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ADB:Bening, Heinrich

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Artikel „Bening, Daniel Heinrich Ludwig“ von Ferdinand Frensdorff in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 46 (1902), S. 359–362, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Bening,_Heinrich&oldid=- (Version vom 26. Dezember 2024, 10:54 Uhr UTC)
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Bening: Daniel Heinrich Ludwig B., hannoverscher Verwaltungsbeamter und volkswirthschaftlicher Schriftsteller, geboren am 5. Februar 1801 zu Neuenhaus in der Grafschaft Bentheim, † am 7. März 1895 zu Hannover. Der Vater, Arzt und Landphysicus zu Neuenhaus, war schon gestorben, als der Sohn die Universität bezog. Am 1. Mai 1819 in Göttingen immatriculirt, studirte B. bis 1822 die Rechte, ließ sich dann als Rechtsanwalt in seiner Heimath nieder und wurde 1824 Assessor bei dem standesherrlichen Amte Bentheim. 1832 von den Bentheim’schen Städten in die zweite Kammer gewählt, nahm er an der Berathung des Staatsgrundgesetzes theil, über dessen Entwurf er maßvolle und verständige Kritik übende „Bemerkungen“ im Januar 1832 veröffentlicht hatte. Hervorhebenswerth sind die Wünsche des Verfassers nach einer allgemeinen Rechtsgesetzgebung, darunter auch nach einer allgemeinen Städteordnung, während man in Hannover noch im Zug war und blieb, jeder Stadt ihre eigene Verfassung von Staatswegen zu ertheilen. Bei aller Hochachtung vor der historischen Rechtsschule, den Bannerträgern der kernhaften Legion deutscher Juristen, beklagt er doch ihren bei dem nationalen Hange zu stillsitzender Gemächlichkeit gern befolgten Rath, der darauf hinauslaufe, daß der Deutsche am besten wirke, wenn er nichts thue. Maßvoll, wie er immer blieb, war der Verfasser schon zufrieden, wenn ein Civilgesetzbuch für Hannover und Braunschweig zu Stande käme. In dem nach Verkündigung des Staatsgrundgesetzes einberufenen Landtage wurde B. in die Commission zur Berathung über den Entwurf des Strafgesetzbuches gewählt, der von 1834 ab die Kammern beschäftigte und, als er 1840 Gesetz wurde, schon veraltet war. Die ständische Thätigkeit verschaffte ihm die Beachtung der Regierung. Für die Sorgfalt und den Scharfblick, mit dem v. d. Wisch, seit 1831 Minister des Innern, sein Bureau bildete, beweisen die beiden Namen Lehzen und Bening. Seit 1833 commissarisch, seit 1840 definitiv unter dem Titel eines Kanzleirathes, später Regierungsraths im Ministerium beschäftigt, ist B. besonders an den gesetzgeberischen Arbeiten betheiligt gewesen, welche die Hebung der Landwirthschaft zum Gegenstande hatten, nachdem durch die Ablösungsgesetze von 1831 und 1833 die Grundlage für einen freien Bauernstand geschaffen war. B. begann mit Vorlagen, die Zusammenlegung der Grundstücke und das Verfahren in Gemeinheitstheilungs- und Verkoppelungssachen betreffend, die 1842 als Gesetze [360] verkündigt wurden und das bisher festgehaltene Princip, wonach Verkoppelungen nur unter Zustimmung aller Betheiligten zulässig waren, überwanden. Dies Gebiet wurde seine Domäne; als Beamter, als Schriftsteller und als Parlamentarier hat er es vertreten; den Reichsdeputationshauptschluß von 1803 hat er im preußischen Abgeordnetenhause einmal den großen deutschen Theilungs- und Verkoppelungsreceß genannt. Die 1842 geschaffene Landescreditanstalt machte den Bauern die Wohlthaten der Ablösungsgesetzgebung erst praktisch zugänglich. Die Regierung berief B. in die Direction des Instituts erst als Mitglied, 1847 bis 1854 dann als deren Haupt. 