Seite:Giftjagd.pdf/3

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Walther Kabel: Giftjagd (Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Band 5)

um eine fraglos erst nach längeren Versuchen ausgeklügelte Methode, die vierbeinigen Pelzträger zu lähmen und zwar durch ein Mittel, das nicht wie die meisten übrigen Gifte den Balg glanzlos macht und späteren Haarausfall herbeiführt. Dieses Mittel besitzen die Eingeborenen Sibiriens in dem süßlichen Safte der Wurzel des sogenannten Buscheppastrauches, der hauptsächlich auf Moorboden wächst, aber nicht allzu häufig ist. Der Saft der Buscheppa trocknet an der Luft zu kleinen, harzigen, völlig geschmacklosen Klümpchen zusammen und wirkt ähnlich wie das bekannte Kurare, das Pfeilgift der südamerikanischen Indianer, das heißt, er lähmt, sobald er auch nur in ganz geringen Mengen in die Blutbahn gerät, die Bewegungsnerven, ohne jedoch sofort zu töten.

Hat man es nun auf die kleinsten Pelztiere abgesehen, so werden kleine Fleischstückchen durch an beiden Seiten angespitzte, unsichtbare Eisenstacheln zusammengeheftet. In die Mitte dieses Köders steckt man geringe Mengen des Giftes. Die so zurechtgemachten Brocken läßt man dann, um den Geruch der menschlichen Hände, durch den das Raubzeug leicht abgeschreckt wird, zu vertreiben, einige Zeit in Tierblut liegen, worauf die Fleischstückchen mit Stäbchen herausgefischt und in einen gleichfalls mit Blut ausgeschmierten Lederbeutel getan werden. Sodann wartet der Jäger einen frostklaren Tag ab, an dem Schneefall nicht zu befürchten ist, und begibt sich mit dem Köderbeutel frühmorgens in sein Revier, wo ihm die Standorte und die Wechsel der Pelztiere genau bekannt sind. Dort werden an den aussichtsreichsten Plätzen oft gegen sechzig solcher Giftbrocken, wieder mit Hilfe von Holzstäbchen, ausgelegt.

Der Erfolg der Jagd hängt nun ganz von der Beständigkeit der Witterung ab. Bleibt der Himmel den Tag und die nächstfolgende Nacht über klar, so steht gute Beute in Aussicht. Schneit es dagegen, dann ist meistenteils die Mühe umsonst gewesen, ja der Jäger wird dann nicht einmal seine Köderstückchen wiederfinden, eine herbe Einbuße, da die Eisenstacheln mit verloren gehen und daher neue hergestellt werden müssen.

Empfohlene Zitierweise:
Walther Kabel: Giftjagd (Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Band 5). Union Deutsche Verlagsgesellschaft, Stuttgart, Berlin, Leipzig 1914, Seite 235. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Giftjagd.pdf/3&oldid=- (Version vom 1.8.2018)