Statistische Darstellung des Kreises Moers/XV. Verhältniß der arbeitenden Klassen
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Den größten Theil der arbeitenden Klasse unseres Kreises bilden die landwirthschaftlichen Arbeiter und darunter besonders das landwirthschaftliche Gesinde. Im vierten Abschnitte ist die Zahl der Knechte und Jungen auf 2575, und die der Mägde auf 2556 angegeben worden.
Die Dienstlohnsätze betragen | ||
für einen Hofknecht | 50–65 | Thlr. |
für einen gewöhnlichen Knecht | 30–50 | " |
für einen Jungen | 20–30 | " |
für eine Magd | 25–30 | " |
für eine kleine Magd | 18–25 | " |
Diese Sätze, welche in einzelnen Fällen noch erheblich überschritten werden, haben sich in dem letzten Jahrzehnt gesteigert und scheinen in Folge des beständig wachsenden Arbeiterbedürfnisses der benachbarten Industriebezirke noch fortwährend in die Höhe zu gehen. Die Lage des landwirthschaftlichen Gesindes ist daher eine günstige, zumal die Kost reichlich ist und mit Ausnahme zweier Wochentage täglich Fleisch gegeben wird. Die ersten Knechte sind mitunter verheirathet und genießen noch anderweite Vortheile, haben auch zuweilen einen kleinen eigenen Grundbesitz. Die Löhne des ländlichen Gesindes sind auch für das städtische maßgebend.
Neben dem Gesinde ist die Zahl der landwirthschaftlichen Tagelöhner nicht unbedeutend. Nach der wohl zu geringen Angabe der statistischen Tabelle beträgt die Zahl der
männlichen landwirthschaftlichen Tagelöhner 1410 diejenige der weiblichen 613.| Von diesen steht ein großer Theil bei benachbarten Bauern und Gutsbesitzern in fester Arbeit. Männliche Tagelöhner dieser Art erhalten je nach der Jahreszeit täglich 5–6 Sgr. und die Kost, gewöhnlich auch Sonntags das Mittagsessen. Tagelöhnern, welche nicht in fester Arbeit stehen, muß in der Regel ein etwas höherer Lohn gegeben werden. Weiber verdienen 3–5 Sgr. täglich. Der Mähelohn wird, sofern fremde Arbeiter genommen werden müssen, nicht tageweise, sondern mit 20 Sgr. pro Morgen, das Binden der Garben mit 1 Sgr. pro 100 Stück bezahlt. Die angegebenen Durchschnittssätze betragen das Doppelte derjenigen, welche vor etwa 30 Jahren üblich waren, und werden oft noch erheblich überstiegen.Viele Tagelöhner besitzen ein eigenes Haus mit etwas Land, andere wohnen zur Miethe; sie halten in der Regel eine Kuh und machen ein Schwein fett, zum mindesten haben sie eine oder zwei Ziegen. Für diejenigen, welche nicht in der Landwirthschaft beschäftigt werden, findet sich Gelegenheit zum Verdienst bei den vielfachen Rhein-, Deich- und Wegebauten, ferner als Kohlenträger am Rhein oder als Arbeiter in den Kohlenbergwerken und den anderen industriellen Etablissements der rechten Rheinseite. Der Verdienst ist hier ein hoher und kann unter Umständen bis zu 20–25 Sgr. steigen, daher wenn der Fabrikbetrieb florirt, häufig Mangel an ländlichen Arbeitern eintritt. Die Anziehungskraft der rechtsrheinischen Kohlen- und Eisenproduktion ist, wie bereits an einem anderen Orte bemerkt worden, so mächtig, daß nicht nur täglich eine Menge Arbeiter oft stundenweit über den Rhein wandern, sondern daß auch andere, wenn die dringendsten Feldarbeiten gethan sind, mit Zurücklassung ihrer Familie auf kürzere oder längere Zeit dorthin übersiedeln. — Die ärmeren Bewohner der Bönninghard erwerben sich durch Verfertigung von Haidebesen, welche sie auf Schiebkarren bis nach Crefeld und selbst nach Düsseldorf transportiren, einigen Nebenverdienst.
