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Seite:PhiloFugGermanAdler.djvu/034

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andere findet, ohne gesucht zu haben.[1] 121 Diejenigen nun, die sich weder um das Suchen noch um das Finden bemühen, haben ihren Geist durch Versäumnis von Ausbildung und Übung schwer geschädigt und sind, trotz ihrer Fähigkeit, scharf zu sehen, erblindet. Mit Bezug darauf sagt die Schrift, das Weib des Lot habe sich nach hinten umgewandt und sei zur Säule geworden (1 Mos. 19, 26), womit sie nicht eine sagenhafte Begebenheit schildern will, sondern die Eigenheit einer Tatsache verkündet. 122 Denn wer, ohne auf den Lehrer zu achten, aus angeborenem und zugleich gewohnheitsmäßigem Leichtsinn sich abkehrt von dem vor ihm Liegenden – mittels dessen es möglich ist, den Gesichts- und den Gehörsinn sowie die übrigen Sinnesvermögen zur Beurteilung der Dinge in der Natur zu gebrauchen[2] – und sich hoffärtig nach hinten umkehrt, d. h. sich mit den blinden[3] Tatsachen im Leben[4] mehr noch als mit den Teilen des Körpers befaßt, der wird nach Art eines unbeseelten, stummen Steines zur Säule. 123 Denn die Charaktere dieser Art empfingen, wie Moses sagt, nicht „ein Herz, um zu verstehen, Augen, um zu sehen, Ohren, um zu hören“ (5 Mos. 29, 4), sondern schufen sich selbst ein blindes, stummes, ungeistiges, kurz aller Sinne beraubtes, nicht lebenswertes Leben, ohne auch nur auf eines der notwendigen Dinge den Sinn zu richten. [23] 124 Der Anführer dieses Reigens ist der König des körperlichen Landes;[5] denn es heißt: „Pharao kehrte sich um und ging in sein Haus und richtete seinen Geist nicht einmal darauf“


  1. Bousset hat sich durch die pointierte Formulierung des hier gegebenen Dispositionsschemas täuschen lassen, wenn er meint (a. a. O. S. 133), hier stellten im Gegensatz zu der folgenden Ausführung diejenigen, die suchen und finden, den vollkommensten Typ dar, und daraus Folgerungen für die Analyse des Stückes ziehen möchte.
  2. Philo versteht hier unter dem „vor ihm Liegenden“ wie Über die Träume I § 248 die Tugenden, die den Menschen die ethisch indifferenten Sinne richtig gebrauchen lehren.
  3. Sodom wird von Philo als τύφλωσις ἢ στείρωσις gedeutet, Ü. d. Trunk. 222. Μ. A.
  4. Ruhm, Reichtum, Wollust und äußere Schönheit nach Ü. d. Träume a. a. O. Bemerkenswert ist, daß in der Auslegung von 1 Mos. 19, 26, die Quaest. in Gen. IV § 52 gegeben wird, die Sinne und ihre Objekte schlechthin verurteilt werden.
  5. Ägypten ist bei Philo das Symbol des Körpers und seiner Leidenschaften; vgl. Über die Nachkommen Kains § 155 mit Anm.
Empfohlene Zitierweise:
Philon: Über die Flucht und das Finden. H. & M. Marcus, Breslau 1938, Seite 83. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhiloFugGermanAdler.djvu/034&oldid=- (Version vom 21.5.2018)