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ADB:Forchhammer, Peter Wilhelm

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Artikel „Forchhammer, Peter Wilhelm“ von Johann Saß in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 48 (1904), S. 625–630, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Forchhammer,_Peter_Wilhelm&oldid=- (Version vom 8. Oktober 2024, 03:03 Uhr UTC)
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Forchhammer: Peter Wilhelm F., Professor der classischen Alterthumswissenschaft an der Universität Kiel, wurde am 23. October 1801 in Husum geboren. Sein Vater, welcher Lehrer an der dortigen Bürgerschule und ein sehr tüchtiger Pädagoge war, kam im December 1803 als Rector der Stadtschule und Leiter des 1788 gegründeten Lehrerseminars nach Tondern. Er starb bereits im Jahre 1810 und hinterließ sechs Söhne und eine Tochter. Um der Mutter die Sorge für das Fortkommen ihrer Kinder etwas zu erleichtern, nahm ein Verwandter, der Hofbesitzer Bendix Thayssen auf Nienhof in der Widingharde, den jüngsten der Brüder, Peter Wilhelm, auf einige [626] Jahre zu sich und ließ ihn zusammen mit seinen Söhnen durch einen Hauslehrer unterrichten. Die tiefen Eindrücke, welche F. während dieser Jugendjahre auf dem Lande, inmitten der Marsch mit ihrer eigenthümlichen Natur und ihren so eigenartig ausgeprägten Lebensgewohnheiten, empfing, hat er nach seinen eigenen Worten nie vergessen. Ein Stück der urwüchsigen Naturkraft des Marschbodens ist übergeströmt in das leicht empfängliche Wesen des Knaben. Es ist mit ihm gewachsen und ihm eigen geblieben sein ganzes Leben hindurch. Vielleicht liegen hier auch die ersten Wurzeln des für den späteren Gelehrten so charakteristischen Strebens, die Erscheinungen des Volkslebens aus der Natur heraus zu verstehen. In welchem Grade die Natur auf die Anschauungen und Gewohnheiten der Bewohner bestimmend einwirkt, das eben hatte er in der Marsch immer wieder beobachten können. Die Nothwendigkeit, sich für das Gymnasium vorzubereiten, führte F. nach Tondern zurück. Den ersten lateinischen Unterricht empfing er von einem Freunde des Hauses, dem damaligen Hardesvogt Tönsen, einem Schwager des Juristen Thibaut. Nachdem er dann die lateinische und griechische Classe des Nachfolgers seines Vaters, des Rectors Jacob Decker absolvirt hatte, wurde er, in jeder Beziehung mit gründlichen Vorkenntnissen ausgerüstet, Michaelis 1817 in die Secunda des Lübecker Gymnasiums aufgenommen, welches ihn 1821 „Gottlob noch ohne Maturitätsexamen und Schulrath“ zur Universität entließ. In Kiel, wo F. am 10. Mai 1821 immatriculirt war, wurde Wilhelm Wachsmuth sein Hauptlehrer für die classischen Studien. Während seines letzten Semesters (1824) hielt er sich in Leipzig auf und schloß sich hier besonders an Gottfried Hermann an. Nach Beendigung des Universitätsstudiums ging F. auf ein halbes Jahr nach Kopenhagen zu seinem Bruder Georg, der eine Professur für Mineralogie und Chemie an der Universität daselbst innehatte. Dieser Aufenthalt in der dänischen Hauptstadt war für den jungen Gelehrten insofern von Bedeutung, als er während dieser Zeit Gelegenheit fand, in dem Münzcabinet des Erbprinzen Christian, des späteren Königs Christian VIII., zu arbeiten und die Aufmerksamkeit und Zuneigung des allen wissenschaftlichen Bestrebungen seiner Zeit günstig gestimmten Fürsten auf sich zu lenken. Nach Kiel zurückgekehrt, bereitete er sich für seine Promotion vor, während er gleichzeitig in dem Hause des Syndikus Jahn dessen Söhne Otto und Hugo unterrichtete. Mit Otto Jahn ist er auch später in dauernder Freundschaft verbunden geblieben. Im November 1828 wurde er auf Grund seiner Dissertation „Quaestiones Areopagiticae“, die aber, wie alle Dissertationen der philosophischen Facultät damals, dem Druckzwang nicht unterlag, zum Dr. phil. promovirt, und im folgenden Jahre habilitirte er sich als Privatdocent an der Kieler Universität, der er dann fast 65 Jahre lang, seit 1836 als außerordentlicher, seit 1843 als ordentlicher Professor angehört hat.

