RE:Hannibal 3

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Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Sohn d. Geskon, karthag. Feldherr Anf. d. 1. Punischen Krieges um 260
Band VII,2 (1912) S. 23212322
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3) Nach Zonar. VIII 10 Sohn des Geskon, Feldherr der Karthager im Beginn des ersten Punischen Krieges. Während er als Flottenchef mit dem Geschwader bei Lipara lag, wurden die Mamertiner von Hieron am Longanos besiegt (269 nach der gewöhnlichen Ansicht, die Meltzer Geschichte der Karthager II 550ff. verteidigt; richtiger 265, vgl. Beloch Gr. Gesch. III 1, 669, 2 § 104). In der darauf folgenden Verwirrung gelang es H., eine karthagische Besatzung in die Burg von Messana zu legen, die indessen durch das Ungeschick des Kommandanten Hanno bald wieder zum Abzug gebracht ward (Diod. XXII 13, 7. Zonar. VIII 8; Polyb. I 10, erwähnt nur die Tatsache, nennt aber keinen Namen). In eines der nächsten Jahre mag der von Frontin. IV 1, 19 erwähnte Vorfall gehören, wonach H. ein römisches Korps zur Übergabe zwang und unters Joch schickte; wenigstens deutet darauf die Erwähnung des Consuls Otacilius (entweder Marcus 263/2 oder Titus 261/0, wenn die Sache nicht in den zweiten Punischen Krieg gehört). Im J. 261 kommandierte H. in Akragas, wo er von den Römern vom Juni bis in den Dezember hinein belagert ward. Unmittelbar nach der Niederlage des Entsatzheeres unter Hanno am Toroshügel glückte es ihm, die römischen Linien zu durchbrechen und die Besatzung ohne größere Verluste durchzubringen (Polyb. I 17, 5-19. 3, erste namentliche Erwähnung H.s 18, 7). Wohl zum Lohn dafür erhielt er im folgenden Jahre das Flottenkommando in Sizilien und nahm sein Standquartier in Panormos (Polyb. I 21, 6), von wo aus er die Küsten Italiens verheerte (Zonar. VIII 10. 386 B. Oros. IV 7, 7). Hier in Panormos erfuhr er auch von der Ankunft des Consuls Cn. Cornelius vor Lipara und entsandte Boodes mit 20 Schiffen, um ihn aufzuheben, was diesem auch gelang, Polyb. I 21, 6-8. Wie sich aus dem ganzen Zusammenhang, besonders aus § 9 und dem folgenden ergibt, war lediglich die Unvorsichtigkeit des Consuls an dem Unglück schuld; nicht eine Treulosigkeit des punischen Führers, wie in der annalistischen Überlieferung erzählt wird (Liv. per. 17. Val. Max. VI 6, 2. Flor. I 18. Eutrop. II 20. Oros. IV 7. Polyaen. VI 6, 5. Zonar. VIII 10, 386 D). Indessen muß doch auch Polybios diese Erzählung gekannt haben, da er ihr VIII 35, 9 Glauben beimißt.

Kurz darauf war H. mit der Verwüstung der Küste um Mylai beschäftigt, als die römische Flotte unter C. Duilius anfuhr. Sofort warf sich H. mit 130 Schiffen auf die Römer, erlitt aber infolge der Verwirrung, die die römische Erfindung der Enterbrücken anstiftete, eine empfindliche Schlappe, bei der sein Admiralschiff, die Heptere des Pyrrhos, genommen ward und er selber nur mit knapper Not der Gefangenschaft entging (Polyb. I 23, 2-10; vgl. Zonar. VIII 10. Oros. IV 7. 7-10. Eutr. II, 20 dazu die Inschrift der Columna rostrata des Duilius, CIL I 195, über deren Echtheit Wölfflin 5.-Ber. Akad. Münch. 1890, 293-321 gehandelt hat. während Niese Röm. Gesch.⁴ 101, 2 sie für ein Produkt der ersten Kaiserzeit erklärt, das nach Livius gemacht sei. Vgl auch das Elogium des Duilius, CIL I 1² 11). Dagegen ist die Erzählung des Polyb. I 21, 10-11 von einer früheren Niederlage [2322] H.s gegen die römische Flotte, die er bei einer Rekognoszierung an der Küste Italiens erlitten habe, ganz unwahrscheinlich. Einzelne Ausdrücke und auch die Verlustangaben stimmen genau mit dem Bericht über Mylai überein, so daß Beloch Gr. Gesch. III 1, 677, 1 hier wohl mit Recht eine Dublette zur Schlacht von Mylai erkennt, die sich vielleicht mit der Version des Philinos deckte. Die Sache wird dadurch noch wahrscheinlicher, daß die Erzählung bei Polybios im engsten Zusammenhang mit dem Überfall von Lipara steht, bei dem von einer Treulosigkeit des punischen Führers nicht die Rede ist, was ja zu Philinos karthagerfreundlicher Tendenz sehr gut passen würde. Dann hätte also an das Bruchstück aus Philinos (I 21, 4 —11 Überfall von Lipara und Treffen von Mylai) Polybios unmittelbar den Bericht des Fabius über die Seeschlacht (c. 22 und 23) angefügt, ohne zu merken, daß er zweimal dasselbe erzählte.

Nach der Niederlage von Mylai begab sich H. nach Karthago (Polyb. I 24, 5), wo er zwar seines Amtes entsetzt ward (Zonar. VIII 11, 387 C), sonst aber keine Strafe erlitt, was wohl weniger auf die von ihm angewandte List (Diod. XXIII 10, 1. Val. Max. VII 3 ext. 7. Zonar. VIII 11, 387 C. Aurel. Vict. de vir. ill. 38), als auf seine gute Stellung zur herrschenden Partei zurückgeht. Jedenfalls ward er sofort mit einer neuen Unternehmung, und zwar diesmal nach Sardinien betraut. Hier jedoch ward er von den Römern in einem Hafen eingeschlossen und verlor den größten Teil seiner Schiffe, worauf er von seinen erbitterten Untergebenen gekreuzigt (Polyb. I 24, 6. Liv. per. 17. Zonar. VIII 11), nach einer andern Version (Oros. IV 8, 4) gesteinigt wurde (259/8).

Quelle : Polyb. I 18-24, daneben die annalistische Darstellung bei Diod. XXIII 7-9. Zonar. VIII 10, 385 B-12, 389 C. Oros. IV 7, 5-8, 4. Neuere Behandlungen: Neumann-Faltin Das Zeitalter der pun. Kriege 76ff. 102ff. Mommsen R. G. I⁶ 517ff. Meltzer Gesch, d. Karth. II 250—286. 506ff. Niese Gesch. d. griech. u. maked. Staaten II 179. Beloch G. Gesch. III 1, 669ff. und bes. 2, 233f. über die Chronologie der Belagerung, die er abweichend von Meltzer richtig in 261, nicht 262 verlegt.