Thüringer Sagenbuch. Erster Band/Mönch und Nonne

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Die verfluchte Jungfer Thüringer Sagenbuch. Erster Band
von Ludwig Bechstein
Hilten, der Mönch
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[209]
110.
Mönch und Nonne.

Am südwestlichen Abhange des alten Burgberges Metilstein, der heutezutage Mädelstein genannt wird, ragen zwei nahe beisammenstehende Felsen hoch und vereinzelt empor, diese heißen Mönch und Nonne. In einem Kloster zu Eisenach lebte ein junger Mönch, und in einem andern [210] eine Nonne, mögen etwa der Mönch ein Karthäuser, und das Nönnlein in St. Katharina gewesen sein, die liebten einander, obschon niemand zu sagen weiß, wo sie einander zuerst gesehen, und wie sich ein Einverständniß zwischen ihnen entsponnen. An einem Abende aber entwichen laut Verabredung beide heimlich aus ihren Klöstern, ob nur auf ein kurzes Stelldichein oder ob für immer, das meldet wiederum die Sage nicht. Vielleicht hatten sie nicht den Willen, wieder in die Klöster zurückzukehren, und haben dieß auch nicht gethan, vielmehr fanden sie sich an einer einsamen Stelle hinter dem Metilstein und standen da gar lange beisammen auf einer Stelle und küsseten einander, und stehen noch immer daselbst, denn sie wurden in hohe Steinfelsen verwandelt, die von weitem gesehen, immer noch zwei riesigen Menschengestalten ähneln, welche sich gegen einander zum Kusse neigen.