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Rosen-Monate heiliger Frauen/Richardis

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Rosen-Monate heiliger Frauen
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XLVII.
18. September.
Richardis,
Kaiserin.


 Richardis war eine Tochter des Grafen Erchanger von Nordgau, welche von Karl dem Dicken noch zu Lebzeiten seines Vaters, Ludwigs des Deutschen, geehelicht wurde, wie es scheint, im Jahre 862. Richardis lebte von da an 25 Jahre mit dem dicken Karl, ohne daß er mit ihr, oder sie mit ihm ehelichen Umgang gepflegt hätte. Sie genoß dabei sein Vertrauen und seine Hochachtung so sehr, daß man deß vielfachen Beweis aufzeigen kann. Auch war sie dem wunderlichen Eheherrn, deßen Leben voll Gelingens und dann wieder selbstverschuldeten thörichten Mislingens war, ein Hort der Weisheit und guten Rathes, bis sich in einer bösen Zeit, da sich alles wider Karl zusammenrottete, der Himmel auch über ihr trübte und es ihren Feinden gelang, dem nun fast blöden Ehemann| den Verdacht beizubringen, daß seine Gemahlin mit seinem Großkanzler Liutward, Bischof von Vercelli, in ehebrecherischem Umgang lebe. Vergebens erbot sich die Kaiserin, ihre Unschuld, ja Jungfrauschaft in der Feuerprobe, oder durch ein anderes Gottesurtheil zu beweisen; vergebens bestand sie die Probe, nicht wißen wir, welche, obwohl die Sache selbst im allgemeinen von jedermann in jenen Zeiten anerkannt wurde: der blödsinnige Kaiser verstieß die unschuldige Richardis. – In diesem, ihrem Unglück erwies sie sich würdig, ja groß. Sie konnte allen Glanz ihrer Vergangenheit vergeßen und widmete sich in der von ihr gestifteten Abtei zu Andlau einem Leben der Andacht und der Aufopferung für andere. Der Gram erstarb in ihr, und ihr gutes Gewißen machte ihr’s leicht, zu innerer Stille zu gelangen und ihr Herz den Freuden der Gottseligkeit zu öffnen. Unter Gebet und Lesen, Uebungen der Andacht und der Wohlthätigkeit, ja auch schriftstellerischen und poetischen Arbeiten lernte sie dem HErrn danken, der sie aus sturmbewegter Fahrt in einen stillen Hafen des Glückes gebracht hatte. In etlichen bis auf uns gekommenen Versen, von denen man versichert, sie seien wirklich aus ihrer eigenen Hand, besingt sie selbst ihr Glück.| Sie sagt in denselben, sie habe die Stürme der Welt erduldet, den Hafen gefunden, erwünschte Ruhe ergriffen, sie verachte die Königreiche der Welt, das Himmelreich suche sie, und eile vom göttlichen Geiste geleitet, zu demselben, als zu einem sicheren Ziele. In jener Zeit schrieb sie auch Statuten für ihre Abtei Andlau, aus denen sich diejenige Vereinigung von Milde und Strenge erkennen läßt, die ein weises, mit der Gabe des christlichen Maßes begabtes Herz auf den Wegen der Erfahrung findet. Ob sie aber wohl die Abtei gestiftet hatte und selbst im Kloster Andlau lebte, so kann man doch nicht erweisen, daß sie die Ordensgelübde abgelegt habe und Nonne oder Aebtissin geworden sei. Sie überlebte in ihrer glücklichen Zurückgezogenheit den unglücklichen Karl den Dicken, der 887 von Deutschen und Franzosen des Reiches entsetzt wurde und ein Jahr darauf im Kloster Reichenau vor Gram starb. Sie selbst starb zu Andlau und wurde daselbst beerdigt, aber der Tag und das Jahr ihres Todes ist mit Sicherheit nicht anzugeben, obwohl man annimmt, daß sie am 18. September 893 oder 894 den Eingang in das ewige Reich gefunden habe.
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 Ist es nicht ein herbes Schicksal für Richardis,| die Tochter des edlen elsässischen Grafen Erchanger, gewesen, fünfundzwanzig Jahre lang die Genoßin eines Menschen zu sein, wie dieser dicke Karl war, deßen Leben voll Widersprüche, voll Thorheit und selbst böser Werke gewesen ist? Eine Kaiserin, und doch unglücklicher als ein glückliches Bauernweib, oder eine stille verborgene Jungfrau, die im beschränkten Berufe ihr Leben dahinbringen darf! Eine Unschuldige, welche die Feuerprobe besteht und doch mit Schmach verstoßen wird, die aber auf diesem Wege der Verkennung und der Schande unter der guten Hand des HErrn zu einem Glücke kommt, das sie vielleicht nicht geschätzt hätte, wenn sie es nicht durch einen so wunderlichen Wechsel gefunden haben würde! Was ist des ganzen Lebens kurzer Sinn, wenn nicht, daß ein stilles Dasein an einem heimlichen Orte, wo man Christum findet und Ihm in den Seinen dienen darf, mehr werth ist, als eine Kaiserkrone und ein Vierteljahrhundert voll Herrlichkeit und Freuden dieser Welt. Dasselbe Thema handelt so manch anderer Lebenslauf großer Herren und Frauen ab, und doch findet und faßt es selten auch ein begabtes Kind, und was allen so sehr empfohlen wird, und so leicht zu erreichen steht, bleibt dennoch den meisten ein versiegeltes Geheimnis.| O wie glücklich ist der und ist die, denen die Augen aufgehen, daß sie des Lebens Eitelkeit erkennen, und denen gegeben wird, frei vom Einfluß aller zeitlichen Verhältnisse den Weg der Einfalt zu gehen und sich genügen zu laßen mit der Liebe und Gnade Deßen, der freilich leichter Himmel und Erde mit Seiner Herrlichkeit, als ein einziges kleines Herz mit dem Glücke Seiner Gegenwart erfüllen kann.




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