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Walther Kabel: Giftjagd (Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Band 5)

In der Nähe des Städtchens Sion am Janaflusse hatte ich einmal Gelegenheit, einen Pelzjäger zu begleiten, als er nach zwei schneefreien Tagen sein Gebiet absuchte. Wir fanden im ganzen sieben kleine Räuber auf, die regungslos dalagen und die mein Begleiter dann durch einen scharfen Schlag auf den Kopf erst vollends tötete. Darunter waren zwei Hermeline, ein seltener Glücksfall, wie mir der Jäger schmunzelnd erklärte.

Bei einigen Tieren habe ich das Maul genauer untersucht, um mir die Verletzungen anzusehen, die die Eisenstacheln beim Hineinbeißen in den Köder verursacht hatten. Es waren zumeist kaum bemerkbare Wunden. Das Buscheppagift muß also, da die Tiere, wie aus den Fährten hervorging, kaum noch dreißig Schritt gelaufen waren, fast augenblicklich gewirkt haben. Allerdings sind die meisten dieser kleinen Räuber, wie mir mein Begleiter zu sagen wußte und ich später auch selbst gesehen habe, so gierig nach den blutigen Fleischstücken, daß sie trotz der Stacheln häufig weiterfressen und diese entweder wieder ausspeien oder mit hinunterwürgen.

In ähnlicher Weise geht man auch dem sibirischen Fuchs, ja sogar, wenn man Pulver und Blei vermeiden will, dem Bären zu Leibe, nur daß man für diese Raubtiere die Stacheln und die Fleischstücke großer wählt. In einzelnen sibirischen Gouvernements ist diese Fangart neuerdings jedoch verboten und unter Strafe gestellt worden, wahrscheinlich deswegen, weil die Regierung eine zu schnelle Ausrottung des wertvollen Raubwildes durch die professionellen Jäger der Pelzexporthäuser befürchtet, eine Besorgnis, die nicht ganz unberechtigt ist, da nachweislich bei der Fallenjagd nicht halb so viel Beute gemacht wird wie bei dem Giftfang.

Überall gestattet ist aber noch heute die grausame Ausrottungsmethode, wie sie von den Bewohnern Sibiriens gegen die Wölfe, besonders in harten Wintern, angewendet wird. Auch hierbei finden mittelgroße Fleischstücke, wie sie ein Wolf bequem hinunterschlingen kann, Verwendung, in denen man an beiden Enden angespitzte, eng zusammengerollte Fischbeinstäbe verbirgt. In der eisigen Kälte gefrieren die Fleischstücke

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Walther Kabel: Giftjagd (Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Band 5). Union Deutsche Verlagsgesellschaft, Stuttgart, Berlin, Leipzig 1914, Seite 236. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Giftjagd.pdf/4&oldid=- (Version vom 1.8.2018)