Weihnachts-Büchertisch

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Titel: Weihnachts-Büchertisch
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aus: Die Gartenlaube, Heft 26, S. 835–836
Herausgeber: Adolf Kröner
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Erscheinungsdatum: 1892
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
Alle Jahre wieder (Rubrik)
Vom Weihnachtsbüchertisch
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Weihnachts-Büchertisch.

Gute Bücher sind wie gute Freunde – niemals sind sie willkommener als in der Muße stiller Festzeiten und langer Winterabende.

Kein Wunder, daß gerade Weihnachten ein Fest der Bücher geworden ist, für die Kleinen wie für die Großen. In erster Linie aber für unsere Kleinen! Nicht nur daß sie das tiefste Interesse, die unbefangenste Lust für ihre Bücherschätze mitbringen – es ist auch bei Schriftstellern und Verlegern das gleiche Bestreben vorhanden, vor allem der Jugend das Mannigfaltigste und das Beste zu bieten. So stellt denn auch der „Weihnachtsbüchertisch“ der „Gartenlaube“ billig in die erste Reihe die

Schriften für die Jugend.

Für die Jüngsten bringen die „Thiere aus Haus und Hof“ (Stuttgart, Effenberger) eine reiche und, was ebenfalls von Werth ist, „unzerreißbare“ Anschauungswelt, ebenso das „Leinwandbilderbuch“ „Aus der Thierwelt“ (Eßlingen, J. F. Schreiber). Der Verlag von Gustav Weise in Stuttgart bietet in der „Kleinen Feuerwehr“ von A. Baisch und F. Flinzer, in den eigenartig illustrierten Heften „Hinter dem Gitter des Thiergartens“ und „Einen Tag vor Weihnachten“ Anregendes in Wort und Bild. – „Aus Hänschens Jugendzeit“ nennt sich ein Buch, zu dem Fritz Reiß die Zeichnungen und W. Herbert die Verse geliefert hat; namentlich hübsch gelungen sind die Illustrationen. L. Meggendorfer wird mit seinen „Lustigen Zieh- und Drehbildern“ manchem unserer Kleinen ein herzliches Lachen abgewinnen; erschienen sind sie, ebenso wie „Hänschens Jugendzeit“, bei Schreiber in Eßlingen.

Ein etwas höheres Alter setzen die Bücher des Ströferschen Kunstverlags in München voraus: „Frohe kleine Gäste“, „Was braven Kindern gefällt“, „Großmütterlein“, „Was der Kuckuck ruft“, „Guck! Guck!“, „Feiertagsgeschichten“ und „In Pelz und Flaum, Prachtgestalten aus dem Thierreiche“. Hier ist durchweg ein hübscher Text durch Bilder illustriert, die mit wirklichem Geschmack ausgewählt und mit allen Hilfsmitteln namentlich auch der Farbentechnik wiedergegeben sind. Ebenbürtig schließen sich diesen Erscheinungen an das von Cornelie Lechler herausgegebene „Kunterbunt“, „Wilh. Heys fünfzig Fabeln“ und „Ludwig Bechsteins Märchenbuch für Kinder“ (Stuttgart, Effenberger). – „Der Mütter Schatzkästlein“ (Berlin, Alexander Duncker) giebt eine reiche Auswahl von Liedern und Sprüchen zum Auswendiglernen für die Kinder.

Was die „Universalbibliothek für die Jugend“ seit Jahren an gesunder geistiger Kost den Heranwachsenden bietet, ist in weite Kreise gedrungen. Heuer liegen sieben neue Bändchen in dem bekannten rothen Gewande vor. O. M. Seidel schließt seine Sammlung deutscher Reime, von der die beiden ersten Theile voriges Jahr an dieser Stelle besprochen wurden, mit dem Büchlein: „Buntes aus dem Leben. Der Verkehr des Kindes mit der Welt“; Dr. Werner Werther giebt „Parabeln von Krummacher und Herder“ sowie O. Glaubrechts Erzählung „Das Heidehaus“ in Bearbeitungen für die Jugend; Dr. K. Burmann schildert unter dem Titel „Deutsches Götterbuch“ die altdeutsche Götterwelt; ferner sind hier neu herausgegeben „Robert Reinicks Märchen“, „Am Lagerfeuer“ von Kapitän Mayne Reid und „Antinahuel“ von Gustave Aimard, zwei Erzählungen, deren Abenteuer auf amerikanischem Boden spielen. – Eine ähnliche Sammlung von Unterhaltungsschriften, nur mit begrenzterem Stoffgebiet, hat der Verlag von Carl Flemming in Glogau mit seinen „Vaterländischen Jugendschriften“ ins Leben gerufen. Wir heben daraus hervor: „Franz von Sickingen“ von Ludwig Ziemssen, „Barbarossa“, „Seydlitz“ und „Leuthen“ von Franz Kühn, „Albrecht Dürer“ von H. Berger, „Das Türkenmal“ von Ferdinand Sonnenburg und „Der neue Prophet“ von Ernst Kornrumpf.

