ADB:Eberhard, Johann August

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Artikel „Eberhard, Johann August“ von Arthur Richter in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 5 (1877), S. 569–571, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Eberhard,_Johann_August&oldid=- (Version vom 28. März 2024, 17:09 Uhr UTC)
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Eberhard: Johann August E., mehr Aufklärer und Aesthetiker als Philosoph im strengen Sinne des Wortes, wurde nach Ausweis des Kirchenbuches zu St. Martini den 31. Aug. 1739 zu Halberstadt geboren und starb 6. Jan. 1809 zu Halle. Sein Vater war Cantor an der Martinskirche und Lehrer am Martineum zu Halberstadt, ein lebensfroher, kenntnißreicher Mann. Er unterrichtete den Knaben zuerst selbst, dann gab er ihn auf die genannte Schule, die damals noch als Gymnasium bestand. 1756 bezog E., 17 Jahr alt, die Universität Halle, um Theologie zu studiren. Er beschäftigte sich mit derselben im Geiste eines S. J. Baumgarten und Semmler und dehnte seine Studien auch auf die Philosophie und classische Philologie aus. Gegen Ende des J. 1759 kehrte er nach Halberstadt zurück und nahm eine Hauslehrerstelle bei dem ältesten Sohne des Kriegs- und Domänenrathes bei der halberstädtischen Kammer Freiherm v. d. Horst an. Während des siebenjährigen Krieges lebte er auf dessen Gut Halden in Westfalen, nach Beendigung desselben siedelte er wieder nach Halberstadt über. Hier wurde er im August 1763 zum Conrector am Martineum und zweiten Prediger an der Hospitalkirche zum heiligen Geist berufen; dabei dauerte seine Stellung beim Freiherrn v. d. Horst fort. Letzterer ging 1763 als Präsident der kurmärkischen Kammer nach Berlin und wurde 1766 zum Staatsminister befördert. E. legte seine Aemter in Halberstadt nieder und folgte ihm nach Berlin, wo er noch mehrere Jahre in dessen Hause blieb. Der Umgang mit dieser Familie, ein ausgebreiteter Verkehr und fortgesetztes Studium förderten Eberhard’s geistige Entwicklung; auch eignete er sich Gewandtheit der Umgangsformen und des Ausdrucks an. Sehr bald nach seiner Uebersiedelung nach Berlin wurde er mit Nicolai und durch ihn mit Moses Mendelssohn bekannt und nahm an deren wöchentlichen Zusammenkünften und geistigem Verkehre Theil. 1768 übernahm E. wieder ein öffentliches Amt und zwar die Stelle eines Predigers beim Berliner Arbeitshause, womit die Predigerstelle zu Stralow ihrer kärglichen Einnahme wegen verbunden war. Die Frucht seiner fortgesetzten theologischen und philosophischen Studien war 1772 „Die neue Apologie des Sokrates“. Die Schrift ist durch die Polemik hervorgerufen worden, welche Peter Hofstede gegen Marmontel’s Bélisaire eröffnet hatte. Sie enthält eine Kritik der theologischen Lehren von der Erbsünde, Genugthuung, ewigen Strafen, Verdammung der Heiden und anderer im Sinne der damaligen Aufklärung. Die [570] Aufnahme des Buches war eine getheilte. Während Lessing dasselbe ein in vieler Hinsicht vortreffliches Buch nannte, nahmen nicht nur Theologen, sondern selbst Ernesti an demselben Anstoß. 1774 gab E. seine bisherige Stelle in Berlin ihrer geringen Einkünfte wegen auf und ging als Prediger nach Charlottenburg. In dieser Stellung arbeitete er zunächst den zweiten Theil seiner Apologie des Sokrates aus und antwortete darin auf die Angriffe Lessing’s, der die Lehre von der Ewigkeit der Höllenstrafe seiner Kritik gegenüber in Schutz genommen hatte. Dann gewann er im J. 1776 mit seiner „Allgemeinen Theorie des Denkens und Empfindens“ (2. Ausgabe 1786) den Preis der Berliner Akademie. Da er durch seine Ansichten mit seinem Beruf als praktischer Seelsorger in Conflict gerathen war, so folgte er 1778 einem Ruf