Zweihundert deutsche Männer in Bildnissen und Lebensbeschreibungen/Wilhelm IV., Herzog zu Sachsen-Weimar

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Textdaten
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Autor: Ludwig Bechstein
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Titel: Wilhelm IV., Herzog zu Sachsen-Weimar
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aus: Zweihundert deutsche Männer in Bildnissen und Lebensbeschreibungen, S. 391–392
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Erscheinungsdatum: 1854
Verlag: Georg Wigand's Verlag
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Erscheinungsort: Leipzig
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Wilhelm IV., Herzog zu Sachsen-Weimar.
Geb. d. 1. April 1598, gest. d. 8. Mai 1662.


Dieser Held und Heldenführer des dreißigjährigen Krieges, ebenbürtig dem großen Bernhard, seinem jüngern leiblichen Bruder, selbst dessen Kampfgefährte, glaubenstreu und eifrig, einsichtsvoll und mit hohen Regententugenden geschmückt, verdient neben den häufiger genannt werdenden Brüdern Bernhard und Ernst eine Ehrenstelle im Tempel der Geschichte und des Nachruhms.

Herzog Wilhelm, Enkel Herzog Johann Wilhelm’s, fünfter Sohn Herzogs Johann zu Sachsen, erblickte das Licht der Welt zu Altenburg als ein erstgeborener den Bruder überlebender Zwilling, und erhielt, gleich seinen übrigen Brüdern, eine ausgezeichnete Erziehung, an welcher die einsichtvollen Glieder des Wettinischen Sachsenstammes es nie bei ihren Kindern mangeln ließen. Der Vater starb ihm früh, doch die Mutter nahm sich seiner Erziehung auf das treueste an, und er erhielt, ohne eigentlich zu studiren, Kenntnisse und Fertigkeiten in mancherlei Sprachen und Wissenschaften. Bildender vielleicht als der Unterricht einer Hochschule wirkten Reisen in die Niederlande und an befreundete deutsche Höfe, wie nach Frankreich. Der Ausbruch des dreißigjährigen Krieges und das zu Nürnberg 1619 persönlich eingegangene Bündniß mir dem Könige von Böhmen veranlaßten den jungen Sachsenherzog, 1620 böhmische Kriegsbestallung anzunehmen; er stellte eine Compagnie Reiter und Arquebusiere, die er selbst geworben, warb noch mehr Volk, und kämpfte dann mit in der Schlacht am weißen Berge, aus der er mit Gefahr des Lebens sich rettete. Mit seinen beiden ältern Brüdern, die ebenfalls beim Heere des geschlagenen Böhmenkönigs sich befanden, folgte er diesem von Prag aus über Glatz nach Breslau, warb dann neue Truppen und brachte ein Heer von 3000 Fußknechten und 600 Reitern zusammen, die sein Bruder Bernhard als Rittmeister mit befehligte. Mit diesem Heere stieß der Herzog zu dem des Grafen von Mansfeld, und leistete, durch Muth und Tapferkeit und kräftiges handeln ausgezeichnet, der Sache, für welche er kämpfte, die wesentlichsten Dienste. Nach der Schlacht bei Wimpfen verlobte sich der Herzog mit Eleonore Dorothea, Prinzessin von Anhalt Dessau, wurde von Herzog Christian d. j. zu Braunschweig zum Generallieutenant ernannt, und [Ξ] hatte 1623 ein Heer von 20,060 Mann unter seinem Befehle. In der Schlacht bei Stadtloe am 27. Julius desselben Jahres, die sehr unglücklich für den Herzog Christian von Braunschweig und dessen Verbündete ausfiel, wurde Herzog Wilhelm durch 2 Schüsse tödtlich verwundet, unter den gefallenen hervorgezogen und von den kaiserlichen gefangen eingebracht. Von Münster aus, wo er ein viertel Jahr lang verpflegt wurde, mußte ihn der Obrist Illo nach Neustadt in Steier führen, welches gleiche Loos auch des Herzogs Vetter, den Herzog Friedrich zu Sachsen-Altenburg traf.

Des Herzogs festgläubiger Sinn widerstand mancher Verlockung zum Religionswechsel, doch sah er sich nach seinem freiwerden am Kaiserhofe zu Wien ganz besonders ausgezeichnet.