Die Zahl der Fabrikarbeiter ist, wie aus dem zwölften Abschnitt hervorgeht, eine geringe. In der Baumwollenspinnerei zu Moers verdienen bei voller Arbeit jugendliche Arbeiter 3–5 Sgr., erwachsene weibliche 6–8 Sgr., männliche 8–12 Sgr. täglich. In den Cigarrenfabriken zu Orsoy verdienen jugendliche Arbeiter 15–20 Sgr., erwachsene Cigarrenarbeiter 21/2 und wenn sie besonders schnell sind, 3 Thlr. wöchentlich.
Die Lage der Weber ist, so lange die Fabriken gut gehen, eine ziemlich günstige, sie werden pro Stück bezahlt und können, wenn sie vollauf Arbeit haben, 10–15 Sgr., Seidenweber bis zu einem Thlr. und mehr verdienen. Viele betreiben das Weben im Winter als Nebengeschäft, indem sie außerdem kleine Ackerwirthschaften besitzen, und können dann arbeitslose Zeiten leichter überdauern.
Andere kleine Handwerker auf dem Lande haben ein wenn auch weniger Schwankungen ausgesetztes, doch nur mäßiges Verdienst. Die Schneider arbeiten in der Regel in den Häusern ihrer Kunden und erhalten neben freier Kost 5–6 Sgr. täglich. Schuster und Sattler werden weniger allgemein in die Häuser genommen. Viele dieser Handwerker besitzen etwas Land, halten eine Kuh oder eine Ziege, und haben dann ihr genügendes Auskommen. Die Gesellen der Schuster und Schneider erhalten, namentlich auch in den Städten, Stücklohn, von welchem ein Theil für Beköstigung abgezogen wird.
Im Allgemeinen sind demnach die Verhältnisse der arbeitenden Klassen hier nicht ungünstig, und nur wenn Stockungen im Fabrikbetriebe eintreten, wie es gegenwärtig in Folge des Amerikanischen Krieges der Fall ist, macht sich – doch auch nur auf einzelne Theile des Kreises beschränkt – Arbeitslosigkeit mit ihren nachtheiligen Folgen geltend.
Unter den Anstalten, welche zum Schutze gegen die Verarmung errichtet sind, nehmen die Sparkassen die ersten Stelle ein. Es bestehen deren vier im hiesigen Kreise, nämlich zu Moers, Xanten, Capellen und Friemersheim. Sie sind von den gleichnamigen Bürgermeistereien (die erstgenannte von Moers Stadt und Land gemeinsam) gegründet und haben den Zweck, den Bewohnern der Umgegend, insbesondere den Dienstboten, Fabrikarbeitern, Tagelöhnern und Handwerkern Gelegenheit zur sichern Unterbringung ihrer Ersparnisse zu geben und dadurch den Sparsinn zu befördern. Zu Ende des Jahres 1861 betrugen die Einlagen in allen vier Sparkassen zusammen 50469 Thlr. Bestände diese Summe lediglich aus Ersparnissen der eben angeführten Berufsklassen, so würde man zugeben müssen, daß die Sparkassen ihren Zweck bereits in ausgedehntem Maaße erfüllten. Allein dem ist nicht so. Leider wird bei Einreichung der jährlichen Übersichten noch immer nicht eine Classificirung der Einleger nach Berufsklassen verlangt, so daß etwas Genaues in dieser Beziehung nicht angegeben werden kann. Die nachstehend zusammengestellte Classificirung der Quittungsbücher nach der Höhe der Einlagen kann diesen Mangel nicht ersetzen.
