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Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.

dürfen, der Lehrer des Kurfürsten zu sein oder ihm als entscheidender Rathgeber zu dienen,[1] aber wir erinnern uns doch, dass Erast schon früh dem Kurfürsten ein Gutachten ausgestellt hat, und wir wissen doch, wie er zu den calvinistisch gesinnten Männern, die er schon in Heidelberg vorfand, vom Jahr 1560 an noch eine Reihe von gleichgesinnten Männern herangezogen hat. Mochte er noch so sehr bemüht sein, bei den theologischen Studien, in welche er sich etwa vom Jahr 1560 an vertiefte, sich seine Selbständigkeit zu wahren, unter ihrem Einfluss machte er sie doch. Und zu deren Einfluss kam dann auch der von Schweizer Theologen hinzu, mit denen er theils wie mit Theodor Beza schon von früher her in Verbindung stand, theils in der späteren Zeit solche anknüpfte.[2] So langte er allmählig in seiner Ueberzeugung bei dem calvinischen Bekenntniss an, und erwies sich dann bald als einen in der reformirten Lehre sehr feststehenden und mit ihr sehr vertrauten Mann.[3]

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 Er langte aber freilich bei diesem Bekenntniss an, ohne zu


  1. Kluckhohn p. 67.
  2. Kluckhohn p. 69: „Auch mit Bullinger trat Friedrich im Lauf der Zeit in Beziehung, so dass es ihm an Mitteln und Wegen nicht fehlte, sich eine gründliche Kenntniss der verschiedenen Nuancen des reformirten Wesens zu verschaffen.“ Es geschah das besonders von der Zeit an, als der Kurfürst wegen seiner Abweichung von der lutherischen Lehre von den Fürsten angefochten zu werden fürchten musste. Er wendete sich damals, um dem Vorwurf begegnen zu können, als wären die Reformirten uneins und vielen Irrthümern ergeben, an mehrere Vorsteher reformirter Kirchen, auch an Bullinger, und erbat sich seinen Rath. Bullinger überschickte ihm dann auch mit seinem Gutachten die von ihm verfasste zweite helvetische Confession (herausgegeben 1566) und „der Kurfürst bat sich von ihm die Erlaubniss aus, sie ins Deutsche übersetzen und noch vor dem Reichstag (dem Augsburger 1566) lateinisch und deutsch drucken zu lassen, um zu beweisen, dass er (der Kurfürst) keine besondere Lehre habe, sondern eben dieselbe, welche auch in vielen anderen und volkreichen Kirchen gepredigt werde, und dass der Vorwurf, als ob die Reformirten unter sich uneins in Sekten zerfallen wären, Unwahrheit sei.“ Bullinger von Pestalozzi p. 417.
  3. Wie fest der Kurfürst in der reformirten Anschauung stand, erkennt man aus den Briefen, die er von 1563 an an den Herzog Johann Friedrich, an Christoph von Würtemberg u. a. schrieb (bei Struve p. 153 sq.), vor allem aus seinem kurz vor seinem Tod aufgesetzten Glaubensbekenntniss (bei Struve p. 275 sq.).
Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.. J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung, Leipzig 1868, Seite 221. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Kampf_der_lutherischen_Kirche_um_Luthers_Lehre_vom_Abendmahl.pdf/245&oldid=- (Version vom 1.10.2017)