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ADB:Georges, Karl Ernst

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Artikel „Georges, Karl Ernst“ von Max Berbig in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 49 (1904), S. 288–290, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Georges,_Karl_Ernst&oldid=- (Version vom 30. Dezember 2024, 00:11 Uhr UTC)
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Georges: Karl Ernst G., einer der hervorragendsten Lexikographen der Neuzeit, geboren am 6. December 1806[1] in Gotha, † am 25. August 1895 in seiner Vaterstadt. Sein Vater, der Hofglasermeister war, wünschte, daß der Sohn dasselbe Handwerk erlerne, und obgleich dieser in seinem 14. Jahre schon in der Obersecunda saß, mußte er doch nach seiner Confirmation die Schulbank mit der Hobelbank vertauschen. Schließlich gelang es jedoch seinen inständigen Bitten, daß ihm der Vater nach halbjähriger Lehrzeit den Wiedereintritt in das Gymnasium Illustre gestattete, an dem damals schon neben Döring und Wüstemann der als Grammatiker und Lexikograph berühmte V. Ch. T. Rost thätig war. Für das letzte Jahr seiner Schulzeit siedelte er, da der Arzt dem überarbeiteten Schüler eine Luftveränderung anrieth, nach Nordhausen über, wo der später in Hamburg thätige Lexikograph Kraft seine schon damals lexikalischen Arbeiten zugewandten Neigungen lebhaft förderte. [289] Mit Kraft stand G. bis an dessen Lebensende in regem Verkehr. Nach Gotha zurückgekehrt, machte G. sein Abiturientenexamen und studirte dann von 1826 bis 1828 in Göttingen, wo er besonders O. Müller und B. Dissen hörte. Ostern 1828 begab er sich nach Leipzig und dort vollzog sich im Herbste jenes Jahres eine für sein ganzes späteres Leben entscheidende Wendung: er bot sich der Hahn’schen Verlagsbuchhandlung als Mitarbeiter bei dem Scheller’schen Lexikon an, von dem damals G. H. Lünemann eine neue Auflage bearbeitete. Der Verleger übergab die Probebogen, welche der junge Student vorlegte, dem damaligen Director des Lyceums in Hannover G. F. Grotefend, und da sie dessen Beifall fanden, ward G. als Mitarbeiter engagirt. Die nächsten zehn Jahre widmete er sich nun ganz der lexikographischen Schriftstellerei. Auf Grund seines 1833 vollendeten Deutsch-Lateinischen Wörterbuches, von dem er der Jenenser philosophischen Facultät ein Exemplar an Stelle einer Dissertation einreichte, ward er am 5. März 1835 zum Doctor promovirt. Nach Lünemann’s 1830 erfolgtem Tode hatte er die Bearbeitung des Scheller’schen Lateinisch-deutschen Lexikons allein übertragen bekommen: die 8. Auflage erschien 1837 unter seinem Namen und von dieser an rechnet er die Neubearbeitungen, denen er seit der vierten – der elften des Scheller’schen Lexikons – 1855 einen neuen Titel gab, als: „Lateinisch-deutsches Handwörterbuch, aus den Quellen zusammengetragen und mit besonderer Bezugnahme auf Synonymik und Antiquitäten mit Berücksichtigung der besten Hilfsmittel ausgearbeitet von Karl Ernst Georges“. Die letzte Auflage, die 6. resp. 7., ist M. Hertz gewidmet; auf dem Titel ist das in einer Auflage von 15 000 Exemplaren gedruckte Werk zuletzt als „Ausführliches lateinisches Handwörterbuch“ bezeichnet. Jede Neuausgabe könnte eine vielfach verbesserte und vermehrte, oder eine fast gänzlich umgearbeitete genannt werden. Wie das deutsch-lateinische Wörterbuch ins Holländische, so ist das lateinisch-deutsche ins Englische übersetzt worden.