Das wichtigste Ereigniß in Forchhammer’s wissenschaftlichem Leben, das von bestimmendem und grundlegendem Einfluß auf seine ganze wissenschaftliche Lebensarbeit wurde, waren die beiden großen Forschungsreisen, die er in den Jahren 1830–1834 und 1838–1840 nach den Stätten des classischen Alterthums unternahm. Je tiefer er sich in das Studium der Alten versenkte, um so fester reifte in ihm die Ueberzeugung, daß – wir geben ihm selbst das Wort – „für eine gründliche und umfassende Kenntniß des classischen Alterthums die bloße Kenntniß der Sprache und Schriftwerke der Griechen und Römer durchaus nicht genügend sei, sondern daß dazu außerdem nothwendig erforderlich seien sowohl eine reiche Bekanntschaft mit den Bildwerken und Monumenten jener Völker als eine möglichst ins Einzelne gehende Anschauung der bedeutenden Localitäten der alten Welt, sowie ihrer gesammten Natur [627] und klimatischen Metamorphose“. „Lust und Liebe sind die Fittiche zu großen Thaten“ – dies Goethewort sollte sich in der Folge auch an F. erfüllen. Von echter Begeisterung getragen, setzte er seine Reisen mit großer Energie ins Werk, die vielen Schwierigkeiten und Gefahren, die es zu überwinden galt, schreckten ihn nicht, glücklich führte er alle Pläne ans Ziel, und die reichen Früchte, welche er für die Wissenschaft heimbrachte, zeigen deutlich, „daß diesen Wanderjahren weder touristische Neugier noch sentimentale Empfindelei zu Grunde lag, sondern folgerichtige Selbstbestimmung eines Gelehrten“. Immer reiste er in lebendigem Verkehr mit dem Volke, in der Volksseele selbst die Lösung für manches Räthsel suchend, vor dem die Wissenschaft bisher hatte Halt machen müssen. Diese Zeit bildete einen idealen Höhepunkt in seiner Forscherlaufbahn. Da öffnete sich ihm „weit, hoch, herrlich der Blick rings ins Leben hinein“, ein tiefer Blick in das Leben der classischen Vergangenheit, an der seine ganze Seele hing. Wenn Forchhammer’s Interesse und schriftstellerische Thätigkeit bis dahin mehr den auf rein geschichtlichem und antiquarischem Gebiete liegenden Untersuchungen angehört hatte, so wurde er durch seine Reisen besonders der Topographie, Mythologie und Archäologie zugeführt. Die „Topographie von Athen“ (1841) ist, wenn auch manche in ihr ausgesprochene Ansicht vielfach angefochten wurde, doch ein Werk von bleibendem Werth, ebenso die das Hauptergebniß der zweiten Reise bildende, von dem Marinelieutenant der englischen Mittelmeer-Vermessungsexpedition Spratt gezeichnete und von F. mit Erläuterungen versehene Karte der Ebene von Troja (1850). Forchhammer’s mythologisches Hauptwerk erschien 1837 unter dem Titel „Hellenika. Griechenland im neuen das alte.“ Es enthält die wichtigsten Resultate der ersten Reise und zugleich die Grundzüge der ganzen Theorie Forchhammer’s über die Entstehung und Erklärung der hellenischen Mythen. Die Schrift gründete sich, wie der Verfasser in einer kurzen in seinem Nachlaß enthaltenen Autobiographie sagt, „auf das mit eigenen Augen in den verschiedenen Gebieten der alten griechischen Staaten Gesehene und unterschied sich von früheren Reisebeschreibungen dadurch, daß die größere Aufmerksamkeit vorzugsweise auf terrestrische und klimatologische Verhältnisse gerichtet war, mit einem Wort, auf das Bleibende, also auch Uralte des Landes und seiner Natur, welches auf seine Bewohner, deren Cultur, deren religiöse und politische Vorstellungen und Entwicklung und somit auf seine ganze Geschichte einen großen Einfluß mußte gehabt haben“. Die Mythen