ADB:Aldringen, Johann Graf von
[1], Baron von Koschitz, Graf von Groß-Ligma, kaiserlicher Feldmarschall, als Sohn armer Eltern geboren 1591 zu Luxemburg im Grund, Pfarre St. Ulrich, † 22. Juli 1634. In seiner Jugend begleitete er einige fränkische Edelleute als Diener auf einer Reise durch Frankreich und diente dann dem General Grafen Madrucci und dessen Bruder, dem Cardinal, als Secretär, trat aber darauf als Gemeiner zu Innsbruck in das kaiserliche Heer ein. Schon 1622 finden wir ihn bei der Belagerung Heidelbergs durch Tilly als Obersten eines Infanterieregiments. 1625 ward er vom Kaiser in den Freiherrenstand erhoben. Am 1. April 1526 schlug er als Commandant in dem Brückenkopf an der Dessauer Brücke den Angriff Mansfeld’s ab, behauptete die Schanze bis zu Wallenstein’s Ankunft und hatte an dessen erstem großen Siege am 25. April Theil. In den nächsten Jahren ward er in Niedersachsen sowol diplomatisch wie militärisch verwandt; offenbar stand er beim Kaiser wie bei Wallenstein in besonderem Ansehn. Nach des letzteren Ernennung zum Herzog von Mecklenburg (Febr. 1628) ging A. als kaiserlicher Commissär mit drei anderen Abgesandten dorthin um mit den Ständen zu Güstrow über Wallenstein’s Anerkennung zu unterhandeln. Im März des folgenden Jahres finden wir A. als Generalwachtmeister und Wallenstein’schen Commissär beim Kaiser in Wien; auch an der Lübecker Friedenshandlung nahm er Theil und leitete wol als kaiserlicher Commissär, nach Erlaß des Restitutionsedicts die Unterhandlungen mit Halberstadt, Magdeburg und den Hansestädten, sowie die Belagerung [328] Magdeburgs. – Im J. 1630 nahm er darauf an Colalto’s Feldzug in der Lombardei Theil. Hier ward ihm aus der Beute des eroberten Mantua ein ansehnliches Vermögen zu Theil, welches nach Wallenstein’s Sturz noch aus dessen confiscirten Gütern durch Teplitz und zwei Häuser in Prag vergrößert ward. Nach dem Frieden von Chierasko, 1631, führte A. mit Graf Egon von Fürstenberg den Krieg gegen Württemberg, und ward darauf von Tilly gegen den Landgrafen Wilhelm von Cassel geschickt. Doch nöthigte ihn Tilly’s Niederlage bei Breitenfeld bald zur Umkehr und er stieß nun in der Oberpfalz zur Tilly’schen Armee. In der Schlacht bei Rain (15. April 1632) ward, bald nach Tilly, auch er schwer verwundet. Trotz der schwedischen Gegenbemühungen vereinigte er sich sodann mit Wallenstein in Böhmen; in dem Kampf vor Nürnberg 3. Sept. wird er mit Auszeichnung genannt. Nach Sachsen aber scheint er Wallenstein nicht gefolgt, sondern bei dessen Abzug mit der selbständigen Führung des Krieges gegen die Schweden in Schwaben und am Rhein betraut zu sein. Es beginnt damit der merkwürdigste Abschnitt seiner kriegerischen Laufbahn, wenngleich nicht durch glänzende Erfolge ausgezeichnet. Gegen Ende des J. 1632 zum Feldmarschall ernannt, drang er anfangs rasch über den Lech an die obere Donau vor, wo er erst Banner, dann auch Horn vor sich hatte. Während er, eine Schlacht vermeidend, die Gegner auf Würtemberg zu drängen trachtete, zog von Norden auch Bernhard von Weimar heran. A. ging deshalb im März 1633 auf Rain zurück. Zwar Bernhard’s Vereinigung mit Horn bei Donauwörth vermochte er dadurch nicht mehr zu hintertreiben, er selbst aber vereinigte sich zugleich mit Johann v. Werth. Beim Vorrücken der Gegner blieb er seinem System, die Entscheidung nicht auf die Spitze einer Schlacht zu stellen, treu. Man glaubt in ihm den Anhänger der in militärischen Schriften jener Periode oft betonten Theorie zu erkennen, nach der es verdienstlicher sei, den Gegner durch kluges Schachspiel als durch Dreinschlagen zu überwinden. Bis über München hinaus wich A. vor den Schweden scharmützelnd zurück. Sobald er aber Bernhard’s Absicht, sich gegen das wichtige Regensburg zu wenden, erkannte, stand auch er zur Deckung dort rasch bereit, wobei er ein von Bernhard gesuchtes und schon begonnenes Treffen bei Neuburg dennoch wieder abbrach. – Inzwischen näherte sich aber auch ihm eine Verstärkung: über die Alpen stieg der Herzog von Feria mit einem spanisch-italienischen Heer gegen den Bodensee herab. Horn zog, mit Verletzung der schweizerischen Neutralität im August vor Constanz, um die Besetzung dieses beherrschenden Punktes durch Feria zu hindern, mußte aber die Belagerung am 22. Sept. wieder aufheben, weil auch A. über das am 14. Sept. eingenommene Biberach heranzog und seine Vereinigung mit Feria glücklich bewerkstelligte. Allgemein ward bei so gesammelten Kräften beider Seiten nun endlich ein Hauptschlag erwartet. A. aber ließ sich auch durch Feria’s Drängen dazu nicht bewegen. Beide zogen vielmehr, sich mit raschen Handstreichen