|Jahr | Sparkasse zu Moers | Sparkasse zu Xanten | ||||||||||
Zahl der am Schlusse des nebenstehenden Jahres im Umlauf befindlichen Quittungs- bücher |
Davon lauten auf Summen |
Zahl der am Schlusse des nebenstehenden Jahres im Umlauf befindlichen Quittungs- bücher |
Davon lauten auf Summen | |||||||||
bis zu 20 Thlr. |
über 20 bis 50 Thlr. |
über 50 bis 100 Thlr. |
über 100 b. 200 Thlr. |
über 200 Thlr. |
bis zu 20 Thlr. |
über 20 bis 50 Thlr. |
über 50 bis 100 Thlr. |
über 100 b. 200 Thlr. |
über 200 Thlr. | |||
1858 | 416 | 150 | 105 | 70 | 61 | 30 | 68 | 10 | 17 | 19 | 13 | 9 |
1859 | 441 | 196 | 94 | 57 | 70 | 24 | 77 | 11 | 21 | 18 | 13 | 14 |
1860 | 321 | 132 | 73 | 48 | 45 | 23 | 96 | 10 | 25 | 23 | 23 | 15 |
1861 | 325 | 125 | 68 | 60 | 43 | 29 | 115 | 15 | 33 | 28 | 25 | 14 |
Jahr | Sparkasse zu Friemersheim | Sparkasse zu Capellen | ||||||||||
Zahl der am Schlusse des nebenstehenden Jahres im Umlauf befindlichen Quittungs- bücher |
Davon lauten auf Summen |
Zahl der am Schlusse des nebenstehenden Jahres im Umlauf befindlichen Quittungs- bücher |
Davon lauten auf Summen | |||||||||
bis zu 20 Thlr. |
über 20 bis 50 Thlr. |
über 50 bis 100 Thlr. |
über 100 b. 200 Thlr. |
über 200 Thlr. |
bis zu 20 Thlr. |
über 20 bis 50 Thlr. |
über 50 bis 100 Thlr. |
über 100 b. 200 Thlr. |
über 200 Thlr. | |||
1858 | 107 | 17 | 23 | 21 | 26 | 20 | 9 | 1 | 3 | 3 | 1 | 1 |
1859 | 99 | 16 | 18 | 23 | 25 | 17 | 10 | 1 | 5 | 2 | 2 | — |
1860 | 88 | 11 | 18 | 23 | 19 | 17 | 8 | 1 | 3 | 3 | 1 | — |
1861 | 106 | 15 | 24 | 29 | 17 | 21 | 10 | 2 | 5 | 1 | 1 | 1 |
Man ersieht hieraus zwar, daß die Zahl der Einlagen über 50 Thlr. verhältnißmäßig sehr bedeutend ist, und kann allenfalls schließen, daß diese Einlagen weniger eigentlichen Sparern als andern, denen es nur um eine zeitweilige sichere und zinstragende Unterbringung verfügbarer Gelder zu thun ist, angehören. Wäre nämlich das Gegentheil der Fall, so müßte die Zahl der Einlagen bis zu 50 Thlr. weit höher sein: denn Sparer aus der arbeitenden Klasse fangen mit kleinen Beträgen an und gelangen erst sehr allmählig zu höheren Guthaben. Immerhin wäre es aber interessant, hierüber etwas Genaueres zu wissen. Nach den Mittheilungen des Rendanten der hiesigen Sparkasse befinden sich unter den Einlegern fast gar keine Fabrikarbeiter und Tagelöhner, und nur wenige Handwerker, dagegen ziemlich viele namentlich weibliche Dienstboten, mit höheren Summen aber vorzugsweise Bauern und öffentl. Corporationen. Erblickt man demnach den Zweck der Sparkassen darin, Individuen der arbeitenden Klasse dadurch, daß man einen Theil ihres Einkommens gleichsam vor ihnen selbst in Sicherheit bringt, allmählig zu einem kleinen Kapital zu verhelfen, um sie bei Krankheiten oder im Alter vor Noth zu schützen, so wird dieser Zweck nur unvollkommen erreicht. Dagegen befriedigen die Sparkassen, wenn auch nur theilweise, ein anderes Bedürfniß. Unter einer großen Ackerbau treibenden Bevölkerung gibt es jederzeit viele, welche, sei es zur Abtragung von Schulden, Abfindungen oder Zinsen, sei es zu Bauten, Beschaffung