sind nach F. nur an Ort und Stelle zu verstehen, sie sind ein Niederschlag bestimmter örtlicher, speciell atmosphärischen Erscheinungen und schildern jährlich wiederkehrende Vorgänge in der Natur als Thaten der Götter und Heroen. Von diesem Grundgedanken ausgehend behandelt er jeden einzelnen Mythos, indem er besonders auch das Wasser in allen Erscheinungsformen seines Kreislaufes in der Natur zur Erklärung heranzieht. Im einzelnen enthalten diese mythologischen Arbeiten manche Feinheiten – man braucht nur an die Deutung der athenischen Mythen von den drei Tauschwestern zu erinnern – der Theorie selbst jedoch in ihrer einseitigen Durchführung vermag die heutige Wissenschaft nicht mehr zuzustimmen. Für ihre Zeit aber und gegenüber den Leistungen der Vorgänger bedeutet Forchhammer’s Mythologie einen entschiedenen Fortschritt. Ein frischer Luftzug ist durch sie in die Forschung gedrungen und fruchtbare, auch für die Gegenwart noch werthvolle Anregungen sind von ihr ausgegangen. F. selbst aber hat den zuerst in der „Hellenika“, diesem „gewaltigen, aber auch gewaltsamen Buche“, wie sein Freund Adolf Trendelenburg es nennt, betretenen Weg nicht wieder verlassen, sondern ihn unbeirrt durch den Widerspruch gegnerischer Stimmen immer weiter verfolgt. Der zweite Band der Hellenika, [628] welcher die thebanischen Mythen behandeln sollte, ist freilich nie erschienen, dafür aber eine ganze Anzahl größerer und kleinerer Schriften zur Mythologie, die alle jene Theorie theils weiter ausführen und tiefer begründen, theils sie zur Erklärung anderer Mythen, besonders der troischen Sage, der Gründungssage von Rom und der Sage von Io in Anwendung bringen. Bis in sein hohes Alter vertheidigte F. seine Ueberzeugung scharf und energisch gegen alle Angriffe. Auch sein letztes Buch „Homer, seine Sprache und die Kampfplätze seiner Götter und Heroen. Ein letztes Wort zur Erklärung der Ilias“ – es erschien 1893, nicht lange vor seinem Tode – ist in diesem Sinne geschrieben. Dies hartnäckige Bestehen des Gelehrten auf der einmal gewonnenen Ueberzeugung ist ein Stück seiner innersten Persönlichkeit. Immer wieder begegnet uns dieser Zug seines Wesens. „Er war kein Mann der Angleichung“ , sagt Bruns in seiner Gedächtnißrede, „und der Widerspruch der Majoritäten bestärkte ihn im Festhalten an der eigenen Meinung. Leicht stellten sich ihm, dem eigengearteten, die Dinge eigenartig dar. Aber es war immer seine ehrliche Meinung, für die er focht, und für die Sache, die ihm die gute schien, kämpfte er mit einer Klinge, die gefürchtet war und bis in seine letzten Jahre nicht rostete. Seine Anschauungen, die ihm in seinen besten Jahren wie eine Offenbarung aufgegangen waren, hütete er sorgsam und suchte sie durch unablässige Arbeit zu erweitern. Er war im guten Sinne vollkommen unmodern, ein Humanist alten Schlages, und stand zu den Alten in einem völlig unmittelbaren Verhältniß, er liebte sie wie Freunde, und seine Freundschaft war warm und (es sind seine eigenen Worte) verschmähte die logische Begründung.“ Besonders charakteristisch in dieser Beziehung war auch die Schrift „Die Athener und Sokrates. Die Gesetzlichen und der Revolutionär“ (Berlin 1837). Alle Jahrhunderte, die seit dem Auftreten des Sokrates verflossen waren, hatten für ihn Partei genommen, F. entschied gegen ihn und suchte in seinem großes Aufsehen erregenden Buche in geistvoller Weise das Verhalten der athenischen Richter als ein völlig gesetzmäßiges und ihr Urtheil als ein durchaus gerechtes darzulegen.

