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Seite:Zeitschrift für deutsche Mythologie und Sittenkunde - Band IV.djvu/216

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ludki der Wenden. im übrigen finden wir in der nördlichen slavisch bevölkerten ebene keine unsrem deutschen zwerge entsprechende mythologische figur, der deutschgemüthliche, neckischzutrauliche, humoristischwehmüthige zwerg verkrüppelt – soweit er männlichen geschlechts ist – zu dem vorherrschend boshaften kobolde, der in die häuser kriecht, oder er wächst hoch auf zu der weiblich schönen, aber unheimlichen und dämonischen gestalt einer am brütenden mittage über die ebene schreitenden unglücksgöttin.


1. DIE QUERXE[1].

Die querxe sind überall in der Oberlausitz, besonders aber in Heinewalde bekannt. es sind ganz kleine männchen, die einst dort in den bergen wohnten und daherum ihr wesen trieben. die eingänge zu ihren wohnungen nennt man querxlöcher und man kann deren noch viele hier und da sehen. in Schlesien ist eins auf dem Prudelberge bei Stonsdorf; in der Oberlausitz findet man eins auf dem Dittersberge bei Schönau auf dem Eigen; desgleichen eins bei dem böhmischen Warnsdorf und am fuße des breiten berges bei Zittau. dort waren sie besonders zu hause und man konnte sie einen nach dem andern zu ihrem querxloche ein- und ausgehen sehen, wenn man sich die mühe nahm sie in ihrem treiben zu belauschen. ihren ursprung verdankten sie dem auf jenem berge noch befindlichen querxborne, einer klaren, frischen quelle, aus der beständig welche hervorquollen. die querxe konnten sich unsichtbar machen, indem jeder eine nebelkappe hatte, die sie gewöhnlich aufsetzten, wenn sie in die umliegenden dörfer gingen, um sich bei den bauern ihre speise heimlich zu holen. sie konnten aber den kümmel nicht leiden. deshalb


  1. Einzelnes über die querxe hat schon Büsching (nachrichten I),[L 1] anderes die oberlausitzische gesellschaft der wissenschaften in ihren zeitschriften fragmentarisch mitgetheilt. die sammlung oberlausitzischer sagen von Gräve[L 2] ist unbrauchbar, gefälscht und verballhornt. trotzdem hat Graeße (sagenschatz des königreichs Sachsen) ihn wörtlich abgedruckt.

verwiesene Literatur (unvollständig)

  1. Johann Gustav Gottlieb Büsching: Die Querxe (Nach Sagen in der Oberlausitz), in: Wöchentliche Nachrichten für Freunde der Geschichte, Kunst und Gelahrtheit des Mittelalters. Erster Band, Wilibald August Holäufer, Breslau 1816, S. 72–76 u. 97–102 Google
  2. Heinrich Gottlob Gräve: Volkssagen und volksthümliche Denkmale der Lausitz. Reichel: Bautzen 1839 Google
Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Mannhardt (Hrsg.): Zeitschrift für deutsche Mythologie und Sittenkunde, Band IV. Dieterische Buchhandlung, Göttingen 1859, Seite 212. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_f%C3%BCr_deutsche_Mythologie_und_Sittenkunde_-_Band_IV.djvu/216&oldid=- (Version vom 18.8.2016)