von Inventarienstücken u. dergleichen, kleiner Kapitalien bedürfen, welche sie aus ihren laufenden Einnahmen nicht sofort entnehmen können. Sie sind demnach genöthigt, solche anzuleihen, wobei sie dann eine hypothekarische Verstrickung ihres Grundbesitzes theils wegen der damit verbundenen Kosten und Unannehmlichkeiten, theils deßhalb möglichst zu vermeiden suchen, weil sie vielleicht hoffen dürfen, bei guter Erndte und guten Preisen ihre Schuld in kurzer Zeit wieder abtragen zu können. Wo nun keine öffentlichen Darlehnskassen bestehen, ist das Darlehnsgeschäft ein Gegenstand der Privatindustrie und wird gar zu leicht wucherisch ausgebeutet. Man muß es daher als einen großen Segen betrachten wenn jenes Geschäft durch offentliche Kassen mehr und mehr der Privatindustrie entwunden wird. Dies geschieht in freilich noch ungenügendem Maaße durch die Sparkassen. Die eigentlichen Lohnersparnisse der arbeitenden Klassen würden aber hierzu nicht ausreichen. Die Fonds der Sparkassen werden indeß dadurch verstärkt, daß kleinere bei Erbauseinandersetzungen flüssig werdende Summen in dieselben niedergelegt zu werden pflegen, bis sich eine geeignete Verwendung für sie findet, ferner vorzugsweise auch durch Depositen von Bauern, welche größere Einnahmen vorläufig sicher und zinstragend unterbringen wollen. Da es unter einer wohlhabenden Ackerbau treibenden Bevölkerung neben vielen Geldsuchenden auch viele gibt, welche Geld disponibel haben, so könnte dem Bedürfnisse jener völlig genügt werden, wenn diese von der Gelegenheit, ihre Überschüsse bei den Sparkassen unterzubringen, mehr Gebrauch machen wollten. Da letzteres aber noch immer nur in beschränktem Maaße geschieht, so müssen, inbesondere bei der Sparkasse in Moers, viele Geldsuchende abgewiesen werden.
Die folgende Tabelle gibt über einzelne statutarische Bestimmungen, über die Höhe der Reservefonds und die Art der Unterbringung der Einlagen nähere Auskunft.
|Sitz der Sparkasse | Diese besteht seit d. Jahre |
Der Einlagen | Zinsen welche die Anstalt gewährt % |
Zinsen welche sie durchsch. für ausgelieh. Kap. erhielt % |
Bestand d. Reserve- fonds Thlr. |
Betrag der Einlagen Ende 1861 Thlr. |
Von den Einlagen und den Reserve- fonds sind zinsbar angelegt | |||||||
Mini- mum Thlr. |
Maxi- mum Thlr. |
Hypoth. auf | in auf d. Inhaber lautend. Papier. Thlr. |
auf Schuld- schein geg. Bürgschaft Thlr. |
geg. Faust- pfand Thlr. |
bei öffentlichen Instituten u. Corporat. Thlr. |
überhaupt Thlr. | |||||||
städtische Grund- stücke Thlr. |
ländliche Grund- stücke Thlr. | |||||||||||||
Moers |
1845 | 10 | 200 | 3 resp. 31/3 | 5 | 1695 | 24520 | 3091 | 7729 | 300 | 14513 | — | — | 25633 |
Xanten |
1855 | 30 | 200 | 31/3 | 5 | 388 | 11726 | — | 6531 | — | 3036 | — | — | 9567 |
Capellen |
1845 | 5 | 200 | 3 resp. 31/3 | 41/2 | — | 13362 | — | 1310 | 3687 | 8834 | — | — | 13831 |
Friemersheim |
1856 | 5 | 100 | 31/3 | 31/2 | 10 | 861 | — | — | — | 260 | — | 595 | 855 |
Man ersieht hieraus, daß der größere Theil der Einlagen auf Schuldscheine gegen Bürgschaft ausgeliehen ist.