Die leidenschaftliche Liebe, mit welcher F. am Alterthum hing, ließ ihn auf allen Lebensgebieten desselben heimisch werden, alles zog er in den Kreis seiner Studien, in alles suchte er Licht zu bringen und, wo es nur möglich war, die Resultate seiner Forschungen auch für die Gegenwart zu verwerthen. So verfolgte er in seinen Schriften zur Archäologie und Kunstgeschichte vor allem auch den Zweck, in weiteren Kreisen der Gebildeten Theilnahme und Verständniß für diese Gegenstände zu wecken. Immer wieder predigte er seinen Zeitgenossen in Reden und Flugschriften die Schönheit des Alterthums und seiner Werke, und hatte mit dieser Art, die Archäologie sozusagen praktisch zu betreiben, keinen geringen Erfolg. Er war der Begründer und langjährige Leiter des 1842 in Kiel eröffneten Museums von Gypsabgüssen antiker Skulpturen, einer Schöpfung, welche nicht wenig dazu beigetragen hat, Forchhammer’s Landsleuten die bildende Kunst der Alten näher zu bringen. Das Interesse für die Darstellung des Schönen in der Architektur suchte er zu heben durch das feinsinnige Büchlein „Ueber Reinheit der Baukunst“ (1856), von dem im Jahre 1875 eine zweite Auflage nöthig wurde. Ueber das Wesen der Kunst im allgemeinen zu belehren, war das Ziel des im Winter 1863 gehaltenen Vortrags „Das Schöne ist schwer“.

Obwohl F. sich in dieser Weise im allgemeinen hauptsächlich an die Realien des Alterthums hielt, stand er doch auch zu der antiken Philosophie in einem nahen Verhältniß. Kritische oder exegetische Fragen interessirten ihn freilich weniger, und nur ganz selten hat er solche in eigenen Aufsätzen behandelt. [629] Immer lag ihm in erster Linie der sachliche Inhalt am Herzen, und dies bei keinem der griechischen Philosophen mehr als bei Aristoteles, den er von Grund aus kannte und mit größter Vorliebe erklärte. Seine letzte und umfangreichste Schrift über ihn: „Aristoteles und die exoterischen Reden“ (1864) widmete er seinem Freunde Trendelenburg. Ganz in sein eigenes Wesen aufgenommen hatte F. die Staatslehre des Stagiriten. Sie ist für seine politische Thätigkeit, besonders auch für seine schriftstellerischen Arbeiten auf diesem Felde durchaus maßgebend geworden. Nicht nur als Gelehrter war er ein Mann des Volkes, sein ganzes Leben hindurch hat er als Demokrat im besten Sinne des Wortes auch an dem politischen Leben intensiven Antheil genommen. Mit größtem Nachdruck schilderte er in Reden und Aufsätzen stets aufs neue das Ideal eines Menschen und Bürgers, eines Königs und einer Staatsverfassung, wie es Aristoteles in seiner Politik aufgestellt hat. In ihr erblickte er etwas Vollkommenes, und indem er die Oeffentlichkeit unermüdlich darauf hinwies, hoffte er auf die politischen Anschauungen der Gegenwart veredelnd einzuwirken. Zu diesem Zwecke schrieb er auch 1849 sein „Demokratenbüchlein“, das in der Hauptsache eine Erörterung der Aristotelischen Staatslehre enthielt. Von dem Freiheitssturm des Jahres 1848 fühlte auch F. sich in tiefster Seele ergriffen. Doch laut erhob er seine Stimme zu der ernsten Mahnung, Maß zu halten und duldsam zu sein. Das Schicksal Schleswig-Holsteins verfolgte er mit einer Hingebung als gälte es sein eigenes. Leidenschaftlich kämpfte er für die Freiheit und Unabhängigkeit seiner Heimath sowie für die Anerkennung der Rechte des Herzogs Friedrich, und es mag ihm zuerst nicht leicht geworden sein, Zeuge sein zu müssen, daß die Geschichte der Herzogthümer einen so ganz anderen Verlauf nahm, als er es ersehnte. Nach den Ereignissen von 1870/71 schwand jedoch jede Erbitterung aus seinem Herzen, und vollkommen ausgesöhnt mit der Neugestaltung der Dinge hat er auch im neuen Reiche Jahre lang freudig seine bewährte Kraft in den Dienst des politischen Lebens gestellt. Von 1867–1873 gehörte er dem preußischen Landtage, von 1870–1873 auch dem deutschen Reichstage an, und seit 1876 vertrat er die Universität Kiel im Herrenhause.

