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ADB:Friedrich (Bischof von Augsburg)

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Artikel „Friedrich, Graf von Zollern“ von Friedrich Roth in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 49 (1904), S. 93–96, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Friedrich_(Bischof_von_Augsburg)&oldid=- (Version vom 16. Oktober 2024, 01:23 Uhr UTC)
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Friedrich, Graf von Zollern, Bischof von Augsburg. Friedrich Graf von Zollern stammte aus dem schwäbischen Zweige des Hauses Hohenzollern. Er war ein Sohn jenes mit Kaiser Friedrich III. in engerem Verhältniß stehenden Grafen Jos v. Zollern, der die von den Reichsstädten zerstörte Stammburg seines Geschlechtes wieder aufbaute, ein Bruder des bekannten Eitelfritz v. Zollern, der König Maximilian im Krieg und Frieden, im Reichs- und Hofdienste als einer seiner vertrautesten Räthe zur Seite stand, ein Bruder auch jener Grafen v. Zollern, die in den niederländischen Kämpfen Maximilian’s ihr Leben verloren. Seine Mutter war eine geborene Gräfin v. Werdenberg, eine Schwester des Augsburger Bischofs Johann v. Werdenberg und des Hugo v. Werdenberg, der als Geheimer Rath Kaiser Friedrich’s eine führende Rolle in der Reichspolitik spielte.

F. wurde im J. 1450 geboren, widmete sich dem geistlichen Stande und erhielt sehr frühzeitig Canonicate zu Straßburg und Konstanz. Im J. 1468 ging er an die Universität Freiburg, zwei Jahre später treffen wir ihn in Erfurt, wo er als Student zum Rector gewählt wurde, und im J. 1477 in gleicher Würde wieder in Freiburg. Hier in Freiburg trat er in Verkehr mit dem fünf Jahre älteren berühmten Geiler v. Kaisersberg, der damals an der dortigen Hochschule als Lehrer der Theologie wirkte. Dieses Verhältniß befestigte sich, als beide, F. als Domdecan, Geiler als Prediger am Münster später in Straßburg nebeneinander thätig waren, und der letztere benützte den über den jüngeren Freund gewonnenen Einfluß, um diesen auch in der Zukunft, soweit es ging, in seinem Sinne zu leiten. Außer mit Geiler pflog F. in Straßburg noch mit einer Anzahl anderer hervorragender Männer, von denen der Humanist Peter Schott und der Münsterpfarrer Johannes Rot hervorzuheben sind, freundschaftlichen Umgang, der ihn in seinen wissenschaftlichen Neigungen und der ihm von Geiler eingepflanzten kirchlichen Gesinnung förderte.

F. wurde, nachdem er Priester geworden, von Kaiser Friedrich auf die reiche Pfarrei Rusbach im Passauischen und von dem Bischof von Forli auf die Pfarrei Offenburg in Baden präsentirt und erfreute sich bereits beträchtlicher Einkünfte, als sich ihm durch den Tod seines Oheims, des Bischofs von Augsburg (Fbr. 1486), neue, glänzende Aussichten eröffneten. Die Habsburger wandten nämlich in ihrem Bestreben, sich der Familie Friedrich’s und den Werdenbergern dankbar zu erzeigen, ihren ganzen Einfluß auf, um ihm das erledigte Bisthum zu verschaffen. Sie standen damit in Gegnerschaft zu der starken Wittelsbach’schen Partei, die für ein Glied ihres Hauses, den Augsburger Dompropst Johann, das Bisthum zu gewinnen trachtete. Schließlich ging F. siegreich aus dem Wahlkampfe hervor, indem er am 21. März 1486 [94] einstimmig gewählt und postulirt wurde. Nur zögernd, nachdem er sich vorher des Beistandes des Kaisers und Maximilian’s, dessen Wahl und Krönung er persönlich anwohnte, versichert, nahm er die ihm dargebotene Würde, die ihn mit den Wittelsbachern in Conflict zu bringen drohte, an. Die päpstliche Bestätigung erfolgte ohne Anstand am 14. Juni, am 12. September die Ordination durch den Bischof von Konstanz, im Februar des nächsten Jahres die Belehnung mit den Regalien.

Von Geiler mit Nachdruck auf die mit seiner hohen Würde verbundenen Verpflichtungen hingewiesen, war er darauf bedacht, für seine Person mehr als die meisten gleichzeitigen Bischöfe den geistlichen Charakter seines Amtes zu wahren. Er verrichtete bei festlichen Gelegenheiten die gottesdienstlichen Handlungen selbst, trug im Gegensatz zu seinen Standesgenossen, deren Aufzug, wie er selbst sagt, oft dem von Musikanten glich, eine einfache, würdige Tracht und führte, was sogar die böse Zunge des Verfassers der Zimmern’schen Chronik sagen muß, „glaublich“ ein „keusches und reines Leben“ bis an sein Ende. Dabei war er aber durchaus kein Asket, wie Geiler es wohl gewünscht hätte. Er verschmähte es bei ihm passend erscheinenden Gelegenheiten nicht, mit dem ganzen, seiner landesherrlichen Stellung entsprechenden Pomp aufzutreten, sich die Vergnügungen des Carnevals wenigstens anzusehen, sich von seinen geistlichen Geschäften durch Jagden und Badereisen zu erholen und einen gastfreien, „tapfern“ Hof zu halten.