Die folgende Tabelle zeigt das Verhalten des Sparkassenverkehrs in den einzelnen Jahren 1858–62.
Jahr | Sparkasse zu Moers | Sparkasse zu Xanten | ||||||
Einlagen am Schlusse des vorher- gehenden Jahres Thlr. |
Zugang während des in Col. 1 bez. Jahres |
In dem nebenge- nannten Jahre zurückge- nommene Einlagen Thlr. |
Einlagen am Schlusse des vorher- gehenden Jahres Thlr. |
Zugang während des in Col. 1 bez. Jahres |
In dem nebenge- nannten Jahre zurückge- nommene Einlagen Thlr. | |||
durch neue Einlagen Thlr. |
durch Zu- schreibung von Zinsen Thlr. |
durch neue Einlagen Thlr. |
durch Zu- schreibung von Zinsen Thlr. | |||||
1858 | 26551 | 10324 | 715 | 10752 | 6120 | 4230 | 186 | 4144 |
1859 | 26839 | 8988 | 676 | 9855 | 6364 | 3832 | 224 | 2294 |
1860 | 26648 | 8320 | 749 | 15548 | 8127 | 5632 | 285 | 3706 |
1861 | 20170 | 19026 | 435 | 15112 | 10337 | 6005 | 374 | 4993 |
1862 | 24520 | — | — | — | 11726 | — | — | — |
Jahr | Sparkasse zu Capellen | Sparkasse zu Friemersheim | ||||||
Einlagen am Schlusse des vorher- gehenden Jahres Thlr. |
Zugang während des in Col. 1 bez. Jahres |
In dem nebenge- nannten Jahre zurückge- nommene Einlagen Thlr. |
Einlagen am Schlusse des vorher- gehenden Jahres Thlr. |
Zugang während des in Col. 1 bez. Jahres |
In dem nebenge- nannten Jahre zurückge- nommene Einlagen Thlr. | |||
durch neue Einlagen Thlr. |
durch Zu- schreibung von Zinsen Thlr. |
durch neue Einlagen Thlr. |
durch Zu- schreibung von Zinsen Thlr. | |||||
1858 | 11630 | 3650 | 361 | 2134 | 530 | 323 | 19 | 222 |
1859 | 13509 | 2396 | 362 | 3240 | 636 | 133 | 19 | 84 |
1860 | 13027 | 2633 | 324 | 3825 | 705 | 124 | 22 | 370 |
1861 | 12156 | 3553 | 351 | 2701 | 481 | 450 | 16 | 86 |
1862 | 13362 | — | — | — | 861 | — | — | — |
1. aus dem Vermögen des damaligen Rendanten |
5074 | Thlr. | 10 | Sgr. | 6 | Pf. |
2. Beiträge der Mitglieder der früheren Verwaltung |
2701 | " | 20 | " | — | " |
3. Zuschuß der Stadtbürgermeisterei |
1193 | " | 5 | " | 5 | " |
4. der Landbürgermeisterei |
1074 | " | 24 | " | 7 | " |
Summa |
10044 | " | — | " | 6 | " |
---|---|---|---|---|---|---|
Es blieben demnach zu decken |
2508 | " | 19 | " | 8 | " |
Hiervon wurden |
1194 | " | 27 | " | 11 | " |
dadurch gedeckt, daß die Schuldner der Sparkasse, welche über die Rückzahlung der aus letzterer entnommenen Darlehen zwar Quittungen des Rendanten, aber ungültige besaßen, 20% ihrer Schulden einzuzahlen, diejenigen Einleger aber, deren Quittungsbücher entweder nur von dem Rendanten, oder nur von diesem und weniger als drei Mitgliedern der Verwaltung unterschrieben waren, 5–20% ihres Guthabens nachzulassen sich bereit erklärten. Der Rest konnte ungedeckt bleiben. Wie die obenstehende Übersicht darthut, ist das Vertrauen zu der Sparkasse, nachdem die Abwickelung der Defektangelegenheit in so befriedigender Weise stattgefunden hatte, in vollem Maaße wiedergekehrt.