Seine akademische Lehrthätigkeit faßte F. in dem hohen Sinne und mit dem ganzen Ernste auf, der ihm immer eigen war. Das Ziel aller Erziehung und Bildung sah er in der völlig harmonischen Entwicklung aller Kräfte und Fähigkeiten des Körpers und Geistes im Dienste der Gesammtheit. Für die Interessen der Universität, dieser wichtigsten Bildungsstätte, und speciell für die classischen Studien, die ihm als die lauterste Quelle menschlicher Geistesbildung erschienen, trat F. jederzeit thatkräftig ein. Sein unbestechliches und nach schleswig-holsteinischer Art stark ausgeprägtes Rechtsgefühl scheute vor keinen Schwierigkeiten zurück, wenn es galt, das, was er einmal als das Richtige erkannt hatte, durchzusetzen oder zu vertheidigen. „Einen Schatz von Liebe und Aufopferung, der ihr durch zwei volle Generationen gewidmet war“, hat die Christiana Albertina mit ihm verloren.

F. war wie Odysseus ein ἀνἡρ πολύτροπος, πολλῶν δ'ἀνθρῶπων ἴδεν ἄστεα καὶ νόον ἔγνω. Aber die Sehnsucht nach der Heimath verließ ihn auf seinen Wanderungen keinen Augenblick, an ihr hing er mit allen Fasern seines Wesens, ihr diente er mit dem Besten, das er zu geben hatte. In der Heimath schenkte ein gütiges Geschick ihm, dem lange Einsamen, schließlich auch noch ein spätes Eheglück. Im J. 1872 verheirathete er sich mit der Tochter eines Jugendfreundes, des früh verstorbenen Rectors der Schleswiger Domschule Wilhelm Olshausen, mit der ihm dann noch ein 22jähriges ungetrübtes Zusammenleben beschieden war. Bis in sein höchstes Alter bewahrte er sich [630] die Jugendlichkeit seines Herzens und die Frische und Lebendigkeit seines Geistes. Eigentliches Kranksein blieb ihm erspart. Am 8. Januar 1894 wurde er durch einen sanften Tod hinweggenommen.

In seinem gehaltvollen Aufsatze „Materie und Geist“ (1889) erinnert F. an ein Wort Kaiser Friedrich’s, das dieser als Kronprinz bei dem 50jährigen Jubiläum der Berliner Museen gesprochen hatte: „Wir wissen, wie in den Tagen unseres größten nationalen Unglücks, als alles zu wanken schien, der Gedanke an die idealen Ziele der Menschheit sich schöpferisch stark und lebendig erwies. Dankbar dürfen wir jetzt genießen, was die grundlegende Arbeit jener trüben Zeit geschaffen hat. Aber wir können dieses Genusses nur froh werden, wenn wir auch der Pflichten eingedenk sind, welche er uns auferlegt. Es gilt heute vielleicht mehr als je, an unsern idealen Gütern festzuhalten und die Erkenntniß von ihrem Werthe und ihrer rettenden Macht unserem Volke mehr und mehr zu erschließen“. Das war auch Forchhammer’s innerste Ueberzeugung. In diesem Sinne hat er mit Einsetzung seiner besten Kräfte gelebt und gestrebt, ein ganzer Mann, furchtlos, selbständig und keiner Schablone unterworfen. Und so wird sein Gedächtniß fortdauern.

Vgl. A. Höck und L. Pertsch, P. W. Forchhammer. Ein Gedenkblatt. Mit einem Anhang: Briefe von und an Forchhammer. Kiel 1898. – I. Bruns, Rede bei der Trauerfeier für P. W. Forchhammer, in: Chronik der Universität Kiel für das Jahr 1893/94, S. 19–26, auch abgedruckt bei Höck und Pertsch, S. 150 ff. – Alberti, Schriftstellerlexikon, 1829 bis 1866, Abth. 1, S. 224–226, und 1866–1882, Bd. I, S. 190–191. – Biographisches Jahrbuch für Alterthumskunde (Beiblatt zu Bursian’s Jahresbericht über die Fortschritte der classischen Alterthumswissenschaft), Jg. 20, 1897, S. 41–63 (Nekrolog und Schriftenverzeichniß von E. Alberti).