der österreichischen Waldstädte bemächtigend, den Rhein hinab, an Basel vorüber. Dadurch sahen sich Horn und Weimar genöthigt, an den Rhein zu folgen, und die Schweden mußten die Belagerung Breisachs, welches den Schlüsselpunkt für den oberen Rhein bildete, aufheben. Unerwartet aber wandte sich jetzt Herzog Bernhard wieder an die Donau zurück; am 5. Nov. hatte er Regensburg zur Capitulation gezwungen. Damit freilich waren die Maschen des Netzes, mit dem A. seine Gegner von Schwaben und Baiern abzusperren dachte, zerrissen. Auch er und Feria mußten jetzt einen Rückzug über den Schwarzwald antreten, der ihnen nicht minder durch Horn’s rastloses Nachdrängen als durch die den Südländern im Heere ungewohnte Kälte verderblich ward. Mehr als die Hälfte der Fremden erlagen den ungewohnten Anstrengungen, so daß der Rückzug endlich einer Flucht nicht unähnlich sah, und während darauf Horn [329] wohlversorgt im Allgäu stehen blieb, mußten die Gegner sich mit dürftigen Winterquartieren an Isar und Inn begnügen. Feria, der längst mit A. auf dem schlechtesten Fuße stand, starb, von solchem Mißerfolg, wie es scheint, erdrückt. Gegen A. erhoben sich in Wien laute Klagen. Man darf indessen doch nicht vergessen, daß er die größten Feldherren der Zeit sich gegenüber hatte und auch das bliebe noch zu untersuchen, inwiefern etwa Wallenstein ihn während des Jahres 1633 in sein eigenes Zaudersystem mitverflochten hatte. – Jedenfalls wandte man sich von Wien aus, als dort Wallenstein’s Sturz beschlossen war, neben Piccolomini zunächst auch an A. Er kam dadurch in eine sehr mißliche Lage. Denn zu Wallenstein, der ihn hochschätzte, hatte er immer im besten Verhältniß gestanden; er mochte weder dessen Vertrauen verrathen, noch auch den kaiserlichen Befehlen ungehorsam sein. Den bekannten Pilsener Revers hatte A. nicht mit unterzeichnet. Als er dann von Wallenstein zur zweiten Versammlung der Obersten nach Pilsen geladen war, erhielt er den Befehl, hier mit Piccolomini Wallenstein zu verhaften und zur Verantwortung nach Wien zu bringen. Er ging darauf zwar mit Widerstreben ein und reiste auch ab, blieb aber unterwegs, Krankheit vorschützend, in Frauenberg bei Marradas zurück und hier kam es zwischen A., Marradas, Gallas, Colalto u. A. zu einer Einigung im kaiserlichen Sinne. Als dann, nachdem am 18. Febr. die Absetzung Wallenstein’s ausgesprochen war, die kaiserlich-liguistischen Truppen nach Böhmen vorgeschoben werden sollten, war es A., der dabei mit den allgemeinen Vorkehrungen betraut wurde. Nach Wallenstein’s Sturz hat A. an den Kriegsberathungen zu Wien theilgenommen. Beim Gesammtvormarsch der Armee ward ihm zunächst mit Gallas die Aufgabe, Regensburg wieder zu nehmen. Zwar war auch Bernhard von Weimer Ende Mai’s hier zur Stelle, er vermochte aber die Aufhebung der Belagerung nicht zu erzwingen und Regensburg mußte am 26. Juli capituliren. A. jedoch erlebte diesen Erfolg nicht mehr. Herzog Bernhard und Horn hatten sich nemlich gegen Landshut gewendet: dorthin folgte ihnen A. von Regensburg aus in 5tägigem Marsch, eine Langsamkeit, aus welcher ihm ein schwerer Vorwurf erwuchs. Denn der Feind gewann dadurch Zeit, sich vor der Stadt einzurichten und A. vermochte sich am 22. Juli vor seinem Angriff in Schloß und Stadt nicht zu behaupten. Unter wilden Plünderungen zogen sich seine Truppen vor dem einbrechenden Feind aus der Stadt zurück. In diesem Getümmel war A., der der Unordnung steuern wollte, von einer tödlichen Kugel, wahrscheinlich aus den eigenen Reihen, getroffen. Seine Truppen zogen sich auf Regensburg zurück. Dort ward sein Leichnam in der Karthause Prüll beigesetzt.
Aldringen: Johann v. A.Mit einer Gräfin Arco vermählt hinterließ A. keine Kinder. Der Kaiser übertrug Namen und Wappen auf den mit Aldringen’s Schwester Anna vermählten Grafen Clary; daher die böhmische Familie der Grafen und Fürsten v. Clary-Aldringen, welche noch heut im Besitz von Teplitz sind.
Von seinen Brüdern war der ältere, Graf Paulus von A., Dr. der Theologie, Bischof von Tripolis i. p. und Suffragan des Bischofs von Straßburg. Er starb 1644. Der jüngere, Graf Marcus, † 1654 als Fürstbischof von Seckau; von ihm ist die noch bestehende Studienbörse für seine Familie am Jesuitencolleg in Luxemburg gestiftet.
An einer urkundlichen Geschichte Aldringen’s fehlt es leider; Hauptquelle der Nachrichten über ihn ist das Theatrum Europaeum. (Vgl. dazu Neyen, Biogr. Luxemb.)
[Zusätze und Berichtigungen]
- ↑ S. 327: Zum Artikel Aldringen sind die in Bd. VIII S. 320 ff. im Artikel Gallas auf Grund neuer Forschungen gegebenen Berichtigungen und Zusätze zu vergleichen. [Bd. 8, S. 794]