In mehreren Orten des Kreises, namentlich in den Städten, bestehen Krankenladen, Sterbeladen, oder auch Kranken- und Sterbeladen, welche, meist schon vor längeren Jahren gegründet, den Zweck haben, bei Todes und Krankheitsfällen ihren Mitgliedern bestimmte Unterstützungen zu gewähren. Die Wirksamkeit dieser in der folgenden Tabelle (Seite 106) zusammengestellten Vereine ist eine sehr wohlthätige[WS 1] und ihre Verwaltung eine so geordnete, daß sie bereits sämmtlich ein mehr oder weniger beträchtliches Vermögen angesammelt haben. Nur der dritte der in der Übersicht aufgeführten Vereine steht nicht lediglich auf eigenen Füßen, indem er Ehrenmitglieder enthält, welche zwar Beiträge zahlen, aber keine Unterstützung erhalten. Außerdem gibt es noch in Xanten einen ähnlichen Verein, die St. Victors Bruderschaft, welche beim Todesfalle eines Mitgliedes 4 Thlr. Sarggelder bezahlt, aber, da sie vorzugsweise gesellige und religiöse Zwecke verfolgt, in der Tabelle nicht mitaufgeführt worden ist.|Der Kasse | Zeit der Errichtung |
Zahl der Mitglieder |
Höhe der Beiträge |
Höhe und Art der Unterstützungen |
Vermögen Ende 1861 Thlr. |
Einnahme im Jahre 1861 |
Ausgabe im Jahre 1861 | |||
Sitz | Bezeichnung | an Zinsen und Pächten Thlr. |
an Beiträgen etc. Thlr. |
an Unter- stützungen Thlr. |
an Verwal- tungskosten etc. Thlr. | |||||
1. Moers |
erste Sterbelade | 1834 genehmigt 1835 |
417 darunter 36 Wittwen |
2 Sgr. monatlich, für Wittwen 1 Sgr. | Beim Tode eines Mitgliedes, welches mindestens 1 Jahr und 6 Wochen seine Beiträge entrichtet hat, werden 20 Thlr., ist es eine Wittwe, 15 Thlr. gezahlt. |
2639 | 104 | 492 | 335 | 47 |
2. " |
zweite Sterbelade | 1804 genehmigt 1849 |
616 darunter 105 Wittwen |
2 Sgr. monatlich, für Wittwen 1 Sgr. | Beim Tode eines Mitgliedes, welches wenigstens 1 Jahr lang beigetragen hat, werden 16, 20, 25 Thlr. gezahlt, je nachdem es weniger als 10, weniger als 25, oder über 25 Jahre Mitglied war. |
4102 | 164 | 503 | 526 | 48 |
3. Orsoy |
Krankenlade | 1827 genehmigt 1844 |
35 wirkliche und 36 Ehrenmitglied. |
21/3 Sgr. monatlich; Eintrittsgeld und Einschreibegebühr 8 Sgr. | In Kranheitsfällen wöchentlich 23 Sgr., nach einem halben Jahre nur 111/2, nach einem Jahre nur 5 Sgr. |
153 | 6 | 60 | 85 | 3 |
4. " |
Sterbelade | 1807 genehmigt 1844 |
313 darunter 56 Wittwen |
11/2 Sgr. monatlich, die Wittwen nur die Hälfte. Eintrittsgeld und Einschreibegebühr 122/3 Sg.; | Im Sterbefalle werden 20 Thlr. gezahlt. |
1262 ferner 2 Häuser und 2 Gärten |
86 | 178 | 100 | 45 |
5. Rheinberg |
Kr. u. St. f. Leute aller St. |
1833 | 185 | 11/2 Sgr. alle 14 Tage, ~1 Thlr. Eintrittsgeld | In Krankheitsfällen wöchentlich 20 Sgr., in Sterbefällen 10 Thlr. |
532 | 26 | 225 | 288 | 22 |
6. " |