Ein Unternehmen, das die eingehendste Beachtung der Eltern und Lehrer verdient, ist „Gustav Weises Naturgeschichte in Bildern“. Schon früher ist davon „Das Thierreich“ mit 250 Abbildungen erschienen, jetzt hat sich daran „Das Pflanzen- und Mineralreich“ mit 270 Illustrationen angereiht. Der Anschauungsunterricht findet hier Vorlagen von überraschender Treue und Mannigfaltigkeit.

Für die reifere Jugend liegen die neuesten Jahrgänge von Spemanns illustrierten Zeitungen für Knaben und Mädchen, „Der gute Kamerad“ und „Das Kränzchen“, je in einem stattlichen Bande vor. – Von Werken patriotischen Inhalts sind zu nennen „Jederzeit kampfbereit!“, ein mit vielen Abbildungen und Schlachtenplänen ausgestattetes Buch (Leipzig, Hirt und Sohn), in dem Oskar Höcker und Arnold Ludwig unter Mitwirkung militärischer Fachmänner „Geschichtliche und militärische Bilder von der Entwicklung der deutschen Wehrkraft“ in anschaulichster und belehrendster Weise entwerfen; weiter „1870 und 1871, zwei Jahre deutschen Heldenthums“, von Gustav Höcker (Glogau, Flemming). Die Phantasie besonders der Knaben liebt es, mit allen möglichen Helden, wießen, braunen und schwarzen, sich in die verwegensten Abenteuer zu stürzen, deren Schauplatz bald das Meer mit seinen Wundern und Gefahren, bald die Indianergebiete Nordamerikas, bald Afrikas heiße Steppen sind. Unter den Schriften, welche derartige Stoffkreise für die Jugend behandeln, zeichnen sich durch spannenden Inhalt und gediegene Ausstattung vor allem aus Armands „Amerikanische Jagd- und Reiseabenteuer“ und “Der blau-rothe Methusalem“ von Carl May (Stuttgart, Union). Eine afrikanische Kolonialgeschichte, die schon die neuesten Forschungsergebnisse für die sachkundige Darstellung verwerthet, erzählt C. Falkenhorst unter dem Titel „Am Viktoria-Njansa“ (Leipzig, Brockhaus); Friedrich J. Pajeken bietet zwei neue Schilderungen aus dem Westen Nordamerikas, „Ein Held der Grenze“ (Leipzig, Hirt) und „Jim, der Trapper“ (Stuttgart, Effenberger); E. von Wasmer läßt in dem Buche „Ueber den Sternen“ afrikanisches Sklavenleben den Mittelpunkt bilden, J. H. O. Kern giebt „ernste und heitere Geschichten aus dem Leben deutscher Seeleute“ unter der Ueberschrift „Unter schwarz–weiß–rother Flagge“ (Glogan, Flemming). „Die Kinder- und Hausmärchen“ der Brüder Grimm haben in der „Großen Ausgabe“ (Berlin, Hertz) die 25. Auflage erlebt, hoffentlich noch lange nicht die letzte!

