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Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.

 Was war in dieser Zeit vorgefallen und was hatte Luthern die Augen geöffnet? Darüber fehlen uns freilich die Nachrichten. Möglich aber auch, und nicht unwahrscheinlich, dass überhaupt nichts besonderes vorgefallen ist, und dass Luther nur, nachdem er bis dahin immer noch erwartet hatte, es werde die Concordiensache in der Schweiz ihren Fortgang nehmen, jetzt einsieht, es lasse sich nichts mehr hoffen. Es mögen ihm ab und zu Nachrichten zugekommen sein, welche diese Ueberzeugung in ihm hervorriefen.

 Luthers Unmuth brach nun los. Als ihm der Züricher Buchhändler Froschauer die von Leo Judae ins Latein übersetzte Bibel zuschickte, verbittet er sich weitere Sendungen. Er will keine Arbeit von Leuten, mit welchen weder er noch die Kirche Gottes eine Gemeinschaft haben könne. Er will sich ihrer lästerlichen Lehre nicht theilhaftig wissen. Der armen Kirche wünscht er, dass sie die falschen verführerischen Prediger einmal los werde. Das Gericht Zwinglis, dem sie folgen, werde sie dereinst finden.

 Zur Herausgabe des nun im September 1544 erscheinenden kurzen Bekenntnisses mag er dann noch durch die Vorfallenheiten bei der Cöllner Reformation bewogen worden sein. Den Entwurf derselben hatten Bucer und Melanchthon zusammen verfasst. Von dem darin enthaltenen, von Bucer herrührenden Abendmahlsbekenntniss sagt Köstlin mit Recht, es rede ganz in der alten oberdeutschen Sprache vom Abendmahl. Luther wurde erst durch das Gutachten, welches Amsdorf im Auftrag des Kurfürsten von Sachsen entworfen hatte, auf dasselbe aufmerksam. Er hatte erst sich an der Versicherung Melanchthons, es sei so, ut verbi et sacramentorum legitimus et intellectus et usus in ecclesiis omnibus doceatur, genügen lassen. Jetzt las er den Entwurf („aus den Artikeln bewogen ist er flugs ins Buch gefallen"), – und jetzt lautete sein Urtheil dahin: es gefalle ihm nichts überall. Es treibe viel Geschwätz von Nutz, Frucht, und Ehre des Sacraments, aber von der Substanz mummle es, dass man nicht solle vernehmen, was er davon halte in aller Masse.. Nirgends wills heraus ob da sei rechter Leib und Blut mündlich empfangen etc.[1]


  1. Der Brief bei De Wette V, 709. Nach Köstlin (II, 217) ist der Brief (gegen D. W.) erst nach dem 23. Juni geschrieben.
Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.. J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung, Leipzig 1868, Seite 49. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Kampf_der_lutherischen_Kirche_um_Luthers_Lehre_vom_Abendmahl.pdf/73&oldid=- (Version vom 1.10.2017)