Seinen Obliegenheiten als Bischof bemühte er sich mit Gewissenhaftigkeit nachzukommen. Er berief noch im J. 1486 eine Synode nach Dillingen, um seinem Diöcesanclerus die bestehenden Statuten neu einzuschärfen, setzte das Ceremoniell der Messe, das in Unordnung gerathen war, durch ein neues Missale fest, ließ ein gereinigtes und verbessertes Brevier verfassen und zur Erzielung einer Gleichmäßigkeit bei der „Administration der Sacramente“ ein den Vorschriften entsprechendes Ritual anfertigen. Das Klosterwesen suchte er durch Visitationen zu heben und den religiösen Geist des Volkes auf jede Weise zu wecken. Zu letzterem Zwecke bewog er seinen Lehrer und Freund Geiler nach Augsburg zu kommen, wo dieser vom St. Michaelstage 1488 bis Anfang des Jahres 1489 fast täglich unter großem Zulauf des Volkes im Dome predigte. Auch errichtete F. gegen das Ende seines Lebens eine Prädicatur im Dome, nachdem er dort schon vorher das Amt eine Poenitenzers gestiftet hatte. Von anderen Stiftungen dieses Bischofs sind die des Collegiatstiftes zu Dillingen und die des „Tenebrae“ im Dome zu nennen, bei welchen, wie üblich, gottesdienstliche Verrichtungen mit einem Wohlthätigkeitsact vereinigt waren.

Die Zeit Bischof Friedrich’s war reich an großen, weithin ihren Glanz verbreitenden kirchlichen Festen, von denen einige durch die Gegenwart König Maximilian’s verherrlicht wurden. So wurden im J. 1491 die Ueberreste des hl. Simpert unter ungeheurem Pompe in eine neue Grabstätte übergeführt, während des Reichstages im J. 1500 die Kirche von St. Ulrich geweiht, zur Abwendung einer Theuerung und anderen durch „Kreuzregen“ angekündigten Unheiles im J. 1503 eine große Procession abgehalten, an welcher sich sechzig Tausend Menschen betheiligt haben sollen. Für die angestrittene Echtheit der bekannten „wunderbaren Hostie“ zum hl. Kreuz in Augsburg trat er mit dem ganzen Gewicht seiner Persönlichkeit ein, so daß ein eigener Festtag zu Ehren der Hostie in den Kalender der Domkirche aufgenommen wurde. Man kann sagen, daß sich in Augsburg gerade unter Bischof F. der äußere Glanz des katholischen Kirchenthums unmittelbar am Vorabende der Reformation noch einmal mit aller Pracht entfaltete.

[95] Unter den Reichsfürsten nahm F., wenn er auch nicht als Politiker im großen Stile auftrat, wie etwa sein Zeitgenosse, der Erzbischof Berthold von Mainz, eine geachtete Stellung ein. Bei den Reichstagen war er, soweit es ihm möglich, persönlich anwesend, und die dort gefaßten Beschlüsse führte er an seinem Theile mit Eifer aus. Als Mitglied des schwäbischen Bundes, dem er fast von dessen Entstehung an angehörte, hatte er Gelegenheit, dem Kaiser und König manchen werthvollen Dienst zu leisten, ebenso als Commissär; als solcher war er z. B. thätig bei den Friedensverhandlungen von Senlis, bei dem Empfange Maria Blanca’s, der Braut Maximilian’s, bei den Friedensbesprechungen auf dem Lechfelde im J. 1492, bei den Unterhandlungen zwischen Tirol und Chur vor Ausbruch des Schweizerkrieges und bei dem wegen der Landshuter Erbfolge eingesetzten Schiedsgerichte im J. 1504.