Junge Mädchen werden angenehm davon überrascht sein, daß bei G. Weise in Stuttgart aus dem Nachlasse von Emmy v. Rhoden, der Verfasserin des „Trotzkopf“, jetzt „Trotzkopfs Brautzeit“ herausgegeben worden ist. Das Buch weist dieselben Vorzüge auf wie das frühere, das so rasch beliebt geworden ist. – Clementine Helm zeigt in dem Bändchen „Friedas Mädchenjahre“ (Stuttgart, Krabbe), daß sie eine gemüthvolle Erzählerin ist, die auch geschichtliche Stoffe gewandt zu behandeln weiß. – Wie alljährlich so hat sich auch heuer pünktlich Ottilie Wildermuths „Jugendgarten“ eingestellt (Stuttgart, Union), auf den schon in Nr. 47 ausführlicher hingewiesen worden ist; ferner die Gaben für die weibliche Jugend, die unter Thekla von Gumperts Leitung bei Flemming in Glogau erscheinen. Es liegen vor der 37. Band von „Herzblättchens Zeitvertreib“, der 38. Band des „Töchteralbums“, der 13. und 14. Band des „Bücherschatzes für Deutschlands Töchter“. – Endlich ist in der gleichen vornehmen Ausstattung und mit einem Inhalt von ähnlichem litterarischen Werth wie der erste Jahrgang – unter anderen haben Ernst Eckstein, Martin Greif, Julius Sturm Beiträge geliefert – der zweite Band von „Maienzeit, Album für die Mädchenwelt“, herausgekommen (Stuttgart, Union).

Romane. 0 Novellen. 0 Gedichte.

Es ist für die „Gartenlaube“ eine ehrenvolle Pflicht, an der Spitze dieser Rubrik zunächst einiger Werke zu gedenken, welche in der „Gartenlaube“ zuerst das Licht der Oeffentlichkeit erblickt haben und nunmehr in Buchform sich der deutschen Lesewelt vorstellen. Es sind dies die „Truggeister“ von Anton v. Perfall, „Ein Götzenbild“ von Marie Bernhard und „Der Klosterjäger“ von Ludwig Ganghofer (die beiden ersteren bei Ernst Keils Nachfolger, das letztere bei Bonz in Stuttgart erschienen). Wir sind überzeugt, daß diese Erzählungen bei unsern Lesern noch in guter Erinnerung stehen und in ihrem veränderten Gewande noch manchen neuen Freund zu den alten sich gewinnen werden. Ganz besonders aber werden die beiden illustrierten Ausgaben der Werke von E. Marlitt und W. Heimburg auch heuer wieder vielen eine Freude machen. Die „Gesammelten Romane und Novellen“ von E. Marlitt sind bereits vollständig in 2. Auflage erschienen, die von W. Heimburg bis zum 8. Bande vorgeschritten. Auch Herman SchmidsGesammelte Schriften“ bringen wir unsern Lesern in Erinnerung. Herman Schmid ist bekanntlich einer der besten Vertreter des bayerischen Dorf- und Bauernromans.

Aus dem Vorstellungskreise der nordischen Mythologie hat Felix Dahn den Stoff zu einer kleinen Novelle geschöpft, die durch Eigenart des Konflikts wie durch märchenhaft-rührende Züge gleich sehr fesselt. (Leipzig, Breitkopf und Härtel.) Sie führt den Titel „Die Finnin“ und behandelt die tragische Liebe einer in einsamer Inselwildniß aufgewachsenen Finnenjungfrau zu einem „weißen Göttersohne“, der aus dem „milderen Westen“ an ihren Strand verschlagen wurde. – Karl Manno, dessen von kräftigem Humor getragene Novelle, „Ein süßer Knabe“ einst so vielen Beifall gewann, hat dem „süßen Knaben“ ein weibliches Gegenstück folgen lassen in seiner „Gräfin Gerhild“ (Stuttgart, Fr. Frommann). Freunde des Pferdesports werden in dieser an wildbewegter Handlung reichen Geschichte ausgiebig ihre Rechnung finden. Denn Roß und Reiter sind einmal die ausgesprochene Vorliebe dieses Autors. – Ernst Eckstein, der es wie wenige verstanden hat, in seinen groß angelegten Romanen aus der römischen Geschichte die ferne Vergangenheit vor uns lebendig werden zu lassen, bietet diesmal in seiner „Themis“ (Berlin, Grote) ein dramatisches Bild aus dem großstädtischen Treiben des heutigen Berlin; es ist ein mit Geschick aufgebauter Kriminalroman, der freilich an den dunklen Seiten menschlicher Leidenschaft nicht vorübergeht. – Rudolf v. Gottschall führt uns in seinem neuen Roman „Verkümmerte Existenzen“ (Breslau, Schlesische Verlagsanstalt) ebenso ergreifende wie lebenswahre Beispiele jener Unglücklichen vor, die nach einer guten Erziehung und vortrefflichen Schulbildung durch irgend ein widriges Geschick Schiffbruch gelitten haben und nun unter dem Zwiespalt ihrer Lebensgewohnheiten und ihrer Lebensbedingungen zu Grunde gehen oder langsam dahinsiechen. – Hans Arnolds „Neues Novellenbuch“ (Stuttgart, Bonz) hat bereits die zweite Auflage erlebt.

