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Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.

Klarheit und bleibender Sicherheit in dem Verständniss des Dogma vom Abendmahl gekommen ist.“ Allerdings wird man, auch mit Frank, annehmen müssen, dass „wenn Melanchthon es jemals über sich vermocht hätte, in der späteren Zeit ohne alle Rücksicht auf die Umstände und Verhältnisse sich auszusprechen, er seine frühere Annahme von der Multipräsenz des Leibes Christi zurückgezogen, die lutherische Lehre vom Empfang des Leibes und Blutes unter dem Brod und Wein abgewiesen und sich auf die Aussage beschränkt haben würde, Christus sei bei dem stiftungsgemässen Brauch des Sacraments gegenwärtig, und mache uns bei dem Empfang desselben seiner selbst theilhaftig.“ Sehr richtig setzt aber Frank hinzu, „Melanchthon würde dann auch nicht verschwiegen haben, dass für die manducatio indignorum in seinem Dogma kein Raum sei, und er hätte folgeweise die synecdochische Auffassung aufgeben müssen.“

 Aber Melanchthon hat das eben nicht gethan. Er hat sich daran genügen lassen, „die ihm anstössigen und den Streit mit den Schweizerischen Theologen bedingenden Punkte des lutherischen Dogmas in einer Weise zu beseitigen, dass weder ein direkter Widerspruch gegen die lutherische Auffassung, noch eine offene Lossagung von seinen eigenen früheren Behauptungen ersichtlich wäre“, und es konnte daher dem weniger Eingeweihten scheinen, als sei Melanchthons Stellung in der Sacramentsfrage jetzt noch die gleiche, wie ehedem. Dem gemäss erklärte Melanchthon noch im Jahr 1556, dass er rücksichtlich des Abendmahls bei der im Jahr 1530 übergebenen Augsb. Conf. beharre, und erklärte er sich noch 1557 und später bereit, die Schmalcaldischen Artikel anzuerkennen.[1]

 Verhält es sich so mit der Lehre Melanchthons, wie Frank behauptet und nachweist, so ist damit ein dreifaches constatirt: 1) dass bei Melanchthon eine Wandlung in seiner Abendmahlslehre vorgegangen ist; 2) dass die Wandlung in die Zeit nach dem Jahr 1530 fällt; 3) dass Melanchthon sein Abgewichensein von der Lehre Luthers nie offen ausgesprochen hat.

 Es ist also mit dem ersten Ergebniss die Behauptung Heppe’s,


  1. Die Belegstellen bei Frank III, Not. 58 u. 59.
Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.. J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung, Leipzig 1868, Seite 88. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Kampf_der_lutherischen_Kirche_um_Luthers_Lehre_vom_Abendmahl.pdf/112&oldid=- (Version vom 1.10.2017)