als Professor der Philosophie an die Universität Halle. In demselben Jahre verheirathete er sich mit einer geborenen König, die ihn überlebt hat, doch blieb seine Ehe kinderlos. Die philosophische Facultät in Halle kam ihm mit dem Diplom eines Doctors der Philosophie und Magisters der freien Künste entgegen; sein Lehramt trat er im October 1778 mit einer Abhandlung „Von dem Begriff der Philosophie und ihren Theilen“ an. Dieselbe ist wegen der lehrreichen Rücksicht, die er darin auf die Geschichte der Philosophie nimmt, beachtenswerth. Als akademischer Lehrer hat E. nur mittelmäßige Erfolge errungen; er war ein Meister in der Umgangssprache, die reine wissenschaftliche Darstellungsform beherrschte er aber nicht in gleichem Maße und sein Kathedervortrag war stockend. Mehr wirkte er durch persönlichen, lehrreichen Verkehr mit den Studirenden. Aus seinen Vorlesungen gingen Handbücher über verschiedene Theile der Philosophie hervor, von denen die „Allgemeine Geschichte der Philosophie“, 1788 und 1796 in ihrer Zeit ein bedeutendes Werk ist. – Die Titel der übrigen Handbücher lauten: „Vorbereitung zur natürlichen Theologie oder Vernunftlehre der natürlichen Theologie“, 1787; „Sittenlehre der Vernunft“, 1781 und 1786; „Theorie der schönen Wissenschaften“, 1783, 86, 90; „Kurzer Abriß der Metaphysik“, 1794. Sie zeigen den Umkreis seiner Vorlesungen an, ihr Standpunkt ist der der Leibnitz-Wolff’schen Philosophie. – Die schriftstellerische Thätigkeit, welche mit den Vorlesungen nicht in unmittelbarem Zusammenhang stand, eröffnete E. 1782 durch Herausgabe des „Amyntor“ in Briefform; er enthält eine Widerlegung des Epicurismus und ist schon in Charlottenburg verfaßt. Eberhard’s weitere wissenschaftliche Bedeutung wurde durch seine Stellung zur kritischen Philosophie bedingt. Sie verdient Beachtung, obwol sie ihn in seiner Zeit in manchen Conflict verwickelte und ihm viel geschadet hat. Er war der Ansicht, daß Kant’s Kritik die bisherige Philosophie durchaus nicht völlig aufhob, und gab zwei Zeitschriften heraus: „Das philosophische Magazin“, 4 Bde., 1787–95, und „Philosophisches Archiv“, 2 Bde., 1793 bis 1795, welche sich die Bekämpfung der kantischen Philosophie zur Aufgabe machten. Kant antwortete mit der Abhandlung: „Ueber eine neue Entwicklung, durch die alle Kritik der reinen Vernunft durch die ältere entbehrlich gemacht werden soll“, 1790, und der Eindruck dieser Schrift beim Publicum war für E. durchaus ungünstig. Nun wandte sich dieser andern Gegenständen des Studiums zu, veröffentlichte 1795 eine „Allgemeine Synonymik der sinnverwandten Wörter der hochdeutschen Sprache“ in 6 Bdn., und darauf ein schätzbares „Handbuch der Aesthetik für gebildete Leser aller Stände in Briefen“, 1803 bis 1805 in 4 Bdn. Sein letztes Werk war „Der Geist des Urchristenthums“, 1808. Es reihen sich daran eine Anzahl kleinerer Aufsätze und Recensionen in der Berliner Monatsschrift, im Biographen, der Allgemeinen deutschen Bibliothek u. a. m. Ich mache von ihnen ein „Leben des Leibnitz“ und eine Abhandlung „Ueber Staatsverfassung und ihre Verbesserung“ namhaft. Eberhard’s Thätigkeit blieb [571] die Anerkennung nicht aus. Am 21. Novbr. 1786 wurde er als auswärtiges Mitglied in die Berliner Akademie der Wissenschaften aufgenommen. 1805 erhielt er den Titel Geheimrath, 1808 ertheilte ihm die Hallenser Facultät die theologische Doctorwürde. Er starb im 70. Lebensjahre plötzlich ohne Vorboten des Todes.

E. Sprengel in Wieland’s Neuem Merkur 1809, 4. Stück. S. 283. Friedrich Nicolai, Gedächtnißschrift auf J. A. Eberhard, gelesen in der Berliner Akademie am 10. Febr. 1810. Berlin 1810. A. H. Niemeyer, Gedächtnißpredigt, in den Akadem. Predigten und Reden. S. 121.