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Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.

Die politische Lage, welche jetzt eine Verbindung mit den schweizerisch Gesinnten wünschenswerth machte, Oecolampads Dialog, die Einwirkung Bucers haben ihn bald wieder ins Schwanken gebracht. Der frühere Zweifel über die locale oder illocale Verbindung des Leibes und Blutes Christi mit den Elementen des Abendmahls drängte sich wieder hervor, und brachte ihn endlich dahin, dass er nur ein Dasein der himmlischen Elemente im Akt des Abendmahls setzte, Luthers Lehre von der unräumlichen Gegenwart des Leibes und Blutes in Brod und Wein aber als Impanation verstand. Dem Zwingli gegenüber betont er jetzt nur die wahre Gegenwart Christi im Abendmahl, und spricht nun bald von dem Dasein und der Wirksamkeit nur der Person, bald von dem wirklichen Dasein auch des Leibes Christi. Daraus begreift es sich dann, dass, als ihm Luther zum Behuf des Gesprächs mit Bucer in Cassel (im J. 1534) eine Instruction mitgab des Inhalts, dass auf den unlösbaren Zusammenhang zwischen Brod und Leib, Wein und Blut aller Nachdruck gelegt werden müsse, Melanchthon diese Instruction als eine ihm fremde Meinung bezeichnete, und auch über den Abschluss der Concordie nicht erfreut war, wohl weil er fühlte, dass man doch nicht so einig war, als es durch den Abschluss den Anschein hatte. Daraus folgt nun zwar nicht, dass er die Concordie nicht mit Ueberzeugung unterschrieben hat, war ja doch in ihr, was ihm stets die Hauptsache blieb, die Transsubstantiation und die räumliche Einschliessung in dem Brod abgelehnt, da konnte ihm auch nicht die darin behauptete manducatio indignorum zum Anstoss gereichen, da er diese selbst früher behauptet hatte, wie er sich auch später durch Unterschrift der Schmalcaldischen Artikel zu ihr bekannte. Aber die Concordie lautete doch eben nur so, dass er sie unterschreiben konnte, aus seinem Herzen heraus war sie doch nicht geschrieben.

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 Wer kann Angesichts dieser Schwankungen sagen, dass Melanchthon eine feste in sich zusammenhängende Ansicht, und zwar von der ersten Zeit an, gehabt und vertreten hat? Gewiss richtiger ist, was Frank sagt: „man kann es getrost als historische Thatsache bezeichnen, dass Melanchthon niemals, weder in der früheren, noch in der späteren Zeit seines Lebens, zu völliger

Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.. J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung, Leipzig 1868, Seite 87. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Kampf_der_lutherischen_Kirche_um_Luthers_Lehre_vom_Abendmahl.pdf/111&oldid=- (Version vom 1.10.2017)