1851 hat er in dem Archiv der politischen Oekonomie von Rau und Hanssen (IX Heft 3) eine ausführliche Auskunft über Entstehung, Verfassung und Wirksamkeit der Anstalt gegeben. Neben den agrarpolitischen sind auch zahlreiche andere Gegenstände der innern Verwaltung von seiner fleißigen und sorgsamen Hand bearbeitet worden. Es genügt, das Forststrafgesetz und das Polizeistrafgesetzbuch von 1847 zu nennen, die sich in der Praxis vortrefflich bewährt haben. Auch die Gewerbeordnung von 1847, die gegen die Zünfte und die städtischen Vertreter in der Kammer durchgesetzt wurde, war Bening’s Werk. Sie beseitigte die Hauptübel des bestehenden Rechts, ließ den Betrieb der meisten Gewerbe auf dem Lande frei und beschränkte den Zunftzwang wenigstens in seiner vollen Ausschließlichkeit, war aber ungeachtet ihrer maßvollen Reform den Pfahlbürgern im Jahre der Freiheit ein Dorn im Auge. Den politischen Stürmern des hannoverschen Verfassungslebens war B. durch seine amtliche Stellung entrückt. Unter dem Wechsel der Ministerien bildeten die Generalsecretäre den festen Punkt. Da Stüve mit der Gewerbeordnung unzufrieden war, lehnte B. es im März 1848 ab, in sein Ministerium als Generalsecretär einzutreten und übernahm denselben Posten im Cultusministerium. Daneben wurde er Generalsecretär des Gesammtministeriums und nachher auch des Staatsraths. Erst 1852 unter dem Minister Hammerstein trat er in das Ministerium des Innern zurück, bis die einbrechende Reaction unter Lütcken die Generalsecretariate zu reformiren für nöthig fand. 1855 schied er aus der Centralverwaltung und wurde mit der Verwaltung des Amts Ilten beauftragt. Kurz vor Eintritt der Octroyirungen vom 1. August 1855 berief man ihn mit v. Borries, Vezin und v. Trampe zu einer geheimen Conferenz in der Verfassungsangelegenheit. Ihr Vorschlag, durch Bildung einer ersten nicht bloß aus den Rittern zusammengesetzten Kammer einen Ausgleich zwischen Landtag und Regierung herbeizuführen, wurde von der Regierung gar nicht ernsthaft behandelt. In seiner Stellung als Amtmann erst in Ilten, nach der Aufhebung dieses Amts in Wennigsen (bei Hannover) hatte B. Gelegenheit, die bäuerlichen Verhältnisse von unten und in der Nähe zu beurtheilen, nachdem er sie so lange von oben und aus der Ferne angesehen hatte. Er gesteht, durch den Wechsel viel gelernt zu haben; vieles Doctrinäre, anscheinend Tiefsinnige sei wie Nebel und Dunst verschwunden. In seiner Stellung als Amtmann trafen ihn die Ereignisse des Jahres 1866. Er war nie ein Particularist gewesen. Als die Regierung das allgemeine deutsche Handelsgesetzbuch nur mit Aenderungen in Hannover einführen wollte, warnte seine Schrift: „Das deutsche Handelsgesetzbuch“ (1863) vor solch zweckwidrigem Beginnen und erinnerte seine Landsleute an den Uhlandschen Vers: Ich laß mirs halt gefallen, Man richtet mir nicht anders an Als meinen Brüdern allen. Schon im October 1866 trat er mit der Schrift hervor: „Hannover bei seiner Vereinigung mit Preußen“. „Jetzt da die Vereinigung mit Preußen feststeht, gilt es zu wahren, was gewahrt zu werden verdient.