Rudolf Lindaus neuer Roman „Martha“ (Stuttgart, Cotta) trägt das Gepräge eines welt- und menschenkundigen Verfassers. Die Charaktere sind aus dem Leben gegriffen und mit sicherer Hand gezeichnet, [836] die Handlung, an sich einfach und ruhig verlaufend, ist reich an interessanten Episoden. – „Hermann Ifinger“, der neueste Roman des geistreichen Adolf Wilbrandt, wurde infolge äußerer Ereignisse schon viel genannt. Das Aufsehen, welches die gegen eine Stelle des Werkes in Oesterreich erhobene verfehlte Anklage hervorrief, darf seinen wahren Ruhm nicht in Schatten stellen. Es ist eine echte Dichterarbeit, voll tiefer Gedanken und von erquickender Schönheit der Sprache.

Eine fesselnde, in ihrer Besonderheit geistvolle Novelle – „Löwenblut“ – hat Wilhelm Lauser aus dem Nachlaß des Dichters Ferdinand Kürnberger herausgegeben (Leipzig, H. Minden). – Fritz Anders behandelt in seinen vortrefflichen „Skizzen aus unserem heutigen Volksleben“ Fragen und Mißstände unseres öffentlichen Lebens in einer Form, die im leichten Gewande des Humors den tiefsten Ernst verbirgt und hoffentlich bei recht vielen ein nützliches Nachdenken weckt; Charlotte Niese entfaltet in ihren reizenden Bildern „Aus dänischer Zeit“ eine unverkennbare Begabung für Kleinmalerei. Beide Bändchen sind bei Grunow in Leipzig erschienen. – Ernstes und Heiteres aus dem Wiener Volksleben erzählt der auch unsern Lesern wohlbekannte Plauderer V. Chiavacci in seinem Buche „Klein-Bürger von Groß-Wien“ (Stuttgart, Bonz). Wolfgang Kirchbach erweist sich in seiner Novellensammlung, „Miniaturen“ (Stuttgart, Cotta) als ein Talent, das geistvollen Humor mit einem naiven Ton zu verbinden weiß, darin an Gottfried Keller erinnernd.

Wir fügen noch einige Werke an, die an sich nicht neu sind, aber durch ein neues, oft festlich prächtiges Gewand sich ein Anrecht erwerben, auf einem Weihnachtsbüchertisch vertreten zu sein. Von Ottilie Wildermuths Gesammelten Werken und von Berthold Auerbachs Schriften haben wir schon an anderer Stelle gesprochen. Ferner ist Hackländers zweibändiger Roman „Eugen Stillfried“ in einer von A. Langhammer hübsch illustrierten Ausgabe (bei Krabbe in Stuttgart) erschienen, Ernst v. Wolzogens Romancyklus „Blau Blut“, in welchem „Die Kinder der Excellenz“, „Die tolle Komteß“ und „Der Thronfolger“ begriffen sind, liegt in der geschmackvoll ausgestatteten Salonausgabe von „Engelhorns Allgemeiner Romanbibliothek“ vor, und der reizenden Erzählung von Jeanne Schultz „Was der heilige Josef vermag“, ebenfalls ursprünglich einem Bestandtheil der genannten Romanbibliothek, ist sogar die Ehre einer illustrierten Prachtausgabe zu theil geworden, zu welcher der gerade durch seine Romanillustrationen berühmte französische Zeichner E. Bayard die Bilder geliefert hat.

An der Spitze der poetischen Litteratur haben wir die zweite umgearbeitete Auflage von Hermann Linggs machtvollem Epos „Die Völkerwanderung“ (Stuttgart, Cotta) zu nennen, weiter den Cotta’schen Musenalmanach für das Jahr 1893; wir werden über den wiederum überaus reichhaltigen und fein ausgestatteten Band noch Genaueres mittheilen. – Ernst Scherenbergs patriotische Dichtungen haben bei unserem deutschen Volke immer guten Anklang gefunden. In der neuesten (3.) Auflage seiner „Gedichte“ ist der Inhalt seiner früheren Sammlung mit neuen Gesängen vereinigt, die im Laufe des letzten Jahrzehnts entstanden sind. Auch durch Anton OhornsOrdensmeister“ (Berlin, Grote), einen Heldensang aus den Kämpfen des Deutschordens gegen die Polen, weht ein warmer patriotischer Hauch.

