Rosen-Monate heiliger Frauen/Margaretha

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XXXII.
13. Juli.
Margaretha,
Jungfrau, Märtyrin.


 Der Name Margaretha bedeutet nach seinem Wortlaut eine Perle, und die Bedeutung dieses Namens trifft wenigstens bei Derjenigen zu, von welcher wir hier zu reden haben, bei der Märtyrerin Margaretha von Antiochien in Pisidien. Daß es also ist, beweist das Andenken der Kirche, welches der Jungfrau von den ältesten Zeiten her gewidmet wurde. Können wir auch nicht leugnen, daß sich an dieses Andenken Fabeln hängten, so ist damit doch noch nicht gesagt, daß Margaretha selber eine Fabel sei, oder daß das Andenken der Kirche allein auf Fabeln beruhe. Im Gegentheil, die fabelhafte Ausbildung hat sich sehr oft gerade an die größten Personen der Kirchengeschichte angehängt, und man kann daher wohl sagen: „wo viel Fabel da ist auch viel wahres Licht.“| Der Vater Margarethens war ein Götzenpriester, von welchem die Jungfrau jedenfalls ihren Glauben nicht haben konnte. Es gieng ihr aber wie dem Knaben Vitus: der HErr schenkte ihr eine Amme, welche ihr nicht blos ihre Milch einflößte, sondern auch ihren eigenen Glauben. Wie es dem Vater offenbar wurde, daß seine Tochter eine Christin geworden war, begann er mit ihr einen Kampf gewaltiger Art. Ihm war sein Götzendienst, seiner Tochter aber JEsus Christus das Theuerste, und wie er sich seinen Aberglauben so ließ sich die Tochter ihren Glauben nicht nehmen. Ihre Treue war in seinen Augen nichts anders, als sträfliche Hartnäckigkeit: damit legte er seine eigene Sündenschuld auf das Haupt seines Kindes. Er selbst wurde ihr Ankläger. Er konnte es vertragen, daß man sie folterte, und endlich wegen ihrer unwandelbaren Treue dem Schwerte überlieferte. Väterliche und mütterliche Herzen werden das weniger begreiflich finden, als daß Margaretha aushielt: ihr half der Geist Jesu und die Kraft des Glaubens; was aber kann einen Vater vermögen, gegen die fromme Tochter zu wüthen, wenn nicht ein böser Geist aus der Hölle, und die Macht eines gottlosen Wahnes? So gibt| also Margaretha den Jungfrauen, wie Vitus den Knaben und Jünglingen Beispiel und Ermahnung, nicht den Vätern zu folgen, wo sie irre gehen, sondern die Wahrheit zu faßen und zu behalten, auch wenn man sie nicht aus väterlicher Hand, sondern nur aus der einer Amme erhält. Ein goldener Apfel, aus einer silbernen Schale genommen, hat hohen Werth: er bleibt aber auch dann völlig gleichen Werthes, wenn man sich ihn aus einem hölzernen oder irdenen Gefäße aneignen darf. Glückselig ist, wer ihn hat und hält, woher er komme.




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