empiricus (vgl. Rh. Mus. LII 1897, 414ff.) und sonstiger guter Überlieferung (vgl. Schrader Hermes XXXVII 1902, 568ff.) und muss demnach [1613] sehr schätzenswerte Quellen ausgenutzt haben. Die genaue Darlegung des Zusammenhanges dieser rhetorischen Doxographie soll einem anderen Orte vorbehalten bleiben. Übrigens ist auch die Rede des Aristides gegen Platon von D. in diesem Werke ausgeschrieben worden. Manches von D. ruht noch ungedruckt in Hss. (s. R. Förster bei Ch. Harder De Ioannis Tzetzae historiarum fontibus quaestiones selectae, Diss. Kil. 1886, 29).