Seite:Pahl Ueber die Liebe unter dem Landvolk.pdf/11

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Thüre ihres Hauses. Zwar werden hier häufig Bekanntschaften angezettelt und genährt; aber welchen Schaden sollte dies der Moralität auf eine unmittelbare Weise bringen? – Ich bin es gewiß, daß die gemischten und zahlreichen Klubbs der Städter für Unschuld und Tugend weit gefährlicher sind, als die Rokkenstuben der Landjugend.

Manche Jungen sind so kek, daß sie die Liebe ohne weiters durch - einen nächtlichen Besuch erklären. Sie machen sich bekannt mit der Schlafkammer und mit der innern Beschaffenheit des Hauses, in welchem die Dirne wohnt, und unternehmen dann in der Nacht die kühnsten Wagestükke, um sie zu überraschen. Manchmal widersezzen sich die mächtigsten Schwierigkeiten diesen nächtlichen Besuchen, und dann erlaubt man sich’s wohl seine Pläne einem vertrauten Freunde zu entdekken, der selten Bedenken trägt, zur Ausführung derselben mitzuwirken. Ist dem Mädchen mit der Liebe des Jungens gedient, so wird er, einige sanfte Verweise abgerechnet, mit Gefälligkeit und Zuvorkommen aufgenommen; aber wehe ihm im entgegengesezten Falle, wenn er sich nicht mit dem ersten Worte abweisen läßt, oder seinen Rükzug nicht genugsam gedekt hat. Denn, wenn das Mädchen einen Lärm aufschlägt, und er in die Hände des

Empfohlene Zitierweise:
Johann Gottfried Pahl: Ueber die Liebe unter dem Landvolk. In: Die Einsiedlerin aus den Alpen, 3. Band, 8. Heft, S. 128–153. Orell, Geßner, Füßli & Comp., Zürich 1793, Seite 138. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Pahl_Ueber_die_Liebe_unter_dem_Landvolk.pdf/11&oldid=- (Version vom 1.8.2018)