Esaias TegnérsFrithjofssage“ hat von jeher die deutschen Uebersetzer gelockt – ist es doch eine dankbare Aufgabe, den Wohllaut und die poetische Kraft der Verse des schwedischen Dichters in unserer Muttersprache wiederzugeben. Den älteren Uebersetzungen hat sich eine neue von Fr. Ohnesorge angereiht (Leipzig, Th. Knaur), die sich durch Treue gegen das Original auszeichnet und sich gut liest. – Feines Formgefühl und stilistische Gewandtheit zeigt Ludwig Fulda in seiner Uebersetzung von Molières Meisterwerken. Der Band umfaßt „Tartüff“, „Misanthrop“, „Gelehrte Frauen“ und „Der Geizige“ (Stuttgart, Cotta).

Seit Hebel und Fritz Reuter in so klassischer Weise der Dialektdichtung eine Bahn gebrochen haben, sind die mundartlichen Erzählungen und Gedichte häufig geworden. Wer gerne deutsche Stammeseigenart in diesen Spiegelbildern schaut, wird an den schwäbischen Gedichten von Eduard Hiller, „Naive Welt“ (Stuttgart, Lutz), seine helle Freude haben, und nicht weniger an den frischen „Gedichten in westricher (westpfälzischer) Mundart“ von Ludwig Schandein (Stuttgart, Cotta).


Gechichte. 0 Kulturgeschichte. 0 Biographie.

Als ein vortreffliches Hausbuch ist längst bekannt K. F. Beckers Weltgeschichte. Professor Wilhelm Müller hat sie noch vor seinem kürzlich erfolgten Tode zum drittenmal neu bearbeitet und bis auf die Gegenwart fortgeführt. Auch der Abbildungsstoff ist in der neuesten Auflage wesentlich bereichert.

Für unsere strebsamen Gymnasiasten bildet ein schönes Weihnachtsgeschenk das Buch von Hermann BenderRom und römisches Leben im Alterthum“ (Tübingen, Laupp). Es erscheint eben in einer neuen, den Fortschritten unserer Kenntnisse von der alten Weltbeherrscherin Rechnung tragenden Ausgabe. – Anziehend geschrieben ist das Werk von Alwin Schultz „Deutsches Leben im 14. und 15. Jahrhundert“ (F. Tempsky in Prag). Aus einer Fülle von Einzelzügen ist hier ein charakteristisches Gesammtbild deutscher Sitte und Kultur am Ausgang des Mittelalters zusammengestellt, ein Bild, das um so lebendiger wirkt, als eine reiche Illustration die Schilderung unterstützt und das Fremdartige unserem Empfinden nahebringt. Das Werk ist in einer besonderen Familienausgabe erschienen, die unbedenklich jedem in die Hand gegeben werden kann. – Rudolf von GottschallsNationallitteratur des neunzehnten Jahrhunderts“ (Breslau, Trewendt) ist jetzt in sechster Auflage erschienen. Schon darin liegt ein Gradmesser für die Brauchbarkeit dieses Werkes, das in vier Bänden eine Fülle von Stoff, eine annähernd vollständige Uebersicht über die Entwicklung der deutschen Litteratur in diesem Jahrhundert bis herab zur jüngsten Zeit bietet. Wer daher Ueberblick und Urtheil über unser litterarisches Leben vor allem in der Gegenwart sucht, wird an dem Buche Gottschalls nicht vorübergehen können. – „Das junge Deutschland“ von Joh. Prölß, welches das Werden von Gutzkow und Laube schildert, ist schon früher hier angezeigt worden. – Eine stets neu untersuchte Frage der Litteraturgeschichte, die nach der innersten Bedeutung von Shakespeares Hamlet-Figur, hat durch Richard Löning in seinem Buche „Die Hamlet-Tragödie Shakespeares“ (Stuttgart, Cotta) eine durch Einfachheit überraschende und überzeugende Beantwortung erfahren.

