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Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.

Klebitz ausgebrochenen Streit kaum eine andere Stellung von ihm erwarten konnte, als die, welche er einnahm; und am wenigsten hat wohl seine gut lutherische Gemahlin eine andere Stellung erwartet, denn sie theilte die Hoffnung ihres Schwiegersohns, dass Friedrich, der im März 1559 die Kurwürde überkam, die christliche Religion in der Pfalz wieder aufrichten, und des „Teufels Geschmeiss,“ d. h. die Zwinglianer und Calvinisten, so weit diese unter Otto Heinrich schon eingedrungen waren, hinwegthun werde, gerade nicht. Sie fürchtete den Einfluss von hochgestellten, der reformirten Richtung zugethanen Räthen. „Ich besorge, schrieb sie am 30. März 1559, „es werde der Teufel den zwinglischen Samen unter den guten Waizen säen, denn ich ihrer wohl weiss, die wahrlich gar zwinglisch sein unter den Räthen.“[1] Ihre Besorgniss ging in Erfüllung. War der Kurfürst auch noch, als er die Regierung des Landes antrat, weder zwinglisch noch calvinisch, so wurde er doch in Bälde calvinisch und in gewissem Sinn hat Salig Recht, wenn er sagt, die Theologen machten ihn erst dazu.[2] Einem Fürsten, der die Bedeutung der Differenzen so wenig zu würdigen wusste, wie Friedrich, lag es nahe, gegen Theologen, welche denselben einen solchen Werth beilegten und bei denen er mit seinen vermittelnden Formeln keinen Eingang hatte finden können, ein Misstrauen zu fassen. Fragte ein Theologe, wie Salig, noch 170 Jahre nachher: „da der eine Theologe „in,“der andere „mit,“ der dritte „unter,“ der vierte alles dreies, bald einer das Wort „wesentlich,“ dann wieder ein anderer „leiblich“ aufbrachte, und dem Verräther Judas eben so wohl als den anderen Aposteln ein wahres, leibliches Geniessen zuschrieb: konnte wohl ein grosser Herr die Mühe sich nehmen, die Zänkereien untersuchen und sagen, der hat Recht und jener Unrecht?“, so wird man dem Kurfürsten nicht eine bessere Einsicht zumuthen dürfen und es begreifen, dass er von diesen Theologen sich abwendete. Ein solches sich Abwenden von den lutherischen Theologen war aber gleichbedeutend mit einem sich Hinwenden zu den calvinisch Gesinnten. Kluckhohn bemerkt zwar, es hätte sich keiner rühmen


  1. Kluckhohn p. 15.
  2. Salig III, 460.
Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.. J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung, Leipzig 1868, Seite 220. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Kampf_der_lutherischen_Kirche_um_Luthers_Lehre_vom_Abendmahl.pdf/244&oldid=- (Version vom 1.10.2017)