Zum Inhalt springen

ADB:Gern, Johann Georg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Gern, Johann Georg“ von Joseph Kürschner in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 9 (1879), S. 33–35, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Gern,_Johann_Georg&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 06:39 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Nächster>>>
Gernand
Band 9 (1879), S. 33–35 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Johann Georg Gern in der Wikipedia
Johann Georg Gern in Wikidata
GND-Nummer 116589256
Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|9|33|35|Gern, Johann Georg|Joseph Kürschner|ADB:Gern, Johann Georg}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=116589256}}    

Gern: Johann Georg G., bedeutender Opernsänger und als solcher vorzüglicher Bassist, geboren am 20. März 1757 zu Rottendorf bei Würzburg, starb am 11. März 1830 zu Berlin. Der nachmals so große Bühnenkünstler hatte sich anfänglich dem Studium der Theologie gewidmet, allein die Mittellosigkeit seiner Eltern, die ihm das Fortsetzen desselben zur Unmöglichkeit machte, veranlaßte ihn seine schöne Stimme erst als Chorknabe auszunutzen und später auf der Bühne zu verwenden. 1780 debutirte er auf dem Mannheimer Nationaltheater als Bellemont in der Oper „Rosamunde“ und wurde dem Institut für komische Rollen im Singspiel, und Nebenrollen im Schauspiel gewonnen. Seine Stimme entfaltete sich hier zu immer größerer Schönheit, und auch sein Spiel wurde durch den Umgang mit den bedeutenden darstellenden Kräften der berühmten Bühne zu einem trefflichen. 1794 veranlaßten ihn die üblen politischen Verhältnisse den bisherigen Kreis seiner Wirksamkeit aufzugeben, worauf er 1795 einem Ruf nach München an das dortige Hoftheater folgte. Sieben Jahre später wurde er von Iffland bestimmt, an Stelle des Bassisten Rau in den Mitgliederverband des Nationaltheaters in Berlin zu treten, wo er schon am 23. Mai 1791 als Leporello und auch später (1798) mit Erfolg aufgetreten war. Er debutirte in Berlin am 11. Mai 1801 als Sarastro, gewann sich bald die Gunst des Publikums, zu dessen erklärtem Liebling er durch seine meisterhafte Darstellung des Micheli in Cherubini’s[WS 1] dreiactiger Oper „Der Wasserträger“ (15. März 1802) wurde. Bis 1816 außerordentlich thätig, groß in seinen Leistungen (Abbé Lataignant, Osmin, Sarastro, Geront u. A.) trat er später weniger auf und schied 1829 am 30. December als Gordon in „Wallensteins Tod“ von der Bühne. An seinem Jubiläumstag (Januar 1830) erhielt der gefeierte Künstler außer andern Zeichen verdienter Anerkennung vom König die große goldene Verdienstmedaille und Zusicherung seines vollen Gehalts auf Lebenszeit. Leider war ihm der Genuß dieser Vergünstigung nur sehr kurze Zeit gegönnt, schon am 11. März 1830 verstarb er. Zelter’s Urtheil charakterisirt den „redlichen Baßsänger Gern“ am besten, derselbe schreibt von ihm an Goethe: „Seine Stimme war voll von der Milde, Kraft und Schönheit eines Gottes … Er war auch ein guter Schauspieler; sein Bruder Lorenzo in [34] Romeo und Julie, sein Wasserträger unvergleichlich. Wenn er an der Liedertafel die Generalbeichte sang und die Absolution sprach, war man der Sünde ledig.“ – Aus der glücklichen Ehe Joh. Georg Gern’s mit der Tochter eines angesehenen Beamten in Mannheim entsproß:

Albert Leopold G., namhafter Komiker, zum Unterschied von seinem Vater, dem „alten G.“, der „junge G.“ genannt, geboren am 12. November 1789 zu Mannheim, starb am 25. Februar 1869 zu Berlin. Obgleich Theaterkind und früh Neigung zur Bühne zeigend, mußte Albert doch der Bestimmung seines Vaters gemäß zunächst einen anderen als den Beruf des Künstlers wählen. Der junge Mann ergriff das Baufach, nachdem er das Examen als Feldmesser bestanden hatte. Die 1807 über Preußen hereinbrechende Unglückszeit beraubte auch den jungen Feldmesser seiner Thätigkeit, so daß ihm nun endlich der Vater die Erlaubniß, die Bretter betreten zu dürfen, nicht mehr versagte. Ein Schüler des großen Iffland debutirte er 1807 am 11. September mit dem Visitator in Kotzebue’s „Indianern in England“ auf dem Berliner Nationaltheater. G. bewies dabei eine solche Beanlagung, daß ihn sein Lehrer, der den Samuel gab, im Charakter seiner Rolle zufrieden auf die Schulter klopfte. Auch das Publikum schloß sich der damit ausgedrückten Anerkennung an und bereits andern Tages erhielt G. einen Contract als Volontär ohne Gehalt; wenige Monate später einen solchen mit der allerdings bescheidenen Jahresgage von 120 Thalern. Iffland ließ seinen Schüler auch in der Folge nicht aus den Augen und widmete ihm eine fördersame Aufmerksamkeit. Eigenthümlich genug brachte er den Anfänger mehr und mehr in ein ernstes Fahrwasser, so daß wir den späteren Komiker voll unwiderstehlichen Humors am 20. August 1810 als Franz Moor auftreten sehen, eine Rolle, die er Iffland’schen Traditionen treu, und auch in anderen Städten außer Berlin mit Beifall gab. Außer dem Franz Moor spielte G. den König im „Hamlet“, Talbot, Raoul, La Hire, Duchatel, Thibaut d’Arc, Alba, Domingo, Burleigh, Melvile, Kent, Shrewsbury u. a. Indeß nicht allzulang gehörte er diesem Fache an und richtete bald sein Hauptaugenmerk auf komische Rollen, die er vielfach unvergleichlich gab, auch auf chargirte, die ihm nicht minder gelangen. Dabei blieb G. immer Künstler und ließ sich selbst in burlesken Stücken zu keinen Uebertreibungen verleiten, deshalb gibt ihm auch Laube das so einfach klingende und doch so beredte Lob, er sei bei starker Fülle komischer Kraft einfach verblieben. Wie groß die ihm innewohnende schöpferische Kraft war, beweist die jahrelang unverwüstliche Figur des Schelle in Raupach’s „Schleichhändlern“, dann auch im „Nasenstüber“, „Zeitgeist“ und „Schelle im Mond“ wiederkehrend, und die mehr als dem Dramatiker, dem Künstler G. ihre Popularität verdankt. Bis zum J. 1848 kamen diese Schelle-Komödien ca. 250 Mal an dem Hoftheater zur Aufführung. Aber auch durch zahlreiche andere Leistungen ist G. in der Theatergeschichte unvergeßlich geworden, in der von Berlin besonders durch seine Schöpfung localer Charaktere, die damals zuerst in der jetzigen Hauptstadt Deutschlands auftauchten. Sein Christian in den „Damenhüten im Theater“, wie sein Onkel aus der Pfefferbude im „Stralauer Fischzug“ (beide von Jul. v. Voß) eröffneten eine Reihe von Figuren, die, dem alten Berliner unvergeßlich, zu dem Komischsten gehörten, was jemals auf den Brettern erschienen. Holtei schrieb für den gefeierten Komiker den Referendarius in den „Wienern in Berlin“, den Bäckermeister in den „Berlinern in Wien“, Blum schuf für ihn die gelungene Kinderfrau Lina im „Stündchen vor dem Potsdamer Thor“, den Marocco in „Bär und Bassa“ u. a. m. Mit besonderer Feinheit und Wahrheit der Charakteristik gab er den Criminalrath Scharf in Bauernfeld’s Lustspiel „Das Liebesprotocoll“. Neben diesen leichteren trat aber G. auch in gewichtigeren [35] Rollen auf, so nach dem Tode seines Meisters Iffland in den von diesem bis dahin gespielten Harpagon, Langsalm etc., nach dem Ableben Unzelmann’s in den von letzterem früher innegehabten Partien, wie Staar in den „Kleinstädtern“, Matz im „Intermezzo“ u. a. Das Charakteristische des Gern’schen Talents bestand in der Ursprünglichkeit und Frische, das wahr empfand, wo Andere reflectiren, das dabei mit Schärfe zu Werke ging, fein markirte und der Natur bis in ihre Einzelheiten zu folgen wußte. G. gehörte von seinem Debut an bis zu seinem Abschied von der Bühne dem Berliner Hoftheater an, volle 58 Jahre. Bis 1857 den 1. August spielte er an 7805 Abenden in 744 Rollen. War G. auch lediglich Mitglied des Berliner königl. Instituts, so hat er doch auch auf allen bedeutenden Bühnen (Wien, Dresden, München, Stuttgart, Weimar, Hannover, Karlsruhe, Mannheim, Darmstadt, Kassel, Hamburg, Braunschweig, Breslau, Frankfurt a./M., Königsberg etc.) Gastrollen gegeben und überall Beifall gefunden. Am 30. October 1847 beging der Künstler sein 40jähriges, am 11. September 1857 sein 50jähriges Kunstjubiläum, erst am 1. November 1865 trat er in den Ruhestand, und nach zweijährigem schmerzensreichem Siechthum starb der ewig „junge G.“ am 25. Februar 1869.

Vergl. außer lexikalischen und anderen Gesammtwerken namentlich: A. Heinrich[WS 2], Almanach für Freunde der Schauspielkunst, XII., Berlin 1848, S. 66–69. Desselben Deutscher Bühnen-Almanach, XXII., ebd. 1858, S. 69–79. A. Entsch[WS 3], Deutscher Bühnen-Almanach, XXXIV., ebd. 1870, S. 125–134.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Italienischer Komponist; Siehe Wikipedia: Cherubini, Luigi (1760–1842)
  2. A. Heinrich, Souffleur des Königlichen Theaters zu Berlin und Theateragent
  3. Albert Entsch († 1882), übernahm A. Heinrichs Agentur