“ Mit diesem tapfern Wort geht er ans Werk und vergleicht die Zustände hüben und drüben, gerecht und nüchtern abwägend, nach keiner Seite hin übertreibend. Frei von der Selbstzufriedenheit des Kleinstaatlers, [361] erkannte er, was die Interessen und Aufgaben der deutschen Einigung gebieterisch forderten. Sie kam nicht in der idealen Gestalt der Reichsverfassung von Frankfurt. Er gestand sich: „Es hat die Erscheinung fürwahr nicht jetzt die Gestalt des Wunsches“; aber er wußte aus seinem Goethe: „die Gaben kommen von oben herab in ihren eigenen Gestalten“ (Hermann und Dorothea V). Im Herbst 1867 in das preußische Abgeordnetenhaus für seinen Kreis Wennigsen gewählt, betheiligte er sich fleißig an der parlamentarischen Arbeit. Seinem Programm gemäß vertheidigte er bewährte Institutionen Hannovers, so die Aemterverfassung gegen die Landrathseinrichtung, oder er suchte heimische Schäden mit Hülfe der preußischen Gesetzgebung zu bessern, wie er schon im Januar 1868 die jetzt (Frühjahr 1900) zur Ausführung kommende Aufhebung der königlichen Polizeiverwaltung in den hannoverschen Städten (außer Hannover) beantragte. Als Mitglied der Agrarcommission war er auf altgewohntem Felde thätig. Hier galt es, die Ablösung der Reallasten, Aufhebung des Jagdrechts auf fremdem Grund und Boden in den Landestheilen, wo sie noch nicht bestanden, gesetzlich zu begründen, wie in Schleswig-Holstein, oder die begonnenen agrarpolitischen Reformen weiterzuführen, wie die Ablösung der Kirchen und sonstigen geistlichen Stiftungen zustehenden Realberechtigungen wie in Hannover. Schon 1849 in dem Kampf um die Grundrechte hatte er sich für die Verfügungsfreiheit der bäuerlichen Grundeigenthümer neben Festhalten eines gesetzlichen Anerbenrechts ausgesprochen. Dementsprechend drang er jetzt darauf, die seit den Ablösungen an die Stelle des gutsherrlichen Consenses getretene obrigkeitliche Bestätigung, deren Mangel seit einem hannoverschen Gesetze von 1857 die Höfeverträge ungültig machte, zu beseitigen, andrerseits dem Bauer aber auch die Möglichkeit zu eröffnen, seinen Besitz ungetheilt auf einen Erben zu übertragen. Das Höfegesetz von 1874, dem er durch seine Anträge den Weg gebahnt hatte, fand an ihm einen warmen Befürworter. Wasserrecht, Wildschadenersatz, Jagdrecht, Leggewesen mögen als sonstige Objecte seines parlamentarischen Wirkens genannt sein. Das eigentlich politische Gebiet betrat er nur gelegentlich der Regelung der standesherrlichen Rechte des Herzogs von Arenberg-Meppen (1874, 1875). In einem scharfen Kampfe gegen Windthorst, der nur von vertragsmäßiger Aenderung wissen wollte, vertheidigte er den Standpunkt des staatlichen Gesetzgebungsrechts. B. war nichts weniger als ein Freund der Staatsomnipotenz, ebensowenig als des bureaukratischen Wesens, so lange er auch selbst Beamter, erst regierender, dann verwaltender war. Er vindicirt den Landgemeinden einen würdigen Wirkungskreis; hält eine Vergrößerung der hannoverschen Amtsbezirke für möglich, sobald erst einmal die Einwirkung der Behörden in Dingen, für welche sie unnöthig, ja schädlich ist, wie in Gewerbesachen, bäuerlichen Verhältnissen, abgeschafft sein wird. Den Polizeibehörden macht er zum Vorwurf, daß sie ihre Grenzen, namentlich dem öffentlichen Recht gegenüber nicht einzuhalten wissen. Er möchte den Rechtssinn, grade in der Verwaltung, gestärkt sehen. Die strenge Rechtlichkeit, von der er überall geleitet wird, gebietet ihm, wo immer die Aufhebung bestehender Rechte nothwendig wurde, auf Entschädigung zu dringen, auch wenn ein Recht zu Unrecht entstanden sein sollte. Diesen Standpunkt vertritt er insbesondere beim Jagdrechte, dessen Aufhebung er als ein völlig berechtigtes Verlangen der 1848er Bewegung anerkennt und