Von 1839–1856 bekleidete G. eine Stelle als Oberlehrer an dem 1837 gegründeten Realgymnasium zu Gotha und aus dieser Schulthätigkeit erwuchsen die werthvollen Arbeiten: „Zur Lehre vom Uebersetzen aus dem Lateinischen ins Deutsche“ (Gotha 1852), „Wüstemanni Memoria“ (Gotha 1857) und „Gnomologia sive veterum Latinorum sententiae quae aut quid sit aut quid esse oporteat in vita breviter ostendunt“ (Leipzig 1863). Wegen eines Augenleidens mußte sich G. Ostern 1856 als Lehrer zur Disposition stellen lassen, gab sich aber nunmehr mit doppelter Arbeitsfreudigkeit wieder der lexikographischen Schriftstellerei hin. Bereits im J. 1865 erschien sein „Kleines lateinisch-deutsches und deutsch-lateinisches Handwörterbuch“, welches bis jetzt 7 Auflagen – die letzte bearbeitet von Georges’ Sohne, Prof. H. Georges – erlebte. Um das reiche Material seines großen Werkes den Kreisen der Schule und der Schüler zugänglich zu machen, verfaßte er ferner ein Schulwörterbuch, welches als Stereotypausgabe bis jetzt in zahlreichen Neudrucken erschienen ist. Früher trug sich G. auch mit dem Plane eines lateinischen Thesaurus und begann ihn schon auszuführen („Thesaurus der klassischen Latinität“, Bd. I in 2 Abthlgn., Leipzig 1854; Bd. II fortgesetzt von G. Mühlmann), gab ihn aber später, verhindert durch andere Arbeiten und in klarer Einsicht in die Ziele und Schwierigkeiten, denen die Arbeitskraft eines einzelnen Mannes nicht gewachsen sein konnte, wieder auf. In den letzten Jahren seines Lebens, als sein Augenlicht mehr und mehr zu schwinden begann, gab er aus den für sein Lexikon entstandenen Sammlungen unter Zuziehung der früheren und neueren grammatischen Arbeiten sein „Lexikon der lateinischen Wortformen“ (Leipzig 1890) heraus, ein Werk, das von der Gelehrtenwelt einstimmig als [290] „sehr erwünscht und brauchbar“ bezeichnet wurde. Auf Bitten seines Verlegers hatte er ferner bereits 1847 Scheller’s „Kleines lateinisches Wörterbuch in etymologischer Ordnung“ und 1885 die Koch’schen Specialwörterbücher zu Vergil und Cornelius Nepos einer Neubearbeitung unterzogen.

Außer diesen größeren Werken verfaßte G. aber auch noch eine bedeutende Zahl Artikel für philologische Zeitschriften, so vor allem vortreffliche Litteraturübersichten in den Bursian-Müller’schen Jahresberichten, zahlreiche Recensionen in der Berliner philologischen Wochenschrift, kritische Miscellen im „Philologus“, den Jahrbüchern für classische Philologie, im „Hermes“, im „Archiv für lateinische Lexicographie“ etc. Mit einer großen Anzahl von Gelehrten stand er in regem Verkehr, in früheren Jahren besonders mit Ameis und Ludewig, in späteren mit R. Merkel, M. Hertz, O. Seyffert, M. Bonnet, F. Bolle, B. Dombach. – In seinen gelehrten Aufgaben ging G. vollständig auf und gönnte sich kaum wenige Abendstunden Ruhe; nur ein einziges Mal in seinem ganzen Leben unterbrach er seine peinliche Gelehrtenregelmäßigkeit durch eine Reise zur Philologenversammlung in Hannover – sonst war seine Studierstube seine Welt. Im persönlichen Verkehre von außerordentlicher Liebenswürdigkeit und seltener Bescheidenheit, trachtete er nicht nach äußeren Ehren, doch blieben auch diese nicht aus. Im J. 1839 verehrte ihm Herzog Ernst I. von Coburg-Gotha einen werthvollen Brillantring, 1863 erhielt er den Titel Professor und an seinem 50jährigen Schriftstellerjubiläum am 18. November 1878 das Verdienstkreuz für Kunst und Wissenschaft. Am 5. März 1885 war es G. vergönnt, sein 50jähriges Doctorjubiläum zu feiern, und bei dieser Gelegenheit erneuerte die Universität Jena sein Diplom. Zunehmende Augenschwäche zwang den greisen Gelehrten in den letzten Jahren seines Lebens zu feiern. Von seinen lexikographischen Arbeiten, welche von seinen Söhnen, Bibliothekar Prof. Dr. H. Georges in Gotha und Pfarrer E. Georges in Hochheim bei Gotha, fortgesetzt werden, urtheilte E. Wölfflin, daß sie „bis auf den heutigen Tag unübertroffen und selbst neben Forcellini-de Vit unentbehrlich sind“.

Vgl. R. Ehwald, Blätter für höheres Schulwesen, 1896, Nr. 1. – E. Wölfflin, Archiv für lateinische Lexikographie, 1895, S. 623 ff. – G. Schneider, Illustr. Ztg. 1879, S. 139 ff. – R. Ehwald, Ueber Fortschritte d. class. Alterthumswiss., Bursian’s Jahresbericht 90. Bd., 24. Jg. 1896, 3. Abth. S. 143 ff.

[Zusätze und Berichtigungen]

  1. S. 288. Z. 12 v. u. l.: geboren am 26. December 1806 (statt 6. December). [Bd. 55, S. 895]