Nach seiner Rückkehr aus der Haft 1622 beging Herzog Wilhelm seine Vermählungsfeier, nahm sich der Wohlfahrt seiner Unterthanen an, hielt sich mehrere Jahre vom Kriegsschauplatz fern, führte mit Zustimmung seiner drei noch lebenden Brüder Herzog Albrecht, Ernst und Bernhard das Direktorium, vollendete den Bau der abgebrannten Schloßkirche zu Weimar, erblickte und begrüßte in König Gustav Adolph freudig den ersehnten Retter der evangelischen Glaubensfreiheit, übertrug die Landesregierung seinem jüngern Bruder Albrecht und eilte zu den schwedischen Fahnen, um mit dem König ein festes Bündniß zu schließen.

Im Dienst Gustav Adolph’s war Herzog Wilhelm s erste Waffenthat die kühne Überrumpelung der Stadt Erfurt mit einem Regiment Courvillischer Reiter, worauf ihn der nachkommende König zum Werbe-General für Thüringen ernannte. Der Herzog befestigte die von ihm genommene Stadt, ließ fleißig anwerben, und zog 1632 an der Spitze von 10,000 Mann Schweden und neugeworbenem Volk gegen Feldmarschall Pappenheim, der aber nicht Stand hielt, worauf sich der Herzog nach dem Ober-Harz wandte, Goslar nahm, Nordheim, Göttingen, und auf dem Eichsfeld Duderstadt. Dann mit Banner und Horn vereinigt, zog der Herzog durch Bayern an den Lech, half Tilly schlagen, Augsburg erobern, München gewinnen, durch dessen Thore er neben dem Schwedenkönig als Sieger einritt. Als der König Bayern verließ, erhielt der Herzog den Oberbefehl über die Armee in Schwaben, und gab neue Proben heldenmüthiger Tapferkeit, eilte von da aus nach Thüringen, betrieb mit wallenstein’schem Glück neue Rüstungen, und führte abermals dem König ein Heer von 24,000 Mann zu. Der Herzog nahm persönlich am erfolglosen Angriff auf die feste Stellung des Feindes bei Nürnberg Theil, und verließ am Fuße verwundet das Schlachtfeld. Seine Wunde verhinderte ihn, von Erfurt aus, wo er sich pflegte, dem König, gleich seinen beiden Brüdern, in die Schlacht bet Lützen zu folgen, treu bis zum Tode. Schmerzlich berührte ihn die Kunde, daß der König gefallen, und er veranstaltete diesem eine glänzende Leichenfeier.

Herzog Wilhelm hatte während der Zeit seiner Betheiligung am 30jährigen Kriege nicht weniger als 38,550 Mann zu Roß und zu Fuß für die evangelische Sache in das Feld geführt, dennoch erschien nach der traurigen Wendung, welche diese Sache nahm, rathsam, dem Prager Frieden 1635 beizutreten. Von da an widmete Wilhelm sich wieder ungestört dem Wohle seines Landes und Volkes, sah ersteres durch Erbschaften gemehrt, wie denn unter ihm Eisenach an Sachsen Weimar kam, bei welchem Hause dieses Fürstenthum fortan beständig blieb, theilte mit seinen Brüdern friedlich ab, suchte auf seiner Hochschule dem Pennalismus zu steuern, und baute von 1651–1653 das im dreißigjährigen Kriege eingeäscherte Residenzschloß herrlich wieder auf, das nun nach ihm den Namen Wilhelmsburg führte. Er baute auch die Ilmbrücke am Kegelthor zu Weimar, legte die schöne Allee nach dem Webicht an, wurde Oberhaupt des Palmen-Ordens oder der fruchtbringenden Gesellschaft, bestimmte das Erbtheil seiner Söhne und starb nach allen christlichen Vorbereitungen als ein treugläubiger Bekenner des Evangeliums im 65. Lebensjahre ruhig und gottergeben. Er nahm den Ruhm eines heldenhaften Glaubenskämpfers, eines menschlichen Siegers und eines redlichen Fürsten mit in die von ihm erbaute neue Gruft.