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Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.

 Es konnte kaum anders sein, es musste jetzt auch gegen Melanchthon ein Verdacht in ihm aufsteigen. Es wird hier zum erstenmal geschehen sein, denn kurz zuvor hatte er die Antwort an die Venetianer mit der Warnung wider die Sacramentirer, die er dann selbst gegeben (13. Juni 1543) dem Melanchthon aufgetragen, der nur durch seine Abreise nach Cölln daran verhindert worden war. Und wieder den Venetianern hatte er noch am 12. Novbr. 1542 geschrieben, sie sollten sich durch die Züricher, Bullinger, Pellican und auch Bucer nicht irre an ihm machen lassen. Ja wenn sie hörten, dass Melanchthon oder er dem Wahnsinn jener (illorum furori consensisse) zugestimmt hätten, sollten sie es nicht glauben. Er höre freilich, dass solche Gerüchte verbreitet seien.

 Dass Luthern dieser gegen Melanchthon aufsteigende Verdacht tief getroffen und mit ein Anlass war, sich nochmals über die Abendmahlslehre zu erklären, ist sehr glaublich.

 Wie nahmen die Schweizer die voran stehenden Aeusserungen Luthers auf?

 Ueber Luthers Brief an Froschauer äussert sich Bullinger tief betrübt. „Gott verzeihe ihm seine grosse Sünde,“ schreibt er an Bucer.[1] Er lässt sich aber von Bucer gern bestimmen, nicht öffentlich auf diesen Brief Luthers zu antworten. Als dann Anfang des Jahres 1544 der erste Theil von Luthers Genesis erschienen war, worin Zwingli aufs neue ein Schwärmer gescholten wurde, beschloss man in der Schweiz sogleich zur Ehrenrettung Zwinglis dessen Werke in einer Gesammtausgabe erscheinen zu lassen, und über das Unternehmen (das 1545 vollendet wurde) äussert sich Bullinger in einem Brief an Blaurer (d. d. 5. Sept. 1544), Zwinglis Lehre sei bis anhin noch nicht des Irrthums überführt worden, dass man sie deswegen verbieten, oder sie sich seiner Schriften schämen müssten.[2]

 Luther also liess jetzt sein kurzes Bekenntniss ausgehen, in dem er auch auf Schwenckfeld Rücksicht nimmt, der 1543 mit Brief und Buch sich an ihn gewendet hatte, und von dem er gehört, dass er die Oberländer berücke.


  1. H. Bullinger von Pestalozzi p. 217.
  2. Ibid. p. 222.
Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.. J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung, Leipzig 1868, Seite 50. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Kampf_der_lutherischen_Kirche_um_Luthers_Lehre_vom_Abendmahl.pdf/74&oldid=- (Version vom 1.10.2017)