Kran.- u. Stbl. für Handwerker |
1841 | 114 | 1 Thlr. jährlich; kein Eintrittsgeld | In Krankheitsfällen wöchentlich 20 Sgr., in Sterbefällen 12 Thlr. |
878 | 32 | 115 | 132 | 20 |
7. Baerl |
Sterbelade | 1837 | 237 | 1 Sgr. monatlich; 3 Sg. Eintrittsgeld | Beim Sterbefall werden 15 Thlr. gezahlt. |
194 | 9 | 76 | 60 | 10 |
8. Büderich |
Kranken- und Sterbelade |
1. Juni 1861 |
52 | 3 Sgr. monatlich; und bei jedem Sterbefalle 21/2 Sgr.; Eintrittsgeld 25 Sgr. bis 2 Thlr. | In Krankheitsfällen wöchentlich 1 Thlr. 10 Sgr. und beim Sterbefall eines Mitgliedes 10 Thlr., der Ehefrau eines Mitgl. 5 Thlr. |
50 | — | — | — | 8 |
9. Hohenbudberg |
Christlicher Begräbnißverein |
1833 | 200 | 11/2 Sgr. monatlich; 5 Sgr. Eintrittsgeld | Beim Sterbefall werden 20 Thlr. gezahlt. |
200 | 8 | 113 | 60 | 6 |
10. Homberg |
Sterbelade | 1818 genehmigt 1844 |
142 | 20 Sgr. jährlich, für Wittwen 10 Sgr., 201/6 Sgr. Eintrittsgeld | Beim Tode eines Mitgliedes, welches noch nicht 10 Jahre Mitglied gewesen ist, werden 15 Thlr., ist es aber 10 Jahre Mitglied 20 Thlr., beim Tode einer Wittwe 15 Thlr. gezahlt. |
983 | 32 | 96 | 180 | 10 |
11. " |
Kranken- und Sterbelade |
1847 | 215 | 3 Sgr. monatlich für Jungesellen, 4 Sgr. für verheirathete; 8 Sgr. Eintrittsgeld | In Krankheitsfällen wöchentl. 1 Thlr., beim Sterbefall eines Mitgliedes 20 Thlr., der Frau eines Mitgliedes 10 Thlr. |
1750 | 73 | 351 | 238 Krankeng. 150 Sterbegel. |
5 |
12. Neukirchen |
Begräbnißlade | 1809 genehmigt 1837 |
200 | 1 Sgr. monatlich; 53/4 Sgr. Einschreibegebühr | Beim Tode eines Mitgliedes in den ersten 10 Jahren der Mitgliedschaft 15 Thlr. später 20 Thlr. |
1930 | 76 | 84 | 180 | 13 |
13. " |
Todtensärgelade | genehmigt 1837 |
48 Hausbesitzer |
Einkaufsgeld 3 Thlr. 2 Sgr. und Einschreibegebühr 11 Sgr. 6 Pf. Erben von Mitgliedern zahlen nur die letztere. | Für jede Leiche in der Familie wird ein Sarg geliefert. |
2 Morgen Gärten |
17 | 7 | 40 Darunter 26 Thlr. für einen Baum |
4 |
Der Kasse | Dieselbe besteht seit |
Zahl der Mitglieder |
Betrag | Betrag des | |||||
Sitz | Bezeichnung | des Eintritts- geldes |
der Ein- schrei- begebühr |
des Wochen- beitrages |
der Zuschüsse der Arbeitgeber |
wöchentlichen Krankengeldes Thlr. |
Sterbegeldes Thlr. | ||
Moers | Arbeiterkrankenkasse für Fabrik und andre Arbeiter | 1849 | 54 außerdem 5 Arbeitgeber und 26 Ehrenmitglieder |
5 Sgr. | — | 8 Pfg. | 4 Pf. wöchentlich für jeden Arbeiter. Außerdem zahlt jedes Ehrenmitglied wöchentlich 6 Pf. | 1 außerdem freier Arzt |
5 |
Orsoy | Krankenlade in der Cigarrenfabrik von Luhn et Comp. | 1860 | 21 Erwachsene, 30 unter 16 Jahren | 10 Sgr. nur für Erwachsene |
— | 11/2 Sgr. für Erwachsene, 3 Pf. für jugendliche | — | 21/2 für wirkliche Cigarrenarbeiter; 11/4 für andre erwachsene Arbeiter; 1/2 für jugendliche | 2, 4 und 8 |