Als weltlicher Landesherr hatte er manches von der Mißgunst der ihm feindlich gesinnten Wittelsbacher zu leiden, namentlich von Herzog Georg. Dieser brachte die von dem Herzog Sigmund von Tirol an das Bisthum Augsburg verpfändete Markgrafschaft durch Entrichtung der Pfandsumme im J. 1487 an sich und entriß dem Bischof gleich nach dessen Regierungsantritt die dem Bisthum zugehörige Schirmvogtei über das Kloster Ottobeuren; doch gelang es F., sich bald wieder in den Besitz des ihm Entzogenen zu setzen. Die Schirmvogtei über Ottobeuren erlangte er schon im J. 1488 wieder, die Markgrafschaft Burgau zehn Jahre später, als der unterdessen in den Besitzstand Sigmund’s eingetretene König Maximilian das von den Burgauern selbst ausgelöste und ihm zugestellte Land wieder an F. verpfänden mußte. Die Lage seiner Unterthanen bemühte er sich durch Verbesserungen auf dem Gebiete der Rechtspflege und einige Milderungen der Leibeigenschaftsverhältnisse zu heben. Im übrigen war er ihnen ein zwar gerechter, aber in Geldsachen genauer, namentlich mit der Kriegssteuer „etwas zu unmilder“ Herr. Er gewann dadurch die Mittel, um verpfändete Güter des Bisthums an dasselbe zurückzubringen, einige neue zu erwerben, mehrere Bauten, vor allem in Dillingen und Füssen, aufzuführen und dem Domcapitel wie dem Bisthum beträchtliche Summen zu hinterlassen.

Mit der Stadt Augsburg hatte er wie die meisten seiner Vorgänger verschiedene Zwistigkeiten, die zeitweilig eine ernstliche Spannung zwischen dieser und ihm nebst seinem Domcapitel hervorriefen. Ein Streit wegen der von beiden Seiten beanspruchten Reichsvogtei über Schwabmünchen und andere Orte hätte im J. 1492 beinahe zu einem blutigen Zusammenstoß geführt. Außerdem schwebte zwischen ihm und der Stadt ein erbitterter Proceß infolge eines bereits unter seinem Vorgänger zu Stande gekommenen Statutes, welches nicht nur die Augsburger Bürger, sondern auch die Bürgerssöhne vom Domcapitel ausschloß.

Angenehm und freundlich war das Verhältniß des Bischofs zu seiner Familie. Seinem Vater, der öfter in seinem Gefolge erscheint und auch bei ihm zu Augsburg in der bischöflichen Pfalz starb, brachte er bis ans Ende kindliche Liebe und Verehrung entgegen. Den Kindern seiner Geschwister war er ein wohlwollender und sorgsamer Oheim; den später so berühmt gewordenen Truchseß Georg v. Waldburg, einen Sohn seiner Schwester Helene, erzog er an seinem Hofe, und der Heimath bewies er durch mehrere Stiftungen und öftere Besuche seine Anhänglichkeit.

F. starb am 8. März 1505 an einer ihn plötzlich überfallenden Krankheit, 54 Jahre alt, im bischöflichen Schlosse zu Dillingen. Er hatte sich selbst ein Sterbelied verfaßt und sich die Grabstätte in der Gertrudencapelle des Domes zu Augsburg, in der er bestattet ist, selbst errichten lassen. Abgesehen [96] von dem Bildniß des Bischofs auf der Grabplatte, findet sich ein solches in der Ambraser Sammlung (Nr. 789), ein bemalter Holzschnitt, der uns F. im bischöflichen Pontificalgewande zeigt.

Ueber die Wahl des Bischofs und sein Verhältniß zur Stadt Augsburg enthalten Einiges Bd. III u. IV der Augsburger Chroniken (Bd. XXII u. XXIII der Chroniken der deutschen Städte); Gasser, Annales civitatis ac reipublicae Augsburgensis in Mencken’s Script. rer. germ. etc. Bd. I (deutsche Bearbeitung von Hartmann in der Chronica der Weitberuemten Keyserlichen etc. Statt Augspurg etc., Frkft. a. M. 1595). – Ueber die drei ersten Regierungsjahre des Bischofs sind wir besonders genau unterrichtet durch eine Art Tagebuch seines Hofcaplans, das zuerst veröffentlicht wurde von Steichele in den Beiträgen zur Gesch. des Bisthums Augsburg, Anhang zu Merkle’s Archiv für Pastoralconferenzen (Augsburg 1848); neuerdings wurde es edirt von Dreher in den Mittheilungen des Ver. für Geschichte und Alterthumskunde in Hohenzollern, Jahrg. XVIII, XIX, XX, XXI (1884–88), mit Anmerkungen versehen und zu einem Lebensbilde erweitert, für welches alle einschlägigen Quellen benutzt wurden. Friedrich’s Verhältniß zu Geiler v. Kaisersberg beleuchten Dacheux, Die ältesten Schriften Geiler’s (Freiburg 1882); Derselbe, Un réformateur catholique à la fin du XV. siècle. Jean Geiler de Kaysersberg, Étude sur sa vie et son temps (Strasbourg 1876). – Seine Wirksamkeit als Bischof behandeln am ausführlichsten von Aelteren: Wilhelm Wittwer in seinem Catalogus abbatum Monasterii SS. Udalrici et Afrae, herausgegeben von Steichele im Archiv für die Gesch. des Bisthums Augsburg (1860); von Neueren: Braun, Gesch. der Bischöfe von Augsburg, III. Bd. (Augsburg 1814) S. 89 ff. – Noch andere, mehr untergeordnete Quellen und Schriften, die sich auf F. beziehen, sind bei Dreher genannnt.