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Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.

gegen den Frankfurter Recess ausgelegt, denn an demselben Ort, auf dem da zusammengetretenen Reichstag, vertrat er mit grösstem Nachdruck den Gedanken der Einigkeit aller evangelischen Stände, und nur, um die Kluft zwischen den Unterzeichnern des Frankfurter Recesses und Johann Friedrich nicht dadurch zu verschärfen, dass man letzteren fort und fort dränge, hatte er das obige Ansinnen abgelehnt.

 Friedrich, das ersehen wir daraus, wollte vor allem Einheit aller evangelischen Stände, eine compakte Einheit den katholischen Ständen gegenüber. Zu diesem Endzweck sollten „die dogmatischen Streitigkeiten der Evangelischen unter einander bis auf gelegene Zeit verspart werden“, und deren Bedeutung schlug er auch nicht hoch an, und hatte wohl auch die strenger gesinnten Theologen in dem Verdacht, dass sie zanksüchtig seien und die Bedeutung der Differenzen übertrieben.[1]

 Für einen Fürsten, der den Differenzen keine grössere Bedeutung abgewinnen konnte und keine tiefere Einsicht in die Lehre, um die es sich da handelte, hatte, war es in der That ein sehr würdiger Standpunkt, den er einnahm, wenn er mit unnöthigen Streitigkeiten unverworren bleiben wollte, aber auch zugleich ein Standpunkt, bei dem man in dem zwischen Heshus und


  1. So schrieb er an seinen Schwiegersohn: „an Sekten und Rotten habe er keinen Gefallen, und wolle diese viel lieber helfen vertilgen und ausrotten,“ setzte aber hinzu: „dass aber jemand unerhörter Dinge condemnirt würde, das wäre auch beschwerlich, denn man mit dem allerärgsten Uebelthäter das Widerspiel hält.“ Und an den Theologen Gallus, der ihm eine streng lutherische Druckschrift zugeschickt hatte, schrieb er (am 7. Januar 1559): „wir vernehmen auch, dass Ihr den Religionsfrieden in Eurem Schreiben anzieht, als würde man sehen, welcher Theil denselben verwirkt hätte; item dass ihr eine neue und eine alte Augsburgische Confession meinen wolet: das dünkt uns gleichwohl ein Ueberfluss zu sein. Denn es wäre gar ohne Noth, dass wir, die Religionsverwandten, die wir in der Hauptsache nicht dissentiren, solch’ Gezänk erwecken und damit unsern Widersachern, auch dem Teufel selbst Raum und Ursache, ja das Schwerdt selbst in die Hand geben. Und möchten wohl leiden, Ihr und Andere, die Lust haben zu zanken, fingens mit Anderen als Religionsverwandten selbst ab. Aber es müssen Aergernisse sein, wie der Herr selbst sagt; wehe aber denen, durch welche sie kommen.“ Des Gallus Druckschrift nennt er ein Calumnien- oder Schmähbüchlein. Kluckhohn p. 16 u. 12.
Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.. J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung, Leipzig 1868, Seite 219. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Kampf_der_lutherischen_Kirche_um_Luthers_Lehre_vom_Abendmahl.pdf/243&oldid=- (Version vom 1.10.2017)