Orsoy | Krankenlade in der Cigarren- und Tabakfabrik von Falk et Comp. | 1852 genehmigt 1853 |
40 | 10 Sgr. für Erwachsene, 5 Sgr. f. jugendliche | — | 2 Sgr. für gelernte Cigarrenarbeiter, 1 Sgr. für sonstige Arbeiter, 1/2 Sgr. für jugendliche | — | 2 für gelernte, 1 für andre Erwachsene, 15 Sgr. für jugendliche | — |
Orsoy | Sammtweberkasse | 1854 genehmigt 1860 |
6 | 15 Sgr. | 11/2 Sgr. | 21/2 Sgr. monatlich | — | 1 | — |
Der Kasse | Einnahmen im Jahre 1861 |
Ausgaben im Jahre 1861 |
Zahl der im Jahre 1861 unter- stützten Per- sonen Thlr. |
die Einnahme |
Ver- mögen der Kassen Ende 1861 th. | |||||||
Sitz | Bezeichnung | Eintritts- gelder Thlr. |
Wochen- beiträge und Strafgelder Thlr. |
Zuschüsse der Arbeitgeber Thlr. |
Zinsen th. |
Kran- kengelder th. |
für Arzt und Apotheke Thlr. |
Verwal- tungskosten th. |
übersteigt die Ausgabe um Thlr. |
bleibt hinter der Ausgabe zurück um Thlr. | ||
Moers | Arbeiterkrankenkasse für Fabrik und andere Arbeiter | 1/3 | 62 | 21 außerdem 22 von den Ehrenmitgliedern |
37 | 54 | 15 | 9 | 19 | 64 | — | 883 |
Orsoy | Krankenlade in der Cigarrenfabrik von Luhn et Comp. | 21/3 | 63 | — | — | 31 | werden aus den Krankengeldern bezahlt | — | 17 | 34 | — | 46 |
Orsoy | Krankenlade in der Cigarren- und Tabakfabrik von Falk et Comp. | — | wegen ausreichenden Bestandes wurden keine Beiträge erhoben | — | — | 7 | wie oben | — | 5 | — | 7 | 181 |
Orsoy | Sammtweberkasse | — | 6 | — | — | 3 | wie oben | — | 1 | 3 | — | 21 |
Von der Gemeinde Capellen ist mit Genehmigung des Königlichen Oberpräsidiums ein Hülfs- und Unterstützungs-Verein für Dienstboten, Handwerker und Tagelöhner gegründet worden, welcher am 1. Juli 1862 in Wirksamkeit getreten ist. Der Jahresbeitrag soll einen Thaler betragen, und bezweckt das Statut die Unterstützung und freie ärztliche Behandlung der Mitglieder in Krankheitsfällen, sowie die Zahlung eines Beitrags zu den Beerdigungskosten.
Andere hierher gehörige Vereine und Kassen z. B. zur Beschaffung von Rohstoffen, Werkzeugen und wohlfeilen Lebensmitteln, zur Erleichterung des Absatzes etc. gibt es im hiesigen Kreise nicht. – Über den jedenfalls nicht bedeutenden Umfang der Wirksamkeit von Lebens-Versicherungsanstalten (vorzugsweise ist hier die Gesellschaft Concordia thätig) fehlt es an genügenden Nachrichten.
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Vorlage: wohthätige
« XIV. Land- und Wasserstraßen | Statistische Darstellung des Kreises Moers | XVI. Wohlthätigkeit und Armenpflege » | |||
Für eine seitenweise Ansicht und den Vergleich mit den zugrundegelegten Scans, klicke bitte auf die entsprechende Seitenzahl (in eckigen Klammern).
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