Hermann Lüders ist als Maler oft und viel mit dabei gewesen, wenn wichtige Begebnisse im Vaterland sich abspielten. Seine von ihm mit Zeichen- und Schreibfeder beschriebenen Malerfahrten „Unter drei Kaisern“ (Berlin, Grote) sind eine Art Blüthenlese aus der Geschichte der letzten vier Jahrzehnte.

Auf dem Felde der Biographie ragt hervor die prächtige Schrift des Altmeisters W. H. Riehl, „Kulturgeschichtliche Charakterköpfe“, wahre Kabinettsstücke scharfer, plastischer Darstellung. Sie liegen bereits in zweiter Auflage vor.


Prachtwerke.

Zu den hervorragendsten Erscheinungen auf dem Gebiet der Prachtwerke zählen dieses Jahr unstreitig die neue Prachtausgabe von Uhlands Gedichten und die Allerssche Bismarck-Mappe, aus denen wir bereits in Halbheft 23 und 25 verschiedene Proben gegeben haben. Am nächsten steht ihnen wohl die Mappe von C. Röchling, „Unser Heer“ (Breslau, C. T. Wiskott). Röchling ist einer unserer besten Militärmaler, der unsere Jungens im bunten Rock mit einer geradezu verblüffenden Realistik darzustellen weiß und insbesondere für die gemüthlich-humorvolle Seite des Soldatenlebens im Frieden einen trefflichen Blick hat. Diese beiden Eigenschaften des Künstlers kommen denn auch in den Blättern von „Unser Heer“ zu glücklichem Ausdruck. Die – verkleinerte – Probe auf S. 837 stellt eine mit Gewehrreinigen beschäftigte Gruppe dar.

Wie Röchling seine Musketiere, so kennt René Reinicke seine – Backfische. Das hat er mit seinem „Album für Backfische“ (Leipzig, Ad. Titze), aus dem wir Seite 829 eine Probe geben, aufs neue bewiesen. Wie reizend sind diese halb erschlossenen Mädchenblüthen, die es doch verstehen, sich schon ganz damenhaft zu geben! Und wie unterhaltsam die Typen der jungen Herren, vom steifen Anfänger bis zum weltgewandten Salonhelden, wie belustigend der Klavierspieler, welcher im Schweiße seines Angesichts auf die Tasten hämmert! Die hübsche Blondine im Mittelgrund scheint schon recht tief versunken zu sein in die neue Lust des Tanzes mit einem Herrn, denn vergeblich sucht der Tanzmeister ihre Aufmerksamkeit für seine Ausstellungen zu gewinnen. Ja ja, in der „ersten Tanzstunde mit Herren“ wird eben das Tanzenlernen Nebensache!

In ernsthaftere Regionen führt uns ein Werk, das recht eigentlich „einem Bedürfniß unserer Zeit entgegenkommt“. Seit langer Zeit war bei uns Deutschen die Neigung, Denkmale zu errichten, nicht so lebhaft entwickelt, wie dies gegenwärtig der Fall ist. Unserer Generation mußte darum auch ein Werk erwünscht sein, welches wie „Die deutschen Bildsäulendenkmale des XIX. Jahrhunderts“ von Hermann Maertens (Stuttgart, Jul. Hoffmann) die mustergiltigen Leistungen des laufenden Jahrhunderts zusammenstellt und so nicht bloß dem Laien eine Uebersicht, sondern auch dem Künstler Vorbild und Anregung giebt. Auf die Bedürfnisse des Fachmanns ist im Text noch besonders Rücksicht genommen.

Vom Fels zum Meer führen uns zwei landschaftliche Prachtwerke. „Alpenglühen“ nennt sich das eine (Stuttgart, Union). Es bietet Naturansichten und Wanderbilder aus den weiten Gebiete der Alpen von den Gestaden der „Riviera di Ponente“ bis hinüber zu den Geheimnissen des Karst. Der Text stammt aus der Feder eines vortrefflichen Kenners der Gebirgswelt, des Frhrn. A. von Schweiger-Lerchenfeld. Das Werk erscheint eben jetzt in zweiwöchentlichen Lieferungen. – Das andere ist ein bescheidenes, aber recht hübsch ausgestattetes Bändchen, eine Beschreibung der Insel und des Badelebens von Helgoland (Leipzig, Titze). Adolf Lipsius ist der Verfasser des lebendig und einnehmend geschriebenen Textes, die Abbildungen sind nach Photographien gemacht.