als einen unermeßlich wichtigen Fortschritt preist. Dabei „soll der Jagd ihre Ehre bleiben; sie stärket die Glieder – und die Sinne“. Aber er weiß auch aus der Geschichte der hannoverschen Gesetzgebung, wie eine sonst auf Hebung der Landwirthschaft bedachte Regierung im Jagdwesen unhaltbare Zustände starr festhielt; „denn an Jagd und Jagdrecht knüpfen sich Eifer und Leidenschaft“. B. war ein Mann von munterem, frischem Geiste. Seine Schreibweise sticht [362] vortheilhaft ab von dem trockenen Tone, in den Verwaltungsbeamte bei ihren Darstellungen leicht verfallen. Er empfand das Bedürfniß, über die Gegenstände seiner Thätigkeit sich öffentlich auszusprechen, nicht um seine Person, seine Verdienste hervorzuheben – sie kommen kaum je zur Sprache –, sondern um das Publicum zu belehren und über die Absichten der Regierung und der Gesetzgebung aufzuklären. Neben Aufsätzen in Rau und Hanssen’s Archiv, der Tübinger Zeitschrift für die gesammte Staatswissenschaft, dem hannoverschen Journal für Landwirthschaft seien hier nur die zwei kleinern Schriften erwähnt, die dem Lieblingsgebiet seines Schaffens galten: „Die Umbildung der ländlichen Zustände infolge der Gemeinheitstheilungen und Verkoppelungen“ (1858) und: „Die Bauerhöfe und das Verfügungsrecht darüber“ (1862). Bis 1876 gehörte B. dem Abgeordnetenhause, bis 1883 dem Staatsdienste an. Nach 61jähriger Beamtenthätigkeit trat er in den Ruhestand und zog nach Hannover. Der Achtzigjährige blieb voll Theilnahme für geistige Interessen wie zuvor. In der Zeitschrift des histor. Vereins für Niedersachsen Jahrg. 1888 suchte er die Frage: welches Volk hat mit den Sachsen Britannien erobert? durch eine Identificirung der Angeln und Angrivarier zu beantworten: ein dilettantischer Versuch, der das Verdienst hat, eine historisch-ethnographische Widerlegung durch L. Weiland in der Festschrift für G. Hanssen (Tübingen 1889) hervorgerufen zu haben. Eine 1892 veröffentlichte Schrift: „Das deutsche Reichswahlgesetz und seine Umgestaltung“, gab den Sorgen Ausdruck, die das Anwachsen der Socialdemokratie im Reichstage dem patriotischen und liberalen Manne verursachte. Seine Verbesserungsvorschläge halten fest an der Allgemeinheit, bekämpfen aber die Gleichheit des Wahlrechts und suchen durch Erhöhung des Alters für die Wahlfähigkeit, öffentliche Abstimmung und gerechtere Vertheilung des Stimmrechts, als sie das preußische Dreiclassen-Wahlsystem in sich schließt, den Bedürfnissen des Staats Genüge zu thun. Bei der Feier seines fünfzigjährigen Dienstjubiläums am 30. October 1872 verlieh die Göttinger juristische Facultät B. die Doctorwürde. Das Diplom rühmte sein großes Verwaltungstalent, seine Geschicklichkeit und reformatorische Thätigkeit auf dem Felde der Gesetzgebung, seine Wirksamkeit als lehrreicher und scharfsinniger Schriftsteller. Es hätte aber auch der erfahrene Agrarpolitiker Anerkennung verdient, der bei aller Kenntniß des Bestehenden nicht dessen Mängel verkannte und seine Freude hatte an dem Bildungstriebe neuern Rechts, der mit stiller unwiderstehlicher Gewalt das Grundeigenthum wieder rein und frei von allen Lasten zu einem echten Eigenthum zu machen strebt.

Hannov. Courier 1895, 9. März, Nr. 19364. – Oppermann, Geschichte Hannovers I, 300 ff. – v. Hassell, Geschichte des Kgr. Hannover II, 270, 299. – Stüve, Biographie Lehzens (Hs.). – E. v. Meier, Hannov. Verf.- u. Verwaltungsgesch. II, 446, 598. – Verhandlungen des preuß. Abg.-Hauses 1867 u. ff.