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Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.

welche der Kurfürst noch im Juni hatte nach Torgau kommen lassen, zur Unterschrift vorgelegt, zugleich mit vier Fragstücken, welche sie mit Ja oder Nein beantworten sollten. Mit diesen Theologen wurden nun weitläufige Verhöre angestellt. Sie unterschrieben zuletzt sämmtlich, mit Ausnahme von vieren, den Theologen Cruziger, Möller, Pezel und Widebram. Diese wurden sofort verhaftet, erst in Torgau, dann in Leipzig in Haft gehalten, und weiteren Verhören unterstellt. Nachdem endlich auch sie die Artikel unterschrieben hatten, freilich mit einem Vorbehalt, der indessen nicht der Unterschrift beigefügt war, und dem Kurfürsten trotz gegebener Zusage verschwiegen wurde[1], wurden sie nach Wittenberg entlassen, aber mit der Auflage, sich daselbst still zu verhalten und die Stadt nicht zu verlassen.

 Nachdem das geschehen war, schloss die in Torgau niedergesetzte Commission ihre Thätigkeit am 22. Juni 1574, nachdem sie zuvor dem Kurfürsten über den ganzen Verlauf der stattgehabten Verhandlungen Bericht erstattet, und daran Vorschläge für fernere Sicherung des Bekenntnisses geknüpft hatten.

 Die Entschlüsse, welche der Kurfürst jetzt fasste, waren die: die vier Wittenberger Theologen entsetzte er ihres Amtes und verwies sie des Landes; die Theologen Schütz und Stössel, den Leibarzt Peucer und den Geheimen-Rath Cracau behielt er in Haft, weil er sie als die eigentlichen Rädelsführer betrachtete, welche ihn planmässig getäuscht und falsche Lehre wissentlich in das Land einzuführen versucht hätten. Zwei von ihnen starben im Gefängnisse, Cracau 1575, Stössel 1576, die beiden anderen wurden nach vielen Jahren erst entlassen, Peucer 1586, Schütz 1589 [2].

 Welches sind nun aber die Thatsachen, welche sich bei dieser Untersuchung herausgestellt haben?


  1. Der Vorbehalt war, dass sie die Torgauer Artikel nur so weit approbirten, als dieselben mit dem Corpus doctrinae und dem Dresdner Consensus übereinstimmten. Calinich p. 163.
  2. Ueber das Schicksal dieser vier Männer berichtet Calinich ausführlich p. 173–304. Ueber Peucer auch Gillet, Crato von Kraftheim I. u. II., 1860, auch Th. Henke: Akademische Reden und Vorlesungen. Caspar Peucer und Nicolaus Krell. 1865.
Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.. J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung, Leipzig 1868, Seite 281. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Kampf_der_lutherischen_Kirche_um_Luthers_Lehre_vom_Abendmahl.pdf/305&oldid=- (Version vom 1.10.2017)