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ADB:Diekamp, Wilhelm

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Artikel „Diekamp, Wilhelm“ von Paul Bahlmann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 47 (1903), S. 679–680, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Diekamp,_Wilhelm&oldid=- (Version vom 22. November 2024, 11:05 Uhr UTC)
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Diekamp: Wilhelm D., am 13. Mai (nicht 14. Juni) 1854 zu Geldern am Niederrhein geboren, siedelte mit seinen Eltern, die beide aus dem Münsterlande stammten, schon in früher Jugend nach Münster über, wo er von 1867–1872 das Gymnasium besuchte. Nachdem er sich zwei Semester in Würzburg, dann vier Semester in Münster dem Studium der Theologie gewidmet, unterzog er sich im Herbst 1875 der Prüfung für den Eintritt in das bischöfliche Priesterseminar; aber obgleich er diese als der beste unter den Examinanden bestanden, bestimmten ihn der Mangel an zureichendem Alter, sowie ernste Berufszweifel, vom Empfange der Weihen abzustehn und das Studium der Theologie mit dem der Geschichtswissenschaft zu vertauschen. Schon im nächsten Jahre machte er sich an die Bearbeitung der von der philosophischen Facultät in Münster gestellten Preisaufgabe „Widukind, der Sachsenführer, nach Geschichte und Sage“, erhielt am 22. März 1877 den vollen Preis und erwarb mit dem gedruckten ersten Theile (Münster 1877) – das Manuscript des zweiten, das er verliehen, ging verloren – am 6. August 1877 die philosophische Doctorwürde. Eine Erkrankung der Lungen, die sich infolge der Ueberanstrengung kurz darauf eingestellt, hielt ihn nicht ab, sich noch vor Jahresschluß auch der philologischen Staatsprüfung zu unterwerfen; leider aber legte die allzufrühe Wiederaufnahme der Arbeit den Grund zu einer Reihe von Leiden, die später immer wieder seiner ohnehin nicht allzufesten Gesundheit zusetzten und schließlich aus Mangel jeglicher Schonung seinen frühen Tod herbeiführten. Am 1. Januar 1878 trat D. zur Ableistung des Probejahrs am Gymnasium zu Münster ein; am 19. October 1878 wurde er zur Vertretung eines beurlaubten Lehrers dem Gymnasium zu Arnsberg überwiesen, Herbst 1879 zum ordentlichen Lehrer an der Gewerbeschule zu Aachen befördert und zum 1. October 1880 an das dortige Gymnasium berufen, hier aber krankheitshalber erst am 23. April 1881 verpflichtet. Während seiner Thätigkeit im Schuldienste hatte der junge Gelehrte in Hülskamp’s Literarischem Handweiser unter der Chiffre „Dr. A.“ einen Aufsehen erregenden Artikel „Zur Literatur der Diplomatik“ (Jahrg. 1876, Sp. 409 bis 416 und 441 bis 448) nebst zahlreichen kritischen Referaten und Notizen, vier Abhandlungen in der Zeitschrift für vaterländische Geschichte und Alterthumskunde und in dem Historischen Jahrbuch der Görres-Gesellschaft (1880 u. 1881), sowie den 4. Band der Geschichtsquellen des Bisthums Münster, die mustergültig edirten „Vitae S. Liudgeri (Münster 1881) erscheinen lassen. Seine glänzende Begabung für die Bearbeitung historischer Quellen bewog den Vorstand des münsterischen Alterthums-Vereins, ihm nach Giefers’ Tode († am 26. Nov. 1880) die Fortführung des Westfälischen Urkundenbuchs anzuvertrauen. Das bescheidene Einkommen, das ihm der Verein dank der Unterstützung der Provinzialstände zusichern konnte, ermöglichte es D., zur schnelleren Förderung des für die Erforschung der heimathlichen Geschichte [680] hochbedeutsamen Unternehmens seine bisherige Stellung am 1. September 1881 aufzugeben und sich, nach Münster zurückgekehrt, auch für die akademische Laufbahn vorzubereiten. Unmittelbar nach seiner am 2. März 1882 gehaltenen Habilitationsrede über „das Urkundenwesen des Papstes Gregor IX.“ begab sich D. mit Bewilligung der Akademie und des Alterthumsvereins nach Wien, um daselbst zwei Semester hindurch als außerordentliches Mitglied des von Theodor Sickel geleiteten „Instituts für österr. Geschichtsforschung“ eine gründliche Schule der Diplomatik durchzumachen; daneben förderte er seine begonnenen Arbeiten und durchsuchte die Bibliotheken nach handschriftlichen Schätzen. Auf mehrere glänzende Anerbieten, die ihm in Wien gemacht, verzichtend, begann er Ostern 1883 in Münster seine ungemein anregenden Vorlesungen und Uebungen; seine Hauptthätigkeit aber galt auch jetzt der gelehrten Forschung auf dem Gebiete der mittelalterlichen Papst- und westfälischen Provinzialgeschichte, deren zum Druck gelangte Ergebnisse zuerst von Hülskamp (Lit. Handw.) aufgezählt und in den Nekrologen von Mühlbacher und Schulte gewürdigt sind. Im September 1885 war endlich auch mit Beihülfe des Grafen Joh. v. Bocholtz-Asseburg die erste, bis zum Jahre 1019 reichende Lieferung des Supplements zum Westfälischen Urkundenbuche fertiggestellt und das Material für weitere Veröffentlichungen soweit gesammelt, daß er den Besuch des seit 1883 dem wissenschaftlichen Publicum geöffneten Vaticanischen Archivs nicht mehr länger hinausschieben wollte. Gegen Mitte October kam er, nach kurzem Aufenthalte in Mailand und anderen italienischen Städten, in Rom an und gönnte sich kaum Schlaf und Ruhe, um während der wenigen Wintermonate, für die er beurlaubt war, seine Pläne und Entwürfe möglichst zu fördern. Solchen Strapazen aber vermochte sein vielgemarterter Körper nicht lange zu widerstehen: er erlag nach achttägigem Krankenlager am 25. December 1885 einem typhösen Fieber und wurde am folgenden Tage, fern von der Heimath, auf dem Friedhofe des deutschen Campo santo zur ewigen Ruhe gebettet.

Vgl. F. Hülskamp im Westfälischen Merkur 1886, Nr. 4 (abgedruckt Kölnische Volksztg. 1886, Nr. 6) u. im Lit. Handweiser, Jahrg. 25, Münster 1886, Sp. 1–10. – E. Mühlbacher in den Mittheilungen des Instituts f. öst. Geschichtsforschung, Bd. 7, Innsbruck 1886, S. 206 f. – A. Schulte im Historischen Jahrbuch d. Görres-Gesellschaft, Bd. 7, München 1886, S. 266–274. – J. Galland in der Zeitschrift f. vaterl. Geschichte und Alterthumskunde, Bd. 441, Münster 1886, S. 189–196.