Reklame über Reklame

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Textdaten
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Autor: Friedrich Hofmann
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Titel: Reklame über Reklame
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 29, S. 484
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1887
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[484] Reklame über Reklame. Es muß Jemand vieler Menschen Wohnstätten gesehen und Sitten beobachtet haben, um ein Buch schreiben zu können, wie uns eines vorliegt: ein „Buch der Reklame“. Solch ein Vielgereister ist der unseren Lesern seit Jahren rühmlich bekannte Reisemaler der „Gartenlaube“, Rudolf Cronau, der es unternommen hat, uns „Geschichte, Wesen und Praxis der Reklame“ zu schildern und das in fünf Abtheilungen oder Heften erschienene Buch mit einer großen Anzahl von Abbildungen von deutschen, englischen, amerikanischen, französischen, russischen, japanischen und indianischen Künstlern auszuschmücken. Der Anblick dieser Illustrationen reicht allein schon hin, uns einen erschütternden Begriff von den Ungeheuerlichkeiten zu geben, die auf der Welt menschenmöglich sind. Nachdem der Verfasser in der ersten Abtheilung sich über Bedeutung und Werth der Reklame ausgesprochen, führt er als die vorzüglichsten Mittel derselben an: Herolde und Ausrufer, Aushängeschilder, Plakattafeln und Anschlagssäulen, den Sandwichman, die Flugblätter, Handbills und Reklamelaternen, Umzüge und Schaustellungen auf den Straßen, die Schaufenster, industrielle Gewänder und die Inserate.

Das vornehmste und verbreitetste Reklamemittel ist das Inserat. Der Verfasser geht historisch zuwege. Die Reklame finden wir schon in alten Zeiten; das Inserat mußte auf seine Erfindung warten, bis das Zeitungswesen sich kräftiger zu entwickeln begann; denn trotzdem man schon im 15. Jahrhundert „Neuigkeitsblätter“ druckte, kam doch erst im Jahr 1633 der Franzose Theophrastus Renaudot auf den Gedanken, ein Stellenvermittelungsblatt („Feuille du bureau d’adresses“) zu veröffentlichen. Dasselbe fand schon 1652 in London, aber erst 1727 in Berlin, 1763 in Leipzig Nachahmung. Eben so langsam war der Fortschritt vom Stellenvermittelungsblatt zu dem Universaldienst des Inserats in der Gegenwart. Die Verbreitung und Ausbeutung desselben hing vom politischen Zustand der Staaten und Völker ab; daher wurde in dieser Beziehung Frankreich bald von England und dieses von Nordamerika überflügelt, während Deutschland hinterher lahmte und erst, seitdem die deutsche Reichsmacht den Unternehmermuth gestärkt, Lord Macaulay’s Ausspruch anerkennt: „Die Annoncen sind dem Geschäft, was der Dampf für die Maschine ist: die große bewegende Kraft.“ Wenn auch bei uns noch nicht wie von Nordamerika erzählt werden kann, daß in einem Staat, dem von New-York, allein in einem Jahr (1878) etwa 20 Millionen Mark für Inserate verausgabt wurden, so überzeugt uns heute jedes Zeitungsblatt mit Inseraten, wie man diesen die rechte Form zu geben und sie so auffällig zu machen versteht, daß man bei den meisten eine illustrirte Zeitung vor sich zu haben glaubt. Welche typographische Kunststücke dabei geleistet werden können, davon theilt das Buch, das der Verfasser einer Leipziger humoristischen Gesellschaft (der „Insulaner-Riege“) gewidmet hat, selbst einige zum Theil grotesk humoristische Beispiele mit.

Die übrigen vier Abtheilungen des Werkes führen uns in das specielle Reklameverfahren der einzelnen Stände und Klassen ein und lassen Sitten und Unsitten der verschiedensten Völker und Zeiten, in Wort und Bild dargestellt, an uns vorüber gehen. Begegnen wir dabei manchem Lieblichen und Anmuthigen, so fehlt es auch nicht an Gegenständen so gräßlicher Natur, namentlich in der Reklame des Heldenmuths der Wilden, daß das Auge gern rasch daran vorüber geht. Desto mehr fesseln den Leser die Schilderungen und Beschreibungen mit den reichen Geschichts- und Anekdotenschätzen dieses Buchs. Friedrich Hofmann.