Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band/Frau Perchten-Pflug

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Gottesdienst in der wüsten Kirche Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band
von Ludwig Bechstein
Der Spinnerinnen Trug
{{{ANMERKUNG}}}
  Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
[160]
294.
Frau Perchthen-Pflug.

Ein Wagnermeister aus Colba ging von Oppurg (zwischen Pößneck und Neustadt), wo er gearbeitet hatte, am Dreikönigsabend nach Hause. Da stieß er auf ein Ackerfeld neben der Orla, darauf standen viele Heimchen um einen zerbrochenen Pflug, und Frau Perchtha, ihre Königin, stand auch dabei und rief den Wagner an: „Hast Du Dein Beil, so bessere mir den Pflug aus!“ Der Wagner that’s und nun gebot ihm Frau Perchtha, die Spähne aufzulesen und als Lohn mitzunehmen. – Hab’s gern ohne Lohn gethan, und hab’ der Spähne daheim genug! sprach der Mann und schritt von dannen. Ein Spahn aber war ihm in den Schuh gefallen, drückte ihn unterwegs tüchtig, und als er daheim den Schuh auszog, klingelte ein blankes Goldstück am Boden. Der Wagner erzählte, was ihm begegnet, den Seinen, und der Geselle [161] horchte hoch auf, gedachte auch ohne sonderliche Mühe Gold zu gewinnen, und nebenbei klüger zu sein, wie der Meister. Schrieb sich also den Tag hinters Ohr, und da Perchthennacht übers Jahr wiederkam, machte er sich heimlich nach jenem Acker auf. Und zu seiner Freude sah er bald einen Zug daher kommen, Frau Perchtha war’s mit ihrem Volke, und ihrem ganz goldenen Pfluge. – „Was suchest Du hier zu dieser Stunde? Was trittst Du mir in den Weg?“ fragte streng die Königin des Zwergenvolkes, und der Gesell erwiederte stammelnd: Ich wollte Euern Pflug ausbessern, und mir zum Lohne nichts als ein Paar Späne, die etwa abfallen, würden, ausbitten. – „Ist nicht von Nöthen, eigennütziger Knecht, habe mein Beil selbst zur Hand, und damit geb’ ich Dir den Lohn!“ Schwang das Beil zum Hieb und traf den Gesellen in die Schulter, daß er lange genug brauchte, ehe die Wunde heilte, und mußte zeitlebens schief und mit krummem Halse gehen.

Aehnliche Sagen gehen auch bei Caulsdorf, wo an einer Bachstelle, welche „Wasser über den Weg“ heißt, Perchtha mit ihrem Gefolge erschien, dann bei dem einsamen Saalhause, so wie auf dem Sandberge bei Pößneck und dem Jagdhause Reichenbach. Bei Fischersdorf, ohnweit Saalfeld, ist ein Fels, der Gleitsch geheißen, dort fuhr Perchtha mit einem Wagen, dessen Axe zerbrach; ein begegnender Landmann half, indem er eine Nothaxe zimmerte, und sein Lohn war auch ein in seinen Schuh gefallener Spahn, der sich daheim in ein Goldstück verwandelte.